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30.11.2016 Avira Berlin
Erste Silvio-Meier-Preisverleihung
Der Silvio-Meier-Preis für Engagement gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Ausgrenzung und Diskriminierung geht 2016 an die Aktionskünstlerin Ute Donner und die Aktivistin Irmela Mensah-Schramm.
Die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg Monika Herrmann und der Bezirksstadtrat und Juryvorsitzende Knut Mildner-Spindler haben den diesjährig erstmals ausgelobten Silvio-Meier-Preis im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg an die beiden Preisträgerinnen im Jugend[widerstands]museum verliehen.
Der Silvio-Meier-Preis ehrt Einzelpersonen, Gruppen, Initiativen oder Projekte, die sich im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg aktiv gegen soziale Bevormundung, Entmündigung, Diskriminierung, soziale und kulturelle Ausgrenzung einsetzen oder eingesetzt haben. Der Preis trägt den Namen von Silvio Meier, eines leidenschaftlichen Kämpfers für Toleranz, Freiheit und politische Emanzipation, der sein couragiertes Auftreten gegen rechte Gewalt mit dem Leben bezahlen musste.
Die Preisjury, bestehend aus Vertreter*innen des Bezirksamts und der BVV von Friedrichshain-Kreuzberg sowie Vertreter*innen der Zivilgesellschaft, entschied sich einstimmig für die Vergabe des Silvio-Meier-Preises 2016 an die Aktionskünstlerin Ute Donner und die Aktivistin Irmela Mensah-Schramm:
Die Friedrichshainer Künstlerin Ute Donner widmet ihre Aktionen und Arbeiten den Themen Ausgrenzung und Rassismus. Sie hat sich etwa in besonderer Weise mit dem mehrmaligen Verschwinden der Gedenktafel für Silvio Meier im U-Bahnbereich Samariterstraße auseinandergesetzt.
Die Aktivistin Irmela Mensah-Schramm stellt sich seit 30 Jahren entschlossen gegen rechte Parolen im öffentlichen Raum, indem sie rassistische und antisemitische Aufkleber bzw. Graffitis dokumentiert und deren Hass-Botschaften beseitigt. Sie entfernte bislang mehr als 100.000 Hass-Sprüche und tausende Aufkleber.
Mit den beiden Auszeichnungen verleiht die Jury den Silvio-Meier-Preis an zwei Frauen, denen ein großes Herz und außergewöhnliches Engagement gemeinsam ist. Beide Preisträgerinnen setzen sich aus Sicht der Jury in antirassistischer Tradition von Silvio Meier in herausragender Weise gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Ausgrenzung und Diskriminierung ein.
Hintergrund:
Am 21. November 1992 wurde im U-Bahnhof Samariterstraße in Friedrichshain der damals 27-jährige Silvio Meier von jugendlichen Neonazis erstochen. Die Polizei sprach damals von einem Streit zwischen Jugendgruppen. Ein politischer Hintergrund wurde geleugnet. Silvio Meier wurde so nicht nur zu einem Opfer rechter Gewalt, sondern darüber hinaus zu einem Symbol für den Kampf gegen Rechts, gegen Ignoranz, Leugnung und fehlende Anerkennung der Gefahr rechter Gewalt durch den Staat und seine Repräsentant*innen.
Mit der Verleihung des Silvio-Meier-Preises bezieht der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg klare Position gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Ausgrenzung und Diskriminierung, will zu aktivem, gewaltfreien Eintreten für Freiheit, politische und kulturelle Emanzipation unabhängig von Herkunft, Religion, sozialer Stellung oder sexueller Identität ermutigen und entsprechendes Handeln unterstützen und ehren.
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28.11.2016 Neues Deutschland
Rauchzeichen aus dem Szenekiez
Traditionelle Demonstration der radikalen Linken erinnert an erstochenen Silvio Meier
»Entschlossen, radikal, offensiv …Antifa«, unter diesem Motto zogen etwa 1000 Demonstranten – Hausbesetzer, antifaschistische Gruppen und kurdische Organisationen – am frühen Samstagabend von Friedrichshain in Richtung Schlesisches Tor in Kreuzberg. Die Teilnehmer gedachten wie jedes Jahr dem am 21. November 1992 im U-Bahnhof Samariterstraße von Neonazis ermordeten linken Aktivisten Silvio Meier. In diesem Jahr begann der Protest später als üblich, die Organisatoren warteten mit dem Start bis kurz nach 18 Uhr, damit die Teilnehmer der Gegendemonstration gegen den rechten Bärgida-Aufmarsch in Mitte noch dazu stoßen konnten.
In seinem Aufruf hatte das Bündnis um die Gruppe »Radikale Linke Berlin« eindringlich vor dem Rechtsruck in Deutschland gewarnt und eine Parallele zur Zeit Anfang der 1990er Jahre gezogen, als Silvio Meier ermordet worden war. Wieder würden sich Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte und rechtsextreme Angriffe häufen, auch in der »Wohlfühlstadt« Berlin. Verwiesen wurde auf das Wahlergebnis der AfD bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus und den Bezirksverordnetenversammlungen sowie auf einen rassistischen Angriff im August vergangenen Jahres in der Ringbahn. Zwei Männer aus der rechten Szene hatten dort eine Familie attackiert. Der als Haupttäter geltende Christoph Sch. war im April 2016 zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt worden. Der Fall hatte für besondere Empörung gesorgt, weil es hieß, Sch. habe auf die Kinder uriniert, was ihm aber nicht nachgewiesen werden konnte.
Bei der Silvio-Meier-Demo dominierten schließlich andere Themen. Kurdische Gruppen, die zuvor in der Revaler Straße für die Aufhebung des Verbotes der Arbeiterpartei PKK in Deutschland auf die Straße gegangen, waren, schlossen sich mit Fahnen und Transparenten in einem eigenen Block dem antifaschistischen Zug an. Einige Demonstranten gedachten mit einem Banner dem am Freitag verstorbenen langjährigen kubanischen Staats- und Parteichef Fidel Castro.
Mit Sprechchören wandten sich andere gezielt gegen die Polizei. Auch auf einem Hausdach Ecke Rigaer und Silvio-Meier-Straße prangte in großen Lettern das polizeifeindliche Buchstabenkürzel »ACAB«, eine Abkürzung für »All Cops are Bastards«, auf Deutsch »Alle Polizisten sind Bastarde«.
Wütend waren die Demonstranten vor allem wegen der Festnahme einer Aktivistin mit dem Spitznamen »Thunfisch« in Münster vor wenigen Tagen sowie einer Reihe von Hausdurchsuchungen gegen Linke in Berlin im Oktober. Alle Betroffenen werden verdächtigt, sich an Ausschreitungen bei einer Demonstration gegen den Polizeieinsatz in einem linken Hausprojekt in der Rigaer Straße 94 im Sommer beteiligt zu haben.
Als der Aufzug die Rigaer Straße mit den zahlreichen ehemals besetzten Häusern durchquerte, entzündeten Sympathisanten auf Hausdächern Bengalische Fackeln und Feuerwerksbatterien. »Unser Kampf ist erst zu Ende, wenn die herrschenden Verhältnisse am Ende sind«, verkündete ein Sprecher kämpferisch.
Als die Veranstalter die Silvio-Meier-Demo in der Grünberger Straße überraschend für beendet erklärten, verhüllten bunte Nebeltöpfe die Szenerie. Als sich der Rauch verzogen hatte, wollten zahlreiche Teilnehmer auf einer anderen als der abgesprochenen Route weiter durch den Kiez ziehen. Sie kamen jedoch nicht weit. Es gab mehrere Festnahmen. Kurz nach 20 Uhr forderte die Polizei über Lautsprecher die letzten Verbliebenen auf, den Kreuzungsbereich zur Simon-Dach-Straße frei zu machen. Die nachfolgenden Fahrzeuge der Stadtreinigung entsorgten noch die Hinterlassenschaften, die Scherben vereinzelt geworfener Flaschen und Überreste von Feuerwerkskörpern.
Die Erinnerung an den getöteten Silvio Meier, der sich ebenfalls in der Hausbesetzerszene engagiert hatte, stand bereits am Montag bei einer Mahnwache im U-Bahnhof Samariterstraße im Vordergrund. Bis zu 100 Menschen hatten sich am Tatort versammelt, um Blumen und Kerzen an der dortigen Gedenktafel niederzulegen. Lisa Rotdorn vom Vorbereitungskreis kritisierte den Polizeieinsatz bei der Gedenkveranstaltung, bei der die Polizei in diesem Jahr zum ersten Mal auf eine Anmeldung bestanden hatte.
Am Donnerstag verlieh das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg den neu geschaffenen Silvio-Meier-Preis gegen Rechtsextremismus an die Aktionskünstlerin Ute Donner sowie Irmela Mensah-Schramm, die seit Jahrzehnten in ihrer Freizeit Aufkleber und Schmierereien von Neonazis entfernt (»nd« berichtete). Rigoros übermalt sie Nazi-Symbole, Hetze gegen Flüchtlinge und Juden.
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27.11.2016 TAZ
Die Szene zeigt Präsenz
Nach dem Ausflug nach Marzahn fand die Gedenk-Demo wieder in Friedrichshain statt. Sie war bunt, laut und weitgehend ungestört.
Über der Silvio-Meier-Straße zerplatzen Feuerwerksraketen, auf den Dächern zünden Autonome unter dem Jubel der DemonstrantInnen Bengalos. „Entschlossen. Radikal. Offensiv“ – unter diesem Motto startet die diesjährige Demo zum Gedenken an Silvio Meier mit mehreren tausend DemonstrantInnen am U-Bahnhof Samariterstraße, wo der linke Hausbesetzer vor 24 Jahren von Neonazis erstochen wurde.
„Hoch die internationale Solidarität“, skandieren die Demo-TeilnehmerInnen, und: „Solidarität heißt Widerstand“. Ada sitzt auf den Schultern ihres Vaters und beobachtet mit glänzenden Augen die Bengalos. Die Fünfjährige ist eine der jüngsten DemonstrantInnen. Worum es bei dem Protest geht, weiß sie nicht, aber Demos findet sie gut. Etwas neidisch schaut sie einem kleinen Jungen hinterher, der, ebenfalls auf den Schultern seines Vaters sitzend, eine Fahne schwenkt. „Nächstes Jahr will ich auch eine Fahne“, sagt sie zu ihrem Vater.
Es sei an der Zeit, dass die antifaschistische Bewegung wieder in die Offensive komme, heißt es im Demo-Aufruf. „Ihr seid viele heute Abend“, schallt es vom Lauti-Wagen. „Es liegt einzig an uns, die Nazis im Auge zu behalten“, ruft der Sprecher den Demo-TeilnehmerInnen in Erinnerung.
Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte, Angriffe auf politisch Andersdenkende, Nazi-Parolen: 24 Jahre nach dem Tod von Silvio Meier werde Rassismus immer salonfähiger. „Besetzt Häuser, geht in die Kieze, legt den Nazis das Handwerk“, fordert er die Menge auf.
Sebastian, der seinen Nachnamen nicht in der Zeitung lesen will, war auch vergangenes Jahr dabei. „Dass es so eine linke Tradition gibt, ist wichtig“, sagt er. Wie sinnvoll Demonstrationen durch einen alternativen Stadtteil wie Friedrichshain seien, um rassistische Strukturen zu bekämpfen, sei die Frage. Sebastian ist überzeugt: „Wir müssen auch auf anderen Ebenen gegen die Rassisten mobilisieren.“ Charlotte, die neben ihm läuft, wirft ein: „Präsenz zeigen ist wichtig. Jetzt erst recht.“
Nachdem die Silvio Meier-Demo im vergangenen Jahr erstmals durch Marzahn gezogen ist, haben die Veranstalter dieses Jahr wieder zur traditionellen Demoroute durch Friedrichshain aufgerufen. Dazwischen liegen die heißen Wochen der rechtswidrigen Teilräumung der Rigaer Straße 94 und wochenlange Straßensperrungen im vergangenen Frühsommer.
Die traditionelle Gedenkdemo wieder nach Friedrichshain zu verlegen, kann vor diesem Hintergrund auch als klares Signal der linken Szene an den Senat verstanden werden: Die Rigaer Straße bleibt widerständig. Die Polizei hält sich an diesem Abend zurück.
An der Fassade eines Hauses in der Rigaer Straße hängt ein Banner mit den Worten „Wenn Henkel die Mitte ist, kann ich nur linksextrem sein“. Auf dem Dach der Rigaer Straße 94 zünden Linke Bengalos. Die Bewohner der Straße beobachten den Protestzug von ihren Fenstern aus.
Gegen acht Uhr lösen die Veranstalter die Demo am Boxhagener Platz unerwartet auf. Einige DemonstrantInnen ziehen spontan weiter die Grünberger Straße entlang. Sie werden von der Polizei zurückgedrängt, weil sie von der ursprünglichen Demoroute abweichen. Nach etwa einer Stunde zerstreuen sich die Demo-TeilnehmerInnen. Der Protestzug verlief nach Polizeiangaben weitgehend friedlich.
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26.11.2016 Tagesspiegel
Friedlicher Umzug und ein Preis gegen Rechts
Rund 750 Menschen kamen zur Silvio-Meier-Demo durch Friedrichshain und Kreuzberg. Am Donnerstag wurde bereits der Silvio-Meier-Preis verliehen.
Entschlossen, Radikal, Offensiv: Antifa“. Unter diesem Motto zog am Samstag bis zum frühen Abend die traditionelle und in früheren Jahren teils krawallträchtige Silvio-Meier-Demo durch Friedrichshain und Kreuzberg. Der am U-Bahnhof Samariterstraße begonnene Umzug erinnert an den gleichnamigen 1992 von Neonazis erstochenen linken Aktivisten. Rund 500 Teilnehmer waren angemeldet, bis etwa 20 Uhr schwoll die Menge auf rund 750 Menschen an.
Zu Beginn fand in der Nähe noch eine Demo gegen das Verbot der kurdischen PKK statt, von deren knapp 100 Teilnehmern sich einige später der Silvio-Meier-Demo anschlossen. Deren Route führte zum Schlesischen Tor – unter anderem vorbei an der nach Silvio Meier benannten Straße und der in der linken Szene symbolträchtigen Rigaer Straße. Einige Böller wurden gezündet, ansonsten verlief der Umzug laut Polizei weitgehend friedlich.
Ein "großes Herz und außergewöhnliches Engagement" wurden gewürdigt
Bereits am Donnerstag hat der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg erstmals einen Silvio-Meier-Preis gegen Rechtsextremismus verliehen. Ihn erhielten die Friedrichshainer Aktionskünstlerin Ute Donner und die Aktivistin Irmela Mensah-Schramm, die seit Jahrzehnten Hass-Aufkleber und -Schmierereien beseitigt – und sich dafür kürzlich wegen Sachbeschädigung vor Gericht verantworten musste. Den beiden „sehr unterschiedlichen Frauen sei ein „großes Herz und außergewöhnliches Engagement gemeinsam“, heißt es in der Laudatio.
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21.06.2016 Tagesspiegel
Bei Streit in der Rigaer Straße: Mann zeigt den Hitlergruß
Zwei Männer gerieten Montagabend in der Rigaer Straße in Streit. Einer der Männer zeigte den "Deutschen Gruß" und beleidigte den anderen mit Naziparolen.
Bei einem Streit in der Rigaer Straße soll ein 26-Jähriger einen fünf Jahre älteren Mann wegen seiner Herkunft beleidigt, Naziparolen gebrüllt und den sogenannten "Hitlergruß" gezeigt haben.
Worum es bei der Auseinandersetzung eigentlich ging, ist laut Polizei noch unklar. Beteiligt waren der 26-jährige Tatverdächtige und ein 31-Jähriger Deutscher afghanischer Herkunft. Gegen 19.25 Uhr eskalierte ihre Auseinandersetzung so weit, dass die Polizei eingreifen musste.
Der 26-Jährige soll seinem Gegenüber erst den ausgestreckten rechten Arm gezeigt und anschließend "Heil Hitler!" und "Sieg heil!" gebrüllt haben. Auch als die Polizei schon da war, beleidigte er seinen Widersacher weiter mit fremdenfeindlichen Sprüchen.
Der Mann wurde vorläufig festgenommen. Laut Polizei ist er bislang nicht mit rechtsextremistischen Taten in Erscheinung getreten, aber bereits wegen anderer Delikte aufgefallen. Er muss sich wegen Beleidigung und der Verwendung von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen verantworten. Der Polizeiliche Staatsschutz ermittelt.
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24.05.2016 RBB
Tatverdächtiger ist wieder frei
Der 34-jährige Tatverdächtige, der einen Afrikaner am Sonntagmorgen angegriffen haben soll, ist nach Angaben der Polizei aus der Haft entlassen worden. Es bestehe kein dringender Tatverdacht wegen etwaiger versuchter Tötung, erklärte Martin Steltner, Sprecher der Staatsanwaltschaft, am Dienstag.
Verfahren wegen Zeigen des Hitlergrußes
Dem Tatverdächtigen wird vorgeworfen, bei einem rassistischen Übergriff am Sonntagmorgen einen 20-Jährigen aus Guinea gegen das Geländer der Warschauer Brücke in Berlin-Friedrichshain gedrückt zu haben. Dabei habe der aggressive und betrunkene Mann auch den Hitlergruß gezeigt und "Sieg Heil" gerufen, teilte die Polizei am Montag mit. Passanten griffen in das Geschehen ein und alarmierten die Polizei. Die Beamten stellten einen Atemalkoholwert von 1,43 Promille fest. Das Opfer blieb unverletzt. Gegen den mutmaßlichen Täter läuft nun ein Strafverfahren wegen Beleidigung und Zeigen des Hitlergrußes.
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12.09.2015 Morgenpost
Randale an der Rigaer Straße - 44 Festnahmen
In Friedrichshain ist es zu Randalen zwischen Rechten und Linken gekommen. Die Polizei nahm vor allem rechte Randalierer fest.
Nach gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Rechten und Linken in Friedrichshain hat die Berliner Polizei 44 Menschen festgenommen. 41 von ihnen ordneten die Ermittler dem rechtem Spektrum zu. Ein Großteil der Festgenommenen sei der Polizei bekannt durch rechtsgerichtete Aktivitäten, sagte eine Sprecherin am Samstag.
Ein große Gruppe Rechtsradikaler zog nach Polizeiangaben geschlossen gegen 7.30 Uhr vom Frankfurter Tor durch die Rigaer Straße. Dort stießen sie auf Unterstützer der linken Szene. Die Rigaer Straße ist seit längerem bekannt für die Übergriffe Linksautonomer auf Polizisten.
Nach Angaben einer Polizeisprecherin gingen die Beteiligten mit Flaschen und Holzlatten aufeinander los. Einsatzkräfte von zwei Hundertschaften der Polizei mussten eingreifen.
Eine Person musste ambulant in einem Krankenhaus behandelt werden.
Die Festgenommenen wurden zur Gefangenensammelstelle (Gesa) am Tempelhofer Damm zu transportiert und dort erkennungsdienstlich behandelt. Die Ermittlungen laufen. Auch der Polizeiliche Staatsschutz wurde eingeschaltet. Ermittelt wird unter anderem wegen des Verdachts des schweren Landfriedensbruch.
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30.08.2015 Tagesspiegel
18-Jähriger greift unvermittelt homosexuelles Paar an
Zwei Männer saßen zusammen auf einer Parkbank in der Revaler Straße vor dem RAW-Gelände. Plötzlich wurde das Paar von einem 18-Jährigen attackiert.
Opfer eines mutmaßlich homophoben Übergriffs wurden Sonntag früh zwei 26 und 27 Jahre alte Männer in Friedrichshain. Das Paar saß gegen 6.45 Uhr auf einer Parkbank in der Revaler Straße, als ein 18-Jähriger, der sich augenscheinlich durch die beiden gestört fühlte, unvermittelt mit einer Flasche auf den Älteren einschlug.
Das Opfer erlitt hierbei leichte Verletzungen im Gesicht und im Brustbereich. Anschließend floh der Angreifer auf das angrenzende RAW-Gelände. Polizeibeamte suchten daraufhin das Gelände ab und nahmen den mutmaßlichen Schläger in der Nähe vorläufig fest. Sie brachten ihn zur Blutentnahme, von wo aus er nach Ende der polizeilichen Maßnahmen entlassen wurde. Der Polizeiliche Staatsschutz übernahm die Ermittlungen.
Nach diversen Gewalttaten steht das RAW-Gelände seit Wochen im Mittelpunkt des Interesses. Am Montag, 31. August, will die Senatsbauverwaltung beginnen, hellere Straßenlampen in der Revaler Straße aufzustellen.
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06.08.2015 TAZ
Odin-Trunk gibt‘s nicht mehr
Das Bierfestival war lange ein Wohlfühlort für Neonazis. Das hat sich geändert – dank einer intensiven Beratung und eines engagierten Veranstalters.
Eine Nazi-Massenschlägerei am Stand „Germanenzug“. Ungestörte Stelldicheins bekannter NPD-Kader. Große Gruppen, die in „White Pride“-Shirts über das Gelände ziehen. Und nicht zuletzt ein deutlich erhöhtes Aufkommen rassistischer Übergriffe in der Umgebung: Das Internationale Bierfestival, meist Biermeile genannt, hatte lange ein braunes Problem.
Seit gut fünf Jahren aber wendet sich das Blatt: Nachdem anfangs – die Biermeile gibt es seit 1996 –, einige Antifagruppen noch allein auf weiter Flur standen mit ihrer Kritik an der Neonazi-Schlagseite des Festivals, ließ sich der Veranstalter ab 2010 von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR) helfen. Seitdem ist viel passiert: Es gibt eine Hausordnung, die rassistische Äußerungen und rechtsextreme Symbole verbietet, der Sicherheitsdienst ist eigens geschult, es gibt antirassistische Bühnen und einen Stand des Kreuzberger Unternehmens Quartiermeister“, dessen Erlöse an das Netzwerk „Berlin gegen Nazis“ geht.
„Die Entwicklungen auf der Biermeile sind aus unserer Sicht wirklich ein Paradebeispiel dafür, wie es gut laufen kann“, sagt Michael Trube von der MBR. „Die Zusammenarbeit klappt hervorragend, es hat sich einiges verändert“, sagt Lothar Grasnick, dessen Firma Präsenta das feuchtfröhliche Spektakel veranstaltet. Auch aus dem Berliner Register, in dem rechtsextreme Übergriffe gemeldet werden, lässt sich ein deutlicher Rückgang der Vorfälle rund um die Bierfete ablesen: Seit 2013 wurde kein Übergriff mehr gemeldet.
Eine Erfolgsstory also, obwohl es am Anfang nicht danach aussah: 2006 traute sich die Friedrichshainer Initiative gegen rechts zum ersten Mal, einen eigenen Stand auf der Biermeile zu betreiben – und musste wüste Beschimpfungen und Bedrohungen in Kauf nehmen. Die Neonazis fühlten sich damals sicher auf dem Festival. Besonders bestimmte Stände, etwa von Biermarken
2010 begann dann die MBR auf Vermittlung des grün geführten Bezirksamts mit der Beratung. „Am Anfang mussten wir da durchaus dicke Bretter bohren“, sagt Trube. Zuerst sei es darum gegangen, den Veranstalter überhaupt zu sensibilisieren, eine „gemeinsame Problembeschreibung“ zu schaffen. Grasnick, Typ zupackender Unternehmer mit Berliner Schnauze, sagt selbst: „Ich wusste am Anfang nicht, was wir da für eine Dimension haben.“ Zu vermitteln, dass die Biermeile für Menschen, die aufgrund ihres Äußeren oder ihrer Einstellung den Hass von Neonazis auf sich ziehen, eine No-go-Area darstellte, war deswegen ein erstes Ziel der Beratung.
Rechtsextreme Codes und Symbole erkennen
Gemeinsam wurde dann eine Hausordnung erstellt, die dem Sicherheitsdienst die Möglichkeit gibt, Besucher, die sich rassistisch äußern oder Symbole mit Bezug zur rechtsextremen Szene tragen, vom Festival zu werfen. Jedes Jahr wird das Sicherheitspersonal erneut von der MBR geschult, um rechtsextreme Codes und Symbole erkennen zu können.
Das Internationale Bierfestival findet vom 7. bis 9. August zum 19. Mal in Berlin statt. Auf einer 2,2 Kilometer langen Strecke zwischen Frankfurter Tor und Strausberger Platz werden sich rund 340 Brauereien aus 87 Ländern präsentieren – sie schenken 2.400 verschiedene Biere aus. Außerdem gibt es ein Musik- und Unterhaltungsprogramm auf 20 verschiedenen Bühnen. Die Veranstalter rechnen mit rund 800.000 Gästen.
„Das Sicherheitspersonal hat sich die Umsetzung der Hausordnung mittlerweile zu ihrem eigenen Anliegen gemacht“, sagt Trube. Und Grasnick berichtet, durchaus auch einen Teil des Sicherheitspersonals ausgetauscht zu haben – „wenn Sie da erst mal tiefer reinsteigen, merken Sie erst, was alles nötig ist“, sagt er.
Auch von den Bierbrauereien, die mit Namen wie „Odin-Trunk“ und bestimmten Schriftarten Rechtsextreme anziehen, ob nun gewollt oder nicht, verabschiedete sich Grasnick. „Da mussten wir am Anfang schon noch Lehrgeld zahlen und haben Minusgeschäfte gemacht, weil wir die Unternehmen so kurzfristig ausgeladen haben“, sagt Grasnick. Es sei ihm nie nur darum gegangen, dass die Nazis für sein Bierfestival, das ja ein internationales sein will, ein Geschäftsrisiko waren, sondern er habe sich auch abseits geschäftlicher Interessen aus persönlicher Überzeugung für eine Lösung eingesetzt.
Die Situation hat sich nun bereits deutlich verbessert: „Wir sehen schon noch vereinzelte Nazis auf der Biermeile – aber die sind dann privat da und geben sich auch nicht als Nazis zu erkennen“, sagt Trube. Mit den Kameraden am Bierstand stehen und rechte Parolen rufen – das ist nicht mehr.mit germanischem Namen oder altdeutschem Schriftzug, wurden zu alljährlichen Treffpunkten.
