Fakten und Einschätzungen zur Dark-Wave-Band Kirlian Camera In
den frühen 90er Jahren begannen Teile der sogenannten "Neuen
Rechten", einer Strömung innerhalb des europäischen Rechtsextremismus,
darüber nachzudenken, wie Teile der Gesellschaft mit Hilfe der "Kultur"
für die Ideen der "Neuen Rechten" angesprochen werden könnten.
Im Zuge dieses sogenannten "Kulturkampfes" suchten sie in den
existierenden Alternativkulturen nach Szenen, die in ihren Augen Anknüpfungspunkte
für ihre Propaganda boten und meinten, in der Dark-Wave/Grufti-Szene
fündig geworden zu sein. Neben bestimmten ästhetischen und musikalischen
Stilmitteln, die besonders in bestimmten Teilbereichen dieser Szene (insbes.
dem Neofolk und dem Industrial) Verwendung finden, waren dies auch bestimmte
Bands, die mit rechtem Gedankengut zumindestens kokettierten. Und in der
Tat ist seitdem zu beobachten, dass es eine Vielzahl von Bandneugründungen
mit deutlich rechter Orientierung gibt und Rechtsextremisten sich auf
Festivals und Konzerten der Schwarzen Szene propagandistisch betätigen
können. Auf dem Wave-Gotik-Treffen in Leipzig gab es neben unorganisierten
Rechten in Uniform-Outfit eine ganze Reihe von Ständen mit rechten
Zeitschriften wie Sigill, Hagal/Zeitenwende und Bücher und andere
Produkte aus rechtsextremen Verlagen wie dem VAWS (Verlag und Agentur
Werner Symanek), dem Arun- und dem Grabert-Verlag. Mitarbeiter der rechtsextremen
Wochenzeitung Junge Freiheit wurden auf dem Festival ebenso gesehen wie
militante Neonazis wie Katharina Handschuh (WJ-Aktivistin, danach JN-Bundesmädelbeauftragte
bis 1999) und Christian Worch. Die Dark-Wave-Band Kirlian Camera verwendet auf ihren CDs sowie bei Live-Auftritten häufig faschistische Symbole und Originaldokumente. So gebraucht die Band auf dem Stück "U-Bahn V.2 'Heiligenstadt'" auf ihrer CD "Todesengel. The Fall of Life" (1991) eine Rede des rumänischen Faschistenführers und Antisemiten Corneliu Zelea Codreanu, Gründer der "Legion Erzengel Michael" (1927) und Führer der "Eisernen Garde" (ab 1930). Im rechten Fanzine Sigill (Nr. 12, 1996/97) verkündet Bergamini zum Thema Codreanu: "Ich nahm den Song im Februar 1989 mit einem Teil von Codreanus Rede auf. Zu dieser Zeit suchte ich solches Material, um seine Legion zu ehren". Diese Legion hatte selbst nach den Worten des politisch rechtsaußen positionierten Ernst Nolte "nur eine Hauptintention, den Kampf gegen das Judentum und alles, was ihr als 'jüdisch' galt." Das war die Grundlage und Motivation, auf der die Legion ihren Terror verbreitete und Bergamini ehrt sie. In einem anderen Lied, am Anfang des Stückes "The Days of Laura Zero" auf der CD "Erinnerungen" (1994) verwendet die Band ein verlangsamtes Sample einer Vereidigung von Soldaten aus dem Dritten Reich: "Wir kommen zum Eid. Ich schwöre hier, Adolf Hitler, als Führer und Kanzler des Reiches ..." Laut einer eigenen Aussage von Bergamini in der "Walpurgis-Ausgabe" 1995 des rechtsradikalen Fanzines Europakreuz handelt es sich hierbei um ein Originaltondokument von der Vereidigung einer Waffen-SS-Einheit am 11.09.1935 in München. Auch im Lied "Der tote Liebknecht" auf der CD "Schmerz" (1992) befindet sich ein weiterer Sample eines "Original-Auszugs ... von einer berühmten Kundgebung des Dritten Reiches." (Bergamini in Sigill 12, 1996/97). In ihren Live-Auftritten und Bühnenshows zeigen Kirlian Camera zwischen "neutralen" Filmdokumenten und Dias auch Bilder mit einem deutlich faschistischen Kontext, wie etwa Fotos von Hakenkreuz-Monumenten und Hitlergrüßen. Bergamini bezeichnet in einem Interview in der Szenezeitschrift Zillo (Nr.7-8/1999) die Ästhetik des Dritten Reiches als "zweifellos faszinierend": "Nun ich mag die Nazi-Ästhetik, das kann ich nicht leugnen. Aber was ich über Politik denke, geht nur mich etwas an, und das würde ich niemandem erzählen." Diese Faszination zeigt sich nicht nur deutlich bei den während der Live-Auftritte der Band abgespielten Dia- und Videoshows, sondern sie geht offensichtlich so weit, dass Bergamini das Konzert von Kirlian Camera auf dem Dark Rush III Festival am 02.05.1998 in der Arena in Berlin mit dem Zeigen des "Kühnengrußes", einer abgewandelten Variante des Hitlergusses, beendete, was auch in o.g. Interview in der Zillo thematisiert wird. Hier geht es allerdings eine Seite lang darüber, ob diese Handbewegung nun ein Hitler- bzw. Kühnengruß war oder wie Bergaminis ausgestreckter Arm denn ausgelegt werden könnte. "Da habe ich