Themenspecial
zur Luxemburg-Liebknecht-Gedenkdemo 2008
1919. Halbe Revolution - Ganze Konterrevolution
Antifa Friedrichshain Januar 2008 > Download
als Flyer
Für den 13. Januar 2008 hat die rechtsextreme
NPD angekündigt unter dem Motto „Gegen das Vergessen –
Freikorps, Soldaten für Deutschland“ aufzumarschieren. Gleichzeitig
findet die traditionelle jährliche Ehrung der 1919 ermordeten SozialistInnen
Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht auf dem Zentralfriedhof-Friedrichsfelde
(Berlin-Lichtenberg) in statt.
Erst im November scheiterte der Versuch der NPD den Lichtenberger Anton-Saefkow-Platz
(Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus 1939-1944) nach
dem Luxemburg/Liebknecht-Mörder Waldemar Pabst umzubenennen.
Die NPD lässt nun endgültig die letzten bürgerlichen-demokratischen
Masken fallen und sorgt für gezielte Provokationen. Es geht wieder
ums Ganze. Offen wird sich auf Seiten derer Positioniert, die sich während
der gesamten Weimarer Republik nicht nur gegen Linke sondern gegen die
gesamte Weimarer Demokratie stellten, auf deren Konto tausende tote Arbeiter
und etliche ermordete Politiker gehen.
Nicht zufällig gingen aus den Freikorps die Führer der SA Ernst
Röhm oder der Kommandant von Auschwitz Rudolf Höß hervor.
Die NPD weiß um diese Tatsachen und stellt sich bewusst in diese
Traditionslinie.
Doch die Politik der Freikorps wäre
ohne die Unterstützung und Zusammenarbeit der SPD 1918-1923 nicht
möglich gewesen. Die SPD verzichtete darauf die alten monarchistischen
Eliten aus ihren Machtpositionen zu vertreiben, ging ein Bündnis
mit den reaktionären Militärs ein und bekämpfte die starke
revolutionäre Abeiterbewegung.
An diese Geschehnisse wollen wir im Vorfeld der Gedenkdemonstration zu
Ehren der überzeugten SozialistInnen und Anti-MilitaristInnen Rosa
Luxemburg und Karl Liebknecht erinnern.
„Es muß im Herbst oder Winter
1920 gewesen sein, daß sich bei uns der Verlobte einer älteren
Cousine vorstellte, ein hübscher, blonder junger Mann namens B. Es
waren noch Notzeiten, das kalte Abendbrot war nur mit einem Krabbensalat
aufgebessert, den meine Mutter irgendwie gezaubert hatte, und später
stellte die Familie betreten fest, daß B. nur Krabben und alle Krabben
aß. Aber mir machte B. durch etwas anderes Eindruck. Es stellte
sich heraus, daß er Freikorps-Mann gewesen war, und er erzählte
während des ganzen Essens davon, wie hart man bei den Freikorps wurde
und wie man oft seinen eigenen Gefühlen männlich Gewalt antun
musste, wenn man die Gefangenen dutzendweise an die Wand stellte, besonders
bei den Kämpfen im Ruhrgebiet nach dem Kapp-Putsch. „Das war
die Blüte der Arbeiterjugend, die wir da erschießen mussten.“
Er blickte blau, tat sich leid und aß Krabben. Und plötzlich
merkte ich mit einer Art von Schrecken, daß ich innerlich auf die
Seite der erschossenen übergegangen war.“ (Haffner, 1968)
Beendigung des 1. Weltkriegs
Das Kriegsjahr 1918. Europa blutet aus-
Deutschland ist am Ende. Der Eintritt der USA in den Krieg besiegelt endgültig
das Los des schon völlig sinnlosen Kriegs.
Auch die deutschen Generäle Ludendorff und Hindenburg
1 stuften den Kampf als aussichtslos ein. Sie empfahlen Kaiser Wilhelm
II., die zuvor abgelehnten Waffenstillstandsbedingungen der Entente anzunehmen
und ein parlamentarisches System anstatt der bankrotten Monarchie zu errichten.
Die demokratischen Parteien sollten so die Verantwortung für die
Kriegsniederlage und die Reparationen übernehmen und das Militär
ohne Gesichtsverlust davonkommen. Die Grundlage für den Mythos der
„im Felde unbesiegten deutschen Armee“, die nur durch den
„Dolchstoß“ der Linken besiegt werden konnte war damit
gelegt.
Gesagt getan, forderte der Kaiser mit Erlass am 30. September die Einführung
eines parlamentarischen Regierungssystems, was durch die sog. Oktoberreform
umgesetzt wurde. Der neue, vom Parlament bestätigte Reichskanzler
wurde der relativ liberale Prinz Max von Baden. Gekämpft und gestorben
wurde an der Westfront weiterhin.
Die Massen daheim, auch die Massen der einfachen Soldaten und Matrosen
mochten sich durch die Aussicht auf Frieden und Weiterleben erleichtert
fühlen, auch wenn der Krieg verloren war, auch wenn der Kampf aufgegeben
wurde, bevor „das Letzte“ hergegeben war; die Offiziere nicht.