Leserbrief dazu:
Sorry, aber die Biermeile bleibt ein Problem. Die Kritik von antifaschistischer Seite war doch nie allein, dass dort Neonazis Schaulaufen oder -schlagen. Die politische Kritik darauf zu fokusieren, seit 2004 wohlgemerkt, hatte strategische Gründe um der konkreten Bedrohung der umliegenden Hausprojekte zu begegnen. Aber es bleibt dabei: Bei solchen Massenbesäufnissen kommt es, zumindest wenn sie auf ein mehr oder weniger homogenes Zielpublikum ausgerichtet sind (eine Antira-Bühne gab es genau einen Tag im Jahr 2009), in dieser Gesellschaft schon aus strukturellen Gründen zu rassistischen und frauenfeindlichen Entgleisungen. Rechte Positionen sind keinesfalls eine gesellschaftliche Randerscheinung, sondern werden gerade auch aus der Mitte der Gesellschaft heraus vertreten - gerade wenn die Zunge gelockert ist. Das MBR leistet mit der Secruity sicherlich gute Arbeit, aber es geht hier um über zwei Kilometer und hunderttausende Besucher. Meine Empfehlung: Samstag Abend, 21 Uhr, Bayerisches Zelt.
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31.07.2014 Jungle World
Nichts gelernt?
Im Berlin wurde das Restaurant eines Ägypters mit rechtsextremen Parolen beschmiert und verwüstet. Nun ermittelt die Polizei gegen den Restaurantbesitzer. Viele erinnert das an die polizeilichen Ermittlungen zu den Morden des NSU, bei denen die Opfer zu Tätern gemacht wurden.
Mit bewegter Stimme dankte Hussein Badiny in einer kurzen Ansprache für die große Solidarität der Nachbarn. Die hatten ein Fest organisiert, nachdem das Restaurant des in Ägypten geborenen deutschen Staatsbürgers Ende Mai im Berliner Stadtteil Friedrichshain mit rechten Parolen beschmiert und verwüstet worden war. Spendengelder wollte Badiny nicht annehmen, denn es gebe Menschen, die noch schlechter dran seien, erklärte er. In einem Restaurant, das er an einem anderen Platz neu einrichten wolle, solle es deshalb für einkommensschwache Menschen ein Drei-Gänge-Menü für fünf Euro geben.
Doch wenn man den Namen Hussein Badiny in Suchmaschinen eingibt, findet man Websites, auf denen er als »mohammedanischer Täuscher« verunglimpft wird.
Bereits wenige Tage nach dem Solidaritätsfest warf die Berliner Polizei ihm vor, den rechten Angriff vorgetäuscht zu haben. Seine Wohnung wurde durchsucht und seine Computer wurden beschlagnahmt. »Die Polizei untersuchte den Tatort an jenem Tag. Danach passierte erstmal nichts. Man ermittle in alle Richtungen, hieß es. Jetzt steht fest: Ermittelt wird vor allem gegen Hussein Badiny«, schrieb die Berliner Zeitung. Sie nannte auch Beispiele für die nachlässigen Ermittlungen: »Warum zum Beispiel untersuchte die Polizei erst am Dienstag, zwei Wochen nach der Tat, das aufgebrochene Türschloss des Restaurants? Und warum steht im Polizeiprotokoll, dass er alleine im Restaurant war, als er die Zerstörung entdeckte, obwohl sein Koch ebenfalls da war?« Er habe das Gefühl, die Polizei arbeite nicht sauber, sagte Badiny der Berliner Zeitung. »Sie verschwendet ihre Zeit mit mir, statt die Täter zu finden. Die nehmen das nicht ernst.«
Die Berliner Grünen-Politikerin Canan Bayram, die sich seit Jahren gegen Rassismus und Neonazis engagiert, übt heftige Kritik an der Stilisierung eines Opfers rechter Gewalt zum Täter. »Menschen haben einen Anspruch auf eine ordentliche polizeiliche Dienstleistung. Dazu gehört, dass sie nicht ohne triftigen Grund selbst in den Fokus der Ermittlungen geraten, wenn sie Opfer geworden sind«, sagt Bayram. »Badiny droht, durch staatliches Handeln ein weiteres Mal Opfer zu werden«, warnt die Politikerin. Nicht nur sie fühlt sich beim Fall Badiny an die Opfer des NSU erinnert, die wie Kriminelle behandelt worden waren und deren Umfeld zum Gegenstand staatlicher Ausforschung geworden war. Auch Nico Roth von der Antifa Friedrichshain fühlt sich angesichts des Vorgehens gegen Badiny an den Umgang mit den NSU-Opfern erinnert. Die Polizei habe sich zu schnell auf Badiny festgelegt. Auch die Spurensicherung sei dem Vernehmen nach nicht gründlich genug gewesen, sagt Roth im Gespräch mit der Jungle World. Sowohl er als auch Bayram monieren, dass die Ermittlungsbehörden gegen Badiny mit einem Argumentationsmuster arbeiten, das auch bei den NSU-Morden Anwendung fand. Die Aktion gegen das Restaurant sei nicht typisch für die rechte Szene, begründet die Polizei den Verdacht gegen Badiny. »Richtig ist, dass ein nächtlicher Einbruch in eine Pizzeria und die professionelle Zerstörung szeneuntypisch ist«, erklärt Roth. Typisch für die rechte Szene seien Überfälle, bei denen alles zerstört werde, was im Weg stehe. »Doch der Umkehrschluss passt nur dann, wenn man Neonazis als im Affekt handelnde Unprofessionelle einordnet«, entgegnet Roth.
Nicht erst der NSU habe gezeigt, dass Neonazis, vor allem in Verbindung mit Rockern, die es in Berlin nachweislich gibt, durchaus professionell agieren und in der Lage sind, Wohnhäuser und Autos anzuzünden. Roth weist auf eine Serie von Anschlägen gegen linke Aktivisten und Hausprojekte hin, die bis heute nicht polizeilich aufgeklärt wurden. Der Umgang mit Badiny sorgt auch unter Migranten für Verunsicherung. Sie müssen feststellen, dass jenseits aller Sonntagsreden nach der Selbstenttarnung des NSU Opfer rechter Gewalt ohne Beweise von den Ermittlungsbehörden zu Tätern und danach von Rechten erneut zur Zielscheibe ihres Hasses gemacht werden.
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29.05.2014 BZ Berlin
Nazi-Parolen geschmiert, Restaurant verwüstet
Das Restaurant in Friedrichshain wurde völlig verwüstet. Gastwirt ist erschüttert über diesen Hass.
Aufgeschlitzte Sitze. Zerstörtes Mobiliar. Überall Feuerlöscher-Schaum. Dazu rechte Parolen an die Wände geschmiert. Als Hussein B. (43) am Dienstag, gegen 11.30 Uhr, in sein Restaurant kam, brach er in Tränen aus. Im August 2013 erfüllte sich der gebürtige Ägypter seinen Traum. In der Koppenstraße in Friedrichshain eröffnete er das Restaurant „Costallino“. Pizza, Steaks, Lieferservice, dafür nahm B. zwei Kredite auf.
Jetzt sagt er erschüttert: „Ich hoffe, dass das nicht das Ende ist.“ Die Täter kommen offenbar aus der Neonazi-Szene. Sie müssen zwischen Sonntagabend und der Nacht zu Dienstag in sein Lokal eingebrochen sein und es verwüstet haben. Sie schmierten „Ausländer raus“, „SS“, die Zahl 88 als Symbol für „Heil Hitler“ (weil H der achte Buchstabe des Alphabets ist) und Hakenkreuze an die Wände.
Der Gastronom mit dem deutschen Pass entdeckte den Schaden erst am Dienstagvormittag, weil am Montag Ruhetag ist und er in Reinickendorf wohnt. Außerdem griffen die Täter in die Kasse. Ein Polizeisprecher: „Es wurde eine kleine Menge Bargeld entwendet.“
Nachbarin und Stammgast Rosemarie S. (72) ist entsetzt: „Vandalismus ist man in Berlin ja gewöhnt. Aber ich schäme mich für so eine rassistische Geschichte.“ Nach dem Übergriff jetzt erinnerte sich der Wirt an einen Vorfall im Oktober. Da hatte er Ärger mit zwei Männern aus der rechten Szene: „Sie bestellten etwas zu trinken und stellten mir dann Fragen. Wie lange ich in Deutschland bleiben will, ob ich nicht schneller in die Heimat will.“
Noch am Dienstag erstattete der Wirt Anzeige bei der Berliner Polizei, der Staatsschutz ermittelt in dem Fall. Im Jahr 2013 registrierte die Polizei 1361 politisch rechts motivierte Straftaten. In 83 Fällen handelte es sich um Gewaltdelikte.
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1.11.2013 Morgenpost
Haftbefehl gegen "Rudolf Heß" nach Angriffen auf Passanten
Er soll Passanten geschlagen, getreten und mit Schraubendreher und Pfefferspray angegriffen haben – nun muss der Verdächtige in Haft. Das teilte die Berliner Polizei am Freitag mit.
Zunächst war angenommen worden, der 44-Jährige könnte geistig verwirrt sein – das habe sich in den Untersuchungen allerdings nicht bestätigt, hieß es. Grund dafür war, dass der Mann bei seiner Festnahme gesagt hatte, er heiße "Rudolf Heß" und habe "im Namen des Führers" gehandelt. Die Beamten hatten ihn deswegen in eine Klinik eingeliefert. Die Ärzte konnten jedoch keine geistige Beeinträchtigung feststellen.
Der Mann hatte am Dienstag an der Tram-Haltestelle Holteistraße in Friedrichshain drei Frauen und einen Mann völlig grundlos angegriffen und verletzt. Die Polizei sucht noch eine bislang unbekannte Fahrradfahrerin, die ebenfalls von dem Mann attackiert worden sein soll. Hinweise nimmt jede Polizeidienststelle entgegen.
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1.11.2013 Kurier
Biermeile: Das Revier der Nazi-Flaschen
Nazi-Treff auf der Karl-Marx-Allee
Unzählige Biersorten aus aller Welt, hübsche Hostessen und fetzige Livemusik: Die Berliner Biermeile könnte eigentlich ein schönes Volksfest sein. Doch jetzt schlagen mehrere Initiativen gegen Rechts Alarm: Die Biermeile verkommt zum Nazi-Treff!
„Weiße Wölfe“, „White Aryan Rebels“ oder „Heimatschutz Ostdeutschland“ – immer öfter fallen Besucher der Festmeile mit rechtsradikalen T-Shirts und Aufnähern auf. Laut einer Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage der SPD-Abgeordneten Dr. Susanne Kitschun konnte zwar „kein sichtbares Tragen von verfassungsfeindlichen, rechtsextremistischen Symbolen durch die Polizei Berlin festgestellt werden“.
Was aber nur daran liegt, dass die oben genannten T-Shirts hier nicht registriert werden, da sie nicht verboten sind. Zudem kommt es nach Informationen der „Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR)“ immer wieder zu „rassistischen Pöbeleien und Angriffen gegen Migranten und Linke“. In der Polizeistatistik tauchen solche Übergriffe dann nur als einfache oder schwere Körperverletzung auf.
Dennoch räumt die Senatsinnenverwaltung ein, dass „die Biermeile von Personen der rechten Szene frequentiert“ wird. Grund: Die „Nähe zum Bezirk Lichtenberg, einem Wohn- und Aktionsschwerpunkt aktionsorientierter Rechtsextremisten“. Deshalb werde man auch bei der nächsten Biermeile (1.-3. August 2014) mit der „Initiative gegen Rechts Friedrichshain“ zusammenarbeiten.
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26.04.2013 ND
Eine gute Adresse
Berlin benennt nach jahrelangem Tauziehen Straße nach Silvio Meier
Der Kampf um die Straße ist diesmal gewonnen: In Berlin wird heute Abend eine Straße nach dem 1992 von Neonazis ermordeten Antifaschisten und Hausbesetzer Silvio Meier umbenannt. Die Straße liegt in unmittelbarer Nähe zum Tatort im Stadtteil Friedrichshain. Jahrelang bemühten sich Initiativen und antifaschistische Gruppen um ein würdiges Erinnern an den damals 27-Jährigen. An Gedenkdemonstrationen nahmen regelmäßig Tausende Menschen teil.
In der »Mitte der Gesellschaft« indes kam das Gedenken an Silvio Meier lange nicht an. Bis zuletzt suchte ein Unternehmer, per Klage die Straßenumbenennung nach einem »Straftäter« zu verhindern. Er verlor.
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26.04.2013 TAZ
Das Leben toter Helden
Die Gabelsberger Straße wird umbenannt: Nach Silvio Meier, 1992 von Neonazis ermordet. Warum das wichtig ist, schreibt Dirk Moldt, ein Freund Meiers – der die Idee lange ablehnte.von Dirk Moldt
Am Freitag wird die Gabelsberger Straße in Friedrichshain nach Silvio Meier benannt, der 1992 von jugendlichen Neonazis umgebracht wurde. Es ist das zweite Mal in Deutschland, dass eine Straße den Namen eines Vertreters der jüngeren ostdeutschen Widerstandsbewegung gegen die SED-Diktatur erhält. Als Freund des Ermordeten sehe ich die Umbenennung mit gemischten Gefühlen.
Die erste Straße wurde 1996 im thüringischen Jena nach Matthias Domaschk benannt. Er starb 1981 im Alter von 23 Jahren unter bis heute nicht vollständig geklärten Umständen in MfS-Untersuchungshaft. Domaschk hatte sich in der Jenaer Friedensbewegung engagiert. Seine Freunde schildern ihn als offen, interessiert und humorvoll. Zu DDR-Bürgern, die sich im Alltag eingerichtet hatten, hatte er ein kritisches Verhältnis. Er war ein lockerer Typ, immer unterwegs, aber auch zuverlässig und besonnen. Genau wie Silvio Meier.
Am Freitag wird die Gabelsberger Straße in Friedrichshain nach Silvio Meier benannt, der 1992 von jugendlichen Neonazis umgebracht wurde. Es ist das zweite Mal in Deutschland, dass eine Straße den Namen eines Vertreters der jüngeren ostdeutschen Widerstandsbewegung gegen die SED-Diktatur erhält. Als Freund des Ermordeten sehe ich die Umbenennung mit gemischten Gefühlen.
Die erste Straße wurde 1996 im thüringischen Jena nach Matthias Domaschk benannt. Er starb 1981 im Alter von 23 Jahren unter bis heute nicht vollständig geklärten Umständen in MfS-Untersuchungshaft. Domaschk hatte sich in der Jenaer Friedensbewegung engagiert. Seine Freunde schildern ihn als offen, interessiert und humorvoll. Zu DDR-Bürgern, die sich im Alltag eingerichtet hatten, hatte er ein kritisches Verhältnis. Er war ein lockerer Typ, immer unterwegs, aber auch zuverlässig und besonnen. Genau wie Silvio Meier.
Als sich die Gruppe Aktives Gedenken vor Jahren mit der Idee einer Straßenumbenennung an uns wandte, gab es bei einigen Freunden Silvio Meiers großes Unbehagen. Genauso, wie Matthias Domaschk darüber lachen würde, dass eine Straße nach ihm benannt würde, würde uns Silvio Meier einen Vogel zeigen. „Wenn ihr Helden braucht“, sagten wir, „dann werdet gefälligst selbst welche. Silvio Meier kann sich nicht mehr wehren.“
Wie schnell die politische Vereinnahmung des Mordes vor sich ging, erlebten wir schon bei der großen Demonstration im Dezember 1992, als eine Vertreterin irgendeiner Splittergruppe wie ein Mantra durch den Lautsprecher sang: „Die Arbeiterklasse wird Genossen Silvio Meier rächen!“ Da waren sie wieder, die Dogmatiker, gegen die wir uns immer gewehrt hatten. Das war sehr bitter.
Sie ließen nicht locker
Doch die Leute aus der Initiative ließen nicht locker, und das war sehr wichtig. Gezwungen, mich noch einmal mit dem Leben meines Freundes zu befassen, wurde ich mir über die Ursachen meines Unbehagens klar: Die extrem gegensätzliche Heldenrezeption liegt in erster Linie daran, dass Silvio Meier von Nazi-Nachwuchs umgebracht wurde und nicht im Gewahrsam der Staatssicherheit starb wie Domaschk. Wie beide gelebt haben, wofür sie sich einsetzten, scheint für manche zweitrangig zu sein.
Mit den Jahren hat der Name Silvio Meier ein Eigenleben entwickelt. Nichtssagende Biografien kursieren im Internet. Texte machen die Runde, die Bruchstücke der Erklärungen enthalten, die wir in jenen Tagen verfassten, als wir gezwungen waren, den Mord öffentlich als faschistisch motiviert darzustellen. Die Polizei sprach damals nämlich zuerst von einem Streit zwischen Jugendgruppen.
Die Oberflächlichkeit, mit der Silvios Leben von jugendlichen Antifas rezipiert wurde und wird, scheint der Jugend, der Unerfahrenheit, aber auch der Ideologie geschuldet. Aber spätestens als mir eine gestandene Journalistin eines bürgerlichen Blattes unumwunden eingestand, für Silvio Meiers biografische Notiz den Unsinn aus Wikipedia abgeschrieben zu haben, stand für mich fest: Die interessieren sich gar nicht für ihn. Das Label Silvio Meier hat kaum noch etwas mit meinem ermordeten Freund zu tun. Ich weiß, dass es auch Freunden von Matthias Domaschk ein wenig so geht, wenn sie verklärende Worte hören oder lesen, wie unerschrocken standhaft dieser im Kampf für die Demokratie gestorben sei.
Nicht nur das Leben der toten Helden, auch unser eigenes wird inzwischen verklärt. Es beginnt mit dem Begriff „Bürgerbewegung“. Wir kritisierten ja das Stillhalten der DDR-Bürger heftig. Das Wort „Bürger“ galt uns als Schimpfwort, als Synonym für „Spießbürger“. Heute ist es anders. Viele Protagonisten der Widerstandsszene, einst antibürgerlich im besten Sinne, haarige und wilde Rebellen, die laute Musik hörten, fühlen sich inzwischen von dieser Bezeichnung geehrt. Sie klingt besser als „Aussteiger“, „Totalverweigerer“ oder „Dissident“, und ein wenig scheint auch eine Wiedergutmachung für ihr jahrelanges Agieren in den extrem unsicheren DDR-Verhältnissen mitzuschwingen, immer mit einem Fuß im Knast.
Einige ihrer Wortführer schämen sich inzwischen ihrer vormaligen sozialistischen Flausen und meinen, schon immer richtig bürgerliche Demokraten gewesen zu ein. Kritik erntet, wer sie auf diesen Irrtum hinweist. In antistalinistischen Aufarbeitungsgruppen kam es sogar zur Verdrängung solcher unbequemen Kritiker. Man ist versucht zu sagen: zu Säuberungen. Verdrängt wurden dabei auch einstige Weggefährten, die ihren sozialistische Vorstellungen treu geblieben sind, oder solche, denen es unterstellt wird. Eine sehr traurige Geschichte, menschlich enttäuschend, aber soziologisch hochspannend.
Seit sich die SED-Nachfolgepartei, in der antidemokratisches Denken teilweise fortexistiert, in Linkspartei umbenannt hat, ist der Feind bei vielen Aufarbeitern klar positioniert: Er steht links. Dabei ist diese Klammer falsch, denn sie fasst Personen wie Stalin, Pol Pot, Erich Mühsam und Rudi Dutschke bis hin zum versoffensten Kotti-Punk unter ein Label zusammen, dem sich Begriffe wie Emanzipation, Teilhabe, Information und Chancengleichheit genauso zuordnen lassen wie ihre Gegenteile.
Ein großer Teil der Aufarbeiter ist auf diesen Trick reingefallen und hält alles, was aus dieser Richtung kommt, für antidemokratisch oder zumindest suspekt. Weil die Linkspartei die Antifa unterstützt – eher politisch als finanziell –, erscheinen deren Vorbilder vielen Aufarbeitern als dubios, selbst wenn sie wie im Fall von Silvio Meier aus ihren eigenen Reihen kommen. Ein anderes Beispiel: Ehemalige Weggefährten des Jenaer Pfarrers Lothar König, der dieser Tage in Dresden vor Gericht steht, weil er dort auf einer Anti-Nazi-Demo zu strafbaren Handlungen aufgerufen haben soll, trauen sich nicht, sich mit ihm zu solidarisieren. Nicht, weil sie ihn für schuldig halten, sondern weil ihnen die ganze Sache zu sehr nach linker Szene aussieht.
Es ist schwierig, jüngeren Antifa, die allem misstrauen, was nicht auf ihrer politischen Linie liegt, Erfahrungen zu vermitteln, die sich von ihren Vorstellungen und Geschichtsbildern zum Teil bedeutend unterscheiden. Ebenso schwer ist es, bei ihnen ein kritisches Verhältnis zur DDR zu entwickeln, ja sie überhaupt dazu zu bringen, sich mit der DDR-Geschichte zu befassen. Schon darauf hinzuweisen, dass für uns der Begriff „Genosse“ eine Beleidigung ist und deswegen nicht auf Silvio Meier passt, verstört sie. Aber genau das ist notwendig. Es grenzt an ein Wunder, dass die Leute von Aktives Gedenken diese Öffnung gewollt und ausgehalten haben, denn wir waren mitunter sehr zickig: „Antifa bedeutet gar nichts, solange ihr kein Wofür habt!“
Das Wissen über Vorstellungen und Ziele der Widerstandsbewegungen gegen das SED-Regime ist bei vielen jämmerlich. Aber woher soll es kommen, wenn die Protagonisten dieser Widerstandsbewegungen sich selbst nicht einzugestehen wagen, dass sie sich einst in einem Milieu bewegten, welches dem politischen System der Bundesrepublik äußerst kritisch gegenüberstand? Auch Wolf Biermann war einst Kommunist.
„Wir brauchen Gründungsmythen für 1990!“, hört man. Nein, sage ich, wir brauchen Tatsachen. Wir müssen die Brüche erklären, auch unsere eigenen. Ich wünschte mir, dass mit dem Gedenken an meinen Freund alte und neue ideologische Schranken überwunden werden. Solange wir Vorbilder nur einseitig darstellen, erscheinen diese unglaubwürdig und wir auch.
Die Umbenennung
Am Freitag um 18 Uhr werden die Schilder ausgetauscht: Dann wird die 200 Meter lange Gabelsberger Straße zwischen Frankfurter Allee und Rigaer Straße in Friedrichshain nach dem DDR-Oppositionellen und Hausbesetzer Silvio Meier umbenannt. Meier wurde 1992 von einem Neonazi im U-Bahnhof Samariter Straße erstochen, nachdem er diesen auf einen rechten Aufnäher angesprochen hatte.
Eine Initiative hatte seit Jahren eine Straße für Meier gefordert. Im April 2012 wählte eine Bürgerwerkstatt die Gabelsberger Straße wegen ihrer Nähe zum Tatort. Dem folgte das Bezirksparlament. Der Beschluss, Straßen vorerst nur nach Frauen zu benennen, wurde aufgrund des Bürgervotums ausgesetzt. Nachdem im März ein Ladenbetreiber eine Klage gegen die Umbenennung zurückzog, erfolgt nun der Schildertausch. (taz)
Dirk Moldt,
49, ist Historiker und Soziologe. Er war ein Freund Silvio Meiers und engagierte sich in der Offenen Jugendarbeit in der DDR
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Presse
11.03.2013 Mut gegen Nazis
"Demos schaffen die notwendige Öffentlichkeit"
Das Nordostberliner Bündnis „Kein Kiez für Neonazis“ und die „Initiative gegen Rechts Friedrichshain“ veranstalteten am 9. März 2013 einen Berliner Aktionstag gegen die rechten Bekleidungsmarken „Thor Steinar“ und „Label 23“ und deren Verkauf. Den Tag über beteiligten sich rund 300 Menschen an den Kundgebungen und Demonstrationen. Über Motivationen, Hintergründe zum Aktionstag und die Situation in den Berliner Bezirken sprachen wir mit der Initiative „Kein Kiez für Neonazis“.
Was versteckt sich hinter „Kein Kiez für Nazis“? Wie setzt sich die Initiative zusammen? Seit wann gibt es euch, was war der Anlass? Wer kann bei euch mitmachen?
Die Initiative „Kein Kiez für Nazis“ gibt es so gesehen seit 2008. Damals kam es zu einer ganzen Reihe an Angriffen und Bedrohungen gegen jüngere AntifaschistInnen im Pankower Stadtteil Niederschönhausen. Unter der Losung „Kein Kiez für Nazis“ wurde ein Bündnis ins Leben gerufen, um dem etwas entgegen zu setzen. Mit rund 1000 Leuten demonstrierten wir damals im November 2008 in Niederschönhausen. Die Nazis der NPD und der „Vereinten Nationalisten Nordost“, die damals für die Bedrohungen verantwortlich waren, gerieten ganz schön unter Druck. Ihre Stammkneipen haben im Zuge längerfristiger Arbeit einbüßen müssen.
2010, als es in Weißensee, Wedding und anderen Bezirken zu Aktionen der „Freien Nationalisten Berlin Mitte“ kam, haben wir das Label wieder reanimiert. Seit dem ist „Kein Kiez für Nazis“ eine Vernetzungs- und Aktionsplattform im Großraum Nordostberlin. Wir sind in unserer Zusammenarbeit mit Leuten aus dem Kiez, Parteien usw. sehr offen. Wogegen wir uns allerdings wehren, ist die Gleichsetzung zwischen rechts und links.
Warum die Fokussierung auf die Bekleidungsgeschäfte?
Das ergab sich durch die Eröffnung des „Thor Steinar“-Ladens „Tönsberg“ im Oktober 2011. Zudem mussten wir im November 2012 feststellen, dass die Bekleidungsmarke „Label 23“ in Weißensee im „7 Guns“ verkauft wird. Das ist ein ganz normales Modegeschäft. So kam unser Engagement zustanden.
Mit welchen Aktionen habt ihr auf euer Anliegen aufmerksam gemacht?
Nach der Eröffnung des „Tönsberg“ gründet sich das Bündnis „Weißensee gegen Rechts“, mit dem wir im Jahr 2012 einige Aktionen gegen „Thor Steinar“ veranstaltet haben. Es gab zum Beispiel eine Licht- Graffiti -Aktion am 4. Mai 2012 oder ein ganztätiges Open Air am 9. Juni in unmittelbarer Nähe des Ladens. Seit September 2012 stehen auf dem Antonplatz auch Kleidercontainern, wo Leute ihre „Thor Steinar“-Kleidung einwerfen können. Ist aber eher eine symbolische Sache.
Denkt ihr, dass bspw. Demonstrationen vor den Geschäften wirklich was bringen?
Wenn ihr uns fragt, gibt es in Berlin mittlerweile zu viele Demos, einfach weil die individuellen Möglichkeiten dafür mehr vorhanden sind. Die wenigsten dieser Aktionen bewirken praktisch etwas gegen diese Läden, schaffen aber die notwendige Öffentlichkeit.
