18.
März 2009: Tag der politischen Gefangenen
Demo, Konferenz, Ausstellung und Veranstaltungen
Der 18.März ist seit den 20er Jahren
von der Roten Hilfe zum Kampftag gegen Repression und politische Gefangenschaft
erklärt wurden. Jedes Jahr wird der Tag deutschlandweit genutzt um
auf politische Repression, Polizeigewalt und das Knastsystem im Allgemeinen
aufmerksam zu machen.
In Berlin gab es mehrere Veranstaltungen
zu aktuellen Themen und eine Demo.
>>> Berichte: Historie
| Aufruf
| Demo
| Demo
2 | Zielona-Veranstaltung
| Konferenz
| Polizeikrise
| Ausstellung "Das
Feuer erlischt nicht"
----------------------------------------------------------------------------------------------
19. März:
Offenes Antifa Cafe zum Thema im Vetomat
Anspruch und Wirklichkeit des deutschen Knastapparats
Ankündigung:
Stars in der Manege - Was steckt hinter dem modernen Knast-Panoptikum?
Ein Gesprächsabend mit Axel (§129a-Beschuldigter im MG-Verfahren),
Carsten (129a-Beschuldigter aus Magdeburg) und einer Expertin zum Verwaltungsapparat.
Das repressivste Mittel des Staates gegen politische AktivistInnen auf
dem Prüfstand.
Trotz der medialen Präsenz etlicher Skandälchen in den Berliner
Haftanstalten und den Neubauten in Großbeeren-Heidering und Zehlendorf-Düppel,
bleibt Knast für viele von uns ein Mythos. An diesem Abend wollen
wir versuchen diesen zu entzaubern und als Drohkulisse gegen politisch
Aktive unwirksam zu machen. Dabei helfen sollen uns zwei ehemalige Häftlinge,
die in Untersuchungshaft gesessen haben und über ihre Erfahrungen
berichten werden. Außerdem wird zu Beginn die komplizierte Struktur
des Berliner Haftsystems und dessen theoretische Grundannahmen beleuchtet.
Bei der Veranstaltung sollen also nicht nur Knasterfahrungen ausgetauscht,
sondern vor allem die Angst vor dem intransparenten Herrschaftsapparat
genommen werden, dem im Falle der Inhaftierung das Individuum zunächst
immer allein ausgesetzt ist. Eine Veranstaltung im Rahmen des Tages der
politischen Gefangenen. Mit VoKü und Infotisch.
Veranstaltungsskript:
Anspruch und Wirklichkeit des deutschen Knastapparates
„Wir
sind nicht auf der Bühne und nicht auf den Rängen. Sondern eingeschlossen
in das Räderwerk der panoptischen Maschine, das wir selbst in Gang
halten – jeder ein Rädchen.“ Michel Foucault, Überwachen
und Strafen, zur Disziplinierung der Gesellschaft und dem Gefängnis
als Teil dessen
I. Einführung
Immer wieder müssen wir uns in unserem politischen Alltag mit Repression
und dementsprechend mit den dazu dienenden Institutionen, Einrichtungen
und Funktionsweisen beschäftigen. Beim Theoretisieren und abstrakten
Aufarbeiten repressiver Mittel, bleibt häufig der praktische Bezug
und damit auch die praktische Nutzbarkeit auf der Strecke. Dies ist aber
wichtig für eine Antirepressionsarbeit, aber auch für den Angstabbau
durch Wissen bei einem selbst oder eben für ein Entmysthifzieren
von Repression.
Am heutigen Abend werfen wir speziell einen Blick auf den Justiz- bzw.
Strafvollzug, also "Knast", als schärfste zu erfahrbare
Repression.
Ablauf der heutigen Veranstaltung
Zu Beginn stellen wir die komplizierte Struktur des Haftsystems dar und
welche juristischen Grundprinzipien diesen leiten sollen.
Danach berichten Axel und Carsten, die lange Zeit in der Untersuchungshaft
saßen, aus dem Blickwinkel eines Inhaftierten. Sie schildern ihre
konkreten Erfahrungen mit dem Vollzugsystem und ihre Reaktionen darauf.
II. Die Struktur des Berliner Haftsystems
- Aus Intransparenz zur Transparenz
Überblick zum Infoteil:
1.Der Strafvollzug
a.Aufgaben des Vollzuges
b.Arten und Einrichtungen der Justizvollzugsanstalten
c.Offener / geschlossener Vollzug
2.Arbeit und Ausbildung als Resozialisierungsmaßnahme
3.Organisation der Vollzugsbehörden
4.Besonderheit der Untersuchungshaft
1. Der Strafvollzug
In den Justizvollzugsanstalten wird vor allem Untersuchungshaft und Freiheitsstrafen
vollstreckt.