Für sie war Aufgeben Schande. Der Schande zogen sie den Tod vor.
Und die Mannschaften hatten gefälligst mitzusterben.
Für
die Beendigung des Krieges sorgten Soldaten, die sich weiteren todbringenden
Befehlen verweigerten. Als Beginn der deutschen Novemberrevolution gilt
der Kieler Matrosenaufstand.
Auslöser war ein geheimgehaltener Flottenbefehl vom 16. Oktober 1918:
„Die Marine hat keinen Waffenstillstand nötig. Sie muss eingesetzt
werden. Wenn auch nicht zu erwarten ist, dass hierdurch der Lauf der Dinge
eine entscheidende Wendung erfährt, so ist es doch eine Ehren- und
Existenzfrage der Marine, im letzten Kampf ihr Äußerstes getan
zu haben.“ Die gut informierten Marine-Soldaten weigerten sich.
Sie entwaffneten ihre Offiziere, hissten auf ihren Schiffen rote Fahnen.
und bildeten Soldatenräte als Exekutivorgane. Die Räte als spontan
entstandene radikaldemokratische Basisorganisationen waren nicht unmittelbar
sozialistische oder kommunistische Organisationen. Die Streikbewegung,
die sich Arbeiter- und Soldatenräte als Führungs- und Organisationsgremien
schufen, waren mehrheitlich SozialdemokratInnen und glaubten sich eins
mit ihrer Parteiführung im Willen um eine grundlegende, revolutionäre
Veränderung. Doch die SPD-Führung, unter Phillip Scheidemann
und Friedrich Ebert, war mit einer legalen Übertragung der Macht
an ein Parlament bei Beibehaltung der Besitzverhältnisse zufrieden
und versuchte die Räte unter ihre Kontrolle zu bringen.
Aus
diesem Grund galt die SPD für die militärische Führung,
wie auch für Prinz Max von Baden als einziger Anwärter für
die Macht. Die revolutionären Räte waren nützlich gewesen
um den Druck auf die Herrschenden zu erhöhen und die SPD an die Macht
zu verhelfen – danach störten sie und sollten wieder aufgelöst
werden. Dieser strategische Schachzug der SPD ist nur im Zusammenhang
mit der Entwicklung der SPD von einer revolutionären Arbeiterpartei
seit 1870 unter Bismarck zur staatstragenden Partei später unter
Kaiser Wilhelm II., zu bewerten.
Die SPD hatte sich schon lange von einer
sozialistischen Revolution verabschiedet und sich im kaiserlichen Deutschland
eingerichtet. Dies führte soweit dass sie, trotz aller zuvor beteuerten
Schwüre, dass Proletarier niemals auf Proletarier schießen
würden, 1914 in großer Mehrheit für die Bewilligung der
Kriegskredite und damit für den Krieg stimmte. Nur so, so schien
es ihnen, könnten sie ein für allemal das Stigma der „Vaterlandslosen
Gesellen“ loswerden und ihre Loyalität zum Deutschen Kaiserreich
unter Beweis stellen. Wilhelm II dankte es Ihr: „Ich kenne keine
Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche“. Die SPD fühlte
sich endlich eins mit dem monarchistischen Staat, auch wenn sie weiterhin
von allen entscheidenden Positionen im Staat ausgeschlossen blieb. Während
des Krieges herrschte in Deutschland eine von SPD und anderen widerspruchslos
hingenommene Militärdiktatur, die in alle Bereiche des Lebens eingriff.
Nur eine kleine Gruppe, zu der Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht gehörten,
kündigten diesen „Burgfrieden“ auf, verlangten ein Ende
des Krieges und eine sozialistische Umordnung der Gesellschaft. Sie gründeten
die Unabhängige- USPD welche als linke Opposition zur Kriegspartei
SPD auftrat.
Die Machtfrage und Niederlage der Revolution
Der Druck durch die nahende Revolution (Liebknecht
als Parteiführer der Unabhängigen SPD hatte für den 9.
November zum Generalstreik in Berlin aufgerufen) verhalf der SPD zur Regierungsmacht.
Als sie merkte, dass sie die Revolution nicht mehr aufhalten konnte und
die Massen ihnen entglitten, sprang sie schnell auf den fahrenden Zug
auf um die Geschehnisse wenigstens in ihrem Sinn zu beeinflussen. Plötzlich
stellte sich die SPD als treibende Kraft der Revolution dar und versprach
Ruhe sobald die Macht in ihren Händen läge. Reichskanzler Max
von Baden sah sich so genötigt den, nicht rücktrittswilligen,
Kaiser abzusägen und machte Ebert am Vormittag des 9. November zum
Reichskanzler.
Ebert wollte die bürgerlichen Parteien, die schon im Reichstag mit
der SPD zusammengearbeitet hatten, sowie die alten Eliten des Kaiserreichs
für den Staatsumbau gewinnen und eine befürchtete Radikalisierung
der Revolution nach russischem Vorbild vermeiden. Somit war eine formelle
SPD-Regierung geschaffen. Obgleich es noch parallele Versuche der Räte
gab eine Regierung zu bilden, machte die SPD unmissverständlich klar,
dass diese doch überflüssig seien, wenn eine sozialistische
Regierung die Geschicke des Reiches lenke.