Wir denken, dass der Druck auf den Vermieter wichtig ist. Denn Klaus Rosenthal, der Inhaber des Hauses, in dem sich der Laden befindet, zeigt keine Bereitschaft zum Dialog. Er hatte im April 2012 zwar der Wochenzeitung „Der Freitag“ und der Beratungsstelle „Moskito“ zugesagt sich mit uns ins Benehmen zu setzen. Bis jetzt ist allerdings nichts passiert. Dass er sich überhaupt dazu äußerte, lag wohl auch daran, dass wir ihn im März 2012, in dem Dorf in dem er wohnt, mit einer Kundgebung einen Besuch abstatteten. Öffentlichkeit für das Nichtverhalten von Verantwortlichen zu schaffen ist etwas, wo wir sagen würden, dass das Sinn macht.
Gab es schon Erfolge?
Im Zusammenhang mit „Label 23“ gab es jetzt in Berlin einen ersten Erfolg. Nach Kontaktaufnahme mit dem Ladeninhaber des „7 Guns“ wurde die Marke „Label 23“ ab dem 1. März 2013 aus dem Sortiment genommen. Die „Initiative gegen Rechts Friedrichshain“ hatte sich ebenfalls an Doorbreaker gewandt, jedoch ohne Reaktion. Von der Kette wird die Marke seit der Wintersaison 2012 in ihren Geschäften in Friedrichshain und Hohenschönhausen verkauft.
Das wir in Weißensee auf die Marke aufmerksam wurden lag vor allem an einem Artikel im Antifaschistischen Infoblatt Nr.96, der über die Marke berichtete. Bis dahin wurde „Label 23“ zwei Jahre problemlos in Weißensee verkauft. Für uns zeigt das, dass Publizieren ein wichtiger Stützpfeiler unserer Arbeit ist. Wenn „Mut gegen rechte Gewalt“ zum Beispiel auch dazu publiziert, dann wäre das auch bundesweit eine Sache mit Einfluss. Denn die Klamotten kannst du, so wie wir das im Netz nachgelesen haben, im ganzen Osten kaufen. In ganz normalen Geschäften.
Warum setzt ihr euch ausgerechnet für die Schließung von Läden ein? Mit den Läden verschwinden ja nicht die Nazis. Was glaubt ihr, ändert eine Ladenschließung im Bezirk? Stichwort: Nachhaltigkeit
Im konkreten Fall von Weißensee würde sich ändern, dass weniger „Thor Steinar“ im Straßenbild zu sehen ist. Online bestellen können Nazis sicher immer noch. Aber die Zugänglichkeit zu der Marke für das lokale rechte Klientel wurde durch die Ladeneröffnung enorm erleichtert. „Thor Steinar“ transportiert rechte Ideologie ins Straßenbild und schafft dadurch Akzeptanz für diese Inhalte. Die Nazis verschwinden nicht, das stimmt, aber eine Schließung hätte eine Symbolwirkung für alle.
Die Zeit wo wir nicht gegen Naziumtreibe aktiv sind, veranstalten wir im Kiez Kulturangebote und Bildungsveranstaltungen, um ein Gegengewicht zu schaffen. Wir sind da ganz gut vernetzt.
Was sich wirklich ändern muss, ist der Alltagsrassismus der deutschen Mehrheitsbevölkerung. Von 2006 bis 2008 waren Leute von uns auch gegen die rassistischen Anti-Moschee-Proteste im Berliner Stadtteil Heinersdorf aktiv. Da hat sich sehr gut gezeigt, dass rassistische BürgerInnen auch ohne die Nazis genug rechtes Potential in sich tragen. Die NSU-Mordserie wäre doch ein guter Anlass gewesen, um mal über Rassismus nachzudenken, vor allem über den eigenen.
Warum macht ihr am 9.März Demos in diesen Bezirken? Gab es einen speziellen Anlass für dieses Datum? Wer ist alles beteiligt?
Die Nordostberliner Bezirke Weißensee und Hohenschönhausen haben mit denselben Klamottenmarken ein Problem wie der Friedrichshain. Der Reiz einen solchen Aktionstag zu veranstalten, lag vor allem darin die lokalen Kämpfe zum selben Thema endlich mal mit einander zu vernetzen. Auch wenn wir etwas Demonstrationsmüde sind, so hebt der Aktionstag die oft mühselige Arbeit im eigenen Stadtteil auf eine neue Stufe. Das war schon lange überfällig. Bei der Wahl des Datums hatten wir uns am Eröffnungsdatum des „Thor Steinar“-Ladens in Friedrichshain orientiert. Der Eröffnete Anfang März 2009.
Was war los am 9.März?
An den Aktionen in Hohenschönhausen und der Demonstration Friedrichshain nahmen rund 300 Leute teil. Auf der Demo wurden auch Kneipen mit rechtem Klientel thematisiert, die in Prenzlauer Berg Nord ansässig sind. Die Demo zog auch an der Wohnung des Berliner NPD-Manns Richard Miosga vorbei, dessen Wirken in einem Redebitrag thematisiert wurde. Wie zu erwarten nahmen an der Demonstration in Friedrichshain die meisten Menschen teil. Es nahmen viele Menschen aus Verbänden und Parteien teil (Die.Linke, Grüne, Piraten) aber auch Antifa-Gruppen und Nachbarschaftsvereine.
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Presse
09.03.2013 Neues Deutschland
Berlin reif für Gedenkort?
Dietmar Lange: Der Berliner Historiker untersuchte die blutigen Ereignisse 1919
nd: Anfang März 1919 endete ein Generalstreik in Berlin in einem Blutbad. Die
Rosa-Luxemburg-Stiftung sowie ein historischer Spaziergang zu den Schauplätzen
erinnern in diesem Jahr daran. Was forderten die Streikenden damals?
Lange: Sie wollten die uneingelösten Forderungen des 1. Reichsrätekongresses von
1918 durchsetzen. Dazu gehörten die Sozialisierung der Schlüsselindustrien, eine
Heeresreform und die Verankerung der Räte in der Verfassung.
Wurde nur in Berlin gestreikt?
Die Streikbewegung blieb nicht auf Berlin beschränkt, war aber regional
zersplittert. Grund waren die nur lose Koordination zwischen den Streikzentren im
Ruhrgebiet, Mitteldeutschland und Berlin und der gezielte Einsatz militärischer
Kräfte. Im Ruhrgebiet setzte der Streik nach dem Einmarsch von Freikorpsverbänden zu
früh ein und war bereits zusammengebrochen, als er in Berlin begann.
Wieso kam es mit Streikbeginn zu den Unruhen, obwohl sich die Streikleitung von
allen Aufstandskonzepten distanzierte?
Viele Indizien deuten auf eine gezielte Provokation der Militärs zu Beginn der
Ausschreitungen und vor allem bei der Eskalation der Kämpfe mit den Soldatenwehren
hin. Es wurden Falschmeldungen über getötete Polizisten verbreitet. Das so erzeugte
Klima ermöglichte die Ausrufung des Belagerungszustandes über Berlin, die
Ausschaltung der in der Novemberrevolution geschaffenen Soldatenwehren und das
Blutbad unter den Revolutionären.
Wie viele Menschen starben?
Die genaue Zahl ist nie ermittelt worden. Der verantwortliche SPD-Minister Gustav
Noske sprach von 1200 Toten in Berlin. Die meisten sind nicht in den Kämpfen
gestorben, sondern wurden nach der Verhaftung standrechtlich erschossen oder kamen
bei der Bombardierung von Arbeiterquartieren durch schwere Artillerie und
Fliegerbomben um.
Sind Orte der Massaker bekannt?
An der damaligen Zahlstelle der Volksmarinedivision in der Französischen Straße 32
wurden 30 revolutionäre Soldaten erschossen, die ihren Sold abholen wollten. Elf
Aufständische wurden an der Mauer des Lichtenberger Friedhofs hingerichtet. Überall
in Berlin verhängten Standgerichte in Schnellverfahren Todesurteile.
Wäre es nicht an der Zeit für einen Gedenkdort?
Ich würde mich freuen, wenn die Diskussion um einen solchen Ort beginnen würde. An
der Karl-Marx-Allee erinnern 40 Gedenkstelen an historische Ereignisse von der
1848er Revolution bis zur Gegenwart. Obwohl bei der Zerschlagung des Generalstreiks
im März 1919 die Gegend um die Karl-Marx-Alle eine große Rolle spielte, fehlt bisher
jeder Hinweis auf die Märzkämpfe.
2013 gibt es deutliches Interesse an dem Thema. Was ist geplant?
Am 14. März stelle ich in der Luxemburg-Stiftung das Buch vor, in dem ich mich mit
den März-Ereignissen beschäftige. Am 17. März gibt es um 15 Uhr einen historischen
Spaziergang zu den Schauplätzen vom März 1919.
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Presse
09.03.2013 Tagesspiegel
Friedrichshain bekommt Silvio-Meier-Straße
Die Gabelsbergerstraße wird nach langen Diskussionen nun doch nach dem ermordeten Antifaschisten Silvio Meier benannt. Im Gerichtsverfahren hat ein Ladeninhaber, der gegen die Umbenennung prozessierte, seine Klage zurückgezogen. Er hätte keine Chance gehabt.
Am Ende gab es noch nicht einmal ein offizielles Gerichtsurteil. Der Ladeninhaber aus der Friedrichshainer Gabelsbergerstraße, der gegen die Umbenennung der Straße vor das Verwaltungsgericht gezogen war, hat seine Klage zurückgezogen. Das Gericht wies den Geschäftsmann bereits vor Prozessbeginn darauf hin, dass er das Verfahren wahrscheinlich verlieren werde. Der Kläger hatte die Namensänderung zu Ehren des linken Aktivisten Silvio Meier, der am 21. November 1992 von Neonazis im nahe gelegenen U-Bahnhof Samariterstraße erstochen worden war, als geschäftsschädigend bezeichnet. Um den Prozess gewinnen zu können, hätte er dem Bezirksamt Willkür nachweisen müssen.
Diese Schwelle sei nicht überschritten worden, befand das Gericht.
Stadtrat Hans Panhoff (Grüne) begrüßt die Entscheidung, ist allerdings wenig überrascht. „Es kann nicht einfach jeder eine Straßenumbenennung verhindern, nur, weil es ihm nicht passt“, sagte er. Der Kläger hatte die Klageschrift stellvertretend für einen anonymen Gegner der Umbenennung eingereicht, der selbst kein Widerspruchsrecht hat, weil er, wie berichtet, nicht im Bezirk wohnt.
Auf weniger Begeisterung stößt die dagegen bei Kurt Wansner, dem Kreisvorsitzenden der CDU Friedrichshain-Kreuzberg. „Ich halte es für eine komplett falsche Entscheidung“, sagt der Politiker, der 2006 das Bürgerbegehren gegen die Rudi-Dutschke-Straße in Kreuzberg unterstützt hatte. Eine Ehrung Meiers lehnt er ab: „Der Herr war ja auch nicht gerade zimperlich mit seinen Umgangsformen.“
Damiano Valgolio von der „Initiative für ein Aktives Gedenken“ findet diese Argumente veraltet. „Es geht nicht darum, alle Ansichten zu teilen, die Silvio Meier hatte“, sagt der Rechtsanwalt und Bezirkspolitiker der Linken. Vielmehr müsse man die Opfer rechter Gewalt sichtbar machen. Die Umbenennung soll in einigen Wochen mit einem Festakt in Anwesenheit der Witwe Silvio Meiers begangen werden. Ein Termin steht noch nicht fest.
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Presse
09.03.2013 TAZ
Meier kommt aufs Schild
Nach Rückzug der Klage eines Anwohners steht der Umbenennung der "Silvio-Meier-Straße" nichts mehr im Weg. Aber hätte das dem ermordeten Hausbesetzer gefallen?
Jetzt ist er historisiert, eine „Person der Zeitgeschichte“, demnächst ziert sein Name ein Straßenschild: Silvio Meier. Der Ost-Punk und Hausbesetzer, 1992 von Neonazis am U-Bahnhof Samariter Straße in Friedrichshain erstochen. Schon im November, zu Meiers 20. Todestag, wollte Friedrichshain-Kreuzberg die kleine Gabelsberger Straße nahe des U-Bahnhofs umbenennen. Nur kam ein Ladenbetreiber mit einer Klage dazwischen.
Die Klage zog der Mann am Freitag vorm Verwaltungsgericht zurück, nachdem ihm der Richter die Erfolglosigkeit seines Unterfangens vorgehalten hatte. Schon im April sollen nun die Meier-Schilder angebracht werden. Das ist in der Tat historisch: Erstmalig wird in Berlin auf diese Art ein Hausbesetzer geadelt (der Kochstraßen-Kaperer Rudi Dutschke war auf anderem Terrain tätig).
Dass eine Straßenehrung, dieser Akt förmlichster Bürgerlichkeit, dem Anti-Spießer Silvio Meier gefallen hätte, davon ist freilich nicht auszugehen. „Dieses System“, den ganzen Kapitalismus, hatte Meier einmal in einem Interview gesagt, das habe er nie gewollt. Freunde Meiers sträuben sich bis heute, den Häuserkämpfer zu „maskottisieren“. Seit Freitag ist klar: Es war vergebens.
Gewiss, die künftige Meier-Straße ist ein Symbol, ein gutgemeintes, das antifaschistischen Einsatz honorieren soll. Das stärkere Symbol aber steht in der Schreiner Straße 47. Noch kurz vor seinem Tod äußerte sich Meier skeptisch, ob sein Haus, ob besetzte Häuser überhaupt zu halten sind. Die Schreiner 47 gibt es heute noch, als linkes Projekt, selbstverwaltet mit einer Genossenschaft.
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Presse
Antifa Infoblatt Nr. 98 (1/2013)
Thor Steinar: Konfliktpotential als gerichtsbekannte Tatsache
Die juristischen Auseinandersetzungen um die Ladengeschäfte des in der rechten Szene beliebten Modelabels »Thor Steinar« haben Präzedenzcharakter. In Berlin wurde im Oktober 2012 der Räumungsklage gegen einen »Thor Steinar«-Laden im Stadtteil Friedrichs von der Zivilkammer des Landgerichts stattgegeben, weil der Laden sich von »Tromso« (norwegische Stadt) in »Thor Steinar« umbenannt hatte. Die »Verwendung skandinavischen Orts- und Vornamen« war dem Mieter, der Skytec Outlet GmbH (Sitz in Mittenwalde), in einem gerichtlichen Vergleich mit dem Friedrichshainer Vermieter vor dem Berliner Kammergericht (12 U 5/11) im September 2011 untersagt worden.
Vorangegangen war eine erste Räumungsklage im Dezember 2010 wegen »arglistiger Täuschung«. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs vom August 2010 (XII ZR 192/08 und XII ZR 123/09) obliegt dem Mieter vor Abschluss des Mietvertrages eine Aufklärungspflicht gegenüber dem Vermieter darüber, dass die von ihm zum Verkauf angebotene Kleidung mit der extrem rechten Szene in Verbindung gebracht wird. Dabei ist es unerheblich ob die Marke tatsächlich Teil der Szene ist oder einfach nur dahingehend Konfliktpotential birgt. Verletzt der Mieter diese Aufklärungspflicht, kann der Vermieter den Mietvertrag anfechten.
Im Falle des Friedrichshainer Ladens war die »arglistige Täuschung« strittig, weil der Verkauf von »Thor Steinar« explizit im Mietvertrag genannt wurde. Das Landgericht gab der Räumungsklage damals aber dennoch statt (32 0 680/09), weil der Umfang des Konflikts um »Thor Steinar« dem Vermieter nicht bewusst war. Vor dem Kammergericht es dann zum obenstehenden Vergleich der u.a.beinhaltete, dass der 2009 eröffnete Laden bis Januar 2015 in Friedrichshain bleiben dürfe. Der Vermieter brachte damals außerdem vor, dass sich sogar der norwegische Botschafter wegen der Verwendung Staatswappen und Städtenamen bei der Bundesregierung beschwert hätte und es dem Vermieter nicht zumutbar sei, neben andauernden Beschädigungen am Haus durch Dritte, auch noch in diplomatische Verwicklungen gezogen zu werden. Der Rechtsanwalt von Skytec, Roman Petereins (KönigsWusterhausen bei Berlin) bot in der Güteverhandlung 2011 eine Umbenennung in »Braunau« (Geburtsstadt von Adolf Hitler) an. Der Vermieter entgegnete damals, dass er sich gegen alle Namen wehren werde, die geeignet sind, die Öffentlichkeit zu provozieren. Das Landgericht sieht nun in der Verwendung des Namens »Thor Steinar« oder auch in der Verkürzung »Steinar« als großes Ladenschild eine solche Provokation, die durch den Vergleich von 2011 vermieden werden sollte. Dabei ist es unerheblich, dass »Thor Steinar« eine eingetragene Marke ist - sie provoziert öffentliche Reaktionen, die »angesichts der Erfahrung mit dem Nationalsozialismus in der deutschen Geschichte couragierte und heftige Gegenwehr« hervorrufe. Obwohl Skytec dafür nicht die Verantwortung trage, ist es dennoch Tatsache und müsse auch in der Rechtsprechung berücksichtigt werden.
Der Bruch der Vereinbarung durch Skytec in Sachen Namenswahl ist nicht nur Auslegungssache, sondern auch im Sinne der allgemeinen Rücksichtsnahmepflichten der Vertragspartner (§§ 241 II, 242 BGB) geboten. Anstatt einen neutralen Namen zu montieren, soll er zahlreiche Sachbeschädigungen am Gebäude provoziert haben - die auch 2012 durch die »Konfliktbeladene Situation« von Dritten verübt wurden.
Skytec hat gegen die Entscheidung des Landgerichts Berufung eingelegt. Denn nach der Demontage des, Schildes »Thor Steinar« im Dezember 2012 kam es trotzdem zu Farbattacken - der Name allein könne also nicht ursächlich für die Beschädigungen sein. Nun muss wieder das Kammergericht ran: Für Herbst 2013 wird mit einer Verhandlung gerechnet. Derweil geht der Protest gegen den Friedrichshainer Laden ins fünfte Jahr. Egal wie es ausgeht, kann konstatiert werden, dass die Hartnäckigkeit antifaschistischer Proteste als gerichtsbekannte Tatsachen interessante juristische Möglichkeiten eröffnet. Die Brandenburger Marke Thor Steinar wird von den Firmen Mediatex, Skytec Outlets und Protex hergestellt und vertrieben und hat laut Mitteilung des »Blick Nach Rechts« einen Jahresumsatz von knapp 8,2 Mio Euro (2010), der u.a. durch 12 Ladengeschäfte erwirtschaftet wird. Der Wechsel der Geschäftsführer der Stammfirma Mediatex 2008 (Mohammed M. Aweida aus Dubai) und 2010 (Marco Wäspe aus der Schweiz) sowie die Wechsel der Gesellschafter 2009 (Zarooni, Dubai) und 2010 (Fashion Brands Trading-AG, Schweiz) haben wenig an der Ausrichtung der Merke geändert. Die Markenrechte liegen übrigens immer noch beim »Thor Steinar«-Gründer Axel Kopelke, der schon 2007 in die Schweiz ausgewandert sein soll.
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Presse
4.12.2012 Mut gegen rechte Gewalt
„Ein Stück Politik zurück ins Straßenbild“
Die Initiative „Aktives Gedenken“ setzt sich in Berlin- Friedrichshain seit Jahren für ein würdiges Erinnern an den 1992 von Neonazis ermordeten Silvio Meier ein. MUT sprach mit der Gruppe über ihr Engagement und ihre Beweggründe.
Was versteckt sich hinter „Aktives Gedenken“? Wie setzt sich die Initiative zusammen?
Die Initiative für ein aktives Gedenken entstand aus dem Wunsch, eine Straße in Berlin-Friedrichshain nach Silvio Meier zu benennen. Anlässlich des Todestages von Silvio findet jedes Jahr am 21. November eine Mahnwache an der Gedenktafel im U-Bahnhof Samariterstraße statt. Die alljährliche Silvio-Meier-Gedenkdemonstration, die immer aktuelle Probleme mit Neonazismus und Rassismus thematisiert, hat sich mit mehreren tausend Teilnehmern zur größten regelmäßig stattfindenden antifaschistischen Demonstration in Berlin entwickelt. Auch diese Aktionen werden von unserer Initiative unterstützt.
Unsere Initiative besteht aus engagierten Antifaschisten mit verschiedenen Hintergründen. Auch Vertretern aus Vereinen, Parteien, linken Gruppen und Einzelpersonen aus Friedrichshain leisten ihren Beitrag in der Initiative.
Wann und warum habt ihr euch gegründet? Was ist eure private Motivation?
Wir haben uns im Herbst 2010 im Rahmen bzw. nach einer Podiumsdiskussion gegründet, die im Kontext der 18. Silvio-Meier-Gedenkdemonstration stattfand. Unser Ziel bzw. unser Hauptforderung ist es, eine Straße nach Silvio Meier zu benennen. Wir wollten damit ein Stück Politik zurück ins Straßenbild bringen. Im Zuge dieses Wunsches wurde ein weiteres Anliegen von uns nie aus den Augen verloren: eine intensive Auseinandersetzung mit der Person und Geschichte Silvio Meiers.
Die Forderung nach einer Straße für Silvio Meier stand bereits viele Jahre im Raum, wurde im Kontext der Demonstrationen und Mahnwachen immer wieder geäußert – aber von offizieller Seite, also dem Bezirk, gab es keine Reaktion. Die meisten von uns hatten sich schon längere Zeit bei den Gedenkaktionen engagiert und wollten mit der Gründung der Initiative der Forderung Nachdruck verleihen.
Was steckt hinter dem Namen?
„Aktives Gedenken“ spiegelt unseren Anspruch an das Gedenken wieder: Es soll „lebendig“ sein, also von Unten – aus der Bewegung heraus – getragen werden. Dadurch zeichnet sich das Gedenken an Silvio Meier übrigens von Anfang an aus. Außerdem wollen wir mit unserer Arbeit einen Bezug zum Alltag der Menschen herstellen.
Mit welchen Aktionen habt ihr auf euer Anliegen aufmerksam gemacht?
Wir haben einen offenen Brief geschrieben und damit Gewerbetreibende, Einzelpersonen und Initiativen angesprochen, ob sie unser Anliegen unterstützen. Die Rückendeckung, die wir dadurch bekommen haben, war groß.
Weiterhin haben wir mehrere Infotische im Bezirk durchgeführt, um die Bewohner aus dem Kiez anzusprechen. Danach bzw. während dessen erfolgten diverse Gespräche mit potenziellen Partnern (BVG, Bezirksamt, Politikern, Journalisten, Kiezinitiativen, etc.).
"Nebenbei" haben wir die politischen Vertreter in den zugehörigen Bezirksausschüssen begleitet, nachdem es ein Zugeständnis verschiedener Parteien der Bezirksverordnetenversammlung für ein würdiges Gedenken an Silvio Meier gab. Wir haben sozusagen Druck durch Öffentlichkeit aufgebaut und dies auch auf unserer Homepage dokumentiert.
Wie sind die Reaktionen? Bekommt ihr Unterstützung aus der Politik oder Bevölkerung?
Im Kiez ist das Gedenken an Silvio Meier seit vielen Jahren fest verankert, entsprechend wird auch die Forderung nach einer Straßenumbenennung breit unterstützt. Beispielsweise wurden wir bei unseren Infoständen sehr häufig von Bürgerinnen und Bürgern gefragt, wie sie sich beteiligen können. Neben Einzelpersonen wird »Aktives Gedenken« von vielen Friedrichshainer Initiativen, Gewerbetreibenden und Antifagruppen unterstützt.
Warum setzt ihr euch ausgerechnet für eine Straßenumbenennung ein? Findet ihr die anderen Gedenkformen nicht ausreichend?
Wie schon erwähnt, unterstützen wir die jährliche stattfindende Gedenkdemonstration an Silvio Meier und beteiligen uns auch aktiv an der Mahnwache zu seinem Todestag. Die verschiedenen Gedenkformen stehen für uns nicht gegeneinander, sondern ergänzen sich vielmehr. Mit der Forderung nach einer Straßenumbenennung wollen wir einen öffentlichen Ort durchsetzen, der die jüngste Geschichte des Bezirks sichtbar macht. Wir wollen erreichen, dass sich über den Todestag hinaus mit der Person Silvio Meier, mit linker - auch oppositioneller - Jugendkultur in der DDR, Neofaschismus in den 1990er Jahren, Antifaschismus und auch Hausbesetzungen beschäftigt wird. Wir finden die Zeit für eine „offizielle“ Würdigung Silvio Meiers durch den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg ist reif.
Was glaubt ihr ändert die Straßenumbenennung im Bezirk?
Wir denken, dass durch die Umbenennung ein weiterer Gegenpol zu einer voranschreitenden Entpolitisierung des Straßenbildes im Bezirk erzeugt wird. Es geht um eine Auseinandersetzung mit dem Mord an Silvio abseits vom Todestag. Und es geht uns darum, dass als „Randgruppenphänomen“ behandelte Themen wie Antifaschismus eine Wertschätzung auf parlamentarischer Ebene erhalten. Denn Gewalt von Neonazis im Stadtteil Friedrichshain-Kreuzberg ist leider nicht Geschichte, sondern immer noch aktuell.
Wie stehen die Angehörigen zu der Idee einer Umbenennung?
Seit Bestehen der Initiative stehen wir im Kontakt mit den Angehörigen und Freunden von Silvio. Er starb, weil er sich politisch gegen Neonazis engagierte. Dieses Engagement wurde von der Politik damals nicht ernst genommen, die Gefahr durch faschistisches Gedankengut wurde nach der Tat verharmlost oder sogar totgeschwiegen. Die Ermordung eines vermeidlich „Linken“ durch rechte Jugendliche wurde von einigen Politikern so hingestellt, als sei Silvio Opfer einer Art „Bandenkrieg“ geworden und gar selbst an seinem Tod schuld. Die Straßenumbenennung empfinden die meisten Freunde und Angehörigen als anerkennenswertes Zeichen des Umdenkens seitens der Berzirksverordnetenversammlung und unterstützen uns hier in unserer Forderung.
Sie und wir finden, dass eine tiefer gehende Auseinandersetzung, mit dem Thema rechter Gewalt und Rassismus stattfinden muss, als "nur" eine Straße umzubenennen.
Natürlich fällt es ihnen schwer Silvio Meier, den Freund, Lebensgefährten oder Vater an einem Ort zu „verewigen“, akzeptieren aber die geschichtliche Komponente seiner Person.
Was sagt ihr zu den Vorwürfen, dass Silvio Meier als Symbolfigur missbraucht wird?
Wir können die Kritik Silvio als Symbolfigur oder noch schlimmer als Märtyrer darzustellen nicht nachvollziehen. Für uns steht Silvio für all diejenigen, die gerade Anfang der 90ziger Jahre von Neonazis ermordet wurden. Hier sei nur daran zu erinnern, dass die Pogrome vom Rostock -Lichtenhagen gerade vorbei waren und am selben Wochenende die Morde in Mölln stattfanden. Verweisen möchten wir in diesem Zusammenhang auch auf das Interview mit Ekkehard Spiegel, einem Freund von Silvio, der sich zu dieser Frage ziemlich klar äußert. Es ist auf unserer Homepage nachzulesen.