Nur kurz der Vollständigkeit halber; eine Unterbringung in Vollzugsanstalten
kommt auch wegen bspw. Jugendarrest, Fürsorgeerziehung oder Zivilhaft,
Ordnungs- o. Zwangshaft.
Also der Strafvollzug ist nur der größte Bereich des Justizvollzuges.
Der Strafvollzug dient der Vollstreckung eines Strafurteils, das eine
Freiheitsstrafe vorsieht oder auch eine Sicherungsverwahrung.
Begrifflich nicht umfasst vom Strafvollzug ist auch die Untersuchungshaft.
Die Untersuchungshaft dient nicht der Vollstreckung einer durch Urteil
angeordneten Strafe. Es handelt sich bei ihr, so wie es das Gesetz vorschreibt,
um eine Inhaftierung zur Sicherung des noch anstehenden Verfahrens. Bei
der Untersuchungshaft gilt deshalb die Unschuldsvermutung. Deswegen ist
sie rechtlich auch anders ausgestaltet.
Verhängung = Urteilsspruch lautet auf
Freiheitsstrafe
Vollstreckung = Keine Aussetzung der Freiheitsstrafe zur Bewährung,
sondern Verbüßen der Freiheitsstrafe in einer Justizvollzugsanstalt,
damit Strafantritt statt Aussetzung zur Bewährung.
a. Aufgaben des Vollzuges
Nun Mal zum juristischen Grundverständnis des Vollzuges von Freiheitsstrafe.
Einige werden sich schon damit beschäftigt haben.
Bestrafung wird als eine Reaktion der Gesellschaft auf Verstöße
des einzelnen gegen die wesentlichen Verhaltensregeln eines friedlichen
Zusammenlebens gesehen. Strafe als elementarster Eingriff in die Freiheit
des einzelnen soll immer das letzte Mittel der Konfliktbewältigung
sein.
Interessant, vor dem Hintergrund der Geschichte der Vollzugsaufgaben
Das Bewusstsein, was für eine Aufgabe der Strafvollzug zu erfüllen
hat, wandelte sich über die Jahrhunderte. Früher gab es das
Lebensstrafenmodell. Es gab vor allem körperliche Verstümmelungen
als Strafe und für besser Gestellt, meist Adelige, die lebenslange
Inhaftierung. Die
Architektur der Vollzugsanstalten war entsprechend auf Abschreckung gerichtet.
Zellen waren dunkle Kerkerlöcher, in denen "Verbrecher"
einsperrt wurden. Vielfach sind gerade in Westdeutschland noch solche
alten Vollzugsanstalten in Betrieb, zwar modernisiert, die nach wie vor
ihre einschüchternde Wirkung auf Inhaftierte und Besucher, Betrachter
entfalten.
Bereits im 16 Jahrhundert dann kam schon vereinzelt das Freiheitsstrafenprinzip
auf. Und schon damals ging es vom Prinzip darum, dass man den Straftäter
"heilt". Also ein Regelverstoß hat mit einer krankhaften
Neigung zu tun, von der man den Straftäter heilen muss. Eines der
Momente, den Straftäter wieder in die Gesellschaft einzugliedern,
wurde schon damals in dem Moment der Arbeit gesehen.
Diese Idee konnte sich erst richtig im Vollzug im 19. / 20. Jahrhundert
durchsetzen. Seitdem haben wir das Freiheitsstrafenmodell.
Letzte große Reformwelle war Ende der 70er Jahre. Hier hat dieses
Modell noch mal eine Ausdifferenzierung erfahren. Das Wort der Resozialisierung
fand seinen Einzug in den Strafvollzug.
Seitdem ist im StrafVollzG (das ist das gesetzliche Regelwerk, das im
Groben die Grundlage und die Richtschnur für den Strafvollzug darstellt)
zu lesen in §2 als Aufgaben des Vollzuges:
Im Vollzug der Freiheitsstrafe soll der Gefangene fähig werden, künftig
in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen (Vollzugsziel).
Der Vollzug der Freiheitsstrafe dient auch dem Schutz der Allgemeinheit
vor anderen Straften.