Vor dem Reichsrätekongress im Dezember 1918, auf dem sich Ebert
gegen Liebknecht durchsetzen konnte
Tatsächlich ließen sich auch
weite Teile der Bevölkerung vom Versprechen nach Sicherheit und Ordnung
überzeugen. Die Parole der Stunde war nach Ebert:: 'Wir wollen keinen
Bruderkampf – Kein neues Blutvergießen'. Für die Minderheitenposition
schrieb Luxemburg in der 'Roten Fahne': „Bürgerkrieg ist nur
ein anderer Name für Klassenkampf, und der Gedanke, den Sozialismus
ohne Klassenkampf, durch parlamentarischen Mehrheitsbeschluss einführen
zu können, ist eine lächerliche, kleinbürgerliche Illusion.“
Nachdem Ebert die Machtfrage für sich entscheiden konnte, mussten
weitere Sicherungsleinen gegen die Revolution her. So wurde ein Pakt mit
Wilhelm Groener (Nachfolger Ludendorfs in der Oberen Heeresleitung) noch
im November 1918 geschlossen. Groener bot Ebert eine loyale Zusammenarbeit
der Armee an, fordert aber im Gegenzug ein energisches Auftreten gegen
die Räte. Ebert nahm dieses Angebot dankend an und telefonierte von
da ab täglich mit Groener. Ein monarchistischer General und ein sozialdemokratischer
Reichskanzler gingen ihr Bündnis ein. Ebert sicherte sich so die
Macht seiner Partei, Groener erhielt die Zusage, dass die Armee auch im
neuen Staat mitreden durfte. Auch auf demokratische Reformen bei der Reichswehr
sollte verzichtet werden. Der politische Spagat der SPD war, wie so oft,
beachtlich.
Im
Januar 1919 schlug dann die Stunde des frischgebackenen Reichswehrministers
Gustav Noske. Mit dem Bekenntnis: „Einer muss der Bluthund sein,
ich scheue die Verantwortung nicht.“ nutzte er Reichswehr und Freikorps-Verbände
um gegen die immer noch existierende revolutionäre Arbeiterbewegungen,
die mehr wollte als nur eine parlamentarische Demokratie in der die alten
Macheliten weiterhin in der Armee und der Bürokratie blieben, vorzugehen.
Durch seine Befehle starben nicht nur Luxemburg und Liebknecht sondern
auch tausende Arbeiter, die zum Schutze der Revolution angetreten waren,
und in mehrtägigen Schlächtereien im Januar im Kampf um das
'rote Berlin' umgebracht wurden.
Die
Kämpfe im Zeitungsviertel nahe Kochstraße gingen als 'Spartakusaufstand'
in die Geschichte ein. In Lichtenberg wurde ein Straßenzug von den
Freikorps zusammengeschossen. Allein dort starben etwa 1000 Menschen.
So war schon die Entstehung der ersten Demokratie auf deutschem Boden
von blutigen, bürgerkriegsartigen Auseinandersetzungen überschattet.
Doch nicht die revolutionären ArbeiterInnen sorgten für dieses
Blutbad - es waren die alten reaktionären, monarchistischen Kräfte,
angeleitet und unterstützt von der sozialdemokratischen Partei die
dafür verantwortlich waren.
Luxemburg und Liebknecht – Symbole
der Revolution
Als Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht am
15. Januar 1919 ermordet wurden, war dies nur eine weitere blutige Episode
seit dem November 1918 und änderte an den weiteren politischen Ereignissen
wenig. Der Ausbruch und das Scheitern der Revolution hing von vielen anderen
Faktoren ab.
Dennoch waren sie die theoretischen Köpfe hinter der sozialistischen
ArbeiterInnenbewegung, die mit ihren Artikeln und Reden den revolutionären
Soldaten und ArbeiterInnen eine Stimme verliehen, die bis heute widerhallt.
Wer waren die beiden?
Liebknecht
gehörte zum linken Flügel der SPD und hatte als einziger am
2. Dezember 1914 gegen die Kriegskredite im Reichstag gestimmt. Damit
zog er den Groll der Parteispitze auf sich. Friedrich Ebert, SPD-Parteiführer
folgte dem 'Burgfrieden' Kaiser Wilhelm II. und verzichtete auf politische
Auseinandersetzungen innerhalb Deutschlands während des Krieges 1914-18.