Was kommt nach der Straßenumbenennung?
Hauptziel unserer Initiative war und ist die Benennung einer Straße nach Silvio Meier bis zu seinem 20. Todestag. Dafür haben wir uns seit November 2010 eingesetzt. Nach langem Hin und Her sowie dem klaren Votum einer Bürgerveranstaltung im Frühling 2012 hat auch der Bezirk dieses Anliegen vorangetrieben. Künftig soll nun die „Gabelsbergerstraße“ nach Silvio Meier benannt werden. Durch eine Klage von Gewerbetreibenden ist die Umbenennung nun leider aufgeschoben.
Wir bedauern dies sehr und werden uns weiterhin für eine schnelle Umsetzung stark machen. Was nach der Straßenumbenennung kommt, können wir noch nicht genau sagen. Aber Ihr werdet weiterhin von uns hören.
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Presse
26.11.2012 taz
Bloß kein stilles Gedenken
Mit einem Protestmarsch erinnern Tausende Menschen an Silvio Meier, der vor 20 Jahren von Neonazis ermordet wurde.
Es kracht, als eine Leuchtrakete explodiert und die Fassaden der Häuser rot erstrahlen lässt. Christiane Schidek, eine Frau Mitte 40, jubelt inmitten von schwarzgekleideten DemonstrantInnen. „Da haben wir gewohnt“, ruft sie und zeigt auf das Haus, von dessen Balkon die Raketen gestartet werden. Ein Banner mit der Aufschrift „Gedenken an Silvio“ hängt daran. Schideks Stimme ist kaum zu hören zwischen den Sprechchören der Vermummten: „Hier wurde unser Sohn Felix geboren. Hier haben wir Aktivitäten geplant und gefeiert“, sagt die Frau mit den krausen Locken um das schmale, braungebrannte Gesicht und lacht. „Das Freudenfeuer überwältigt mich.“
Schidek ist die ehemalige Lebensgefährtin von Silvio Meier, der vor 20 Jahren am U-Bahnhof Samariterstraße wenige hundert Meter weiter von Neonazis niedergestochen wurde. Mit einer jährlichen Kundgebung erinnert die linke Szene an den Aktivisten und Hausbesetzer. Rund 2.500 TeilnehmerInnen sind nach Angaben eines Polizeisprechers gekommen, laut Veranstalter gar bis zu 5.000, um von Friedrichshain nach Lichtenberg zu rechten Treffpunkten und wieder zurück zu ziehen. Es geht darum, vor Ort Präsenz zu zeigen.
Dieses Jahr haben die DemonstrantInnen den Neonazi-Treff in der Lückstraße ins Visier genommen. Die Schaufenster und das Schild des früheren Gardinengeschäfts sind mit schwarzer Farbe getüncht – schon Monate zuvor hatten Antifas den Laden „dekoriert“, wie sie es nennen. Davor stehen vier Polizeiwagen. „Sind die Bullen jetzt da, um die Nazis zu schützen, oder was?“, fragt ein Vermummter neben Schidek. Er schleudert eine Bierflasche auf die Fassade, es klirrt. Ein paar Böller explodieren vor dem Schaufenster, ansonsten bleibt es ruhig. „Nazis raus!“, skandieren die DemonstrantInnen und ziehen weiter.
In der Weitlingstraße verfinstert sich Schideks Miene, der Protestzug führt vorbei an schmucklosen Wohnhäusern und Imbissbuden. In den 1990ern wohnten dort mehrere Neonazis der mittlerweile verbotenen Kameradschaft NS-Tor, in der Kneipe „Kiste“ oder im „Piccolo“ tranken sie ihr Bier. Schidek hakt sich bei den DemonstrantInnen unter und stimmt in den Chor ein: „Silvio Meier, das war Mord, Widerstand an jedem Ort!“
Zum 20. Todestag werden im Internet Silvio-Shirts und Taschen verkauft, die Gabelsbergerstraße in Friedrichshain soll nach ihm benannt werden. Für viele seiner alten WegbegleiterInnen geht dieser Hype um die Person Meier zu weit. „Silvio war in erster Linie Mensch, wie du und ich“, sagt auch Schidek und überlegt kurz. „Ich weiß nicht, ob ihm dieser Aufruhr um seine Person gefallen hätte.“ Doch die Demonstration findet sie unterstützenswert.
Am Anfang hatten die Bekannten Meiers eher damit zu kämpfen, dass die Tat verharmlost worden sei, erinnert sich Schidek. FreundInnen aus der Oppositionellen- und der Hausbesetzerszene hätten daraufhin in der Öffentlichkeit Druck gemacht. Heute stehe der Mord an Silvio symbolisch für Opfer rechter Gewalt.
„Verfassungsschutz und NSU, Nazis morden, der Staat schaut zu“, skandieren einige. Auch zwei Frauen Mitte 70 laufen mit. „Die Methoden entsprechen uns zwar nicht immer“, sagt eine und deutet auf eine leere Bierflasche auf der Straße. „Aber das Ziel verbindet: Wir wollen den Antifaschismus stärken.“
Am Ende der Demo am Bahnhof Lichtenberg nehmen Polizisten ein Dutzend DemonstrantInnen fest, die sich zuvor vermummt haben. Ansonsten bleibt es weitgehend friedlich. Ein Zusammentreffen mit etwa 30 Rechtsextremen, die vor der Lückstraße demonstrierten, wird verhindert. Christiane Schidek strahlt über das ganze Gesicht und sagt: „Wenn ich mir die Leute hier ansehe und die Ziele, für die sie kämpfen, kann ich sagen: Diese Demo ist ganz im Sinne Silvios.“
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Presse
24.11.2012 taz
Mit dem Gedenken umgehen
Vor 20 Jahren wurde der Hausbesetzer Silvio Meier von einem Neonazis umgebracht. Wie wird an ihn erinnert?
Freitagmorgen im U-Bahnhof Samariterstraße. Vor 20 Jahren und zwei Tagen wurde hier Silvio Meier von einem Neonazi erstochen. Vor der Gedenktafel ein Mann mit einer Kerze in der Hand, er fragt mich nach Feuer. Ich gebe es ihm, er zündet die Kerze an, grüßt damit in Richtung Tafel und stellt sie zu den anderen Lichtern und Blumen. „Danke, Bruder“, sagt er zu mir.
Hier vor der Tafel stand am Mittwoch eine Silvio-Meier-Mahnwache, hier startet die Silvio-Meier-Demo, und bald soll es um die Ecke eine Silvio-Meier-Straße geben. Gegen Letzteres klagt ein Anlieger, aber egal: Vergesst Gedenktafel, Mahnwache, Demo und Straße. Was wirklich bleibt vom 20. Jahrestag des tödlichen Nazi-Angriffs, ist eine Broschüre mit dem Titel „Und die, die sterben, die werden weiterleben …“. Die Autonome Antifa hat sie gerade herausgegeben.
Darin sprechen drei enge Freunde und Silvio Meiers damalige Lebensgefährtin offen darüber, wie schwer sie sich manchmal mit all dem Gedenken tun: „Da wird einfach jemand zum Helden gemacht, weil man selbst nicht so richtig weiß, was man machen soll“, sagt einer. Und zu den Autoren: „Ihr seid die Ersten, die herkommen und fragen: Was war das für ein Typ?“
Dann erzählen sie, was für ein Typ Silvio Meier war: Wie er sich bei der „Kirche von unten“ engagierte und 1987 Element Of Crime für ein Konzert in der Zionskirche in den Osten holte. Wie Nazis das Konzert angriffen. Wie sie zusammen gegen eine Mülldeponie kämpften. Wie alle, die so etwas taten, die Punks wurden, Häuser besetzten oder schwul waren, den Hass der Mehrheitsgesellschaft zu spüren bekamen – vor 1989 und danach. Wie sich nach dem Mauerfall etwas entwickelte, was sie alle nicht wollten. Und schließlich: wie schwer es für Meiers Sohn ist, mit dem Gedenken an seinen Vater umzugehen.
Als Maskottchen, als aufrechten Antifaschisten hätten viele Linke Silvio Meier zu vereinnahmen versucht. Gerade er aber, sagt einer der Freunde, zeige doch eines: „Wer nur Antifa ist, der ist gar nichts, der versteht nichts von der Welt.“
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Presse
24.11.2012 Junge Welt
»Als unorganisierte Militante erreichen wir zu wenig«
Vor 20 Jahren wurde in Berlin Silvio Meier von Neonazis erstochen. Sein Freund erinnert an die Punkzeiten in der DDR, die Friedrichshainer Hausbesetzerszene, den Kampf gegen rechts und den Mord im U-Bahnhof Samariterstraße. Ein Gespräch mit Ekkehard Spieg
Interview: Tanja Lorenz und Lars Laumeyer
Ekkehard Spiegel ist ein Freund des am 21. November 1992 getöteten Silvio Meier. Er war bei dem Angriff von Neonazis selbst schwer verletzt worden.
jw: In welchen Bereichen warst du Anfang der 1990er Jahre und gegebenenfalls bereits davor in der DDR politisch aktiv?
Ich komme aus einer Kleinstadt in Thüringen, Saalfeld. Zum Zeitpunkt des Mauerfalls war ich 18 Jahre alt und hatte gerade angefangen zu arbeiten. Ich war zu DDR-Zeiten Punk und im Umfeld der »Offenen Arbeit« (OA) unterwegs. Die OA war ein Ansatz kirchlicher Jugendarbeit in der DDR und bot oftmals Raum für nonkonforme oder gar oppositionelle Gruppen. Ich war ja auch noch sehr jung und würde eigentlich nicht sagen, daß ich zu einer politischen Opposition in der DDR gehört habe. Das war eher so ein kulturelles Ding. Eben Punk.
Bereits vor dem Mauerfall tauchten dann – so etwa ab 1986 – die ersten Nazis auf. Und es gab auch schon bald die ersten Auseinandersetzungen. Etwa zur selben Zeit habe ich angefangen, mich für Politik zu interessieren. Ich habe angefangen zu lesen. Zuerst Lenin und Luxemburg, und später auch Marx oder Malatesta und Proudhon. Verstanden habe ich aber nicht viel. Ich habe nur versucht, es gegen die verordnete Lesart zu wenden. Man könnte sagen, daß ich versucht habe, die DDR von links zu kritisieren. An dem Umsturz 1989 habe ich mit abnehmender Begeisterung, aber aktiv teilgenommen. Mit dem Ergebnis war ich allerdings gar nicht einverstanden. Nicht nur, daß mir der nationalistische Taumel um die Vereinigung zuwider war. Ich hatte vor allem das Gefühl, daß die großen demokratischen Freiheiten, die wir uns in dieser Phase erkämpft haben, einfach so dem demokratischen Formalismus der BRD geopfert wurden. Und dann ging es halt los mit den Nazis. Und da stellte sich dann konkret die Frage, was tun? Ich habe mich gemeinsam mit meinen Freundinnen und Freunden dagegen gewehrt und entsprechend gehandelt. Eines Nachts hatte ich Besuch von etwa 20 Nazis. Im Krankenhaus bin ich wieder aufgewacht. Danach bin ich aus Saalfeld weg und nach Berlin.
jw: Hast du in diesem Zusammenhang auch Silvio Meier kennengelernt?
Ja, dort habe ich Silvio kennengelernt. Das war ja im Kern eine feste Clique, die sich von Umweltbibliothek und Zionskirchzeiten her kannte. Die Leute in dem Haus waren damals fast alle noch Ostler. Prägend war sicherlich das, was sie in der DDR gemeinsam auf die Beine gestellt haben. Politisch waren sie ganz unterschiedlich drauf. Mir war das immer sehr angenehm. Es war offener als es heute so in der linken Szene ist.
Ich kann mich noch erinnern, daß ich auf dem Hausplenum fragen mußte, ob ich einziehen darf. Es wurde gefragt, wie meine politische Grundeinstellung sei. Ich hab dann geantwortet, daß ich die Regierung stürzen wolle, und dann durfte ich einziehen. Eigentlich war das, was man so Häuserkampf nennt, der gemeinsame Nenner. Aber antifaschistischer Selbstschutz war sehr wichtig für uns. Es gab halt unterschiedliche Schwerpunkte. Für mich war die Auseinandersetzung mit Nazis wichtig. Ich hatte gesehen, wohin das führt, wenn die sich breit machen, und habe als Lösung nur direkte Aktionen akzeptiert. Ich denke aber heute, daß es sehr viel mehr gibt, was mensch gegen Nazis tun kann. Ich bin aber nach wie vor der Meinung, daß direkte Aktionen gegen Nazis ein wichtiger Teil antifaschistischer Politik sind. In gar keinem Falle akzeptiere ich eine Einteilung in guten oder schlechten Widerstand gegen Nazis. Jeder und jede tut das, was er oder sie tun kann oder will. Wenn der Staat oder von mir aus die Demokraten damit ein Problem haben, dann ist das deren Problem. Das bedeutet aber auch, daß mensch nicht überheblich sein soll, wenn die Zivilgesellschaft sich engagieren will. Sollen sie doch! Das ist eine gute Gelegenheit, sie mit ihren eigenen Ansprüchen und Widersprüchen zu konfrontieren.
jw: Wie muß man sich euren Alltag in dieser Zeit vorstellen?
Wenn ihr nach Alltag in einem besetzten Haus in Friedrichshain Anfang der 1990er Jahre fragt, dann waren Nazis und Angriffe von Nazis nicht der Alltag. Der Alltag war zum Glück ganz anders. Ein bißchen war es schon klischeemäßig: lange schlafen, viel kiffen, viel diskutieren, viel lieben, viel tanzen und zwischendurch die Interim lesen. Und manchmal auch abends losziehen, weil es Faschoalarm gab oder einfach mal schauen, was in Lichtenberg so läuft. Ich erinnere mich aber an sehr viel mehr Bücher, die ich in der Zeit gelesen habe, als an Naziangriffe.
Was ganz anderes war natürlich die »allgemeine Situation«. Das war ja die Zeit der »Asyldebatte«. Eine ganze Zeit war es ja so, daß es jede Woche ein paar Angriffe auf Asylbewerberheime gab. Und selbstverständlich gab es viele Angriffe auf Linke. Wir waren da halt aktiv. Wenn irgendwo eine Demo war, ist mindestens ein Auto voll mit »Schreinis« am Start gewesen. Alltag für mich in der »Schreiner« war, daß ich, wenn ich nach Hause kam, unten die Barri aufgemacht habe und dann das geniale Plakat zu Hoyerswerda mit dem Asylbewerber mit gereckter Faust und in der anderen Hand das Tonfa gesehen habe.
jw: Mit welcher Grundhaltung seid ihr den Neonazis damals entgegengetreten?
Ihr dürft euch das am Anfang nicht wirklich als politische Entscheidung vorstellen. Zuerst mal war ich jung und Punk. Ihr findet das vielleicht langweilig oder apolitisch, aber dieser kulturelle Aspekt war am Anfang jedenfalls sehr viel wichtiger als irgendwelche Theorien. Ich habe mich dann politisiert, aber das war eigentlich eher nach dem Mord an Silvio. Da habe ich dann über die Konsequenzen nachgedacht und fand es richtig, mich zu organisieren. Weil ich fand, daß wir als einfache, unorganisierte Militante zu wenig erreichen. Das war vielleicht ein Stück weit auch Kapitulation. Kapitulation deshalb, weil ich nach wie vor daran glaube, daß Widerstand gegen Nazis zuallererst von unorganisierten Menschen im Alltag getragen wird und erst in zweiter Linie von politischen Organisationen.
jw: Als Silvio am 21. November 1992 von Neonazis ermordet wurde, warst du mit dabei und wurdest selbst schwer verletzt. Willst du davon und den Tagen danach erzählen?
Es fällt mir schwer, über den Mord selbst zu sprechen. Ich behelfe mir immer mit Rationalisierungen. Und der Kampf, den wir danach geführt haben, war ganz sicher eine Form der Rationalisierung. Wenn ihr Zeit habt, die Chronologie der Ereignisse durchzugehen, werdet ihr finden, daß es in den ersten Tagen nach dem Mord darum ging, die Zumutung abzuwehren, Silvio sei mit seinem eigenen Messer ermordet worden.
Noch heute könnte ich heulen, wenn ich an diesen Artikel in der taz denke und daran, welche Qual es für meinen Freund J. war, sich im Krankenhaus den Fragen dieser kranken Bullen zu stellen, die unbedingt beweisen wollten, das in Wirklichkeit Silvio eine Art messerschwingender Irrer war.
jw: Nach dem Mord an Silvio hast du die Gedenkdemonstration viele Jahre lang mit organisiert. Was hältst du von der Kritik, daß die Gedenkaktionen Silvio als Person nicht gerecht werden?
Ich habe ja bereits oben den Begriff der Rationalisierung benutzt. Für mich gibt es zwei Formen des Gedenkens, die grundsätzlich verschieden sind: das Gedenken an einen Menschen, der dir etwas bedeutet hat, – Trauer eben –, und das politische Gedenken. Ich fand immer, daß die Mahnwache auf dieses persönliche Gedenken und die Arbeit an der Trauer gerichtet war. Ich selbst wollte nie daran teilnehmen – aus persönlichen Gründen. Aber ich bin sehr froh, daß es sie gibt.
Eine andere Form des Gedenkens sind die Demonstrationen. Hier ging es nur in einem sehr vermittelten Sinne um Silvio als Person, als Mensch. Er war von Anfang an ein Symbol für all diejenigen, die in dieser Zeit ermordet wurden. Ich kann nur für mich sprechen, aber mein Engagement im Rahmen der Demonstrationen war niemals darauf gerichtet, Silvio als Person zu betrauern. Dazu würde ich sicherlich keine Antifademonstration nutzen. Das wäre nicht angemessen. Es mag gute Gründe geben, sich dagegen zu verwahren, Silvio als Symbol zu betrachten oder den symbolischen Gehalt zu diskutieren. Aber das Resultat dieses politischen Gedenkens ist, daß Silvio nicht – wie beinahe 200 andere Opfer – namenlos und vergessen ist.
jw: Was war und ist dir bei den Gedenkaktionen an Silvio besonders wichtig? Was soll damit inhaltlich transportiert werden?
Wichtig ist für mich, daß das Gedenken lebendig ist und daß es einen Bezug zum Alltag hat. Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann wäre es, daß wir es irgendwie schaffen, den Bezug zu Mölln stärker herzustellen. Ich denke, daß das gut möglich gewesen wäre mit der Thematik »NSU«. Oder vielleicht im nächsten Jahr? Aber eine Sache möchte ich euch wirklich aus tiefstem Herzen versichern: Ich freue mich jedes Jahr, daß es die Silvio-Meier-Demonstration gibt und das wird auch solange so sein, wie ihr euch bemüht, kein langweiliges Gedenken abzufeiern, sondern heutige Antifa-Politik mit diesem Ereignis zu verbinden.
jw: In Friedrichshain wird es – hoffentlich – bald eine Silvio-Meier-Straße geben. Wie stehst du dazu?
Mir persönlich gefiel die Idee mit der Benennung der Bibliothek besser. Letztendlich kann ich natürlich auch sehr gut damit leben, daß die Bibliothek wieder ihren ursprünglichen Namen erhalten hat. Besonders hat mich die Meldung gefreut, daß die italienischen Genossinnen und Genossen aus Reggio Emilia den Platz vor dem Centro Sociale nach Silvio benannt haben. Das ist ein guter Ort für seinen Namen. Ich finde es auch einen tollen Erfolg, daß die Straßenumbenennung durchgesetzt wurde. Ich danke euch dafür.
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Presse
24.11.2012 Tagesspiegel
Gabelsbergerstraße im Friedrichshain
Warum ein Geschäftsmann gegen die Umbenennung in Silvio-Meier-Straße klagt
Frauen bevorzugt - so lautet die Regel bei Straßennamen. Für das Neonaziopfer Silvio Meier soll sie aber nicht gelten, wie schon bei der Rudi-Dutschke-Straße am Checkpoint Charlie: Die Gabelsbergerstraße im Friedrichshain soll Meiers Namen tragen. Doch jetzt klagt ein Geschäftsmann dagegen.
Friedrichshain, Gabelsbergerstraße, politisch gesehen: ziemlich links. „Nazis jagen!“ hat jemand an eine Haustür gesprüht, fast kein Laternenmast ohne Demo-Aufruf. Ein paar hundert Meter Altbaufassade, die Straße Kopfsteinpflaster, an einem Donnerstagnachmittag: zwei spielende Kinder mit Stützrädern und Sturzhelmen, „bitte nicht zwischen die Autos fahren“, ruft gerade eine Mutter, Großstadt-Idylle im Herbst.
Weiter unten verläuft die Frankfurter Allee, liegt der U-Bahnhof Samariterstraße, der Ort, an dem vor 20 Jahren der Hausbesetzer und Antifaschist Silvio Meier von Neonazis erstochen wurde. Was dazu führte, dass die Gabelsbergerstraße eigentlich vor wenigen Tagen in Silvio-Meier-Straße umbenannt werden sollte.
Dafür hatte sich eine Bürgerversammlung im April mit großer Mehrheit ausgesprochen, um den Getöteten zu ehren. Aber nachdem ein Unternehmer, der in der Straße ein Geschäft betreibt, gegen die Umbenennung Klage einreichte, muss sich nun das Verwaltungsgericht mit dem Thema beschäftigen.
„Die Umbenennung ist geschäftsschädigend“, sagt der Kläger, der lieber unerkannt bleiben möchte. Außerdem sei Meier ein „Sozialschmarotzer“ gewesen, sagt der Ladenbetreiber, der sich selbst in der politischen Mitte einordnet. Nachdem sein Einwand zurückgewiesen wurde, habe er sich mit der Umbenennung schon abgefunden.
Bis eine Person, die ebenfalls gegen die Umbenennung der Straße ist, eine Klageschrift geschickt habe, „die ich nur noch unterschreiben musste“. Selber klagen hätte der Mensch, dessen Namen der jetzige Kläger für sich behält, nicht gedurft, da er in einem anderen Bezirk wohne. Es riecht ein wenig nach Stellvertreterkrieg in der Gabelsbergerstraße; diese erinnert an einen Mitbegründer der Stenografie.
Im Viertel wird über die Umbenennung diskutiert. „Gegen Neofaschismus muss man sich immer engagieren, aber was der sonst so gemacht hat, unterstütze ich nicht“, sagt eine ältere Frau, langer Schal, bedruckt mit mehreren Friedenszeichen.
Das dürfte Hans Panhoff (Grüne), Baustadtrat in Friedrichshain-Kreuzberg und ehemals selbst Hausbesetzer, anders sehen. „Silvio Meier war nicht nur Hausbesetzer und Antifaschist, sondern auch in der Bürgerrechtsbewegung der DDR aktiv“, sagt Panhoff. Grund genug, eine Straße nach ihm zu benennen, findet der Grüne.
Panhoffs Problem könnte womöglich ein anderes sein: Nach einem Beschluss des Bezirks sollen bei Straßenumbenennungen Frauen den Vorzug vor Männern erhalten. Panhoff ist jedoch sicher, dass die Klage vor Gericht keinen Bestand haben wird. „Bei Silvio Meier haben wir eine Ausnahme gemacht, weil er für die jüngere Geschichte Friedrichshains steht“, sagt der Stadtrat. Es ist eine Ausnahme, wie sie der Bezirk 2008 auch für die Rudi-Dutschke-Straße machte.
Die Frage, nach welchen Persönlichkeiten Straßen benannt werden, ist meist auch eine Frage der politischen Kräfteverhältnisse. Das gilt auch für Steglitz, wo derzeit ebenfalls über die Umbenennung einer Straße diskutiert wird. Bis 17. Dezember sind die Anwohner der Treitschkestraße eingeladen, sich an einer von der Bezirksverordnetenversammlung beschlossenen Abstimmung zu beteiligen. Heinrich von Treitschke war Historiker. Von ihm stammt der 1879 geschriebene Satz „Die Juden sind unser Unglück“, der später zur Hetzparole der NS-Wochenzeitung „Der Stürmer“ wurde.
Neben bereits bestehenden Straßen wie in Steglitz dürften aber auch anstehende Straßenneubenennungen zu einer spannenden Frage werden. So sei im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg unter anderem an der neuen Mercedes-Benz-Zentrale am Spreeufer noch ein Straßenname zu vergeben, sagt Baustadtrat Panhoff. Die Auswahl ist breit gefächert: Zur Wahl stünden beispielsweise eine Rennfahrerin. Oder aber eine Zwangsarbeiterin, die von Mercedes Benz im Dritten Reich ausgebeutet wurde. Was indes festzustehen scheint: Es wird eine Frau.
Und in der Gabelsbergerstraße? Hier sieht man den Streit um die Umbenennung mitunter auch pragmatisch. „Das wäre schon schön, wenn die Straße nach ihm benannt wird“, sagt eine Frau, Locken unter der Mütze, Selbstgedrehte in der Hand. „Aber wenn das noch dauert, dann dauert es halt.“
Bis es so weit sei, mache sie das, was sie ohnehin gelegentlich tue: einen dicken Textmarker nehmen, zur Gabelsbergerstraße Ecke Frankfurter Allee gehen, aufs Geländer am Gehwegrand steigen und den Straßennamen ändern – in Silvio-Meier-Straße.
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Presse
23.11.2012 Neues Deutschland
Nazifreier Kiez
»Erinnern heißt kämpfen« - Bündnis bereitet sich auf Gedenken und Demonstration vor
Bundesweit wird mobilisiert für die diesjährige Demonstration anlässlich des Todestages von Silvio Meier in Berlin. Organisiert wird die Demo u.a. von der Antifaschistischen Linken Berlin (ALB). Mit einem ihrer Pressesprecher, Marko Lorenz, sprach Sarah Liebigt über Erwartungen sowie über Versuche der NPD, das Gedenken zu stören.
nd: 2011 gingen mehrere Tausend Menschen auf die Straße, wie viele Teilnehmer erwartet das Bündnis zum 20. Todestag?
Lorenz: Wir rechnen mit etwa 5000 Menschen, die sich an der Demo beteiligen. Seit Wochen läuft die bundesweite Mobilisierung, zudem haben sich bereits Genossen beispielsweise aus Polen und Tschechien angemeldet. Auch hat die Brisanz des Themas NSU nicht nachgelassen. All die immer neuen Enthüllungen um die Verstrickungen von Staat und Ämtern sind ebenfalls für viele Anlass genug, gegen Verfassungsschutzbehörden und schleppende Aufklärung zu protestieren.
