Gegen die AfD, aber wie?
Mittwoch, 9. April, 19.30 Uhr,
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Bei den zurückliegenden Bundestagswahlen scheiterte die neu gegründete „Alternative für Deutschland (AfD)“ nur denkbar knapp an der entscheidenden 5%-Hürde. Bei den im Mai bevorstehenden Europa-Wahlen ist mit dem Einzug ins EU-Parlament zu rechnen. Professionalität, seriöses Auftreten und finanzstarke Netzwerke im Hintergrund machen die AfD zur ersten Partei in der BRD rechts der CDU mit berechtigten Aussichten auf einen dauerhaften politischen Erfolg.
Der Name der Partei ist dabei Programm: Der starke, souveräne (deutsche) Nationalstaat wird als Erlösungsformel ins Feld geführt, der seine Staatsbürger_innen zuverlässig gegen die Folgen ökonomischer Krisenhaftigkeit abschotten soll. Hinter diesen Ideen antidemokratischer Vordenker_innen sammeln sich neoliberale Marktapologet_innen, rechtskonservative Aristokrat_innen und abgehängte, homophobe Kleinbürger_innen gleichermaßen. Eine politische Vergangenheit in extrem rechten Organisationen lässt sich ihnen zumeist nicht nachsagen.
Die AfD entzieht sich weitgehend der Einordnung ins Spektrum des klassischen Rechtspopulismus. Reaktionäre Positionen gibt es in der Partei allerdings zu hauf: Die Agitation gegen eine „Einwanderung in die deutschen Sozialsysteme“, Gendermainstreaming als „weltanschauliche Umerziehungsmaßnahme“, bis hin zur Forderung nach „Deutsch-Quoten“ im Radio.
Wie kann eine notwendige emanzipatorische Kritik an der AfD und ihren Positionen aus linker Perspektive aussehen? Welche Interventionsmöglichkeiten abseits eingeübter antifaschistischer Reaktionsmuster kann es geben? Über diese Fragen möchten wir diskutieren mit Dieter Plehwe (Wissenschaftszentrum Berlin) und Gerd Wiegel (Antifaschismus-Referent der Bundestagsfraktion „Die Linke“).
09.04.2014, 19.30 Uhr, ://about blank (Markgrafendamm 24c, Ostkreuz)
Eine Veranstaltung der Antifa Friedrichshain und der Autonomen Neuköllner Antifa
Und danach weiter diskutieren auf dem Antifa-Kongress!
Antifa in der Krise?! Internationaler Kongress, 11.–13. April 2014, Berlin
>>> www.antifa-kongress.org
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Thesen und Handlungsempfehlungen der Veranstaltung "Gegen die AfD - aber wie?"
Wording: Rechtspopulismus? Wie beschreiben wir die AfD
Die AfD hat rechtspopulistische, nationalistische, rassistische, antidemokratische, homophobe, antifeministische, klimaskeptische, klassistische, chauvinistische und neoliberale Elemente. Gleichwohl beschreibt keins der Wörter die Partei in Gänze. Die Partei ähnelt den Rechtsliberalen der Weimarer Zeit. Am ehesten kann die AfD als "Wettbewerbspopulismus" oder "kosmopolitischer Rechtsliberalismus" bezeichnet werden. Treffend ist auch "neoliberales Elitenprojekt, das nach rechts offen ist".
A Thesen
1. These: Normalisierung als Wahlalternative
Gegen die AfD etwas zu unternehmen ist dringend nötig, weil Wahlerfolge einerseits direkt in Geld und Strukturen umgesetzt werden und andererseits WählerInnen ihr Kreuz bei der AfD nicht "verschenken" (wie z.B. mit Stimmen für Kleinstparteien, die chancenlos sind).
2. These: Der bisherige Umgang mit der AfD verstärkt ihre Wirkung
Charismatischer Populismus, einfache Antworten auf komplexe Fragen, überzeugen nur wenn über sie überproportional viel berichtet wird. Gleiches gilt für Medien-Formate, die Sachargumente hinter die jeweils vermarktbare Eventisierung stellen. Auseinandersetzungsformate, die die Haltung der AfD als Betroffene der "Altparteien", der "Meinungsdiktatur" usw. als empirisch richtig belegt, führt zu politischem Mitleid oder Außenseiter-Image, das für viele WählerInnen interessant ist.
3. These: "Wohin treibt die AfD?" ist bereits entschieden
Prognosen zum weiteren Vorgehen der AfD und zur Performance in den jeweiligen Gremien sind nicht so schwer, wie immer behauptet wird. Die Partei wurde aus einem bestimmten Spektrum, mit der Unterstützung bestimmter Thinktanks gegründet, um den europäischen Reformprozess hinzu sozialpolitischer (Re-)Nationalisierung und ökonomischer (De-)Nationalisierung in die Parlamente zu tragen. Auf EU-Ebene wird sie sich mit den Partnerorganisationen verbinden.