Die Einigkeit im Krieg war nach Hoffnung der SozialdemokratInnen nötig,
um eine bruchlose Entwicklung des Sozialismus aus dem preußisch-deutschen
Staatswesen heraus zu ermöglichen, wie sie unter der Bismarckschen
Sozialgesetzgebung bereits im 19. Jahrhundert begonnen hatte. Dass Liebknecht
diesen Frieden aufkündigte und den national geprägten Sozialismus
für die Solidarität mit der internationalen Arbeiterklasse verwarf,
brachte ihm den Vorwurf der 'Brunnenvergiftung' ein. Sein Mut veranlasste
auch andere SPDler sich im Verlaufe des Krieges gegen die Stillhaltetaktik
auszusprechen, bis sich die Partei in SPD und USPD spaltete bzw. die anti-MilitaristInnen
aus der Partei ausgeschlossen wurden. Sein pazifistisches Engagement brachte
Liebknecht 1916 bis zum Ende des Krieges ins Zuchthaus. Über die
Grenzen Deutschlands hinaus war er als Protagonist der Antikriegsbewegung
und der Revolution bekannt. Nachdem der SPDler Scheidemann am 9.November
1918 die Republik ausgerufen hatte, rief Liebknecht wenig später
die sozialistische Räterepublik aus.
So existierten eine kurze Zeit zwei Republiken, symbolisch für die
in sich gespaltene Bewegung die den Krieg und die Monarchie beenden wollte,
aber noch zwischen Reform und Revolution schwankte.
Rosa
Luxemburg war bis Kriegsbeginn ebenfalls SPD-Mitglied und Intellektuelle
mit Weltruhm. Schon bei Ausbruch des Krieges gründete sie innerhalb
der SPD die pazifistische 'Gruppe Internationale'. Der Streit mit den
GenossInnen bezog sich, wie bei Liebknecht, auf den Kurs des sogenannten
Kriegssozialismus, als Mittel nationale Identität zu schaffen, Klassenwidersprüche
über Bord zu werfen, und die Wirtschaft unter Militärherrschaft
zu stellen. Luxemburg sah darin den Beginn einer Diktatur, während
die SPD mit den staatssozialistischen Möglichkeiten einer solchen
liebäugelte.
Schon Ferdinand Lassalle, der Gründer der deutschen Sozialdemokratie,
forderte im 19. Jahrhundert von Bismarck eine Diktatur, nicht der Arbeiterklasse
selbst sondern in ihrem Namen und in ihrem Interesse - und zwar durch
das „sozialistisch gewandelte“ preußische Königtum.
Vor diesem Hintergrund macht die seltsame Kaisertreue des rechten Flügels
der SPD wieder Sinn.
Zusammen mit Liebknechts USPD verließ Luxemburgs Gruppe unter dem
Label Spartakusgruppe 1917 die SPD. Rosa verbrachte den Krieg in sog.
„Schutzhaft“.
Als die beiden am 23.Oktober bzw. 9. November aus der Haft entlassen wurden,
hatten sie noch zwei Monate zu leben. Sie gründeten die Zeitung 'Rote
Fahne' und kommentierten kritisch jeden Schritt der SPD und vor allem
der Räte.
Die
unerfolgreiche Gremienarbeit in USPD und bei den Revolutionären Obleuten
veranlasste sie um Weihnachten 1918 zur Gründung der KPD aus dem
Spartakusbund heraus. Liebknecht beteiligte sich kurzzeitig an den Sitzungen
des Revolutionsausschusses im Berliner Polizeipräsidium. Sie haben
gearbeitet bis zur Erschöpfung – Führer einer deutschen
bolschewistischen Revolution waren sie mitnichten. Der Gedanke, dass die
Revolution einer Organisation und Manipulation bedürfe, war ihnen
ohnehin fremd. Die KPD orientierte sich an der kommunistischen Internationalen
bzw. am nunmehr bolschewistischen Russland. Der Formalismus der KPD produzierte
gerade in der Anfangszeit hohe Papierberge, während die TrägerInnen
der Kämpfe auf der Straße und in den Betrieben meist keiner
größeren Organisation angehörten. Die Relevanz der KPD
als Revolutionsorganisation wird noch heute überhöht und romantisiert.
Ihr Ziel war immer Aufklärung und Agitation, gegen die Unaufrichtigkeit
der SPD und gegen die Konzeptlosigkeit der Revolutionären Obleute.
Der Hass der Durchschauten und Bloßgestellten richtete sich auf
Luxemburg und Liebknecht wie auf keine anderen ProtagonistInnen dieser
Zeit. Sie verkörperten die deutsche Revolution für Freund und
Feind – wer sie töten würde, könnte die Revolution
aufhalten, so die einhellige Meinung. In ihnen schien sich der Bolschewismus
zu materialisieren, welcher mit Lenin an der Spitze 1917 bereits in Russland
siegreich die Revolution durchgeführt und den Zaren zum Teufel gejagt
hatte. Dass Luxemburg Lenin wegen seines autoritären Führungsstils
scharf kritisierte, wurde gar nicht wahrgenommen.
Der Mord durch die Genossen
Ihre Ermordung kam für die beiden nicht
unbedingt überraschend. So gab der stellvertretende Stadtkommandeur
Fischer 1920 zu, dass es zur Politik seines Amtes ab Dezember 1918 gehörte,
die beiden „bei Tag und Nacht aufzustöbern und zu jagen, so
dass sie weder zu einer agitatorischen noch organisatorischen Tätigkeit
kommen.“ Weil ein Kopfpreis von je 50.000 Mark vom SPDler Scheidemann
(damals Mitglied im Rat der Volksbeauftragten) auf die beiden ausgesetzt
war, drangen bereits am 10. Dezember Soldaten des Zweiten Garderegiments
erfolglos in die Redaktionsräume der Roten Fahne in der unteren Wilhelmstraße
ein, um Liebknecht zu erschießen2. Das Mordkomplott
ist offensichtlich – sie wollten sich Karl und Rosa, das intellektuelle
Sprachrohr der linksradikalen Kräfte Rote Fahne vom Hals schaffen.