Die Demo war immer groß und stark besucht, wenn es konkrete Ziele gab. Seit ein paar Jahren sind wir auf einem Level der Teilnehmerzahlen, das es früher nicht gab. Das ist ein Verdienst der Kontinuität. In Friedrichshain erinnern, in Lichtenberg kämpfen ist dabei das Motto.
nd: Die NPD will in diesem Jahr auf der Route der Silvio-Meier-Demo eine Kundgebung abhalten. Wegen solcher Aktionen gab es während vergangener Gedenkdemos immer wieder mal Schwierigkeiten. Wie optimistisch sind Sie, die Route wie geplant laufen zu können?
Die NPD plant vor dem rechten Treffpunkt in der Lückstraße 58 eine Kundgebung. Pöbeleien am Rand der Demo sind wir gewohnt, das passiert eigentlich jedes Jahr. 2007 haben sie das letzte Mal direkt auf unserer Demoroute eine Kundgebung abgehalten. Unsere Route ist seit langem angemeldet, es gibt also keinen Grund zu befürchten, dass es durch das Vorhaben der NPD Probleme gibt. Erfahrungsgemäß sind Nazis besser beraten, wenn sie sich bei der Demo nicht blicken lassen.
nd: Was ist das für ein Treffpunkt in der Lückstraße?
Das ehemalige Ladengeschäft wird nach unseren Kenntnissen sowohl für soziale als auch für politische Zwecke genutzt. Man trifft sich dort zum Feiern und zur berlin- und bundesweiten Vernetzungsarbeit. Treffen beispielsweise von Neonazis aus dem Umfeld der NPD und der Freien Kameradschaften finden dort regelmäßig statt. Seit der Eröffnung beobachten wir ein vermehrtes Aufkommen von neonazistischen Aktivitäten im Umfeld des Laden. Übergriffe, Sprühereien und Plakatier-Aktionen zum Beispiel. Über diesen und über andere rechte Treffpunkte oder WGs werden wir auf der Demo informieren.
nd: Im letzten Jahr wurde die Demonstration vorzeitig beendet, immer wieder gab es Auseinandersetzungen zwischen Demoteilnehmern und Polizei. Wir wollen Sie mit der erneuten Provokation durch die NPD umgehen?
Ganz einfach: Wir werden uns davon nicht beirren lassen. Wir werden alles daran setzen, dass die Forderung nach einem nazifreien Lichtenberg an diesem Tag Realität sein wird.
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23.11.2012 Neues Deutschland
Er würde uns den Vogel zeigen
20 Jahre nach der Ermordung des Antifaschisten Silvio Meier ist die Benennung einer Berliner Straße nach ihm umstritten.
Das Gedenken an den von Neonazis ermordeten Silvio Meier jährt sich in diesem Jahr zum 20. Mal. 1992 wurde der 27-Jährige auf einem Berliner U-Bahnhof zusammengeschlagen und durch Messerstiche schwer verletzt.
Mittwoch, der 21. November. Es liegen wieder Blumen im Zwischengeschoss des Friedrichshainer U-Bahnhofs Samariterstraße. Einzelne Blumen oder auch ganze Sträuße. Dazwischen brennen dutzende Grablichter. Eltern mit Kinderwagen sind dabei, Teenager, Senioren. Auch seine damalige Freundin Chrischi, die Silvios Sohn Felix gebar. An den beiden Aufgängen zur Straße haben mehrere Polizisten die Szenerie im Blick. Passanten schauen erstaunt ob der Menschenmenge, bleiben stehen, versuchen den Text der Gedenktafel zu entziffern, die an den gewaltsamen Tod Silvio Meiers erinnern.
Am 21. November 1992 war Silvio mit einigen Freunden unterwegs nach Mitte. Sie wollten feiern gehen. Auf dem Weg zum Bahnsteig gab es eine Auseinandersetzung mit Neonazis. Dabei riss Silvio einem der Neonazis einen Aufnäher von der Jacke. »Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein«, stand darauf. Danach ging die Gruppe zum Bahnsteig, stellte allerdings fest, dass der letzte Zug schon abgefahren war. Auf dem Rückweg wurden sie im Zwischengeschoss von den Neonazis schon erwartet. Mit gezückten Messern gingen sie auf die Gruppe los, dazu traten sie mit ihren Stiefeln auf sie ein. Silvio wurde dabei so schwer verletzt, dass er noch vor Ort starb. »Jetzt haben wir es Euch linken Schweinen gegeben«, sagten die Nazis damals.
Ein beleibter Herr mit wallendem grauen Haar tritt beim Gedenken am Mittwoch vor die Menge. Es ist Blase, ein damaliger Freund Silvios. Er erzählt in knapper Form die Vorfälle der Nacht vor 20 Jahren. In der Wendezeit hatten sie sich kennengelernt. »Die Wendezeit war schön, weil Anarchie herrschte«, sagt Blase. »Silvio hatte das gefallen, er war mit Leib und Seele Anarchist und Antifaschist.« Blase kämpft mit den Tränen. Das passiert ihm immer, wenn er über Silvio und seinen Tod spricht.
So wie Ende April, bei einer Bürgerversammlung in der Rigaer Straße. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hatte in die ehemalige Galiläakirche, das jetzige Jugend[widerstands]museum geladen. Es ging um die Frage, wie in einer offiziellen Form an Silvio Meier erinnert werden sollte. Die anwesenden Bürger votierten klar für die Umbenennung der direkt am U-Bahnhof von der Frankfurter Allee abgehenden Gabelsbergerstraße in Silvio-Meier-Straße. Blase sprach damals von einer »großen Zerrissenheit« bei dem Thema. »Er würde uns den Vogel zeigen, wenn er wüsste, dass nach ihm eine Straße benannt wird«, sagte Blase.
Diesen Montag zeigte sich, dass sich die Straßenumbenennung auf unbestimmte Zeit verschiebt. Ein Gewerbetreibender hat vor dem Verwaltungsgericht Klage erhoben. Ein Nachbar des Mannes, der nicht für ein Gespräch zur Verfügung steht, zeigte Verständnis. Nicht nur wegen des entstehenden Aufwands für Gewerbetreibende. Er äußerte der »taz« gegenüber auch Zweifel, ob Silvio Meier ein geeigneter Namenspatron sei. Nicht nur, weil Meier »in den Konflikt reingegangen« sei, sondern auch weil er Hausbesetzer und damit Straftäter gewesen sei.
2010 hatte sich die »Initiative für ein aktives Gedenken« formiert. Mit der Umbenennung soll ein Zeichen gesetzt werden. »Es geht dabei auch um eine Hegemoniefrage. Hier wird den Nazis der öffentliche Raum streitig gemacht«, sagte Damiano Valgolio von der LINKEN im Vorfeld der Bürgerversammlung. »Eine öffentliche Unterstützung des Gedenkens von unten ist uns sehr wichtig«, sagt ein Mitglied der Initiative. 2011 war Friedrichshain-Kreuzberg der Bezirk mit den meisten Naziübergriffen. Die Initiative fordert, eine vorläufige Umbenennung zu prüfen.
Dirk Moldt, Bewohner der im Dezember 1989 von Silvio Meier mitbesetzten »Villa Felix« in der Friedrichshainer Schreinerstraße und auch damals ein Freund von ihm, beklagt seit einiger Zeit eine Reduzierung Meiers auf den linken Hausbesetzer. »Es ist eine sehr einseitige Darstellung, man muss die Biografie mitbeachten. Silvio Meier war einfach nicht nur der linke Antifaschist.« Er stößt sich zum Beispiel an der Verwendung des Begriffs Genossen. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass das für ehemalige DDR-Oppositionelle ein rotes Tuch sein kann.
Der bereits vorliegende offizielle Erklärtext zum Straßennamen scheint nicht Stein des Anstoßes zu sein. »Silvio Meier engagierte sich in der unabhängigen DDR-Friedens-, Umwelt- und Menschenrechtsbewegung und als Hausbesetzer. Am 21. November 1992 wurde er aufgrund seines antifaschistischen Auftretens von jugendlichen Neonazis ermordet«, heißt es dort.
Der 1965 in Quedlinburg geborene Silvio Meier zog bereits in den 80er Jahren nach Ost-Berlin und engagierte sich früh in der Oppositionsbewegung. Er war Mitbegründer der bis heute in Prenzlauer Berg bestehenden »Kirche von Unten« (KvU). Auch beim konspirativ organisierten Konzert der West-Berliner Band »Element of Crime«, das am 17. Oktober 1987 in der Ost-Berliner Zionskirche stattfand, half er entscheidend. Meier erhielt traurige Berühmtheit durch einen brutalen Skinheadüberfall, bei dem die Volkspolizei tatenlos zusah. Er beteiligte sich an vielen weiteren oppositionellen Aktionen.
»Alles was ich gemacht habe in der Opposition, da wollte ich nie einen Kapitalismus haben, sondern einen freien Sozialismus und keine Staatsdoktrin«, sagte Meier im Sommer 1992 in einem Videointerview. Als Hausbesetzer seien sie ein Ziel geworden »für Leute, die zum Beispiel eine starke Führung wollten. Nazis, Faschisten oder eben Hooligans«, sagte er weiter.
»Die Zeit vor Silvios Ermordung war schon furchtbar«, erzählt Pieps, ein ehemaliger Friedrichshainer Hausbesetzer. »Schon 1991 der Naziangriff auf das Wohnheim in Hoyerswerda, dann im August 1992 Lichtenhagen, dann Silvio und schließlich Mölln. Wir dachten, jetzt geht alles unter.«
Am 21. November 1992 gab es die erste große Demo. Sie führte durch Friedrichshain und Prenzlauer Berg. Damit wurde eine Tradition begründet. Jahr für Jahr wird das Gedenken an Silvio Meier und alle anderen Naziopfer verknüpft mit dem Kampf gegen Treffpunkte der Neonazis.
Großer Durchhaltewillen musste auch bei der Gedenktafel für Silvios Ermordung im Aufgang des U-Bahnhofs Samariterstraße bewiesen werden. Vier Mal wurde die zunächst in Eigeninitiative an der Wand angebrachte Tafel gestohlen, zählt man eine provisorische Tafel dazu, sogar fünf Mal. 2007 schließlich wurde die heutige Tafel fest eingemauert. Und mindestens zwei Mal bereits geschändet. Die BVG duldet die Tafel nun zumindest offiziell.
Blase erinnert sich bei der Mahnwache an den Umgang der Polizei mit den Opfern des Naziüberfalls: »Die Frau, die dabei war, kam zum Verhör auf die Wache und wurde dann mit einem schweren Schock einfach auf die Straße gesetzt. Die saß heulend auf der Straße.«
Nicht nur unmenschlich, sondern skandalös war der Umgang von Polizei und Medien mit dem Geschehen. Der Tagesspiegel zitierte am 24. November 1992 den leitenden Mordermittler der Polizei, Vogt, mit den Worten, es gäbe keine Hinweise, dass die Täter aus dem rechten Spektrum kämen. Die Überprüfung von Lokalen, die auch als Treffpunkte Rechtsextremer gelten, seien ausschließlich erfolgt, weil sie in der Nähe des Tatorts liegen. Erst am 26. November musste die Polizei einräumen, dass es sich bei den Tätern um Rechtsradikale handelte.
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23.11.2012 Junge Welt
»Die Zahl der Aufmärsche von Rechten nimmt in Berlin zu«
Demo am Samstag erinnert an Neonazi-Opfer Silvio Meier. Verstrickung des Staates in NSU-Terror im Mittelpunkt. Ein Gespräch mit Gunnar Baum
Interview: Lothar Bassermann
Gunnar Baum ist Sprecher des Berliner Silvio-Meier-Bündnisses
jw: Sie organisieren in Berlin-Friedrichshain das traditionelle Gedenken an den vor 20 Jahren von Neonazis erstochenen Antifaschisten und Hausbesetzer Silvio Meier. Was ist geplant?
Am Samstag findet die Silvio-Meier-Gedenkdemonstration unter dem Motto »Erinnern heißt kämpfen – den antifaschistischen Selbstschutz organisieren« statt. Im Mittelpunkt stehen neben dem Gedenken vor allem der »Nationalsozialistische Untergrund« (NSU) und die Verstrickungen staatlicher Stellen in den Neonaziterror. Diesem Thema hatten sich auch zwei Veranstaltungen der Antifaschistischen Linken Berlin in den letzten Tagen gewidmet. Die Initiative »Aktives Gedenken« setzt sich weiterhin für eine Silvio-Meier-Straße in Friedrichshain ein, und am Mittwoch, dem Todestag Silvio Meiers, erinnerten mehr als 100 Menschen mit einer Mahnwache an ihn.
In den vergangenen Tagen ist auch eine Dokumentationsbroschüre der Autonomen Antifa Berlin erschienen, die die Hintergründe der Tat, Silvio Meiers politisches Leben sowie das Gedenken an ihn nachzeichnet. Sie enthält ebenso bisher nicht veröffentlichte Interviews mit einigen seiner Weggefährten.
jw: Auch die Neonaziszene soll mit Ihrer Demonstration thematisiert werden …
Hinter vielen rechten Aktivitäten stecken die Neonazis von »NWBerlin«, dem »Nationalen Widerstand Berlin«. Unsere Demonstration wird an deren Stützpunkt in der Lückstraße 58 im Bezirk Lichtenberg vorbeiziehen.
jw: Wie aktiv ist die neofaschistische Szene Berlins zur Zeit?
Zum einem nimmt die Zahl der Aufmärsche und Veranstaltungen der Neonazis zu – zum anderen haben sie ein Mobilisierungsproblem: Stets stehen ihnen deutlich mehr Gegendemonstanten gegenüber. Das zeigte sich auch am vergangenen Wochenende, als die NPD gerade einmal 15 Anhänger auf die Beine brachte, um an mehreren Orten in Berlin gegen Migranten und Flüchtlinge zu hetzen. Trotz Geheimhaltung der Polizei protestierten mehrere hundert Menschen dagegen. Dennoch sollte das nicht darüber hinwegtäuschen, daß es immer wieder zu Übergriffen, Schmierereien oder Brandanschlägen durch Neonazis kommt, sie bleiben gefährlich. Der Rückzugsraum, den sie sich im Ortsteil Schöneweide geschaffen haben, bleibt für Antifaschisten eine große Herausforderung.
jw: Wie reagieren die Neonazis auf Ihre Demonstration am Samstag?
Die NPD plant am selben Tag einen Aufmarsch gegen ein Asylbewerberheim, das im Neuköllner Ortsteil Rudow entstehen soll. Das Silvio-Meier-Bündnis ruft zur Unterstützung der Gegenaktivitäten auf.
jw: Viele Familien und Hinterbliebene der Mordopfer des NSU beklagten, daß sie bei der Planung der staatlich inszenierten Gedenkveranstaltungen ebensowenig einbezogen wurden wie bei der Ausgestaltung von Erinnerungsorten. Wodurch zeichnet sich eine nichtstaatliche Gedenkpolitik aus, wie sie antifaschistische Gruppen nunmehr seit 20 Jahren praktizieren, um den Mord an Silvio Meier nicht in Vergessenheit geraten zu lassen?
Staatliche Gedenkkultur schafft es selten, mehr zu sein als bloße Imagepflege. Dabei werden die gesellschaftlichen Bedingungen, die Übergriffe und Morde von Nazis und Rassisten erst möglich machen, verschwiegen. Autonome Antifapolitik muß sich dadurch auszeichen, Rassismus, die menschenverachtende staatliche Asylpolitik oder die Verstrickungen des Staates in die Mordserie des NSU zu thematisieren. Ein anderer wichtiger Aspekt steckt schon im Motto unserer Demonstration: »Erinnern heißt kämpfen!« Es heißt also, Nazis soweit zurückzudrängen, daß den Morden an Silvio Meier und über 180 weiteren Menschen seit 1990 keine weiteren folgen können.
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Presse
23.11.2012 Junge Welt
»Er ist nicht nur ein Symbol«
Würdiges Erinnern an Opfer rechter Gewalt – vor 20 Jahren starb Silvio Meier
Die Erinnerung an den vor 20 Jahren von Neofaschisten ermordeten Berliner Silvio Meier wird durch jährliche Demonstrationen wach gehalten, die von dem linksautonomen, antifaschistischen Spektrum der Hauptstadt organisiert werden. Wie soll der Todesopfer von Neonazis und Rassisten würdig gedacht werden, war die zentrale Frage einer Podiumsdiskussion, zu der die »Helle Panke – Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin« und Antifagruppen am Dienstag abend ins Jugendwiderstandsmuseum in Berlin-Friedrichshain geladen hatten.
Patrik Laumeyer von der Antifaschistischen Linken Berlin (ALB) berichtete über die Veranstaltungen für Silvio Meier. Stets sei es darum gegangen, auch die anderen Opfer von Neonazis nicht zu vergessen und das Gedenken mit aktuellen Themen zu verbinden, diesmal mit den Verstrickungen des Staates in die rassistische Mordserie des »Nationalsozialistischen Untergrundes«. Vorwiegend junge Leute würden dadurch mobilisiert, »für viele ist es ein Einstieg in die linke Szene«, so der ALB-Sprecher. Ein Mitdiskutant aus dem Publikum, der sich als früherer Freund Silvio Meiers vorstellte, beklagte, daß sich die Organisatoren der Demo in den letzten Jahren nicht für die Schilderungen ehemaliger Weggefährten des getöteten Antifaschisten interessiert hätten. Erst vor kurzem habe sie die Autonome Antifa Berlin umfangreich für eine Broschüre befragt, in der das 20jährige Gedenken an Silvio Meier nachgezeichnet wird. »Silvio ist eine Person, die von uns genommen wurde, nicht nur Opfer und Symbol für die Bewegung«, ergänzte eine andere Teilnehmerin. Die anschließende Diskussion machte deutlich, daß viele Menschen nach wie vor durch das Schicksal Silvio Meiers bewegt werden, andere Opfer rechter Gewalt jedoch nicht über eine solche Lobby verfügen. Und so komme es doch zu einer Hierarchisierung, die eigentlich niemand wolle, so eine Mitdiskutantin.
Die Dieter-Eich-Gedenkinitative habe da ähnliche Erfahrung gemacht, erklärte Martin Sonneburg von den »North-East-Antifascists« (NEA). Dieter Eich starb im Jahr 2000 in einem Plattenbauviertel in Pankow-Buch, im äußersten Nordosten Berlins. Er wurde von Neonazis umgebracht, weil er Sozialhilfeempfänger war, so Peters. »In Buch gibt es manchmal Gedenkdemos an Eich, dann erinnern ein paar hundert Menschen an ihn, während nach Friedrichshain jedes Jahr mehrere Tausend kommen«. Eine Anteilnahme für das Schicksal von Dieter Eich gebe es auch in Buchs Bevölkerung kaum. Die Neonazis würden zu bloßen Saufkumpanen umgedeutet; manche sagten, es habe mit Eich doch »nur einen Assi« getroffen.
Ulla Jelpke, Abgeordnete der Linkspartei im Bundestag, forderte eine »würdige Gedenkpolitik und -kultur«, über die der Staat nicht die Definitionshoheit haben dürfe. In Deutschland sei es seit 1990 zu mindestens 183 neofaschistisch motivierten Morden gekommen, nur 63 davon seien offiziell anerkannt. »Das Problem liegt in den Kriterien, die die Behörden bei ihrer Zählung anwenden«, erklärte Jelpke. Sie forderte, die Statistiken von unabhängigen Initiativen mit einzubeziehen. Jelpke kritisierte zudem die staatlichen Gedenkpolitik am Beispiel der Einweihung des Mahnmals für Sinti und Roma in Berlin: Dies sei »pure Heuchelei, wenn zeitgleich gegen ›Asylantenflut‹ gehetzt und Asylbewerberheime angegriffen werden«.
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Presse
21.11.2012 Junge Welt
»Im Kiez fest verankert«
20. Todestag von Silvio Meier: Initiative in Berlin-Friedrichshain setzt sich trotz Klage weiter für Straßenumbenennung ein. Ein Gespräch mit Beate Sund
Interview: Lothar BassermannBeate Sund ist Sprecherin der »Initiative für ein aktives Gedenken« www.aktivesgedenken.de
jw: Ihre Initiative bemüht sich seit Jahren darum, daß es im Berliner Stadtteil Friedrichshain einen Ort für ein würdevolles Gedenken an den 1992 von Neonazis erstochenen Antifaschisten und Hausbesetzer Silvio Meier gibt. Wie ist es heute, an seinem 20. Todestag, darum bestellt?
Ziel unserer Initiative ist die Benennung einer Straße nach Silvio Meier bis zu seinem 20. Todestag. Dafür haben wir uns seit November 2010 eingesetzt. Nach langem Hin und Her sowie dem klaren Votum einer Bürgerveranstaltung im Frühling 2012 hat auch der Bezirk dieses Anliegen vorangetrieben. Künftig soll die Gabelsbergerstraße nach Silvio Meier benannt werden. Durch eine Klage von Gewerbetreibenden ist die Umbenennung nun leider aufgeschoben. Wir bedauern dies sehr und werden uns weiterhin für eine schnelle Umsetzung stark machen.
jw: In Berlin sind Straßenumbenennungen ja kein ungewöhnlicher Vorgang. Für eine Silvio-Meier-Straße gibt es außerdem ein breites Engagement im Kiez und eine Mehrheit in der Lokalpolitik. Wieso verläuft der Prozeß dennoch so schleppend?
Der Prozeß der Umbenennung an sich, der eigentlich erst mit besagter Bürgerversammlung begann, verlief unseres Erachtens gar nicht schleppend. Es hat halt gedauert, bis wir genug Druck aufgebaut hatten, um die Bezirksverordnetenversammlung zum Handeln zu bewegen. Ausschlaggebend war da sicher unser offener Brief. Aber auch danach waren wir noch diverse Male bei verschiedenen Ausschußsitzungen, haben mit Politikerinnen und Politikern des Bezirks gesprochen und so weiter. Nach der Veranstaltung im April 2012 ging dann alles Formale ganz schnell, ab dem Moment hat sich der Bezirk auch reingehängt. Wie lang die Klage nun eine Umbenennung hinauszögern wird, wissen wir nicht.
jw: Auf wessen Unterstützung können Sie in Friedrichshain zählen?
Im Kiez ist das Gedenken an Silvio Meier seit vielen Jahren fest verankert, entsprechend wird auch die Forderung nach einer Straßenumbenennung breit unterstützt. Beispielsweise wurden wir bei unseren Infoständen sehr häufig von Bürgerinnen und Bürgern gefragt, wie sie sich beteiligen können. Neben Einzelpersonen wird »Aktives Gedenken« von vielen Friedrichshainer Initiativen, Gewerbetreibenden und Antifagruppen unterstützt.
jw: Am Samstag werden wieder mehrere tausend Menschen bei der Gedenkdemonstration für Silvio Meier erwartet. Heute abend findet die traditionelle Mahnwache am Tatort, dem U-Bahnhof Samariterstraße, statt. In Berlin wurden seit 1990 allerdings mindestens zwölf Menschen von Neonazis und Rassisten ermordet. Warum wird ihnen nicht die gleiche Aufmerksamkeit geschenkt?
Die Erinnerung an Opfer von Neonazigewalt lebt davon, daß Menschen sie wachhalten. Im Fall von Silvio Meier haben sich schon früh antifaschistische Gruppen eingebracht und Aktionen organisiert. Dabei wurde immer auch das aktuelle Vorgehen der Rechten thematisiert. Durch diese Kontinuität und die Ausstrahlung gerade auch auf jüngere Antifaschistinnen und Antifaschisten ist das Gedenken an Silvio Meier über die Jahre hinweg wach geblieben.
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Presse
09.07.2012 Berliner Zeitung
Übergriff auf Frau aus Gambia am S-Bahnhof
Zu einem fremdenfeindlichen Übergriff kam es am Samstagmittag im S-Bahnhof Frankfurter Allee. Das Opfer, eine 24-jährige Frau aus Gambia.
Bundespolizisten leiteten Strafverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung sowie Beleidigung mit fremdenfeindlichem Hintergrund ein.
Die Täter hatten die junge Frau gegen 13:15 Uhr zunächst ohne ersichtlichen Grund am Ausgang des Bahnhofs verbal attackiert und mit fremdenfeindlichen Worten beschimpft. Kurz darauf schlug einer der beiden unbekannten Männer ihr dann plötzlich eine leere Glasflasche mit voller Wucht gegen den Bauch. Als sie nach der Attacke zum Bahnsteig flüchteten, drehte sich der zweite Täter noch einmal zu ihr um und warf eine leere Bierflasche in ihre Richtung. Getroffen wurde die 24-Jährige nicht.
Die Bundespolizei fahndet seitdem nach den Männern, die trotz sofort eingeleiteter Fahndungsmaßnahmen unerkannt flüchten konnten.
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Presse
19.06.2012
TAZ
Möllemanns Doppelgänger
Deprimierte Glatzen und ein Sommermärchen der Vollidioten
Die Beamten sind verwirrt, und zwar mehr
als zuvor. "Wollen Sie jetzt zu der Veranstaltung der Rechten oder
nicht?" Eigentlich hatten sie mich schon mehrfach abgewiesen, doch
einem der Staatsdiener ist mein Hansa-Rostock-Shirt aufgefallen, welches
ich kürzlich günstig im Internet ersteigert hatte. Wäre
ich tatsächlich ein Teilnehmer der rechten Veranstaltung, müsste
es natürlich "T-Hemd" und "Weltnetz" heißen,
schließlich sind Anglizismen in der nationalen Szene ein No-go.
Nationale Krabbelgruppe
Bin ich aber glücklicherweise nicht und dementsprechend versperren
mir die Kollegen der Berliner Sondereinheit "Politisch motivierte
Straftaten" schlussendlich doch noch den Weg, da sie meiner plötzlichen
nationalen Gesinnung nicht so recht über den Weg trauen. Und recht
haben sie. Das Häufchen Elend, welches sich in der Nähe des
Strausberger Platzes eingefunden hat, ist es dann eigentlich gar nicht
wert, über sie zu berichten, der Großteil der Anwesenden sieht
aus, als wäre ihr Stammbaum eine Trauerweide oder ein Kreis, und
das, wo sie doch so stolz auf ihre vermeintlich reinrassige Herkunft sind.
Ein später dazu stoßender Freund fragt, wie lange ich mir das
Ganze schon anschaue. "Seit knapp 15 Jahren" ist meine Antwort.
Der Chef der nationalen Krabbelgruppe Sebastian Schmidtke und Möllemanns
inoffizieller Doppelgänger Udo Voigt wechseln sich gegenseitig mit
den Reden ab, argumentatorische Geniestreiche wie "der kleine Mann
muss immer zahlen", "die da oben machen doch eh, was sie wollen"oder
"kriminelle Ausländer raus aus Deutschland" wechseln sich
im Minutentakt ab.
