4000
auf Berliner Mayday 2009 Versprochen war "the next level" - die Aktion auf dem diesjährigen Mayday passt ins Konzept der Parade gegen Prekarisierung: "1. Mai um 16:20 Uhr am Bundesfinanzministerium. Dutzende Farbeier fliegen aus der Maydayparade auf den grauen Bau in der Wilhelmstraße. Darunter tanzen demonstrantInnen und über ihren Köpfen tanzen Regenschirme. Nach einer Minute ist es vorbei. Fast 100 Farbeier sind an der Fassade des Finanzministeriums zerplatzt. Die Ecke Leipziger Straße-Wilhelmstraße leuchtet weithin sichtbar "ganz schön bunt" wie ein Polizeisprecher sagt." Es war SUPER! Trotz Routenverbot ließen sich rund 5.000 Teilnehmer_Innen nicht den 01. Mai verderben und kamen mit Schirm, Charme und Melone zum Auftaktsort der diesjährigen Mayday-Parade. Nach dem Auftaktskonzert von Incredible Herrengedeck und der Einübung einer Choreographie, die nebenbei bemerkt von zwei wunderbaren ModeratorInnen vorgeführt und von noch viel wunderbareren hunderten Teilnehmer_Innen nachgemacht wurde, setzte sich die Parade mit sieben Wagen bunt, laut und kreativ in Bewegung. Tausende demonstrierten gegen prekäre Arbeits- und Lebensverhältnisse, den Zwang zur Lohnarbeit oder für eine gesundheitliche Grundversorgung für Alle! So gab es unter anderem einen Wagen der Flüchtlingsinitiative Berlin-Brandenburg und der Gruppe Für eine linke Strömung, der sich mit dem Thema Gesundheit beschäftigte und einen bedingungslosen Zugang zur medizinischen Grundversorgung auch für Menschen ohne Pass forderte. Auf der Höhe Unter den Linden Ecke Friedrichstraße wurde mehrfach auf das Routenverbot hingewiesen und dass hier eine Demonstrations- und Protestfreiezone geschaffen wird. Während der Parade gab es zahlreiche Aktionen am Rande, so wurde u.a. die Fassade des Finanzministeriums verschönert. Am Abschlussort Moritzplatz spielten zum Abschluss noch die Band Boombaker und rundeten so die Parade ab. Berichte: Indymedia ---------------------------------------------------------------------------------------------- Vorfeldaktionen 15.04.2009,
18.30 Uhr KATO (U-Bhf. Schlesisches Tor: "Linke
Intervention und Selbstorganisation in sozialen Kämpfen" ---------------------------------------------------------------------------------------------- Aufruf 2009 Die Krise beginnt jeden Morgen mit dem Weckerklingeln, zieht sich über den schnellen Kaffee am Küchentisch hin zur Plackerei auf der Arbeit, dem JobCenter Terror oder dem Ausländerbehörden Horror. Sie schwebt ständig über dem Krampf der täglichen Selbstvermarktung und den letzten Resten des Dispos. Und immer die gleiche Frage im Kopf: Was ist morgen und wie geht’s weiter? Es ist der tägliche Wahnsinn der Konkurrenz im Kapitalismus, die permanente Krise! Wirtschaftlich gesehen ist eine Krise negatives Wachstum. Also eine Schrumpfung und damit ja an sich nicht schlecht, denn unbegrenztes Wachstum führt zu Klimakatastrophe und Kollaps. Also hoch die Krise, denn sie schenkt uns mehr Freizeit, schont die Umwelt und repariert das Ozonloch!? Schön, wenn es so wäre! Aber so lange Überleben an Einkommen, Einkommen an Arbeit und Arbeit an Wirtschaftswachstum geknüpft ist, bleibt für die meisten alles beim Alten: Stress durch zu viel Arbeit, Stress durch zu wenig Arbeit, Stress beim Blick ins Portemonnaie. Das unbezahlte Praktikum tarnt sich als Chance, die Kündigung als Sachzwang und die Selbstausbeutung als Selbstverwirklichung, Das prekäre Leben hat viele Gesichter. Mal lächelnd, mal etwas gequält. Es ist genug für alle da! Wir schnallen nichts mehr enger! Jetzt gilt es gemeinsam und organisiert zu kämpfen. Denn die Wirtschaftskrise hat es gezeigt, dass genügend Geld vorhanden ist. Der gesellschaftliche Reichtum, den wir gemeinsam produziert haben, steht nun aber maroden und in die Krise gekommenen Konzernen und Banken zur Verfügung. Der Staat springt, wenn der Kapitalismus krankt. Diese Umverteilung nach oben sehen wir nicht ein! Unsere alltägliche Krise wird durch diese ‚Rettungsschirme‘ nicht besser – im Gegenteil! Statt Milliardenkrediten gibt es für uns Entlassungen, erhöhten Druck und ständige Angst vor sinkenden Löhnen, steigenden Mieten, und teurer Gesundheitsversorgung. Von Arbeit muss man leben können – ohne aber auch. Mit bloßen Appellen an die Staatsapparate für eine neue Sozialpartnerschaft geben