Anfang Januar gab der berüchtigte Reichswehrminister Gustav Noske
(ebenfalls SPD) den Befehl Liebknechts Telefonanschluss zu überwachen
und alle Bewegungen der beiden an Hauptmann Waldemar Pabst von der Garde-Kavallerie-Schützendivison
zu melden. Zwei Tage vor ihrer Ermordung erschien dann in der SPD-Zeitung
'Vorwärts' die Abschussbegründung als Gedicht: „Vierhundert
Tote in einer Reih’ -/ Proletarier!/ Karl, Rosa, Radek und Kumpanei
-/ es ist keiner dabei, es ist keiner dabei!/ Proletarier!“
Luxemburg und Liebknecht wurde die Schuld für das Blutvergießen
durch die SPD-Truppen gegen die Räte zugeschrieben. Die Argumentation
stank schon damals zum Himmel und verschleierte dürftig die Mordlust
der SPD geführten Freikorps.
In den letzten Tagen vor ihrer Ermordung
wurden sie rastlos aus ihren immer neuen Verstecken gehetzt. Ihre letzte
Station war nahe dem Fehrbelliner Platz, Mannheimer Straße 53, bei
Markussohn. Am Vormittag des 15. Januar entstand dort in Zusammenarbeit
mit Wilhelm Pieck (auch Spartakusbund, Rote Hilfe Gründer und DDR-Präsident)
ihre letzte Ausgabe der Roten Fahne. Am Nachmittag drangen Soldaten in
die Wohnung ein und forderten die beiden auf mitzukommen. Im Eden-Hotel
am Ku’Damm war das Hauptquartier der Garde-Kavallerie-Schützendivision
unter Pabst.
Dieser
führte persönlich die Verhöre der beiden in seinem Büro
durch. Nach brutalen Misshandlungen wurden sie mit Kolbenschlägen
auf den Kopf geschlagen und Mordkommandos übergeben. Kapitänleutnant
Pflugk-Harttung bat Liebknecht am Neuen See aus dem Auto zu steigen und
schoss ihm in den Hinterkopf. Danach wurde er als „unbekannt“
im Leichenschauhaus abgeliefert. Luxemburg wurde von Leutnant Vogel in
einem anderen Wagen in die Schläfe geschossen und an der Lichtensteinbrücke
in den Landwehrkanal geworfen. Sie wurde erst Monate später angeschwemmt.
Pabst saß währenddessen in seinem Büro und verfasste einen
langen Bericht, der am nächsten Tag in den Zeitungen zu lesen war:
Liebknecht sei auf dem Transport in die JVA Moabit bei einem Fluchtversuch
erschossen worden, während Luxemburg den Soldaten von einem wütenden
Mob entrissen, verschleppt und höchstwahrscheinlich getötet
wurde. Das glaubte natürlich niemand - doch ins Wanken bringen konnte
dies die Macht von Scheidemann und Ebert nicht.
Pabst hat sich nach der Verjährungsfrist 1962 offen zum Mordbefehl
bekannt und zugegeben, dass der Mord der SPD-Führung recht kam, weswegen
er nicht verfolgt worden sei. Er starb 1970 als langjähriges NPD-Mitglied.
Die involvierten Soldaten wurden von einem Militärgericht ihrer eigenen
Division im Mai 1919 vom Mord freigesprochen. Zu lächerlich geringen
Strafen wurden einige wenige wegen „Wachvergehen“ und „Beiseiteschaffen
einer Leiche“ verurteilt.
Kontinuitäten: Von der Front zu den
Freikorps und weiter zur SA
Die Truppen, die Noske zusammengestellt
hatte, um Berlin zu säubern waren keine gewöhnlichen Soldaten.
Es waren freiwillige Wehrverbände, die Erfahrung als Frontsoldaten
hatten und nach dem Krieg nicht so recht wussten wohin. Der Zusammenbruch
der Monarchie, gepaart mit der Niederlage im Krieg ließ sie nach
Schuldigen für diesen schlechten Ausgang und ihre Leiden suchen und
in den Linken finden. So blieben sie unter der Führung ihrer ehemaligen
Offiziere und fanden ihren Einsatz bei der Zerschlagung der Rätebewegung.
Tatsächlich waren die Freikorps genauso wenig wie die Reichswehr
von der Republik begeistert und vertraten ein monarchistisches, militärisch-nationalistisches
Weltbild. Wesentlichen Zulauf und Akzeptanz bekamen die Freikorps durch
die Dolchstoßlegende.
