Im zehnten Jahr der Fuckparade demonstrierten mehr als 3.000 Menschen in Friedsrichshain und Kreuzberg. Im großen und ganzen war’s ja wieder recht friedlich, auch wenn die Polizei mehr als sonst gestreßt hat und harmlose Kiffer kriminalisieren wollte. Die Fuckparade kämpft seit 1997 für Subkulturen, gegen Drogenhysterie, Repression durch Behörden und Polizeigewalt, in diesem Jahr mit den Schwerpunktthemen §129a gegen Soziale Bewegungen und Verdrängung alternativer Kultur aus dem öffentlichen Raum.

Bilder auf ADF und Abriss Berlin
Videos auf myvideo
Kritischer Beitrag zur Demo von EDGE-CENTRAL
Diskussion zur angeblichen Plünderung einer Tankstelle bei der Demo

>>> www.fuckparade.org/2007

----------------------------------------------------------------------------------------------

Aufruf

G8-Gipfel: Hausdurchsuchungen nach §129a wegen „Bildung einer terroristischen Vereinigung“. Ein paar Monate später: Razzia in der Maria am Ostbahnhof. „Die Maria ist ein gefährlicher Ort“, sagt die Polizei. „Gefahr ist im Verzug“, sagt die Polizei. „Einen Durchsuchungsbeschluss brauchen wir nicht“, sagt die Polizei. 200 Besucher werden von 170 Polizisten 5 Stunden festgehalten, damit am Ende ein paar Gramm Gras gefunden werden. Polizeiwillkür. Anti-Terrorgesetze gegen das Volk.
Nicht weit davon stehen eine ganze Reihe von kulturellen und sozialen Projekten vor dem Aus. Schwarzer Kanal, C-Base, Köpi, Oststrand, Bar25, RAW Tempel, Skatehalle, Cassiopeia: MediaSpree kriegt sie alle. Wen interessieren 1,7 Mio. m² Büroleerstand? Vorsorglich wird bald auch Deine Miete erhöht. Irgendwo wollen die zukünftigen MediaSpree-Angestellten doch wohnen. Wenigstens triffst Du in den Randbezirken, wo Du dann wohnst, wieder die alten Kulturprojekte. Auch die wurden aus der Stadtmitte verdrängt. Nur Deine alten Freunde siehst Du nicht mehr. Die leben jetzt 2 Stunden entfernt in einem anderen Bezirk.

Damit das nicht passiert, vernetzt Euch! Als Initiative seid eingeladen, Euch auf der Fuckparade kurz vorzustellen. Demonstriert mit uns!

Schäuble abschaffen! MediaSpree versenken!

----------------------------------------------------------------------------------------------

Redebeitrag zu Rechtsextremen in Friedrichshain

Ein Rechtsruck im Kiez? Wie kam es eigentlich dazu?