das Publikum mit ausgestrecktem Arm begrüßt. Sorry, aber meine Finger waren nicht ganz verbunden. Was gibt´s zu einem Hitlergruß ohne miteinander verbundenen Finger zu sagen." (Bergamini in Zillo 7-8/99). Des weiteren fiel die Band bzw. ihr Frontmann und Sänger Bergamini in der Vergangenheit öfters durch Beiträge bei dubiosen, wenn nicht gar rechten Musiksamplern auf. So sind Kirlian Camera auf dem 1994 erschienenen Tape "Azazium collection" sowie der "Knights of Abyss"-Compilation von 1995, beide vom Berliner Label "Abyss Recordings Europe" herausgebracht, mit Liedbeiträgen vertreten. Der Geschäftsführer dieses Labels, Marco E. Thiel, ist gleichzeitig der Herausgeber des rechtsradikalen Fanzines Europakreuz. Dieser Thiel schreibt im Europakreuz Nr.18 (2/1997) in der Einleitung zu einem Interview mit der Band: "Niemand soll sich über die persönliche Form des "Gespräches" wundern, ich bin nicht etwa respektlos oder ohne Manieren. Kirlian Camera und ich kennen uns seit Jahren und deshalb sei es unter Kameraden erlaubt, sich zu duzen." 1996 wollten sich Kirlian Camera dann an einem Sampler zu Ehren der Nazi-Kultur-Ikone und Filmemacherin Leni Reifenstahl, auf der auch noch andere mehr oder weniger eindeutig rechte Dark-Wave-Bands (Death in June, Allerseelen, Turbund Sturmwerk u.a.) vertreten sind, beteiligen. Über diesen Sampler sagt Bergamini in Sigill (12, 1996/97): "Ich weiß nicht, ob das Projekt etwas mit "Nazis" zu tun hat oder nicht, aber das ist für mich nicht so wichtig." Dieser Sampler wurde allerdings von dem im Verfassungsschutzbericht Nordrhein-Westfahlen als rechtsextrem eingestuften VAWS-Verlag herausgebracht und von Josef Klumb (Sänger und Frontmann der nicht mehr existenten, eindeutig rechts einzuordnenden Dark-Wave-Band Forthcoming Fire sowie Von Thronstahl und Preussak) zusammengestellt. Dies war der Band auch durchaus bekannt. Der Liedbeitrag von Kirlian Camera auf dem Sampler konnte dann jedoch aufgrund eines formlosen Verbotes ihres Labels "Discordia" nicht erscheinen, nachdem das Label von der politischen Ausrichtung des VAWS-Verlages in Kenntnis gesetzt worden war (Sigill 12, 1996/97; "Reifenstahl" Begeleitbuch zum gleichnamigen Sampler 1996). Mit seinem Nebenprojekt Stalingrad war Bergamini 1998 dann doch auf einem anderen Sampler von VAWS, diesmal zu Ehren des Nazi-Bildhauers Josef Thorak, und 2001 auf einer CD unter dem Titel "Za dom Spremni" vertreten. Diese CD wurde zu Ehren der Gründung des Unabhängigen Kroatiens 1941 unter faschistischem Vorzeichen erstellt. Ermöglicht wurde dieses "unabhängige" Kroatien durch den Einmarsch deutscher NS-Truppen in Zagreb, gegründet wurde es von der faschistischen kroatischen Ustascha-Bewegung, auf die sich bereits Douglas Pearce, Kopf und Sänger der rechten Dark-Wave/Neofolk-Kultband Death in June positiv bezogen hat. Diese Kritikpunkte an Kirlian Camera sind
Tatsachen, die sich nicht leugnen lassen. Auf eine Erklärung zu diesen
Punkten in Interviews angesprochen, reagiert Bergamini lediglich mit oberflächlichen
Distanzierungen, die die Band von dem Vorwurf des Rechtsextremismus freisprechen
sollen: "Die anderen Mitglieder von Kirlian Camera stimmen mir da
nicht so zu, wie gewöhnlich bei solchen Punkten, ich muß also
sagen, dass das meine Gedanken sind, und nicht die von Kirlian Camera."
(Bergamini in Sigill 12, 1996/97). Oder noch besser: "Ich muß
an dieser Stelle zum zigsten Male wiederholen, daß andere Kirlian
Camera-Mitglieder verschiedene Male erklärt haben, daß sie
ganz aufrichtig politisch links einzuordnen sind." (Bergamini in
Zillo Nr.10, 1999). Eine Distanzierung oder auch nur erklärende Äußerung
der anderen Bandmitglieder zu diesen Kritikpunkten ist trotz deren "ganz
aufrichtiger" politischen Einordnung allerdings bis heute nicht erfolgt.
Es bleibt demzufolge als Tatsache festzuhalten, dass Kirlian Camera mit
ihren wiederholten glorifizierenden Bezügen auf faschistische Persönlichkeiten
und auf faschistische Ästhetik einer gesellschaftlichen Entwicklung
nach rechts Vorschub leisten und dies anscheinend auch wollen. Dies manifestiert
sich auch in der Beliebtheit von Kirlian Camera in politisch rechten Kreisen,
die sowohl am Presseecho in rechten Medien, als auch an einem Potential
an rechten Fans deutlich erkennbar ist. Faschismus ist jedoch keine Meinung,
die im Rahmen der Meinungsfreiheit gleichberechtigt neben anderen Meinungen
steht, Faschismus ist ein Verbrechen! Rechte "Dark-wave"-Band in Berlin |