Erst am 28. Juli 1919 wurde von Reichsaußenministers Hermann Müller
(SPD) und Kolonial- und Verkehrsministers Johannes Bell (Zentrum) der
Friedensvertrag von Versailles unterzeichnet. Darin übernahm Deutschland
die alleinige Kriegsschuld, sollte hohe Reparationszahlungen leisten und
die Reichswehr auf 100.000 reduzieren. Der Versailler Vertrag war fortan
die schärfste Waffe der reaktionären Kräfte in Deutschland
gegen die SozialdemokratInnen. Schlagworte wie: „Dolchstoß“,
„Schandvertrag“ und „Kriegsschuldlüge“ vergifteten
von nun an das innenpolitische Klima. Hitler brachte 1923 dann alles auf
eine Formel: „Novemberverbrecher!“. Der Vorwurf sollte die
linken Kräfte treffen, deren Novemberrevolution das von den Generälen
hinausgezögerte Kriegsende angeblich erzwungen hatte. Die Dolchstoßlegende
wurde von zahlreichen Medien, vor allem des Hugenberg-Pressekonzerns (DNVP-nah),
begeistert aufgegriffen und propagiert.
Während die Reichswehr also durch den Versailler Frieden auf 100.000
Mann beschränkt war, sammelten sich in den Freikorps zeitweise rund
400.000 Soldaten, die in engem Verhältnis zur Reichswehr agierten.
Finanziert wurden die Freikorps durch den Anti-Bolschewistenfonds der
deutschen Wirtschaftselite.
Die Möglichkeit diese Wehrverbände relativ unkontrolliert im
Landesinneren als quasi Bundespolizei gegen die Räte einzusetzen
machten die Freikorps attraktiv für Ebert und Noske.
Die
Reichswehr selbst war im Landesinnern nur sehr beschränkt tätig
geworden. Als im März 1920 die Freikorps mit dem Kapp-Putsch die
sozialistische Regierung stürzen und eine Militärdiktatur errichten
wollten, griff die Reichswehr nicht ein. „Truppe schießt nicht
auf Truppe“ hieß es. Anlass für den Putsch war die Anordnung
die berüchtigte 500 Mann starke Freikorps-Einheit Ehrhardt entwaffnen
und aufzulösen. Der Kapp-Putsch scheiterte schließlich am Generalstreik
der ArbeiterInnen und der staatstreuen preußischen BeamtInnen.
Der Korpsgeist in den Wehrverbänden
war das, was Ebert so am Einheitsgedanken verzückte. Mit sich und
seiner beschränkten Umwelt, ohne Widerspruch eins zu sein –
das erhoffte er sich von seiner sozialistischen Republik. Die Freikorps
begriffen sich als „Kern des Volkes“, welche dazu auserkoren
waren als Ordnungsmacht tätig zu werden. Auch Ebert mutmaßte
häufig, dass die Räte eine Minderheit vertraten während
er bzw. das Parlament die Mehrheit der Deutschen hinter sich hatte. Nur
unter solchen gedanklichen Vorzeichen konnte entsprechend brutal gegen
AbweichlerInnen vorgegangen werden.
Bezeichnend ist, dass sich in den Freikorps
zwischen 1918 und 1923 die spätere politische und militärische
Elite des Nationalsozialismus Seite an Seite findet. Manche ihrer Verbände
trugen das Hakenkreuz am Stahlhelm schon damals. Diese Netzwerke und ihre
Methodik wurden auch nach Auflösung der Freikorps gezielt weitergepflegt,
mit dem Ziel, ein militärisches Potential für den gewaltsamen
Sturz der Republik zu schaffen. Aus diesem Reservoir rekrutierte sich
dann die Führerschicht der SA und der NSDAP. Ja, es scheint fast
so, als sei die Mitgliedschaft in einem Freikorps eine Art Bewährungsprobe
für SA-Führer gewesen.
Mit anderen Worten: „Es geht eine gerade Linie aus den Schützengräben
des Krieges über die Freikorps zu den Sturmabteilungen der NSDAP.
Wer die SA-Führer kennt und die Freikorps kannte, der weiß,
daß fast alle Freikorpsmänner und besonders alle Unterführer
der Freikorps heute SA-Führer sind, und nicht nur das: Sie haben
die SA aufgebaut.“ (Gundelach, S.12)
Auch auf den Gebieten der Verwaltung ist
diese Kontinuität anzutreffen: Die Strukturen und das Personal der
Kaiserzeit in weiten Teilen von Wirtschaft, Verwaltung, Justiz und Militär
wurden in die Weimarer Republik, teils aus Pragmatismus, teils aus politischen
Gründen von der SPD übernommen. Die Weimarer Reichsverfassung
schützte ausdrücklich einige Privilegien des kaiserlichen Beamtenapparats.
In diesen Strukturen konnten, auch mit einer anders gearteten Regierung
als der Eberts, keine emanzipativen Gedanken Fuß fassen. Der Apparat
konnte daher 1933, wie das Militär, nahtlos in den Nationalsozialismus
übernommen werden.