Über der Veranstaltung prangt ein riesiges neongelbes Schild an einem
Baugerüst: "Friseur geöffnet." ist dort zu lesen.
Der dazugehörige Pfeil zeigt auf die Ansammlung der deprimiert dreinschauenden
Glatzen, insofern hat alles seine Ordnung, die tägliche Nassrasur
ist gesichert. Inzwischen wurde von den Linken ein Soundsystem aufgebaut,
die Internationale erklingt und neben mir bemerkt jemand treffenderweise,
dass Nazis keine DJs werden können. Und zwar weil sie den Unterschied
zwischen 33 und 45 nicht kennen.
Genug der Schenkelklopferei, der DJ-Witz ist bestens dazu geeignet, eine
schlechte Überleitung einzuleiten. Schließlich soll es hier
eigentlich um ganz viel Spaß, angesagte Acts, Konfetti und wummernde
Beats gehen. Dummerweise habe ich mir selber eine Clubpause verordnet,
dementsprechend gibt es heute keine Geschichten über unfreundliche
Türsteher oder betrunkene Partygäste. Stattdessen geht es weiter
wie zuvor.
Nach dem Spiel wird logischerweise noch der ein oder andere Absacker getrunken
und auf der Kastanienallee der knappe Sieg gefeiert. Eine Gruppe Deutschlandtrikots
tragende Profipöbler nutzt die Partystimmung, um sich mit Stühlen
und Flaschen zu bewaffnen und einen Farbigen anzugreifen. Das allein wäre
schockierend genug, weit tragischer ist jedoch, dass sich einige unbeteiligte,
ebenfalls in Deutschlandtrikots gekleidete Herrschaften bemüßigt
fühlen, sich den ihnen unbekannten Vollidioten anzuschließen.
Ein Traum in Schwarz, Rot, Gold - Deutschland, dein Sommermärchen
Part 2 reloaded.
Dann doch lieber nach Friedrichshain, dort bekommt man für zehn abgebrochene
Deutschlandfähnchen immerhin ein Sternburg umsonst. Vielleicht kommt
ja noch eine nette Bekanntschaft, die ihre Fähnchen einlösen
möchte, ich würde zur Verfügung stehen.
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Presse
18.06.2012
MUT
Und jährlich grüßt das rechtsextreme
Murmeltier
Am Sonntag war in Berlin Friedrichshain nicht ausschlafen angesagt, sondern
schon um 10 Uhr bereit zu sein, um am Strausberger Platz gegen die Kundgebungen
von Pro Deutschland und der NPD zu protestieren.
Gestern war es mal wieder soweit, die Rechtspopulisten
und Rechtsextremisten haben sich in Berlin Friedrichshain zusammen eingefunden,
um ein historisches Datum für sich zu besetzen und ideologisch in
ihrem Sinne umzudeuten. Dass machen sie regelmäßig, sei es
die Bombardierung Dresdens am 13./ 14. Februar 1945, der 1. Mai oder wie
gestern, der 17. Juni 1953.
Strategie der Normalisierung
rechter Strukturen
Der 17. Juni 1953 war der Tag, an dem ein Arbeiteraufstand in der DDR
gewaltsam niedergeschlagen wurde. Jedes Jahr wird der Opfer dieses Aufstandes
gedacht, die ihr Leben verloren, weil sie gegen wirtschaftliche und politische
Missstände und für mehr Freiheit und Demokratie protestierten.
Überschattet wurde die Erinnerung durch Kundgebungen der rechtspopulistischen
Partei Pro Deutschland und der rechtsextremen NPD.
Nazis bedienen sich dieses Datums, um ihre Ideologie und ihre eigenwillige
Form der Geschichtsschreibung in die Öffentlichkeit zu transportieren.
Hier spielen sowohl die „Russische Besatzung“, als auch der
„Volksaufstand“ eine zentrale Rolle: Neonazis erkennen die
Bundesrepublik nicht als demokratischen Rechtsstaat an, sondern als „besetztes
Gebiet“, das immer noch von den vier Siegermächten des zweiten
Weltkrieges „fremdbestimmt werde“. Gemäß dieser
rechtsextremen Argumentation interpretieren sie die Demonstrationen des
17. Juni 1953 als historischen Aufstand gegen Besatzung und für Souveränität,
aus der sie bis heute ihr Handeln als gerechtfertigt sehen. Der „Volksaufstand“
aus heutiger neonazistischer Sicht bedeutet, sich aus dieser „Besatzung“
und „fremden Einflüssen“ frei zu kämpfen. In diesem
Kontext sehen Neonazis zum Bespiel auch die pogromartigen Ausschreitungen
in Rostock-Lichtenhagen im August 1992 als einen „Volksaufstand“,
bei dem sich die bürgerliche Mitte gegen die „Überfremdung
ihres Landes“ zur Wehr gesetzt hätten.
Dass die NPD die historischen Ereignisse des Jahres 1953 und andere Daten
für ihre Zwecke missbrauchen, dient ihrer Strategie der Normalisierung
rechter Strukturen. Umso wichtiger ist es dann, dieser Taktik eine klare
Absage zu erteilen, indem sich die Bürgerinnen und Bürger durch
Proteste gegen diese rechtextremen Vereinnahmungen stellen – das
ist diesen Sonntag mehr als gelungen!
Pfiffe und Sprechchöre
gegen Rechts
Ab 10 Uhr standen ein knappes Dutzend „Pro Deutsche“ am Strausberger
Platz und schwenkten ihre Deutschlandfahnen. Welche rechtspopulistischen
Äußerungen die alten Herren in Sakko mit Schlips von sich gaben,
war nicht zu hören – zu laut waren zum Glück die Pfiffe
und Sprechchöre der Gegendemonstrantinnen und Gegendemonstranten.
Aufgerufen zum Gegenprotest hatte das regionale Bündnis „Initiative
gegen Rechts Friedrichshain“ und die VVN-BdA „Zusammen handeln
gegen rassistische Hetze und soziale Ausgrenzung“. Die Aktion stand
unter dem Motto „Nazis und Rassisten stoppen – Gegen Geschichtsrevisionismus
und nationalsozialistische Hetze“. Vertreter von SPD, Bündnis
90/ Die Grünen, Die Linke und Antifa-Vereinigungen, die ebenfalls
zur Demonstration aufgerufen hatten, schlossen sich an.
Gegen 12 Uhr endete die klägliche Pro Deutschland Kundgebung und
machte Platz für die NPD, die unter dem Motto „Damals wie heute
– Freiheit muss erkämpft werden“ aufmarschierte. Knapp
vierzig Rechtsextreme, überwiegend Neonazis aus dem „Nationalen
Widerstand“, kamen zum Strausberger Platz, die schließlich
am Ende ihrer Kundgebung zehnmal so vielen Gegenprotestlern gegenüberstanden.
400 Gegendemonstranten
vs. 40 Rechte
Das rechtsextreme Gebären der NPD durch Lautsprecher konnte aufgrund
der bis zu 400 Gegendemonstranten erfolgreich gestört werden: Jedes
mal, wenn Udo Voigt und andere Rechte ansetzten etwas zu sagen, wurden
sie durch lautstarken Proteste ihrer Gegner im erheblichen Maße
dabei gehindert.
Es war erfreulich zu sehen, dass so viele unterschiedliche Menschen zusammentrafen,
um den menschenverachtenden Parolen der Rechten die Stirn zu bieten. Da
standen Antifaschistinnen und Antifaschisten neben einer älteren
Frau mit Rollator, die energisch immer wieder in ihrer Trillerpfeife blies.
Zehnmal so viele Gegendemonstranten als Nazis ist eine gute Bilanz. Auch
wenn die Nazis wegen ihrer ständigen Misserfolge bei Kundgebungen
und Demos zahlenmäßig immer häufiger herumkrebsen, ist
das jedoch kein Grund zur Entwarnung. Denn jährlich grüßt
das rechtsextreme Murmeltier, das sich historischer Ereignisse bedient,
um seine Ideologie zu verbreiten.
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Presse
18.06.2012
Neues Deutschland
Rechte Parteien nutzten historisches Datum
Protest gegen Kundgebungen in Friedrichshain
Der Ton ist freundlich, als die adrett gekleidete
Gruppe am Sonntagvormittag dem Mann im braunen Kapuzenpullover begegnet.
»Viel Spaß«, wünschen sie ihm. Die Führungsriege
der Partei »Pro Deutschland«, die ihre Kundgebung am Strausberger
Platz in Berlin-Friedrichshain anlässlich des 17. Juni gerade beendet
hatte, hegt offenbar keine Berührungsängste mit Sebastian Schmidtke,
Berliner Landesvorsitzender und Anmelder der im Anschluss folgenden NPD-Kundgebung.
Gigi von der Friedrichshainer Initiative gegen Rechts, die neben anderen
zu Protesten gegen die beiden rechten Kundgebungen aufgerufen hatte, teilt
diesen Eindruck. Die Abgrenzung von Pro Deutschland zur NPD sei ohnehin
nur ein »Lippenbekenntnis« findet sie und verweist auf »inhaltliche
Schnittmengen« in den Aufrufen der beiden Gruppierungen.
Die zeitliche und räumliche Nähe der »Pro Deutschland«-
Kundgebung zu der NPD-Veranstaltung sei »symptomatisch« für
die »politische Verortung« der Rechtspopulisten, sagt Sebastian
Wehrhahn von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus. Diese Rechtspopulisten
kämpfen nach den für sie enttäuschenden Ergebnissen der
vergangenen Abgeordnetenhauswahlen gegen die politische Bedeutungslosigkeit.
So haben sich auch nur etwa 20 überwiegend ältere Anhänger
versammelt, als der »Pro Deutschland«-Bundesvorsitzende Manfred
Rouhs die Kundgebung eröffnet. Rouhs wettert gegen bis heute bestehende
»totalitäre Strömungen« und wird dabei gefilmt.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite haben sich hinter Absperrgittern
bereits zahlreiche Gegendemonstranten eingefunden. Ihre Zahl steigt im
Laufe des Vormittags immer weiter auf schließlich etwa 350 an. Es
sind Fahnen von Antifa, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes und
DKP zu sehen, Grüne und Mitglieder der LINKEN sind vor Ort. Mit dem
Abspielen der Nationalhymne beendet »Pro Deutschland« nach
etwa eineinhalb Stunden die Versammlung.
Nur wenige Minuten später trifft der Lautsprecherwagen der NPD ein.
Am Steuer sitzt Sebastian Schmidtke, der von Beobachtern als Schnittstelle
zwischen der neofaschistischen Partei und dem militanten Kameradschaftsspektrum
benannt wird. Die übrigen Insassen des VW-Busses fallen durch ihre
einheitlich schwarze Kleidung und dunkle Sonnenbrillen auf.
Das Geschehen auf der Kundgebung nimmt unterdessen einen von vergangenen
NPD-Veranstaltungen gewohnten Gang. Drei dem Umfeld des »Nationalen
Widerstands Berlin« zuzurechnende stadtbekannte Neonazis aus Lichtenberg
beginnen damit, die großen Objektive ihrer Fotoapparate auf Gegendemonstranten
und Journalisten zu richten und diese abzulichten. Die Bilder landen hinterher
meist in sogenannten Feindeslisten auf der Internetpräsenz der Berliner
Neonaziszene. Personen auf diesen Listen wurden in der Vergangenheit immer
wieder Ziel von Angriffen.
Unter den ungefähr 30 Teilnehmern der NPD-Kundgebung befinden sich
auch zwei Neuköllner Neonazis, die nach Berichten auf linken Internetseiten
erst vor etwa einer Woche versucht hatten, einen zivilgesellschaftlichen
Stadtteilspaziergang im Bezirk Treptow-Köpenick anzugreifen. Inhaltlich
gibt es am Sonntag gewohnte Parolen. So wünscht sich NPD-Funktionär
Schmidtke einen »Volksaufstand«, bei dem die »Volksverräter«
abgestraft werden.
Die NPD nutze historische Daten und Orte bewusst, um durch das »Instrument
der Provokation« ihre »augenscheinliche politische Unwirksamkeit«
zu kompensieren, erklärt Sebastian Wehrhahn die Strategie der Neonazis
am gestrigen Tage.
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Presse
17.06.2012
Morgenpost
Gedenken an 17. Juni von NPD-Kundgebung
überschattet
In Berlin wurde die Erinnerung an die Opfer des DDR-Aufstandes durch Kundgebungen
der NPD und der Partei Pro Deutschland überschattet
Mit Kranzniederlegungen ist in Berlin am
Sonntag des niedergeschlagenen DDR-Volksaufstandes vom 17. Juni 1953 erinnert
worden. Zum 59. Jahrestag des Arbeiteraufstandes erinnerten der Regierende
Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und Bundesbildungsministerin Annette
Schavan (CDU) am Vormittag auf dem Friedhof Seestraße in Wedding
an die Opfer. Auch am Denkmal für die Opfer vor dem Bundesfinanzministerium
wollte die SPD wie in den vergangenen Jahren Rosen im Wasserbecken niederlegen.
Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) wollte am Nachmittag an einer
Gedenkveranstaltung am Reichstagsgebäude teilnehmen.
Am Sonnabend hatte er bereits an den DDR-Volksaufstand vom 17. Juni 1953
erinnert. Gemeinsam mit Opferverbänden wurden bei der Veranstaltung
vor dem Bundesfinanzministerium in Mitte Kränze sowie Rosen niedergelegt.
Auch die Direktorin des Mauermuseums am Checkpoint Charlie, Alexandra
Hildebrandt, nahm an der Feier teil.
Überschattet wurde die Erinnerung an die Opfer des Aufstandes durch
Kundgebungen der rechtsextremen NPD und der Partei Pro Deutschland am
Strausberger Platz. Dafür waren nach Polizeiangaben jeweils mehrere
Dutzend Rechte angemeldet.
Rund 400 Demonstranten haben am Sonntag in Berlin nach gegen diese Kundgebung
demonstriert. Mit Pfeifkonzerten versuchten sie am Strausberger Platz
Kundgebungen der rechtsextremen NPD und der rechtspopulistischen Bürgerbewegung
Pro Deutschland zu stören. Bis zum Mittag verliefen die Veranstaltungen
friedlich.
Aufgerufen hatte eine Kampagne "Zusammen handeln gegen rassistische
Hetze und soziale Ausgrenzung". Die Aktion stand unter dem Motto
"Nazis und Rassisten stoppen – Gegen Geschichtsrevisionismus
und nationalsozialistische Hetze". Vertreter von SPD, Linken und
Antifa-Vereinigungen, die ebenfalls zur Demonstration aufgerufen hatten,
schlossen sich an.
Zu der NPD-Kundgebung hatten sich laut Polizei rund 30 Anhänger versammelt,
bei Pro Deutschland etwa ein Dutzend. Angemeldet waren ursprünglich
insgesamt 100 Teilnehmer. Die Polizei war mit 400 Beamten im Einsatz,
um ein direktes Aufeinandertreffen von rechten und linken Demonstranten
zu verhindern.
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Presse
16.06.2012
TAZ
Absurde Geschichten
Die NPD und Pro Deutschland planen für Sonntag Kundgebungen in Friedrichshain.
Dagegen regt sich von vielen Seiten Protest.
Sie probieren es noch mal: Wie im vergangenen
Jahr wollen Rechte auch an diesem 17. Juni in Friedrichshain aufziehen.
Dagegen formiert sich Protest.
Den Auftakt am Sonntag machen die Rechtspopulisten von „Pro Deutschland“.
Sie wollen sich ab 10 Uhr zu einer Kundgebung auf dem Strausberger Platz
treffen. Bei der Polizei sind eher unwahrscheinliche 200 Teilnehmer angemeldet.
Die Minipartei, die bei der Wahl im Herbst 1,2 Prozent holte, brachte
bei Kundgebungen zuletzt nur rund ein Dutzend Leute auf.
Wenig später, um 12 Uhr, will auch die NPD am Strausberger Platz
aufkreuzen. „Freiheit muss erkämpft werden“, so ihr Motto.
Die Neonazipartei rechnet mit 50 Teilnehmern. Sie hatte sich erst vor
einer Woche unter eine Demonstration von Gegnern der Eurorettungsschirme
vor dem Bundestag gemischt.
Neonazigegner wollen ab 10 Uhr, ebenfalls auf dem Platz, gegen beide Kundgebungen
protestieren. Die Friedrichshainer Initiative gegen Rechts ruft zu „kreativen
und ungeordneten Gegenprotesten“ auf. „Immer wieder versuchen
Neonazis, historische Ereignisse umzudeuten“, sagte ein Sprecher.
„Wir werden ihnen den Platz entschieden streitig machen.“
Auch SPD, Grüne und Linkspartei rufen zum Gegenprotest.
Umzingelt von Protestlern
Schon vor einem Jahr zogen Pro Deutschland und NPD am 17. Juni auf, dem
Tag des Arbeiteraufstands in der DDR von 1953. Beide Parteien brachten
nur kleine Kundgebungen zustande – umzingelt von Protestlern. Der
neue SPD-Landeschef Jan Stöß sagte, die Streikenden hätte
sich damals für demokratische Rechte eingesetzt, das Gedenken daran
lasse man sich nicht nehmen.
Für die beiden rechten Parteien sind die erneuten Kundgebungen auch
Hilferufe: Pro Deutschland droht in der Versenkung zu verschwinden. Bei
der NPD durchsuchte die Polizei im Mai und März die Parteizentrale
undie Wohnungen ihres Landeschefs Sebastian Schmidtke und eines Vorstandsmitglieds.
Ihnen wird vorgeworfen, eine rechtsextreme Internetseite zu betreiben,
dort zu Straftaten aufgerufen und volksverhetzende CDs verteilt zu haben.
Laut Staatsanwaltschaft dauern die Ermittlungen an. Konrad Litschko
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Presse
15.06.2012
Die Welt
NPD am 17. Juni keinen Raum überlassen
Die Berliner SPD hat zur Kundgebung gegen
Aktionen der rechtsextremen NPD und der rechtspopulistischen Partei Pro
Deutschland an diesem Sonntag aufgerufen. Die NPD versuche mit ihrer Demonstration
am 17. Juni an historische Daten anzuknüpfen und diese nationalistisch
für sich zu besetzen, erklärten Partei und Fraktion der SPD
sowie die Jusos am Freitag. Am Sonntag jährt sich zum 59. Mal der
Jahrestag des Arbeiteraufstandes in der DDR. Das Gedenken an den «mutigen
Kampf» der Arbeiter für demokratische Rechte «lassen
wir uns nicht nehmen», teilten die Sozialdemokraten mit.
«Die tatsächlichen Geschehnisse spielen dabei keine Rolle.
Es geht der NPD nur darum, ihre nationalsozialistische Hetze auf die Straße
zu tragen und über historische Ereignisse Sympathisantinnen zu gewinnen»,
kritisierten SPD-Chef Jan Stöß und SPD-Fraktionschef Raed Saleh.
Die SPD wolle den Rechtsextremisten mit ihren menschenverachtenden Botschaften
gegen Ausländer, Juden und Homosexuelle keinen Raum überlassen,
hieß es. «Wir müssen dagegen ein Zeichen für eine
solidarische und demokratische Gesellschaft setzen!», hieß
es in dem Aufruf zur Kundgebung am Strausberger Platz.
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Presse
25.02.2012
BZ
Hunderte protestieren gegen Thor-Steinar-Laden
Mehrere hundert Demonstranten haben in Berlin
gegen einen Laden protestiert, der Bekleidung der bei Rechtsextremen beliebten
Marke Thor Steinar verkauft. Laut Polizeiangaben kamen rund 200 Menschen
am Samstag nach Friedrichshain.
Sie zogen von der Warschauer Straße bis zum Frankfurter Tor, wo
die Demonstration vorzeitig beendet wurde. Die Veranstaltung der Initiative
gegen Rechts verlief laut Polizei friedlich.
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08.12.2011 tagesspiegel
"Jeton" wechselt den Besitzer
Vom Neonazi-Treffpunkt zum Multi-Kulti-Club
Das nach einer rechten Bluttat umstrittene "Jeton" in der Frankfurter Allee ist zu – nun eröffnen türkische Betreiber einen neuen Club.
Es ist noch nicht lange her, da haben sich in der Frankfurter Allee 98 am Wochenende vor allem Männer mit kurzen Haaren und rauen Sitten getroffen. In der dortigen Disko „Jeton“ tranken in trauter Eintracht neben feieraffinen Jugendlichen, auch stramme Hooligans und rassistische Schläger zu günstigen Preisen zahlreiche Biere und den einen oder anderen Schnaps. Nun dürfte sich in dem Friedrichshainer Kiez einiges ändern.
Das Jeton ist geschlossen, die neuen Eigentümer des Hauses haben den einstigen Betreiber, Ronny Berkhahn, abgefunden und die Räume an drei Berliner Türken vermietet, alle erfahrene Gastronomen. Der Laden wird generalüberholt, Tischler, Elektriker, Raumgestalter werkelten im Akkord: An diesem Sonnabend eröffnen die drei Neuen den „Triplex Club“, ab 22 Uhr geht es los.
„Es gibt für den Abend schon 600 Reservierungen“, sagt Mehmet Yilmaz, einer der neuen Betreiber. Mehr Leute passen auch kaum in den 700-Quadratmeter-Club. Auf drei Etagen wolle man eine gehobene Atmosphäre bieten. „Multi- Kulti, gute Drinks, aber auch lateinamerikanische Musik“, erklärt Yilmaz. Zwischen 10 und 15 Euro wird der Eintritt künftig kosten, kündigt er an. Dafür soll einiges geboten werden. Das Triplex verstehe sich als Bar, Lounge und Club. In der ersten Etage werden DJs die Tanzfläche beschallen, im zweiten Stock soll eine Lounge etwa für Afterwork-Partys entstehen, in der dritten Etage ist Live-Musik geplant. Kurz vor der Eröffnung kommt noch ein Kamerateam eines türkischen Privatsenders und dreht eine Episode einer beliebten Modeshow in den Räumen. In den kommenden Monaten soll das Triplex zunächst freitags und sonnabends offen haben.
Die neuen Betreiber mit ihrem Club einiges verändern. Bisher ist der Kiez eher durch Kneipen geprägt, gern mit Dartscheibe und Wodka-Rabatten. Als Disko gab es hier zuletzt vor allem das Jeton, dessen Einzugsgebiet der Berliner Osten war. Um im Triplex die Nacht zu verbringen, könnten sich bald auch Gäste vom anderen Ende der Stadt auf den Weg machen, schließlich bieten nur wenige Clubs in Berlin lateinamerikanische Klänge. Für Tango und Salsa fuhren viele bislang nach Schöneberg.
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Presse
21.11.2011 TAZ
"Hier hätten 100.000 sein müssen"
Über 3.000 Linke versammeln sich am Samstag zur jährlichen Silvio-Meier-Demo.
Es ist die erste große Demo nach der Mordserie der Thüringer
Neonazis.von Konrad Litschko
Utz Eckenfelder hat sich ein Schild umgebunden.
"Empörung. Der Staat mordet mit." Empörung, sagt Eckenfelder,
sei seine erste Reaktion gewesen, als er von der jahrelangen Mordserie
dreier Thüringer Neonazis erfahren habe. "Dass so etwas in diesem
Staat passieren kann! Dass da 13 Jahre lang Rechte untertauchen und morden
- und keiner weiß was davon." Eckenfelder schüttelt den
Kopf, immer wieder. "Das kann nicht sein."
Der 68-Jährige mit dem weißen Schnauzer und der Lederkappe
schiebt sein Fahrrad inmitten all der Schwarzgekleideten. Er sei auf die
Demo der Antifa gekommen, weil sonst gerade keiner was mache, sagt Eckenfelder.
"Ich kann doch nach sowas nicht allein zu Hause sitzen."
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Es gibt nicht viele wie Eckenfelder am Samstagnachmittag auf dem Silvio-Meier-Protestzug.
Die Antifa-Szene bleibt weitgehend unter sich. Rund 3.000 sind gekommen,
laut Veranstalter gar bis zu 5.000, um wie jedes Jahr dem vor 19 Jahren
von Neonazis ermordeten Hausbesetzer zu gedenken - und diesmal auch den
neun migrantischen Opfern der Thüringer Rechtsterroristen. Der Zug
führt von Friedrichshain nach Lichtenberg, zu einem rechten Treffort
in der Lückstraße, und wieder zurück.
Gleich hinter dem Fronttransparent tragen Teilnehmer die Bilder der neun
Ermordeten. "Mit Unterstützung des Verfassungsschutz?",
steht fragend auf den Schildern. Für eine Rednerin zeigt die Mordserie
erneut, dass der Staat "kein Verbündeter" im Kampf gegen
Neonazis sei. Die linke Szene werde aufwändig ausgeforscht, beispielsweise
nach den Anti-Nazi-Blockaden in Dresden. Militante Rechte würden
dagegen über V-Männer mit Staatsgeldern aufgebaut. "Wir
müssen die antifaschistische Organisierung intensivieren!",
schallt es aus dem Lautsprecherwagen. Sonst bleibt's bei den üblichen
Ritualen: viel schwarzer Block, rotes Leuchtfeuer auf dem Dach neben dem
geräumten einstigen Hausprojekt Liebig14, "Alerta"-Sprechchöre,
vereinzelte Steinwürfe auf Polizeiautos.
Die Morde hätten schon einen "gewissen Schock" in der Szene
hinterlassen, sagt Markus, seit den Neunzigern bei der Friedrichshainer
Antifa aktiv. Dass Neonazis aber vor Gewalt nicht zurückschrecken,
sei keine neue Erkenntnis, betont der kurzhaarige Anfangdreißiger,
der es bei seinem Vornamen belässt. "Das ergibt sich schon aus
ihrem menschenfeindlichen Weltbild." Markus verweist auf zahlreiche
Brandanschläge auf linke Häuser in den vergangenen Jahren, auf
die 150 Mordopfer von Rechtsextremen seit 1990. "Darauf haben wir
immer hingewiesen. Aber irgendwann wirst du als ewiger Mahner abgestempelt."
Weiter hinten in der Demo haben drei junge Frauen die Namen der Mordopfer
auf ein weißes Transparent geschrieben und daneben: "Keine
Schweigeminute, ein lebenslanger Antifa-Widerstand". Die migrantische
Community sei mit der Mordserie allein gelassen worden, kritisieren sie.
"Was wir jetzt brauchen, ist eine Diskussion über Rassismus
in der Gesellschaft, nicht nur über eine Terrorgruppe." Ein
30-Jähriger mit Kapuzenjacke wirft ein, zuerst mal müsse der
Thüringer Verfassungsschutz "entnazifiziert" werden.