Das Berliner Jugendstrafvollzugsgesetz,
das seit Dezember 2007 in Kraft, nachdem das BVerfG urteilte, dass der
Gesetzgeber ein Gesetz eigens für Jugendlichen Strafvollzug schaffen
muss, regelt speziell.
In §2 des JStVllzG:
Der Vollzug dient dem Ziel, die Gefangenen zu befähigen, künftig
in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Er
hat die Aufgabe, die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu schützen.
Im Vordergrund der Freiheitsstrafe steht
für den Juristen also die Resozialisierung. Jemand, der als Straftäter
aus der Gesellschaft herausgefallen ist, soll durch den Vollzug wieder
in die Gesellschaft eingegliedert werden. Sämtliche Maßnahmen,
Praxen und auch Architektur sollte darauf ausgerichtet werden, aus einem
Verbrecher einen Normalbürger zu machen.
Arbeit, Ausbildung, Architektur der Anstalten und sozialtherapeutische
Betreuung sind darauf ausgerichtet, dies zu gewährleisten, dieses
Vollzugsziel der Resozialisierung.
b. Arten und Einrichtungen
der Justizvollzugsanstalten
So
ist auch die Aufteilung der Justizvollzugsanstalten von dem Leitgedanken
das Vollzugsziel der Resozialisierung geprägt.
Hier Mal ein Überblick über die Justizvollzugsanstalten des
Landes Berlin. Es sind insgesamt 8 - 9, wenn man die Jugendarrestanstalt
mit dazu zählt.
Einige Sachen fallen schon auf. Es gibt einen getrennten Vollzug für
Jugendliche, Frauen und Männer. Außerdem sind hier räumlich
getrennt der so genannte offene und der geschlossene Vollzug.
Wieso?
Es sollen in den einzelnen Vollzugsanstalten unterschiedliche Vollzugsaufgaben
erfüllt werden. Zur Verfolgung der unterschiedlichen Vollzugsaufgaben
ist es erforderlich, dass die jeweiligen Einrichtungen den individuellen
Bedürfnissen des Vollzugszieles Rechnung getragen wird.
Und so, zumindest sehen und sahen es Juristen so, ist an die Inhaftierung
Jugendlicher andere Anforderung zu stellen als dies bei männlichen
und wiederum weiblichen Volljährigen der Fall ist.
Als einer der ersten Erkenntnisse setzte sich bereits im vor Jahrunderten
durch, dass Erwachsene von Jugendlichen getrennt werden müssen. Die
Vollzugsanstalt wurde nämlich eine Art Schule für Jugendliche
Straftäter, die durch den Kontakt zu Erwachsenen von diesen lernten.
Als erste Trennung setzte sich dann die von Jugendlichen und Erwachsenen
in den Arten den Vollzugsanstalten durch. Später kam dann noch im
Wesentlichen die von Männern und Frauen hinzu. Im 18 Jahrhundert
war die gemeinsame Unterbringung von Frauen und Männern noch üblich.
Heute ist das nicht mehr denkbar.
Das dahinter stehende Prinzip nennt sich bemerkenswerter Weise Trennungsprinzip.
Dies ist normiert in §140 StrafVollzG. Vorgeschrieben für den
Regelfall ist darin die Trennung der Vollzugsanstalten nach Haftart und
Geschlecht.
Zudem gilt das Berliner Jugendstrafvollzugsgesetz.
§140 StVollzG
(1) ...
(2) Frauen sind getrennt von Männern in besonderen Frauenanstalten
unterzubringen. ...
Über die Trennung von Vollzugsanstalten
nach den verschiedenen Vollzugsarten hinaus, muss auch die äußere
und innere Struktur der Einrichtungen auf die verschiedenen Vollzugsbedürfnisse
der Inhaftierten zugeschnitten sein. Um den unterschiedlichen Erfordernissen
gerecht zu werden, sind die Einrichtungen differenziert auszugestalten.
Hierbei sind jetzt sowas wie spezielle Abteilungen für Personen bei
der Vorbereitung zur Haftentlassungen, die Vollzugslockerungen erhalten.
Unterschiede in den Abteilungen bei den Anforderungen an Sicherheitsvorkehrungen.
Das dahinter stehende Prinzip nennt sich Differenzierungsprinzip. Normiert
in §141 StVllzG.
§141 StVllzG
(1) Für den Vollzug der Freiheitsstrafe sind Haftplätze vorzusehen
in verschiedenen Anstalten oder Abteilungen, in denen eine auf die unterschiedlichen
Bedürfnisse der Gefangenen angestimmte Behandlung gewährleistet
ist.