Lange bevor Hitler und seine Epigonen in der Weimarer Republik politischen
Einfluss bekamen, existierte in Deutschland und zuvor im Kaiserreich eine
breite sowohl antisemitische, als auch rassistisch-kolonialistische Grundüberzeugung,
die z.B. von Verbänden wie den „Alldeutschen”, der Thule-Gesellschaft,
den Freikorps und vielen mehr oder weniger einflussreichen Gruppen propagiert
wurde. Die SPD meinte diese unter dem Dach einer traditionsreichen sozialistischen
Republik vereinbaren zu können während die Rechten nur geduldig
abwarteten, um das Zweckbündnis blutig zu beenden.
Geschichtspolitische Debatte
„Der Mord vom 15. Januar 1919
war ein Auftakt – der Auftakt zu den tausendfachen Morden in den
folgenden Monaten der Noske-Zeit, zu den millionenfachen Morden in den
folgenden Jahrzehnten der Hitler-Zeit. Er war das Startzeichen für
alle anderen. Und gerade er ist immer noch uneingestanden, immer noch
ungesühnt und immer noch unbereut. Deswegen schickt er immer noch
sein sengendes Licht in die deutsche Gegenwart“ (Haffner, S.182).
Am 11. Mai 1968 wurden im Deutschen Bundestag die Notstandsgesetze gegen
jede Art von radikaler Opposition verabschiedet. SPD-Bundeskanzler Helmut
Schmidt, argumentierte gegenüber NotstandsgesetzgegnerInnen mit einem
Bekenntnis zu Gustav Noske. Noske, so Schmidt, sei derjenige Politiker,
den er von allen SPD-PolitikerInnen am meisten achte, weil der gewusst
habe, dass es die Staatsräson eben zuweilen erforderlich mache, auch
einmal den Bluthund zu spielen. In Berlin 1919 lautete Noskes Befehl:
»Jede Person, die mit Waffen in der Hand gegen Regierungstruppen
kämpfend angetroffen wird, ist sofort zu erschießen.«
Die Freikorps machten von diesem Freibrief gern und ausführlich Gebrauch,
selbst vorsichtige Schätzungen sprechen von 3000 Opfern. So sah der
Notstand 1919 aus, für den Schmidt Noske bewundert.
Das
historische Forschungszentrum der Friedrich-Ebert-Stiftung lieferte 2002
Direktiven wie mit dem Wunsch der PDS nach einem Luxemburg-Denkmal vor
der Volksbühne umzugehen ist. Die Argumentation der Stiftung liest
sich wie von ihrem Namenspatron: „Demokratie verlangte die Zusammenarbeit
zwischen den gemäßigten Kräften in Arbeiterschaft und
Bürgertum – also die Politik des Klassenkompromisses, zu der
sich die Mehrheit der Sozialdemokraten während des Krieges durchgerungen
hatte. Die SPD konnte diese Politik 1918/19 nur betreiben, weil sie sich
gespalten hatte: Mit den Gegnern der Kriegskredite, die die Partei dem
Reich bis zuletzt bewilligte, hatten 1916/17 auch die unbedingten Verfechter
des Klassenkampfes die SPD verlassen. Die Spaltung der alten Sozialdemokratie
war mithin, so paradox es klingt, beides: eine schwere Vorbelastung der
ersten deutschen Demokratie, der Weimarer Republik, und zugleich eine
ihrer Vorbedingungen.“ (Dowe/Winkler 2002). Die SPD-Stiftung bewegt
sich damit nah an dem was der NPD Abgeordnete Jörg Hähnel in
der BVV-Lichtberg vor kurzem sagte: „Wäre jene Zeit von Männern
seines Schlages (Waldemar Pabst) geprägt worden, so hätte sich
eine stabile Gesellschaft mit einer Identifizierung von Regierung und
Regierten bilden können.“ Im Namen der Ordnung mordeten beide:
Ebert wie auch Pabst. Und beide feiern das Zweckbündnis zwischen
SPD und Reaktionären als Kompromiss gegen die Revolution.
Zugestanden wird von der SPD, dass Noske etwas über die Stränge
geschlagen hat, „aber auch Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht hatten
zu der Gewalteskalation beigetragen, deren Opfer sie im Januar 1919 wurden.“
(Dowe/Winkler 2002)
Folgernd müssen Denkmäler her, die das Geschichtsbild zementieren
und die Morde an Luxemburg und Liebknecht legitimieren: „Statt eines
Denkmals für Rosa Luxemburg ist es angezeigt, mit Gedenktafeln am
Reichstag (Bundestag) und am Berliner Abgeordnetenhaus an Friedrich Eberts
Einsatz für die parlamentarische Demokratie zu erinnern.“ (ebd.)
Dass die NPD mit ihrer Gedenkforderung für den Ordnungsschaffenden
Waldemar Pabst in eine ähnliche Kerbe schlägt, fällt der
SPD gar nicht mehr auf.