4. These: Die gesellschaftliche Linke hat vieles noch nicht ausdiskutiert bzw. kann die komplexen Inhalte nicht in einfache Phrasen übersetzen.
Beispiele: Alternativen zur Austerität, transnationale Solidarität, europäische Integration. Die Weltbilder der WählerInnen sind diffus, nicht zwingend rechts und haben keine Kohärenz. Sie könnten ebenso gut von links abgeholt werden. Allerdings nur wenn die Inhalte klar abgrenzbar sind und es keinen "Wettbewerb im Populismus" gibt.
5. These: Die eigentlichen Inhalte und Hintergründe der AfD sind den WählerInnen nicht bekannt.
Die Analysen zur Bundestagswahl zeigen, dass die WählerInnen sich von der AfD v.a. eine Schutzfunktion (Arbeitsplatz, ökonomische Krisen) versprechen. Die Forderungen der AfD stehen denen aber eigentlich entgegen, denn sie ist eine Partei des Kapitals, die nur dann progressiv ist, wenn die Kapitalinteressen mit sozialen oder ökologischen Interessen zusammenfallen (z.B. europäische Freizügigkeit). Leerstellen in der öffentlichen Auseinandersetzung sind die Umweltpolitik der AfD (Pro-Atmokraft) und die Familienpolitik (teilweise evangelikal, homophob).
B Handlungsempfehlungen
1. Entlarvung tatsächlicher Interessen
Thematisierung von Widersprüchen im Wahlprogramm wäre nun angebracht. Überall dort wo sie die Schutzfunktion für größere Wählerschichten nicht erfüllt, lohnt sich die Thematisierung. Hierzu eignen sich humoristische Aktionen und kreative Auseinandersetzung mit den Inhalten.
2. Möglichkeiten der Stigmatisierung
Gegen andere rechtspopulistische Parteien wie "Pro Deutschland" und "Freiheit" war es relativ einfach, da diese es nicht vermocht haben sich rechtzeitig und genügend von eindeutigen Nazis abzugrenzen. Die Aufgabe der Antifa ist es auch bei der AfD rechte Tendenzen / FunktionsträgerInnen / Äußerungen in die Öffentlichkeit zu zerren.
3. Bündnisse verhindern
Die AfD ist auf Bündnisse angewiesen, die sehr breit sein können und jeweils nur Ein-Punkt-Forderungen beinhalten. An diesen Stellen ist sie angreifbar, z.B. indem sie oder ihre Partner gezwungen werden sich zu anderen Themen (z.B. AfD rechtsaußen-Mitglieder) zu positionieren. Allerdings birgt die Kritik "von außen" oder aus einer nicht objektiven Position (Altparteien, militante Antifa usw.) immer auch die Gefahr der Trotzsolidarisierung.
4. Antifa-Sozialpolitik
Die AfD hat ein Sozialprogramm das massiv unsozial ist. Diesem muss ein emanzipatorisches entgegengesetzt werden. Blockupy macht das beispielsweise mit einer solidarischen transnationalen Perspektive auf Europa bzw. die aktuellen Krisen. Bündnispartner dafür sind die Basisbewegungen, Gewerkschaften, die Stiftungen, die Sozialverbände, die bestimmte Themenfelder auch jetzt schon teilweise europäisch diskutierten. Protest gegen die AfD verläuft im Sande wenn es kein popuzlarisierbares Gegenmodell gibt.
Die Erfahrungen der AfD-Anhängerschaft (Deklassierung, politische Ohnmacht usw.) wird man den Leuten nicht nehmen können. Allerdings kann man andere Erklärungen/Deutungen für politische Machtlosigkeit, geringe Löhne, schlechte Bildungs- und Berufschancen usw. aufs Tableau bringen.
5. Interventionsorte
In Jena sitzen sehr viele der Thinktanks die hinter der AfD stehen. In Berlin sitzt die Bundeszentrale und als zentrale Struktur hinter der AfD, die Zivile Koalition e.V. und der Bürgerkonvent e.V. Diese Strukturen, als Netzwerke für Ressourcen, Rekrutierung, Ideologieproduktion usw. sind weitgehend unbekannt. Noch hält sich das Image der AfD als "engagierte Bürger".
6. Netzaktivismus
AfD ist eine Internet-Partei: Deshalb in den sozialen Netzwerken zurückschlagen. Kommentare, Blogs, Tumblr. Mitmach-Antifaschismus statt Mitmach-Hetze im Netz. Gerade im Web2.0 können Diskursspiele hohe Popularität entfalten. Beispiel: Die Kinder, die Mütter, die kleinen Leute, die Leute von hier, die Betroffenen, die Leistungsträger > alles SprecherInnenpositionen aus denen heraus mit viel größere Autorität gesprochen werden kann.
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