(2) ....
Den Trennungs- Differenzierungsgrundsatz
folgend lassen sich die für den Vollzug der Freiheitsstrafe vorhandenen
Anstalten im Wesentlichen in folgende Typen aufteilen:
- Einweisungsanstalten und -abteilungen
- Anstalten des geschlossenen Vollzuges
- Anstalten des offenen Vollzuges
- Halboffene Anstalten, SothA
- Anstalten und Abteilungen für Frauen
- Altersstrafvollzug
- Ersatzfreiheitsstrafe
- Jugendstrafanstalten
Im Vollstreckungsplan des Landes Berlin
ist festgelegt, welche der zur Zeit existierenden Einrichtungen zuständig
ist für die jeweiligen Vollzugsaufgaben.
c. Offener / geschlossener Vollzug
§10 StVllzG
(1) Ein Gefangener soll mit seiner Zustimmung einer Anstalt oder Abteilung
des offenen Vollzuges untergebracht werden, wenn er den besonderen Anforderungen
des offenen Vollzuges genügt und namentlich nicht zu befürchten
ist, dass er sich den Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen oder die Möglichkeiten
des offenen Vollzuges zu Straftaten missbrauchen werde.
(2) Im übrigen sind die Gefangenen im geschlossenen Vollzug unterzubringen.
Ein Gefangener kann auch dann im geschlossenen Vollzug untergebracht oder
dorthin zurückverlegt werden, wenn dies zu seiner Behandlung notwendig
ist.
§141 StVllzG
(1) ...
(2) Anstalten des geschlossenen Vollzuges sehen eine sichere Unterbringung
vor, Anstalten des offenen Vollzuges keine oder nur verminderte Vorkehrungen
gegen Entweichungen.
Was heißt offener Vollzug, was geschlossener?
Der Wortlaut des Gesetzes macht es deutlich. Der offene Vollzug zeichnet
sich durch ein Minus an Sicherheitsvorkehrungen gegen Entweichungen vaus
und sieht vor, dass die dort Inhaftierten zu bestimmten Zwecken, also
im Prinzip der Arbeitsaufnahme, die Anstalt verlassen dürfen.
Der Wortlaut des Gesetzes bringt aber auch deutlich zum Ausdruck, dass
der offene Vollzug eigentlich der Regelvollzug ist. Die Praxis sieht aber
anders aus.
Eine bundesweite Besonderheit ist in Berlin,
dass wir das so genannte Selbststellermodell haben. Der Strafantritt nach
der Rechtskraft eines Urteils, das als Strafe die Vollstreckung einer
Freiheitsstrafe vorsieht, findet in einer Anstalt des offenen Vollzuges
statt. Es erfolgt eine Ladung der Staatsanwaltschaft in eine Selbststelleranstalt.
Dieses Modell wird in Berlin konsequent seit den 90er Jahren durchgezogen.
In den offenen Vollzug werden aber auch die Inhaftierten aus dem geschlossenen
verlegt zur Entlassungsvorbereitung.
Jetzt erläutere in diesem Punkt noch
Mal die Verfahrensschritte.
Der Selbststeller kommt also in der Haftanstalt an.
Dann wird, immer unverzüglich ein erster Vollzugsplan erstellt. Dieser
ist nach den StVllzG zu erstellen. Der Vollzugsplan enthält unter
anderem die EInschätzung über die Eignung der Unterbringung
in einer Anstalt des offenen Vollzuges.
Wird ein Inhaftierter in der offenen Vollzugsanstalt belassen, aufgrund
einer positiven Prognose im Vollzugsplan, dann geht es um die Suche oder
Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses.
Der Schwerpunkt der Selbststelleranstalten liegt in der Beibehaltung bzw.
Vermittlung eines Beschäftigungsverhältnisses.
Auch wenn der Begriff des offenen Vollzuges diese Anstalten als einfach
erscheinen lässt. Hier gelten strenge Regeln. Die Reglementierung
erfolgt nicht von oben, der Inhaftierte ist sein eigenes Reglement. Es
gilt das Null-Promille-Prinzip. Wer trinkt, zu spät kommt etc. wird
verlegt.
2. Arbeit als Resozialisierungsmaßnahme
Das Gesetz sieht ja vor, dass im Vordergrund beim Vollzug die Resozialisierung
steht. Ein integrales Moment der kapitalistischen Gesellschaft ist die
Arbeit.