Bis heute gibt es in der SPD keine kritische
Rezeption der Weimarer Republik. Das fatale Einheitsdiktat, das sich immer
als Öffnung gegenüber den Konservativen verstand und den Ausschluss
der Linksradikalen forderte, ist keine Zeile wert. Statt sich kritisch
gegen die Kittung von Klassenwidersprüchen unter Ebert zu wenden
wird weiter nationalistisch argumentiert. Es ist nicht wahrhaben zu wollen.
dass Nationen nur Herrschaftsgebilde darstellen in denen Unterwerfung
der Mehrheit an der Tagesordnung und kein Platz für fundamentale
Widersprüche ist, gehört zum Grundproblem Eberts, wie auch seiner
NachfolgerInnen. Einheit ist das Gegenteil von Vielfalt und Gleichheit.
Der Wille zur Einheit manifestiert sich im Willen zur Macht – koste
es was es wolle. Zum gleichen Ergebnis kommt Willy Huhn wenn er 1952 daran
erinnert, dass die sozialdemokratische Reichtagsfraktion im Mai 1933 für
die nationalsozialistische Erklärung zur Außenpolitik gestimmt
hatte: „Wenn die Nazis ... diese 'guten' Sozialdemokraten tatsächlich
'toleriert' hätten, so würden letztere 1939 Hitler ebenso in
den II. Weltkrieg gefolgt sein, wie ihre Vorgänger dem Kaiser in
den I. Weltkrieg“. (Huhn, S. 66) Und hier handele es sich keinesfalls
um blanken Opportunismus, denn - und so endet die Schrift - „der
deutsche Nationalsozialismus entstand ... 1914 und zu einem wesentlichen
Teile innerhalb der rechten Sozialdemokratie.“ (Huhn, S. 76)
Schalten wir einen Gang zurück und
kommen wieder zu Luxemburg und Liebknecht. Was lehrt uns ihr Schicksal
und wieso sollten wir noch heute ihrer gedenken?
Ohne Luxemburg und Liebknecht selbst zu Symbolen der Revolution zu machen,
müssen wir mit ihnen gemeinsam auf den gescheiterten Revolutionsversuch
und seine praktischen Konsequenzen bis heute schauen. Diese liegen unter
anderem in der Überwindung der feudalen Reste in Deutschland und
in der Durchsetzung unzähliger Forderungen der Arbeiter. Die Novemberrevolution
hinterließ bei vielen Aktiven in den Räten den Geschmack davon
was alles möglich ist und auf wen im Zweifelsfall nicht zu zählen
ist. Die klandestinen Widerstandsgruppen, die später gegen den Nationalsozialismus
kämpften, konnten aus diesen Erfahrungen zehren.
Nicht zuletzt für unsere heutige antifaschistische Praxis sind Luxemburg
und Liebknecht bzw. die Umstände, die zu ihrem Mord führten
wichtig, um zu verstehen, wie aus dem Gebilde Weimarer Republik der Nationalsozialismus
folgte.
Fußnoten
1 Genau der Paul Hindenburg, der 1925 Friedrich Ebert
als Reichspräsidenten ablöste, 1930 den Reichstag per Notverordnung
auflöste und damit ein parlamentarisches Chaos, neben der grad laufenden
Weltwirtschaftskrise, entfachte, um dann 1933, immerhin 86jährig,
den Nationalsozialisten Adolf Hitler zum Reichskanzler zu ernennen. Ludendorff
wiederum versuchte diesen Machtwechsel schon ein Jahrzehnt früher
und marschierte neben Hitler am 9. November 1923 beim sogenannten „Bierhallen-Putsch“
in München.
2 Dass gerade der Sozialdemokrat Phillip Scheidemann am
4. Juni 1922 selbst Opfer eines Anschlags durch Freikorpssoldaten (Marine-Brigade
Ehrhardt) in Kassel wurde und nur knapp dem Tod entrann, mag über
seine politischen Fehltritte nicht hinwegtäuschen.
Literatur
Autonome Antifa [M]: Geschichte der Antifaschistischen Aktion. 1995
Dowe/Winkler: Arbeit am Mythos Rosa Luxemburg. 2002 Friedrich-Ebert-Stiftung
Ditfurth: Das Luxemburg-Komplott. Droemer/Knaur 2005.
GdV radikal Team: Gegen das Vergessen. Unrast 1999
Gietinger: Die Spur der Mörder führt in die SPD-Reichskanzlei
15.1.2004 Junge Welt
Gundelach: „Der Opferring zum Sieg“ in Vom Kampf und Sieg
der schlesischen SA, Ein Ehrenbuch. Breslau 1933
Haffner: Die deutsche Revolution 1918/19. Kindler 2002
Haffner, Stern-Serie: „Der große Verrat“ Herbst 1968
Huhn: Etatismus der Sozialdemokratie: Zur Vorgeschichte des Nazifaschismus.
Hrsg. Riechers Freiburg 2003
Kachulle:
Waldemar Pabst und die Gegenrevolution. Vorträge - Aufsätze
- Aus dem Nachlaß. Hrsg. Karl-Heinz Roth. Edition Organon Berlin
2007
Kordon: Die roten Matrosen oder Ein vergessener Winter. Beltz 2007
Theweleit: Männerphantasien 1+2. Pieper 2000
Linktipps
ll-demo.de
| antifa.de
| kunst-und-kampf.de
<<< Aktionen |