Seit zwei Jahren wird viel darüber diskutiert, warum gerade Friedrichshain der Bezirk mit den meisten rechtsextremen Übergriffen ist.
Friedrichshain ist über Berlin hinaus bekannt für seine „alternative Szene" und seinen Amüsierbetrieb. Entstanden aus der ehemaligen Hausbesetzterszene gibt es hier eine Fülle von netten Kneipen, Hausprojekten und Cafes. In Friedrichhain ist es scheinbar egal, was für eine Frisur du trägst, mit wem Du dir dein Bett teilst und wie Du deine Wände bemalst. Aber eben nur scheinbar.
Die vermeintlich bunte Schar der FriedrichshainerInnen lebt nicht in der beschriebenen Harmonie. Zunehmend entstehen Angsträume für Menschen, die nicht ins Bild deutscher Spießbürgerlichkeit, rassistischem und sexistischem Denken passen. In der Chronik der Antifa Friedrichshain zählen wir in diesem Jahr wieder eine Vielzahl gewalttätiger Angriffe mit rechtsextremer Motivlage. Die Beleidigungen und Drohungen, die sich mensch hier gefallen lassen muss, sind unzählbar und deshalb nirgendwo protokolliert. Doch wie kam es eigentlich zu diesem Rechtsruck im Kiez?
Hier sind vor allem zwei Faktoren zu nennen, welche die Struktur im Kiez zum kippen gebracht haben.
Zum herrscht ein falsches Bild von rechtem Mainstream vor, warum immer noch die Ansicht weit verbreitet ist, dass der Kiez frei von Rechten sei. Doch in Berlin sind die meisten Personen, die ein rechtes bis neonazistisches Gedankengut haben, nicht in festen Organisationen oder rechten Strukturen zu finden. Diese sog. "rechte Subkultur", die in ihrer Freizeit Rechtsrock hören, sich mit gleichgesinnten Freunden treffen und in ihren Wohnungen plakativ die Deutschland- oder die Reichskriegsflagge aufhängen, werden von staatlichen Maßnahmen gegen Rechts, die nur über Verbote und Repression funktionieren, nicht erfasst. Dennoch handelt es sich bei diesen, um den weitaus größten Anteil an Rechten.
So heißt es denn auch, dass in Friedrichshain keine offen auftretenden rechtsextremen Organisationen existieren. Das stimmt. Aber eine Unzahl an aktiven Rechtsextremen gibt es hier dennoch. Ferner wird rechtes Gedankengut von Gesellschaft und Medien erst kritisiert, wenn es zu einem gewalttätigen Übergriff gekommen ist. Doch dann ist es bereits zu spät. Eine aktive Arbeit gegen rechtes Potential muss präventiver ansetzten und es erst gar nicht zu einem solchen Eskalationsgrad kommen lassen.
Womit wir beim nächsten Punkt wären, warum es in Friedrichshain fast schlagartig zu einer Häufung von Übergriffen kam.
Die alternative Gegenkultur wurde aktiv durch Stadtumstrukturierung verdrängt und der freigewordene soziale Raum durch kommerzielle und rechte Alltagskultur gefüllt.
Trotz zahlreicher staatlicher Bemühungen gibt es sie in Friedrichshain noch immer: weniger werdende alternativen Hausprojekte und linke unkommerzielle Kulturprojekte. Die alternative Gegenkultur hatte in den 90er Jahren die Funktion in vielfältiger Weise inhaltlich rechtem Gedankengut entgegenzusteuern. Durch die Dominanz alternativer kritischer Kultur auf den Straßen, auf den Plätzen und in den Häusern war früher klargestellt, dass rechte Positionen im Kiez nichts zu suchen haben. Doch durch einseitiges Quartiersmanagement wurde der Kiez in den letzten Jahren nach Belieben der Hauseigentümer und Gewerbetreibenden sozialstrukturell umgemodelt. Die Verdrängung linker und unkommerzieller Projekte ist dabei für viele nur eine Randerscheinung. Während in Friedrichshain Platz für Kommerzscheiße geschaffen wurde, ist es auch mit der versprochenen Vielfalt vorbei. Alles was nicht einer konservativen Verhaltensnorm entspricht wird stigmatisiert, überwacht, wahlweise kriminalisiert und kollektiv bekämpft. Spätestens in den letzten zwei Jahren müsste diese Entwicklung auch den Stadtplanern und Immobilienspekulanten aufgefallen sein. Doch diese Entwicklung wird sich schwer stoppen lassen.
Einstmals waren es noch Ansätze rechter Subkultur im Kiez. Nun haben diese Fuss gefaßt. Im Ambrosius in der Warschauer Straße haben nicht nur Anhänger einer rechten Subkultur ein Domizil gefunden, sondern inzwischen auch Mitglieder extrem rechter (teils verbotener) Kameradschaften. Mittlerweile gehören organisierte Neonazis zu dem Stammpublikum im Ambrosius, dass seine Gäste mit beschaulichem "altdeutschen" Flair in seine Kneipe lockt. In den letzten Wochen kam es im Umfeld der Kneipe immer wieder zu Angriffen auf linkes Partyvolk. Wer meint, dass für solche Aktivitäten die Staatsmacht zuständig ist, der irrt.
Bisher versucht die Polizei in Friedrichshain die Situation herunterzuspielen und verweist immer wieder auf die scheinbar unpolitischen Täter. Dadurch werden die Angriffe entpolitisiert und zu einem Problem der Sozialarbeit deklariert. Solange sich die staatlichen Organe blind stellen, muss sich auch der Rest der Gesellschaft nicht damit befassen. Tatsächlich betrifft es ja den Großteil der Anwohner nicht.
Deswegen ist es unumgänglich selbst im Kiez aktiv zu werden. Staatliche Maßnahmen werden nicht die Lösung sein aus Friedrichshain das Paradis auf Erden zu machen. Utopien müssen wir uns selbst erkämpfen. Immer noch besser als im gleichgeschalteten Einheitssumpf unterzugehen. Gebt einer alternativen kritischen Kultur Aufwind .
Ein Kiez, der rechte Meinungen und Angriffe nicht toleriert muss erst wieder geschaffen werden. Gestalten wir deshalb die verbliebenen linken Freiräume mit, schaffen wir neue und stiften Unruhe in der Dominanzkultur.

Möglichkeiten zum aktiv sein gegen Rechts:
Offenes Antifa Café jeden 3. Donnerstag im Vetomat (Scharnweberstr. 35)
Initiative Gegen Rechts Treffen, jeden 1. Dienstag im Mieterladen (Kreutzigerstr. 23)
Infos unter: www.antifa-fh.de.vu und initiative-gegen-rechts.de

<<< Aktionen