Also: Um einen gesicherten Platz in der Gesellschaft zu haben, Chancen
wahrnehmen zu können und ohne Rechtsbrüche zu leben, ist es
nicht nur wichtig über eine abgeschlossene Berufs- und Schulausbildung
zu verfügen. Auch Kenntnisse und Erfahrungen im praktischen Arbeitsbereich
verbessern die soziale Sicherung.
Nach den StVllzG besteht für Inhaftierte
eine Verpflichtung zur Arbeit. Es gibt eine höchstrichterliche Entscheidung,
die besagt, dass diese Form der Zwangsarbeit verfassungskonform ist. Inhaftierte
müssen arbeiten, Sanktionsmaßnahmen bei Weigerung sind gesetzlich
gegeben, werden aber in der Praxis nicht angewandt, da dies die Vollzugsziele
nicht fördert.
Ausnahmen von dieser Regel gibt es natürlich für einige Fälle.
Die Arbeitspflicht entfällt für Schwangere, Personen über
65 (häufig in Anstalten) und körperlich Beeinträchtigte.
Die Inhaftierten, die zugewiesene Tätigkeiten verrichten, arbeiten
in Eigenbetrieben der Anstalt oder in Unternehmerbetrieben. Ein Eigenbetrieb
oder Regiebetrieb wird von der Anstalt selbst unterhalten. Bei ihr liegt
die Arbeitsorganisation. Geräte und genutzte Rohstoffe stehen im
Eigentum der öffentlichen Land. Die Vollzugsbehörden sind zur
Einrichtung solcher Eigenbetriebe gesetzlich verpflichtet, die in qualitativer
Hinsicht den Verhältnissen außerhalb der Institutionen auszugleichen
sind.
Beim Unternehmerbetrieb liegt das wirtschaftliche
Risiko bei einem externen Arbeitgeber. Die Arbeitsstätten liegen
aber auch bei diesen meist auf dem Anstaltsgelände, wenn es geschlossener
Vollzug ist.
Bildungsmaßnahmen gibt es in den Anstalten
auch, werden aber statistisch betrachtet selten genutzt. Am häufigsten
kommen hier noch Fortbildungen vor.
Schulabschlüsse werden sehr selten in den Anstalten gemacht.
3. Organisation der Vollzugsbehörden
Zweistufiger Aufbau vorzufinden.
- Senatsverwaltung für Justiz
Die Senatsverwaltung ist die oberste Dienst- und Fachaufsicht und hat
den kümmert sich um die Fragen des Vollzuges.
Also Rahmen- und Globalplanung, Vollstreckungsplan, Richtlinienkompetenz
hinsichtlich der Ermessensentscheidungen des Anstaltsleiters
- Anstaltsleiter
Der Anstaltsleiter vertritt die Anstalt rechtlich nach außen. Er
trägt die Verantwortung für Anstalt, es ist ein so bezeichnetes
monokratisch-hierarchisches Modell. Er hat die Allzuständigkeit für
zahlreiche Ermessensentscheidungen, sofern nicht ausdrücklich anderen
Vollzugsbediensteten zugewiesen.
Zusätzliche Einrichtungen:
- Anstaltsbeiräte: In den Vollzugsanstalten sind Anstaltsbeiräte
einzurichten. Die Struktur und die Zusammensetzung der Anstaltsbeiräte
obliegt dem Land Berlin. Sie verfolgen eine Scharnierfunktion zwischen
der Öffentlichkeit und der Anstalt. Ferner haben sie eine Kontrollfunktion
im Vollzug. Die Beiräte wirken bei der Gestaltung des Vollzuges und
bei der Betreuung der Gefangenen mit. Sie unterstützen den Anstaltsleiter
mit Anregungen und helfen bei der Eingliederung der Gefangenen nach deren
Entlassung mit.
Anstaltsbeiräte sind als Kommission zu bezeichnen, die im Wesentlichen
mit unabhängigen "Laien" besetzt sind und durch beratende
und sozialpädagogische Mitwirkung am Strafvollzug, in der Öffentlichkeit
Interesse und Anteilnahme an den Problemen des Strafvollzuges und der
Gefangenen wecken und die Vollzugsanstalten durch demokratische Kontrolle
transparent machen sollen.
Der Berliner Vollzugsbeirat (BVB) wirkt
bei der Planung und Fortentwicklung des Vollzuges beratend mit und wirbt
in der Öffentlichkeit um Verständnis für die Belange eines
auf Resozialisierung ausgerichteten Jusitzvollzuges. Er unterstützt
die Senatsverwaltung für Justiz durch Anregungen und Verbesserungsvorschläge
in grundlegenden Angelegenheiten.