wir uns nicht zufrieden. Der Kapitalismus bietet uns keine Möglichkeit zur solidarischen Veränderung. Die Verwertungslogik, nach der jeder Mensch allein und auf sich gestellt seinen „Wert“ für die Gesellschaft beweisen muss, ist falsch. Diese Logik führt auch dazu, dass sich viele nur als Einzelne widersetzen. Ob sie alleine schwarzfahren weil sie kein Geld für ein Ticket haben, blau machen müssen um dem Arbeitsstress zu entgehen, bleiben ohne Aufenthaltsgenehmigung oder, oder, oder… Viele dieser kleinen alltäglichen und isolierten Widerstände erfordern von uns regelrechte Superhelden-Kräfte, damit wir Prekären im Kapitalismus überleben können. Damit wir diese nicht mehr brauchen, werden wird den sozialen Widerstand und Kämpfe organisieren, uns auf der Mayday-Parade kollektiv sichtbar machen und für eine Gesellschaft kämpfen in der wir den Zwang zur Ausbeutung überwunden haben. ??Also Schluss mit der permanenten Krise! Schluss mit der Vereinzelung der SuperheldInnen des Alltages! Schluss mit Kapitalismus! Organisieren wir das schöne Leben, damit wir bald sagen können: „Es war nicht alles Schlecht im Kapitalismus!“ Bitte fehlendes Ergänzen: +++ ______ +++ Ich krieg die Krise beim JobCenter: beim stundenlangen Schlange stehen, bei den ständigen Schikanen und den sinnlosen Beschäftigungsmaßnahmen. +++ Ich krieg die Krise bei meinem – was weiß ich wievielten – Praktikum, weil ich immer noch keine Aussicht auf ein regelmäßiges Einkommen habe +++ Ich krieg die Krise, weil ich die ganze Zeit arbeite und das Geld trotzdem nicht reicht. +++ Ich krieg die Krise an der Uni, wo kritische Wissenschaft abgeschafft und der Leistungsdruck erhöht wird und am Ende jeder nur alleine hinter seinen Scheinen her rennt. +++ Ich krieg die Krise bei der Leiharbeitsfirma. Ich bin doch kein Sklave . +++ Ich krieg die Krise, meine Duldung vom Ausländeramt wieder nur drei Monate gilt. +++ Ich krieg die Krise weil bei Geld der Spaß aufhört +++ ______ +++ ---------------------------------------------------------------------------------------------- Mayday-Parade: „Ganz schön bunt!“ Heute, am 1.Mai.2009, fand zum vierten Mal
die Mayday-Parade gegen Kapitalismus und Prekarisierung
in Berlin statt. An der Demonstration durch die Bezirke Mitte und Kreuzberg
nahmen mehr als 4000 Menschen teil. Die Parade verlief friedlich. Es gab
Farbbeutelwürfe auf das Finanzministerium. Unabhängig davon
kam es zu einer Festnahme. ---------------------------------------------------------------------------------------------- Redebeiträge FAU-Berlin "Die
Beschäftigungsindustrie" Ein paar Jährchen ist es her, da ging
ein Aufschrei durch Deutschland: landauf, landab Proteste gegen die Agenda
2010. Auch die radikale Linke kam wieder in die Gänge und entdeckte
allmählich die soziale Frage wieder. Hartz IV und Ein-Euro-Jobs wurden
der Kampf angesagt. Heute ist es ruhig geworden um diese Themenfelder.
Die Agenda 2010, von vielen als „Klassenkampf von oben“ bezeichnet,
ist Alltag geworden. Stell dir vor, dein Fall-Manager nötigt
dich in eine Beschäftigungsmaßnahme, wo du den ganzen Tag aberwitzige
Arbeiten verrichtest. Und der Träger der Maßnahme kassiert
dafür schön ab: sagen wir mal, 500 Euro bekommt er monatlich
vom Jobcenter dafür, dass er dich „betreut“ – mehr
als du vom Amt zum Leben bekommst. Die Berliner Beschäftigungsindustrie
ist groß, komplex und unübersichtlich – und vor allem
stinkt sie bis zum Himmel. Ein moderner Humanhandel ist das Geschäft
zahlreicher Träger, die auf diesem lukrativen Gebiet tätig sind.
Regelrechte Sozialkonzerne kassieren Unsummen dafür, dass sie Erwerbslose
unter die Rute nehmen. Arbeitslosenstatistiken werden so geschönt,
Gelder umverteilt und Erwerblose entrechtet und gefügig gemacht. Die Träger sind organisiert. Sie haben
spezielle Interessenvertretungen und machen Lobbyarbeit in politischen
Gremien. In manchen Jobcentern bestimmen die Trägervertretungen regelrecht
die Politik und schanzen sich selbst die Aufträge zu. In Mitte wurde
unlängst gar die Jobcenterleitung abgesägt, weil sich einer
der größten Träger bei der Auftragsvergabe übergangen
sah. Unsere politische Forderung kann nur lauten:
das Hartz IV-Regime muss vollständig verschwinden! Anbetrachts der
gegenwärtigen Machtkonstellationen werden solche Forderungen jedoch
unerhört bleiben. |