Auch Kemal Salis schimpft. "Ich dachte immer, der Staat schützt
seine Bürger. Aber er hat versagt, komplett. Das hätte ich nicht
für möglich gehalten." Dass Neonazis morden hingegen schon.
Für den 50-jährigen Gastronom aus Kreuzberg ist es ist nicht
die erste Demo gegen rechts. Was ihn besonders ärgert: "Dieses
Gerede von ,Döner-Morden'. Es geht hier um Menschen!"
"Verfassungsschutz-Verbot jetzt", fordert ein hellblaues Transparent.
So weit würde er nicht gehen, sagt Dirk Behrendt, Grüne Parlamentarier
aus Kreuzberg, der weiter hinten mitläuft. "Aber ob wir wirklich
16 Landesämter für Verfassungsschutz brauchen, sollte man diskutieren."
Offenbar sei bei der Behörde ja "einiges schief gelaufen".
Dies gelte es jetzt aufzuklären, fordert Behrendt. "Und zwar
vollständig."
Als die Demo nach drei Stunden am Boxhagener Platz endet, ist Utz Eckenfelder
immer noch dabei. Er hätte sich mehr Demonstranten gewünscht,
mehr Bürgerliche, sagt er. Es könne doch nicht sein, dass nach
den ungeheuerlichen Morden nichts passiere. "Eigentlich hätten
hier heute doch 100.000 Leute sein müssen."
Bei der Demo sind fünf Polizisten leicht
verletzt worden. Wie die Polizei am Sonntag mitteilte, wurde zudem unter
anderem ein Auto zerstört, in dem sich eine Mutter mit ihrem Kleinkind
befand. Beide blieben unverletzt. Ein 30-Jähriger erlitt an der S-Bahnbrücke
in der Karlshorster Straße eine Platzwunde am Kopf, als er von einer
Flasche getroffen wurde.
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Presse
21.11.2011 Neues Deutschland
Demo erinnerte an Silvio Meier
In ersten Reihen Fotos der neun ermordeten Händler / Aufzug vorzeitig
beendet
An der jährlichen Silvio-Meier- Gedenkdemo
nahmen am Samstag wieder mehrere Tausend linke Aktivisten sowie Anwohner
teil. Die Demonstration startete um kurz nach 16 Uhr am U-Bahnhof Samariterstraße
und zog von dort nach Lichtenberg und wieder zurück nach Friedrichshain.
Aufgerufen hatte wie in den letzen Jahren ein Bündnis aus antifaschistischen
Gruppen. Neben dem Gedenken an Silvio Meier stand dieses Mal ein in der
Lichtenberger Lückstraße eröffneter Neonazistützpunkt,
die wachsende Repression gegen antifaschistische Aktivisten und die steigenden
Mieten in der Stadt im Mittelpunkt.
Meier war in der Ostberliner Hausbesetzerszene aktiv und am 21. November
1992 aus einer Gruppe von Neonazis heraus im U-Bahnhof Samariterstraße
erstochen worden. Eine Gedenktafel erinnert dort an seinen Tod. Sie wurde
in der Vergangenheit immer wieder beschädigt.
Unter Sprechchören zog der Aufzug in Richtung Lichtenberg, der als
Hochburg der Neonazis gilt. Entlang des Weges entrollten Vermummte von
Dächern Transparente. In der Demo zündeten Teilnehmer bengalische
Fackeln. In Redebeiträgen bezogen sich die Organisatoren auf die
von der Thüringer Neonazi-Terrorzelle verübte Mordserie an migrantischen
Gewerbetreibenden und kritisierten die undurchsichtige Rolle des Verfassungsschutzes.
In den ersten Reihen wurden Schilder mit Fotos und Namen der neun Getöteten
gezeigt. Die Polizei hielt sich vorerst im Hintergrund.
Dies änderte sich, als der Zug Lichtenberg erreichte. Zwei Reihen
von behelmten Beamten umschlossen die Demonstranten von beiden Seiten.
Als diese die Lückstraße erreichten, waren dort Scheinwerfer
und eine Hundestaffel postiert. In einem stark abgeschirmten ehemaligen
Gardinengeschäft in der Hausnummer 58 haben sich unter dem Schein
eines gemeinnützigen Vereins Neonazis eingemietet. Seitdem kommt
es hier immer wieder zu Übergriffen auf alternative Jugendliche.
Die im Vorfeld befürchteten Angriffe von Neonazis blieben aus. Lediglich
von einem Balkon in der Emanuelstraße filmten drei Vermummte.
Am Wismarplatz wurde die Demo gegen 18.30 Uhr von den Veranstaltern vorzeitig
aufgelöst. Damit habe man Polizeiübergriffe vermeiden wollen,
hieß es. Wie die Polizei mitteilte, wurden fünf Beamte leicht
verletzt. Sie seien mit Flaschen, Steinen und Farbbeuteln beworfen worden.
Die Frontscheibe eines Autos wurde zerstört, in dem sich eine Mutter
mit ihrem Kleinkind befand. Beide blieben unverletzt. Ein Mann erlitt
an der S-Bahnbrücke Karlshorster Straße eine Platzwunde am
Kopf, als er von einer Flasche getroffen wurde.
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Presse
20.11.2011 Morgenpost
Demo gegen Rechts – Gedenken an Silvio
Meier
Rund 2600 Menschen haben mit einer Demonstration
in Berlin-Friedrichshain an den vor 19 Jahren getöteten Hausbesetzer
Silvio Meier erinnert. Die Veranstaltung verlief friedlich. 600 Beamte
waren im Einsatz.
Rund 2600 Menschen haben am Samstag in Berlin gegen Rechtsextremismus
demonstriert. Sie erinnerten an den vor 19 Jahren ermordeten Hausbesetzer
Silvio Meier. Er war im U-Bahnhof Samariterstraße von einem Neonazi
erstochen worden. Von dort startete auch der Gedenkmarsch quer durch Friedrichshain
in Richtung Lichtenberg. Unter den Demonstranten waren zahlreiche linke
Gruppen. Nach Ende der Veranstaltung kam es zu kleineren Rangeleien zwischen
Demonstranten und Polizei.
Vereinzelte Randalierer hätten Steine und Flaschen gegen Autos geworfen,
sagte ein Polizeisprecher. Eine Person sei festgenommen, von einigen Demonstranten
seien die Personalien aufgenommen worden. Ein Polizeibeamter habe sich
leicht verletzt. Rund 600 Polizisten waren im Einsatz.
Auf Transparenten der Demonstranten war zu lesen „Occupy - Nazifrei“
und „Verfassungsverbot jetzt!“. Zu Beginn der Veranstaltung
mit zunächst rund 800 Teilnehmern wurden auch Fotos von Mordopfern
der Neonazis hochgehalten.
Während des Protestes kam es immer wieder zu kleineren Zwischenfällen.
An der Ecke Liebigstraße Rigaer Straße wurden aus dem Demonstrationszug
heraus Feuerwerkskörper gezündet, auf den Häuserdächern
brannten Fackeln. Die Polizei schritt allerdings nicht ein. Die Demonstranten
zogen auch durch den Weitlingkiez, der als rechte Hochburg gilt.
Bei der Ankunft in Lichtenberg wurde skandiert „Lichtenberg wir
sind da – autonome Antifa.“ Der Protestzug führte auch
an einem Neonazi-Treffpunkt vorbei, der von der Polizei abgeschirmt wurde.
Dort waren erneut Sprechchöre zu hören. An vielen Fenstern in
Lichtenberg gingen die Rollläden runter, als die Demonstranten vorbeizogen.
Offiziell beendet wurde die Protestaktion gegen 18.30 Uhr am Wismar Platz
in Friedrichshain.
In Jena in Thüringen hatten bereits am Freitagabend mehrere hundert
Menschen der Opfer rechter Gewalt erinnert. Drei Neonazis aus der Stadt
sollen für eine beispiellose Mordserie verantwortlich sein.
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Presse
20.11.2011 Radioformula
Participan alemanes en marchas a favor y
contra de extrema derecha
Unas mil 300 personas se dieron en cita
en Berlín para manifestarse contra el extremismo de derecha, en
recuerdo del joven de 19 años Silvio Meier, asesinado por un neonazi
en el metro de Berlín.
Miles de personas se manifestaron este fin de semana a favor y en contra
de la extrema derecha en Alemania, mientras continúan las investigaciones
y el escándalo desatado en torno a los asesinatos que cometieron
tres neonazis.
Unas mil 300 personas se dieron en cita en Berlín para manifestarse
contra el extremismo de derecha, en recuerdo del joven de 19 años
Silvio Meier, asesinado por un neonazi en el metro de Berlín.
Desde allí partió una marcha hacia la zona de Friedrichshain,
a la que se unieron numerosos grupos de izquierda portando pancartas en
las que se leía "Ocupación-libre de nazis" o "¡Prohibición
constitucional ahora!", en referencia al proyecto retomado de prohibir
el partido NPD de extrema derecha.
Los manifestantes también llevaban fotografía de víctimas
de asesinatos neonazis.
En la localidad de Remagen, en Renania Palatinado, los manifestantes fueron
del otro signo: unos 650 policías acompañaron una marcha
ante un monumento en recuerdo de un antiguo campo estadunidense donde
se mantuvo detenidos a prisioneros de guerra alemanes, para evitar que
depositaran una corona de flores ante el mismo.
La marcha fue acompañada también por varios cientos de contramanifestantes,
que criticaron la autorización de la marcha neonazi por un tribunal
de Koblenz, aunque no se produjeron incidentes.
Para este domingo, extremistas de derecha han anunciado una manifestación
ante el monumento de otro antiguo campo de prisioneros de guerra.
Mientras tanto, Alemania continúa el escándalo en torno
al caso que lo conmovió hace una semana.
El ministro del Interior, Hans Peter Friedrich, atacó directamente
a las autoridades de seguridad por sus errores, al descubrirse que los
contactos con los asesinos eran más estrechos de lo que se pensaba.
El ministro quiere incluso que los responsables de que no se descubriera
el caso respondan por sus errores, al considerar que algunos fueron lamentables.
"No hay duda de que de una u otra forma tendrán que someterse
a vergonzosos interrogatorios. Veremos qué es lo que fue mal en
las estructuras y habrá consecuencias", señaló.
"Parece que las estructuras criminales eran mayores de lo que pensábamos
y por ello más peligrosas, por no lograr descubrirla pese a su
tamaño", señaló.
Por su parte, la canciller federal alemana, Angela Merkel, exigió
el esclarecimiento completo de los asesinatos y pidió una mejor
cooperación entre las autoridades de seguridad.
"Estos crímenes son una vergüenza para nuestro país",
dijo en su mensaje semanal, mostrando su solidaridad con los familiares
de las víctimas.
La búsqueda de quienes apoyaban al trío de asesinos avanza
a todo ritmo. "Tenemos en vista a más personas", dijo
un portavoz de la fiscalía de Karlsruhe.
Las investigaciones se amplían al entorno de la llamada célula
de Zwickau. El viernes se supo que los investigadores tienen al menos
a dos sospechosos más en el punto de mira, además de a los
principales sospechosos Beate Zschäpe y Holger G.
La fiscalía atribuye a los extremistas de Jena Beate Zschäpe,
Uwe Mundlos y Uwe Böhnhardt diez asesinatos. Las víctimas,
entre 2000 y 2007 fueron ocho alemanes de origen turco y un empresario
griego, así como una policía. Mundlos y Böhnhardt están
muertos y Zschäpe y Holger G. en prisión preventiva.
En la vivienda quemada del trío neonazi en Zwickau se halló
el sábado la segunda arma del crimen del asesinato de la policía,
según informó la fiscalía. De momento no hay nuevas
detenciones.
Pero el verdadero escándalo se debe a los contactos entre los servicios
secretos y el trío de asesinos, según nuevos datos revelados
por los semanarios "Spiegel" y "Focus".
La Unión Democristiana de Merkel y los socialdemócratas
están considerando iniciar una unidad de investigación especial
para aclarar los hechos.
Según el diario "FAZ", el mayor de derecha conservadora
y el mas prestigiado del país, los liberales FDP quieren solicitar
esa figura la próxima semana.
El Parlamento, la Presidencia y el Gobierno alemán prevén
un acto conjunto en recuerdo de las víctimas. "Estamos de
acuerdo en que debe haber un acto", dijo el presidente del Parlamento
Norbert Lammert en declaraciones al dominical "Tagesspiegel am Sonntag".
Notimex
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Presse
19.11.2011 Berliner Zeitung
Hunderte Menschen erinnern an Neonazi-Opfer
Zum Gedenken an den vor 19 Jahren von einem
Neonazi erstochenen Hausbesetzer Silvio Meier haben zu seinem Todestag
etwa 2600 Menschen in Friedrichshain demonstriert. Vereinzelt kam es zu
Auseinandersetzungen mit der Polizei.
Rund 2600 Menschen haben am Samstag in Berlin gegen Rechtsextremismus
demonstriert. Sie erinnerten an den vor 19 Jahren ermordeten Hausbesetzer
Silvio Meier. Er war im U-Bahnhof Samariterstraße von einem Neonazi
erstochen worden. Von dort startete auch der Gedenkmarsch quer durch Friedrichshain
in Richtung Lichtenberg. Unter den Demonstranten waren zahlreiche linke
Gruppen.
Nach Ende der Veranstaltung kam es zu kleineren Rangeleien zwischen Demonstranten
und Polizei. Vereinzelt wurden Flaschen und Steine auf die Beamte geworfen.
Es kam zu mehreren Personenkontrollen und einer Festnahme. Nach vorläufigen
Angaben eines Sprechers wurden zwei Polizeibeamte verletzt, konnten ihren
Dienst aber fortsetzen. Ein ebenfalls verletzter Passant musste ins Krankenhaus
gebracht werden. Rund 600 Polizisten waren im Einsatz.
Auf Transparenten der Demonstranten war zu lesen „Occupy - Nazifrei“
und „Verfassungsverbot jetzt!“. Zu Beginn der Veranstaltung
mit zunächst rund 800 Teilnehmern wurden auch Fotos von Mordopfern
der Neonazis hochgehalten.
Während des Protestes kam es immer wieder zu kleineren Zwischenfällen.
An der Ecke Liebigstraße Rigaer Straße wurden aus dem Demonstrationszug
heraus Feuerwerkskörper gezündet, auf den Häuserdächern
brannten Fackeln. Die Polizei schritt allerdings nicht ein. Die Demonstranten
zogen auch durch den Weitlingkiez, der als rechte Hochburg gilt.
Bei der Ankunft in Lichtenberg wurde skandiert „Lichtenberg wir
sind da - autonome Antifa.“ Der Protestzug führte auch an einem
Neonazi-Treffpunkt vorbei, der von der Polizei abgeschirmt wurde. Dort
waren erneut Sprechchöre zu hören. An vielen Fenstern in Lichtenberg
gingen die Rollläden runter, als die Demonstranten vorbeizogen. Offiziell
beendet wurde die Protestaktion gegen 18.30 Uhr am Wismar Platz in Friedrichshain.
In Jena in Thüringen hatten bereits am Freitagabend mehrere hundert
Menschen der Opfer rechter Gewalt erinnert. Drei Neonazis aus der Stadt
sollen für eine beispiellose Mordserie verantwortlich sein.
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Presse
19.11.2011 Tagesspiegel
Friedrichshain : 2500 Menschen erinnern
an Silvio Meier
Etwa 2500 Menschen sind am Samstag in Gedenken an Silvio Meier durch Friedrichshain
und Lichtenberg marschiert. Sie forderten die Umbenennung einer Berliner
Straße in Gedenken an den vor 19 Jahren von Rechtsextremen ermordeten
Hausbesetzer.
Auf der traditionellen „Silvio-Meier-
Demo“ haben am Sonnabend in Friedrichshain und Lichtenberg etwa
2500 Menschen gegen Neonazis demonstriert. Sie versammelten sich um 15
Uhr am U-Bahnhof Samariterstraße, in dem der junge Hausbesetzer
vor 19 Jahren von Rechtsradikalen erstochen worden war. Die Demo führte
zunächst zu dem im Februar geräumten linken Wohnprojekt „Liebig
14“, danach ging es nach Lichtenberg, um in der Lückstraße
gegen einen von Rechtsextremisten betriebenen Laden zu protestieren. Dieser
war mit mehreren Mannschaftswagen von der Polizei abgesperrt worden. An
mehreren Stellen auf der sieben Kilometer langen Demo flogen Böller
und vereinzelt auch Steine auf die 600 eingesetzten Polizisten.
Ein Polizist wurde verletzt.
Glück hatte ein Verkehrspolizist auf einem Motorrad, der von einem
Stein getroffen wurde, er blieb unverletzt. Einige Personen wurden festgenommen.
In der Liebigstraße wurde von Hausdächern ein Feuerwerk abgebrannt.
Die Demonstranten forderten, spätestens zum 20. Todestag von Silvio
Meier solle 2012 eine Berliner Straße nach ihm benannt werden.
Aufgeheizt war die Stimmung unter den Demonstranten durch die Vorfälle
der letzten Tage und Wochen. Aggressionen hatte auch der Brandanschlag
auf das linke Jugendzentrum der Falken in Neukölln vor einer Woche
geschürt.
Wie berichtet, geht die Polizei hier von einem rechtsextremistischen Hintergrund
aus, Täter wurden noch nicht ermittelt. Die linke Szene macht Neonazis
auch für den Überfall auf einen Afrikaner am Mittwoch verantwortlich.
Vier Männer hatten den Schwarzen in Treptow mit Stöcken traktiert.
Erst als der Angegriffene ein Messer hervorzog, flüchteten die Angreifer.
Das Opfer erlitt schwere Blutergüsse. Thematisiert wurden am Samstag
auf Plakaten auch die gerade aufgeklärten Morde durch die Jenaer
Nazi-Gruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU). Am
Montag, dem eigentlichen Todestag von Silvio Meier vor 19 Jahren, soll
ab 17 Uhr im U-Bahnhof Samariterstraße eine Mahnwache stattfinden.
Ha
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Presse
16.11.2011 Junge Welt
»Berlins Neonaziszene ist enorm gewalttätig«
Antifaschisten wollen an ermordeten Hausbesetzer erinnern. Rechte planen
Angriff auf Gedenkdemo.
Ein Gespräch mit Lars Laumeyer (Pressesprecher der Antifaschistischen
Linken Berlin)
Interview: Markus Bernhardt
Sie rufen für Sonnabend zur traditionellen
Gedenkdemonstration für den Antifaschisten und Hausbesetzer Silvio
Meier auf, der 1992 in Berlin von Neonazis ermordet wurde. Die Aktion
richtet sich aber auch gegen einen Neonazitreffpunkt …
Die Silvio-Meier-Demo hat immer ausgezeichnet, daß neben dem Gedenken
auch aktuelle neonazistische Bestrebungen in Berlin thematisiert wurden.
Das sind wir den mehr als 140 Menschen schuldig, die seit 1990 durch Neonazis
ermordet wurden. Nur stilles Gedenken würde aktiven Antifaschisten
wie auch Silvio Meier nicht gerecht werden. Auch ihm war es wichtig, autonom
dort aktiv gegen Neonazis zu werden, wo man ihnen begegnet.
Dieses Jahr richtet sich die Demonstration gegen den Neonazistützpunkt
in Berlin-Lichtenberg. Dieser befindet sich in der Lückstraße
58 und dient als Treff für Angehörige der »Freien Kameradschaften«
mit Mitgliedern der NPD. In dem ehemaligen Geschäft halten die Rechten
Schulungen ab, bereiten ihre menschenverachtende Propaganda vor und treffen
sich mit militanten Neonazis aus anderen Stadtteilen und Städten.
Dieser Stützpunkt muß geschlossen werden – mit allen
Mitteln und so schnell wie möglich.
Stimmt es, daß Berliner Neonazis
Übergriffe auf die Silvio-Meier-Demonstration angekündigt haben?
Die Neonazis aus dem Umfeld des »Nationalen Widerstands Berlin«
planen, den Frontblock der Demonstration mit Hochleistungslaserpointern
zu attackieren. Diese Information kolportierten die Rechten über
soziale Netzwerke – wir müssen dies deshalb ernst nehmen und
entsprechend vorbereitet sein. Gerade in der Dunkelheit kann es durch
solche Attacken zu schwersten Augenverletzungen kommen. Auch andere Angriffe
sind nicht auszuschließen. So gab es schon vor vier Jahren einen
Anschlag mit Farbbeuteln auf die Silvio-Meier-Demonstration in der Weitlingstraße.
Wie stark ist die neofaschistische Szene
in Berlin zur Zeit?
Die Neonazis sind zugleich schwach und enorm gewalttätig. Nach den
Wahlen im September hat die NPD in fast allen Bezirksverordnetenversammlungen
ihren Fraktionsstatus verloren, in Berlin-Neukölln ist sie gar nicht
mehr eingezogen. Vor den Wahlen hatten Neofaschisten mehrere linke Projekte
attackiert und zum Teil angezündet, es kam zu Sachbeschädigungen
und Gewalttaten. Während des Wahlkampfs agierten sie kaum gewalttätig,
aber danach ging es wieder los.
Die rechte Szene in Berlin ist nicht besonders groß, und glücklicherweise
mangelt es auch an politischem Geschick. Das zeigt allein der hardcorenationalistische
Wahlkampf der NPD mit der Parole »Gas geben!«. Aber es gibt
eine rechte Szene, die gewalttätig ist und ihre Infrastruktur ausbaut.
Beispiele hierfür sind der Stützpunkt in Lichtenberg oder das
Geschäft des Neonazis Sebastian Schmidtke in Schöneweide. Zudem
bestehen bei den Berliner Neofaschisten ausgezeichnete bundesweite Kontakte,
etwa nach Sachsen zum sogenannten »Freien Netz«, das im Zusammenhang
mit den Neonazimorden in den Schlagzeilen ist. Mitglieder der Gruppe waren
erst im Oktober zu Besuch bei den Faschisten, die sich in der Lückstraße
eingenistet haben.
Die »Initiative für ein aktives
Gedenken« hat in den letzten Monaten die Benennung einer Straße
nach Silvio Meier gefordert. Wie ist diesbezüglich der aktuelle Stand?
In der letzten Legislaturperiode gab es in der Bezirksverordnetenversammlung
Friedrichshain-Kreuzberg den Beschluß, einen öffentlichen Ort
im Gedenken an Silvio Meier zu benennen. Dieser Beschluß wurde von
SPD, Grünen und Linkspartei getragen. Die Umsetzung allerdings wurde
auf parlamentarischer Seite immer wieder verschoben und verschleppt.
Nun, nach den Wahlen, geht es vor allem darum zu sondieren, welche Fraktionen
ein tatsächliches Interesse an einem öffentlichen Ort haben,
der nach Silvio Meier benannt ist. Viele Einzelpersonen in der Initiative
für ein aktives Gedenken verfolgen das Ziel einer Neu- oder Umbenennung,
aber auch die Linkspartei in Friedrichshain-Kreuzberg ist hier als verläßlicher
Partner zu nennen.
Silvio-Meier-Demo: Samstag, 19.November, 15 Uhr, U-Bhf. Samariterstraße
<<<
Presse
15.11.2011 TAZ
Gefährliche Strahlen gegen Linke
Die Veranstalter der Silvio-Meier-Demo erwarten einen Neonazi-Angriff.
Angeblich wollen die Rechten mit Hochleistungslasern angreifen.von Karen
Grass
Äußerst ungemütlich könnte
sie werden, die jährliche Silvio-Meier-Gedenk-Demonstration am Samstag:
Nach Informationen der mitveranstaltenden Antifaschistischen Linken Berlin
(ALB) planen Neonazis einen Angriff mit Hochleistungslasern auf den "Frontblock"
der Demonstration. "Diese Laser sind hoch gefährlich",
sagte ALB-Pressevertreter Lars Laumeyer der taz. Wellenlänge oder
Laserklasse ist der ALB nicht bekannt. "Da die Nazis im Internet
schreiben, dass sie Demonstranten verletzen wollen, gehen wir von einer
hohen Leistungsstärke aus", sagt Laumeyer.
Auf die Schliche gekommen sind die Linken den Nazis offenbar dank eines
Aussteigers aus der rechten Szene. Um ihn zu schützen, will die ALB
den Namen des sozialen Netzwerks nicht nennen, in das sie sich eingeloggt
hat. Es soll sich um eine Domain mit Chat und Forum handeln, zu der man
nur mit einem Privataccount Zugang hat.
Mit der jährlichen Silvio-Meier-Demonstration begehen Berliner Linke
seit der Ermordung des antifaschistischen Hausbesetzers im Jahr 1992 dessen
Todestag. Sie beginnt am Samstag um 15 Uhr an der U-Bahn-Station Samariterstraße
in Friedrichshain, wo Meier von einem Neonazi erstochen wurde. Von dort
zieht sie zum Weitlingkiez in Lichtenberg, bis heute eine Hochburg der
rechten Szene.
"Hier wollen wir auf die hochaktiven Nazistrukturen in Lichtenberg
hinweisen, die im Alltag häufig unbeachtet bleiben", sagte Laumeyer.
Dort könnte es auch zur Kollision mit den Rechten kommen. Laut den
Onlinerecherchen der ALB planen "einige" Neonazis aus dem Umfeld
des Nationalen Widerstands Berlin (NW Berlin), die Demonstration im Weitlingkiez
mit "mehreren" bereits gekauften Hochleistungslasern anzugreifen
- vermutlich von Hausdächern aus.
Es wäre nicht das erste Mal, dass die ALB heimliche Planungen der
rechten Szene in Berlin aufdeckt. So habe man zum Beispiel im Mai auf
Facebook erfahren, dass eine angemeldete Nazidemo am Mehringdamm, statt,
wie vorher öffentlich angekündigt, am S-Bahnhof Schöneweide
starten würde, so Laumeyer.
Die NW-Gruppierung, die ehemalige Kameradschaften, die "Freien Kräfte"
und Leute aus dem Umfeld der NPD bündelt, wird im Berliner Verfassungsschutzbericht
2010 zweimal im Zusammenhang mit den "Autonomen Nationalisten"
genannt.
Doch die Linken kennen weder konkrete Drahtzieher noch die genaue Planung
der Rechten für Samstag - so sie denn existiert. Der Polizei und
dem Verfassungsschutz liegen bisher keine Informationen über eine
Aktion vor. Die ALB habe jedoch ein Meldersystem im Weitlingkiez geplant.
"Wir hoffen aber, dass die Nazis vorher öffentlichen Druck zu
spüren kriegen und gar nicht erst kommen", sagte Laumeyer.