4. Untersuchungshaft
§ 112 StPO
(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden,
wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht.
Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache
und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung
außer Verhältnis steht.
(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen
1.festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder
sich verborgen hält,
2.bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht,
daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr),
oder
3.das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet,
er werde
a)Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken
oder fälschen oder
b)auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer
Weise einwirken oder
c)andere zu solchem Verhalten veranlassen,und wenn deshalb die Gefahr
droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).
(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat
nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder §
129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder
nach den §§ 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches
oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet
worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend
verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden,
wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.
§ 112a
(1) Ein Haftgrund besteht auch, wenn der Beschuldigte dringend verdächtig
ist,
1.eine Straftat nach den §§ 174, 174a, 176 bis 179 oder nach
§ 238 Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches oder
2.wiederholt oder fortgesetzt eine die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigende
Straftat nach § 125a, nach den §§ 224 bis 227, nach den
§§ 243, 244, 249 bis 255, 260, nach § 263, nach den §§
306 bis 306c oder § 316a des Strafgesetzbuches oder nach § 29
Abs. 1 Nr. 1, 4, 10 oder Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1,
§ 30a Abs. 1 des Betäubungsmittelgesetzes
begangen zu haben, und bestimmte Tatsachen die Gefahr begründen,
daß er vor rechtskräftiger Aburteilung weitere erhebliche Straftaten
gleicher Art begehen oder die Straftat fortsetzen werde, die Haft zur
Abwendung der drohenden Gefahr erforderlich und in den Fällen der
Nummer 2 eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr zu erwarten ist.
(2) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn die Voraussetzungen für
den Erlaß eines Haftbefehls nach § 112 vorliegen und die Voraussetzungen
für die Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls nach § 116 Abs.
1, 2 nicht gegeben sind.
Ich habe es vorhin ja angedeutet, dass die
Untersuchungshaft aus dem Strafvollzug ausgenommen ist, da sie zur Sicherung
des Verfahrens dient und nicht die Vollstreckung eines Urteils, das eine
Freiheitsstrafe vorsieht. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Die Voraussetzung für die Anordnung einer Untersuchungshaft sind
in der StPO - Strafprozessordnung - geregelt.
Danach darf gegen einen Beschuldigten, durch einen Haftrichter Uhaft angeordnet
werden, wenn der Beschuldigte dringend tatverdächtig ist und ein
Haftgrund besteht.
EIn solcher Haftgrund ist unter anderem dann gegeben, wenn der BEschuldigte
flüchtig ist oder Fluchgefahr besteht, die Gefahr der Verdunkelung
oder Widerholungsgefahr.
Das mit der Fluchtgefahr ist eigentlich eine Durchbrechung dieses Prinzipes
der Unschuldsvermutung, da bei Fluchtgefahr die Höhe der Strafandrohung
mit einbezogen wird.
III. Teil geladene Referenten
1. Carsten
- Bitte erläutere uns kurz deine Geschichte, wann und warum, wie
lange du in Untersuchungshaft gesessen hast.
- Kannst du bitte detailliert schildern wie die Aufnahme im Knast läuft?
- Wie funktioniert der Alltag in Untersuchungshaft?
- Was fandest du besonders schwierig?
- Welche Mittel hast du genutzt, um mit der Situation zurecht zu kommen,
um die "wehren" zu können? Kannst du was zu den Gesetzen
o Gesetzestexten sagen?
2. Axel
- Bitte erläutere uns kurz deine Geschichte, wann und warum, wie
lange du in Untersuchungshaft gesessen hast.
- Wie ist es dir bei der Aufnahme in Untersuchungshaft ergangen?
- Bei dir war es eine andere Situation - also du konntest dich nicht darauf
innerlich vorbereiten? Wie lange hast du gebraucht, um die Situation zu
realisieren und dich darauf einzustellen?
- Wie hast du den Knastalltag wahrgenommen?
- Was hat dir in dieser Situation geholfen?
Frage an beide:
- Hat sich durch eure Erfahrungen etwas an der Sicht zu Antirepressionsarbeit
geändert? Also sind euch heute andere Sachen bewusster oder formuliert
ihr Kritik am Herrschaftsapparat differenzierter?
- Welche politische Forderung ist euch wichtig am heutigen Tage noch Mal
zum Ende zu formulieren?
<<< Aktionen
|