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Presse
22.10.2011 Radio Corax
Gespräch über das "Bündnis
gegen Rassismus und Sozialchauvinismus"
Download bei Freie
Radios
Wer sich mit den aktuellen Geschehnissen
rund um Griechenland auseinandersetzt wird der kontroversen Diskussion
der deutschen Gesellschaft nicht entkommen. Schuld an der Misere ist nicht
das kapitalistische System, schuld sind „die Anderen“, die
„Sozialschmarotzer“ und die "Pleitegriechen" –
so lautet oftmals die Botschaft. Im Mai diesen Jahres gründete sich
deshalb in Berlin das Bündnis gegen Rassismus und Sozialchauvinismus.
Ein Gespräch mit K. von der Antifa Friedrichshain.
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Presse
24.09.2011 Berliner Zeitung
Räumungsklage gegen "Thor Steinar"-Laden
endet mit Vergleich
Der wegen Verkaufs der bei Neonazis beliebten
Kleidungsmarke "Thor Steinar" umstrittene Laden Tromsø
darf noch mehrere Jahre bleiben und ändert dafür seinen Namen.
Auf diesen Vergleich einigten sich Betreiber und Vermieter vor dem Berliner
Kammergericht. Das Berliner Landgericht hatte 2010 einer Räumungsklage
des Mieters recht gegeben. Dagegen hatte der Betreiber Berufung eingelegt.
Das Mietverhältnis für die Geschäftsräume in der Petersburger
Straße in Friedrichshain endet nun spätestens zum 31. Januar
2015. Auch verpflichtet sich der Betreiber, künftig keinen skandinavischen
Orts- oder Vornamen als Geschäftsbezeichnung zu verwenden. Tromsø
ist der Name einer nordnorwegischen Stadt. Der Betreiber verwendet für
seine Läden bevorzugt norwegische Städtenamen.
Unter dem Markennamen "Thor Steinar" wird Herren-, Damen- und
inzwischen auch Kinderbekleidung vertrieben. Die Marke verwendet bei Motiven
auf T-Shirts oder Jacken unter anderem Elemente der nordischen Mythologie.
Die Kleidung ist bei Neonazis beliebt. Auf das Geschäft waren in
der Vergangenheit mehrfach Anschläge verübt worden.
<<<
Presse
23.09.2011 Störungsmelder
Tromsö vs. Tromsö
Das Berliner Kammergericht entschied am
Donnerstag über die Räumung des Thor-Steinar-Laden „Tromsø“
in Friedrichshain. Das Mietverhältnis endet am 31.1.2015, danach
wird es keine Verlängerung geben. Der Laden muss seinen Namen ändern
und der neue Name darf keine skandinavische Stadt oder Vornamen enthalten.
Aus Protest gegen den missbrauch des Städtenamens spielt Heute eine
Band aus der Stadt Tromsø vor dem Thor Steinar-Geschäft.Der
Gerichtsentscheid ist leider sehr unbefriedigend. Der Laden darf weitere
3,5 Jahre in Friedrichshain bestehen bleiben. Auch wenn eine Verlängerungsoption,
die im Mietvertrag enthalten war, wegfällt, ist die erhoffte sofortige
Schließung ausgeblieben. Auch die Namensänderung ist nur wenig
tröstlich, schließlich ändert sich am Inhalt nichts.
Wer “Thor Steinar” und seine Hintergründe nicht kennt,
mag die Kleidung für norwegische Outdoor Kleidung halten. Genau das
ist Teil der Normalisierungsstrategie der Rechten Szene. Inzwischen gibt
es mehre Nazimarken wie beispieslweise “Erik and Sons”, die
ansprechend aussehen, anheimelnd-skandinavisch klingen und ganz nebenbei
Nazi-Ideologie und Runen-Symbolik unters Volk bringen.
Wir stellen uns jeder Form von rechtsextremen Gedankengut und seiner Verbreitung
entschieden entgegen. Die Zivilgesellschaft darf nicht nachlassen sich
gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit zu wehren
egal wo und in welchem Gewand sie auftritt. Der Protest muss weitergehen!
Das Engagement der Initiative gegen Rechts in Friedrichshain ist wichtig
und genau richtig. Heute wird ab 17 Uhr ein unplugged Konzert am Frankfurter
Tor stattfinden. Unter dem Titel „Tromsø gegen Tromsø“
spielt die Band Washington aus der norwegischen Stadt Tromsø gegen
die Verwendung des Namens ihrer Stadt von „Thor Steinar“.
Kommt zahlreich und zeigt: „Weg mit Thor Steinar!“
Vermieter können sich aber vor rechtsextremen oder in rechtsextremen
Kreisen beliebten MieterInnen schützen und sich langwierige Rechtsstreits
ersparen, indem sie eine entsprechende Klausel der Mobilen Beratung gegen
Rechtsextremismus (MBR), in ihre Mietverträge aufnehmen. Wir rufen
alle VermieterInnen auf diese Klausel in ihre Mietverträge aufzunehmen
und sich im Vorfeld über potenzielle MieterInnen zu informieren,
um rechtsextremen oder in rechtsextremen Kreisen beliebten Gewerbe keine
Räumlichkeiten in Berlin zu ermöglichen. Für Nazistrukturen
gibt es keinen Platz in Berlin. Clara Herrmann
<<<
Presse
23.09.2011 Endstation Rechts
Berliner Thor-Steinar-Laden darf bis 2015 bleiben – Proteste gehen
weiter
Der Prozess um die Räumungsklage gegen
den letzten Thor Steinar-Laden in Berlin endete vor einem Berliner Gericht
mit einem Vergleich. Zwar darf der Betreiber den Namen Tromsø nicht
länger verwenden, die Marke darf jedoch weiter vertrieben werden.
Bereits heute starten die nächsten Proteste.
Das Berufungsverfahren vor dem 12.
Zivilsenat des Kammergerichts Berlin ist mit einem Vergleich zu Ende gegangen.
Die Prozessparteien hätten sich auf die Beendigung des Mietverhältnisses
über die Geschäftsräume zum 31. Januar 2015 verständigt,
erklärte die Präsidentin des Kammergerichts in einer Pressemitteilung.
Weiterhin muss der Ladenbetreiber, die Skytec GmbH, ab November auf den
gegenwärtigen Geschäftsnamen verzichten und darf auch künftig
keinen skandinavischen Orts- oder Vornamen als Geschäftsbezeichnung
verwenden.
Als Gewinner aus dem langwierigen Rechtsstreit dürfte vor allem der
Betreiber herausgehen. So muss die Skytec GmbH lediglich den Namen des
Geschäfts ändern. Auch die Nutzung skandinavischer Namen ist
weiterhin möglich, es darf sich lediglich um keinen Orts- oder Vornamen
handeln. Den Betreibern bleiben nun über drei Jahre, um eine weitere
Lokalität in der Hauptstadt ausfindig zu machen. Die Klientel kann
weiterhin wie gewohnt in die Petersburger Straße in Friedrichshain
ziehen, um sich dort mit Thor Steinar-Klamotten einzudecken.
Markus Roth von der Antifa Friedrichshain scheint dies ähnlich zu
sehen. Gegenüber der „taz“ kritisierte er die langwierige
gerichtliche Auseinandersetzung. Ein anderer Name ändere nichts an
der Attraktivität des Ladens für eine rechte und rechtsoffene
Zielgruppe. Zugleich kündigte Roth wieder verstärkt zivilgesellschaftlichen
Widerstand an.
Dieser beginnt bereits am heutigen Freitag – nur einen Tag nach
Verkündung des Urteils. Die „Initiative gegen Rechts Friedrichshain“
lädt zu einem Konzert der Band „Washington“ am Frankfurter
Tor ein. Die Musiker, die aus der norwegischen Hafenstadt Tromsø
kommen, wollen so ihrem Protest gegen den bei Neonazis beliebten Klamottenladen
Gehör verschaffen. Die Initiative hat unterdessen bereits angekündigt,
bis zur Schließung im Jahr 2015 mit verschiedenen Aktionen über
die Hintergründe der Marke aufzuklären.
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Presse
23.09.2011 TAZ
Hauptsache nicht skandinavisch
Vergleich im "Tromsø"-Streit: Laden kann bis 2015 unter
anderem Namen weitermachen.
Mit einem Vergleich endete am Donnerstag
der juristische Streit um den "Tromsø"-Laden. Dieser
vertreibt seit März 2009 in der Petersburger Straße 94 in Friedrichshain
Kleidermarken, die vor allem in der rechten Szene beliebt sind.
Der Ladenbetreiber, die Skytec GmbH, muss die angemieteten Ladenräume
spätestens bis zum 31. Januar 2015 verlassen. Darüber hinaus
darf der Name "Tromsø" bereits ab dem 1. November 2011
nicht weiter geführt werden. Darauf verständigten sich die Prozessparteien.
Das Berufunsgverfahren vor dem Kammergericht wurde damit hinfällig.
Auch andere skandinavische Ortsnamen dürfen nicht verwendet werden.
Im Dezember 2010 hatte das Landgericht eine Kündigung des Ladens
durch die Hauseigentümer bestätigt. Dagegen hatten die Ladenbetreiber
Berufung eingeht.
Markus Roth von der Antifa Friedrichshain kritisierte gegenüber der
taz die langwierige gerichtliche Auseinandersetzung und den Ausgang des
Verfahrens. So sei die Entscheidung über die Annahme der Berufung
in den letzten Monaten mehrmals ohne Angabe von Gründen verschoben
worden. Auch ändere ein anderer Name nichts an der Attraktivität
des Ladens für eine rechte und rechtsoffene Zielgruppe. Daher sei
wieder verstärkt zivilgesellschaftlicher Widerstand angesagt, damit
der Laden verschwindet.
Der hatte sofort nach der Eröffnung des Ladens begonnen. Das Bündnis
gegen Rechts in Friedrichshain organisierte zahlreiche Demonstrationen
und Kundgebungen. Im Jahr 2009 wurde vor dem Laden ein Infocontainer errichtet,
in dem über die rechte Subkultur und ihre Codes aufgeklärt wurde.
Dabei sei das Ordnungsamt sehr kooperativ gewesen, lobte Roth. Seiner
Meinung nach nutzen die Behörden aber ihre Spielräume ungenügend
aus. "Im Bezirk Schöneweide sind Bezirksamt und Zivilgesellschaft
gemeinsam gegen einen rechten Laden vorgegangen. Das gab es in Friedrichshain
nicht."
Schon am kommenden Freitag wird der Widerstand gegen den Laden fortgesetzt.
Dann wird um 17 Uhr die Band "Washington" aus der norwegischen
Hafenstadt Tromsø am Frankfurter Tor in Friedrichshain ein Open-Air-Konzert
geben. Damit wollen die Musiker dagegen protestieren, dass der Klamottenshop
den Namen ihrer Stadt verwendet. Ob das Thema nach der gerichtlich angeordneten
Namensänderung noch Aufmerksamkeit in Norwegen hervorruft, ist fraglich.
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Presse
05.09.2011 TAZ
Bezirk lässt Meier ruhen
Friedrichshain Bibliothek wird vorerst nicht nach dem
ermordeten Silvio Meier benannt
Die Bezirkszentralbibliothek von Friedrichshain-Kreuzberg
an der Frankfurter Allee wird vorerst nicht nach dem von Neonazis ermordeten
Antifaschisten Silvio Meier benannt. Das hat der Kulturausschuss der Bezirksverordnetenversammlung
(BVV) gegen die Stimmen der Linksfraktion beschlossen. Meier, der in der
DDR-Opposition aktiv war und sich bereits gegen die aufkommende Neonazibewegung
am Ende der DDR engagierte, wurde am 21. November 1992 von einem Mitglied
der rechten Szene auf dem U-Bahnhof Samariterstraße durch einen
Messerstich getötet. Die Fraktionen von SPD, Grünen und Linke
hatten sich in der BVV darauf verständigt, eine Straße oder
ein Gebäude im Bezirk nach Meier zu benennen. Die bisher noch namenlose
Bezirkszentralbibliothek war im November 2010 eröffnet worden.
"Dieser Beschluss wurde jetzt mit der Entscheidung des Kulturausschusses
ignoriert", kritisiert Damiano Valgolio von der Linken gegenüber
der taz. SPD und Grüne erklärten, sie stünden auch weiterhin
hinter dem Beschluss. Es werde jedoch mehr Zeit für die Bürgerbeteiligung
gebraucht. Dieses Argument ist für Valgolio nicht stichhaltig. Schließlich
sei die Initiative, einen öffentlichen Ort nach Silvio Meier zu benennen,
aus der außerparlamentarischen Bewegung gekommen. Ein offener Brief
mit dieser Forderung an die BVV Kreuzberg-Friedrichshain war von zahlreichen
Stadtteil- und Antifa-Initiativen unterzeichnet worden.
"Zeichen des Gedenkens"
Auch in der kommenden Wahlperiode der BVV wird das Thema der Benennung
wieder auf der Tagesordnung stehen, betont Initiativensprecherin Claudia
Weber. Ziel sei noch immer, bis zum 20. Todestag von Silvio Meier im November
2012 mit der Namensgebung "ein öffentliches Zeichen des aktiven
antifaschistischen Gedenkens im Kiez" zu setzen. Ob die Chancen dafür
nach der Wahl besser oder schlechter sind, sei spekulativ. Wichtig sei
weiterer außerparlamentarischer Druck. Die Forderung wird auch bei
der diesjährigen Silvio-Meier-Demonstration, die alljährlich
von Antifagruppen zum Todestag organisiert wird, eine Rolle spielen. PETER
NOWAK
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Presse
25.07.2011 Neues Deutschland
Mit Flugblättern gegen rechte Schläger
Auch in »unverdächtigen« Stadtteilen wie Friedrichshain
gibt es nicht nur Sachbeschädigungen
Im Berliner Sommer häufen sich Übergriffe
von rechten Schlägern – selbst in eigentlich als »unverdächtig«
geltenden zentralen Stadtteilen wie Friedrichshain.
Berliner Passanten lasen gestern neugierig die Plakate, die am Samstagabend
an der Kreuzung von Landsberger Allee und Petersburger Straße geklebt
wurden. Am 16. Juli wurde hier eine junge Frau im Punker-Outfit von rechten
Schlägern schwer verletzt. Die Frau, die ihren Namen nicht in der
Zeitung lesen will, gibt an, kurz nach Mitternacht von fünf jungen
Männern zunächst vulgär beschimpft worden zu sein. Einer
der Männer habe ihr dann eine Flasche so fest auf den Kopf geschlagen,
dass sie zerbrach. Die Frau musste mit einer Gehirnerschütterung,
einer Jochbeinprellung und einem Haarriss am Scheitelbein behandelt werden.
Sie wandte sich gemeinsam mit Freunden an die Organisation »Reach
Out«, die Opfer rechter Gewalt betreut.
Markus Roth von der Antifa Friedrichshain setzt nun auf Zivilcourage.
Schließlich war der Ort des Übergriffs, an dem sich mehrere
S-Bahnhaltestellen, Kinos. eine Disco und ein Spätkauf befinden,
auch nach Mitternacht belebt. Eine Passantin, die mit einem Flugblatt
über den Angriff informiert wurde, erklärte, selbst schon solche
Übergriffe gesehen zu haben. Andere Passanten reagierten eher desinteressiert.
Vor allem jüngere Männer bekundeten gar Sympathien mit den Angreifern.
Zwei junge Männer, die ein Flugblatt erhielten, erklärten sogar
ganz offen mit der Naziszene zu sympathisieren.
Die Antifaaktivisten sind mit ihrer knapp 90-minütigen Aktion zufrieden.
»Damit wollten wir dem Mythos entgegentreten, dass sich die rechte
Szene in Berlin in letzter Zeit auf Sachbeschädigungen verlegt hat.
Es gibt weiterhin eine gleichbleibend hohe Zahl von rechter Angriffe auf
Personen«, betont Roth.
So habe die Antifa Friedrichshain in den Monaten Juni und Juli 2010 drei
rechte Übergriffe in und um den Volkspark Friedrichshain registriert.
Dort seien beispielsweise am 26. Juni innerhalb eines Zeitfensters von
nur zehn Minuten vier Männer unabhängig voneinander aus einer
Personengruppe angegriffen worden. Alle vier waren zuvor gefragt worden,
ob sie schwul seien. Am 12. Juni dann wurden vier Anhänger der neonazistischen
Autonomen Nationalisten beim Rufen rechter Parolen auf der Skaterbahn
im Volkspark beobachtet.
> 01.08.2011 TAZ: Antifa
registriert vermehrt rechte Überfälle
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Presse
11.07.2011 TAZ
Blockade reizt Fahnder
Der erfolgreiche Protest gegen eine Veranstaltung von Rechtspopulisten
hat juristisches Nachspiel: Gegen den Kreuzberger Bürgermeister laufen
Ermittlungen.
Anderthalb Wochen nachdem Proteste
vor dem Kreuzberger Rathaus eine Sitzung der rechtspopulistischen Partei
"Pro Deutschland" verhindert haben, laufen nun Ermittlungen
gegen den Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne). "Es
geht um Paragraph 21 des Versammlungsgesetzes", bestätigte eine
Polizeisprecherin am Sonntag. Der Paragraph stellt es unter Strafe, nicht
verbotene Versammlungen zu verhindern oder entsprechende Gewalt anzudrohen
oder auszuüben. Dafür drohen eine Geldstrafe oder bis zu drei
Jahre Haft.
Mehrere hundert Menschen hatten sich am 30. Juni an den Protesten gegen
das Treffen der Rechtspopulisten beteiligt. Diese hatten zuvor gerichtlich
durchgesetzt, dass sie in dem BVV-Saal tagen dürfen, nachdem ihnen
der Bezirk zunächst wegen Belegungsengpässen eine Absage erteilt
hatte. Zahlreiche Parteien und Organisationen hatten zu den Protesten
vor dem Rathaus aufgerufen. Bianca Klose von der Mobilen Beratung gegen
Rechtsextremismus (MBR) bezeichnete das Vorgehen später als "vorbildlich",
da Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft gut zusammengearbeitet hätten.
Die Polizei gibt derzeit keine Auskünfte dazu, was genau Schulz vorgeworfen
wird. Medienberichten zufolge geht es darum, dass Schulz keine Anweisung
zum Räumen des Zugangs zu den Räumlichkeiten gegeben hatte.
Schulz selber zeigte sich von den Ermittlungen überrascht. Er habe
bislang nur über die Presse davon erfahren, die Polizei habe ihn
nicht in Kenntnis gesetzt. "Der Sachverhalt erscheint mir nicht logisch",
sagt er.
Die Ermittlungen, die nun die Staatsanwaltschaft übernehmen soll,
wurden laut Polizei von Amts wegen eingeleitet - also nicht auf eine Anzeige
hin. Schulz zufolge ist aber das Vorgehen vor Ort mit der Einsatzleitung
der Polizei abgestimmt gewesen. "Es gab die gemeinsame Einschätzung,
dass es keinen Sinn hat, die Situation zu verschärfen", sagt
er. Man habe die Versammlung von "Pro Deutschland" nicht durchgesetzt,
weil das vor Ort zu Gewalt geführt hätte, das sei auch die Einschätzung
der Polizei gewesen.
Klose stützt diese Aussage: "Das Vorgehen ist merkwürdig,
weil die gesamte Vorbereitung und auch der gesamte Tag in Zusammenarbeit
mit der Polizei gelaufen sind." Sie hofft, dass Schulz weiterhin
offensiv mit der Sache umgehen wird. "Erst einmal muss man abwarten,
was es genau ist und juristisch gegenprüfen lassen." Wenn möglich
solle dann dagegen vorgegangen werden.
"Ich würde sagen, dass die Polizei sich geärgert hat",
vermutet Benedikt Lux, innenpolitischer Sprecher der Grünen. Ihm
ist die Situation nicht fremd: Im vergangenen Jahr wurde nach einer Sitzblockade
am 1. Mai gegen ihn ermittelt, mittlerweise sei das Verfahren eingestellt
worden. Lux kritisiert das Vorgehen bei den Ermittlungen gegen Schulz:
"Es ist misslich, wenn zuerst die Medien davon erfahren und nicht
der Betroffene selbst."
Barbara Seid von der Friedrichshain-Kreuzberger Linksfraktion war selbst
bei den Protesten vor Ort. Sie widerspricht dem Vorwurf, Schulz habe versucht,
die Versammlung zu verhindern. "Franz Schulz hat den Zugang gewährleistet,
die Türen waren offen." Es sei die Bevölkerung gewesen,
die den Zugang der Rechtspopulisten zu ihrer Sitzung durch die Proteste
blockiert habe. Die Fraktion stehe voll hinter dem Vorgehen des Bezirksbürgermeisters.
<<< Presse
02.07.2011 Morgenpost
Mann wegen Thor-Steinar-Shirt attackiert
Einem 22-Jährigen wurde in Berlin-Friedrichshain
sein T-Shirt zum Verhängnis. Weil das von der bei Rechtsradikalen
beliebten Bekleidungsmarke "Thor Steinar" stammte, bekam er
eine Bierflasche gegen den Kopf.
Weil er die bei rechtsradikalen beliebte
Bekleidungsmarke „Thor Steinar“ trug, wurde ein 22-Jähriger
am Donnerstag in Friedrichshain angegriffen. Der Mann war in der Libauer
Straße unterwegs, als zwei unbekannte Täter ihm plötzlich
mit einer Bierflasche gegen den Kopf schlugen. Durch die Wucht des Schlages
stürzte der Mann auf die Straße. Der Vater des Mannes, der
sich in einem Laden aufhielt, beobachtete den Vorfall und wollte seinem
Sohn zu Hilfe eilen. Die Täter schlugen auch ihn nieder und traten
anschließend auf den 48-Jährigen ein. Sie konnten unerkannt
fliehen. Die Polizei vermutet, dass das Sweatshirt des Opfers Grund des
Überfalls war. Die Marke „Thor Steinar“ ist bei Rechtsextremen
weit verbreitet und dient auch als Erkennungsmerkmal der Szene. Wegen
des vermuteten politischen Hintergrunds hat der Staatsschutz die Ermittlungen
übernommen.
In Berlin protestieren verschiedene Gruppen seit Jahren gegen Thor Steinar.
Dabei kommt es immer öfter zu Gewalt. Geschäfte, die die Marke
verkaufen, werden mit Steinen oder Farbbeuteln attackiert und Menschen
angegriffen. Erst in der Nacht zu Donnerstag wurde ein Sicherheitsmann
von einem Unbekannten in Friedrichshain angegriffen. Gegen zwei Uhr früh
überprüfte der Objektschützer gerade das Geschäft,
als ihm ein Radfahrer gezielt in den Rücken trat und ihn dabei verletzte.
Als der Polizist ihm noch hinterherrief und ihn aufforderte, stehenzubleiben,
beleidigte ihn der Täter und fuhr mit seinem Rad davon. Der an Arm
und Rücken verletzte Polizist musste in einem Krankenhaus ambulant
versorgt werden. Auch in diesem Fall hat der Staatsschutz des Landeskriminalamts
die Ermittlungen übernommen.
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Presse
01.07.2011 Spiegel-Online
Demonstranten blockieren "Pro Deutschland"-Veranstaltung
Die Kraftverhältnisse waren höchst ungleich verteilt:
Etwa 20 Anhänger einer rechtspopulistischen Partei wollten eine Wahlkampfveranstaltung
in Berlin besuchen - und trafen auf Hunderte Gegendemonstranten, eingeladen
vom Bezirksbürgermeister. Das Treffen des rechten Rands fiel aus.
Berlin - Großer Auflauf zu einem Treffen
von etwas mehr als einem Dutzend Personen: Mehrere hundert linke Demonstranten
haben gewaltsam eine Wahlversammlung der rechtspopulistischen Partei "Pro
Deutschland" in Berlin- Kreuzberg blockiert und verhindert. Sie versammelten
sich am frühen Abend mit der Unterstützung des Grünen-Bezirksbürgermeisters
Franz Schulz vor und im Bezirksamt in der Yorckstraße.
Insgesamt wollten nur etwa 20 Pro-Deutschland-Anhänger zu dem Treffen
- sie wurden von der Polizei abgeschirmt und kamen nicht einmal bis zum
Eingang. Die Polizei - obwohl mit 500 Mann rund um das Gebäude vertreten
- verzichtete in dem heftigen Gerangel darauf, ihnen einen Weg durch die
Menge zu bahnen. Die Sympathisanten von Pro Deutschland wurden schließlich
von der Polizei in eine Seitenstraße geleitet und fuhren von dort
zum Teil mit Taxis weg.
Die Situation drohte durchaus zu eskalieren. Die Rechtspopulisten und
die Demonstranten beschimpften und bedrohten sich gegenseitig, die Polizei
hielt die Gruppen auseinander. Zuvor hatte ein Polizeisprecher angekündigt:
"Bei schwerwiegenden Vorfällen werden wir natürlich eingreifen."
Friedliche Blockaden sollten toleriert werden.
Bereits am Nachmittag hatten Initiativen und linke Parteien im Foyer und
anderen Räumen des Bezirksamts Informationsstände aufgebaut
und Plakate befestigt. Bezirksbürgermeister Schulz hatte die linken
Gruppen in das ehemalige Rathaus eingeladen, nachdem er erfolglos versucht
hatte, die Versammlung gerichtlich zu stoppen.
Im Berlin-Wahlkampf sorgten in den letzten Wochen gewalttätige Auseinandersetzungen
zwischen Links- und Rechtsextremisten für Aufsehen. So kam es kürzlich
auf dem nahegelegenen Mehringdamm zu Schlägereien zwischen Neonazis,
linken Demonstranten und der Polizei.
Zudem wurde am vergangenen Wochenende der NPD-Landesvorsitzende Uwe Meenen
von sechs Männern überfallen und verprügelt. Zuvor waren
bereits zwei NPD-Wahlkampfhelfer und ein NPD-Bezirkspolitiker Ziel von
Angriffen .
In der Nacht zum Montag rächten sich vermutlich die Neonazis. Es
gab fünf Brandanschläge auf alternative Wohnprojekte, ein Geschäft
der linken Szene und ein Haus des SPD-nahen Jugendverbandes "Die
Falken". Dabei könnte es sich um Racheakte aus rechtsextremen
Kreisen gehandelt haben, hieß es in Sicherheitskreisen.
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Presse
01.07.2011 Morgenpost
Rechtspopulisten kapitulieren
Kreuzberger Anwohner vertreiben Pro Deutschland
Mit Sitzblockaden und einem bunten Straßenfest
haben mehrere Hundert Menschen in der Kreuzberger Yorckstraße eine
Tagung der als rechtspopulistisch eingestuften Bürgerbewegung "Pro
Deutschland" im Rathaus verhindert.
Die teils mit Spannung, teils mit Sorge erwartete Tagung der als rechtspopulistisch
eingestuften Bürgerbewegung Pro Deutschland im Kreuzberger Rathaus
hat am Donnerstag zu Protesten von mehreren Hundert Menschen geführt.
Am Ende schafften sie es, die Rechtspopulisten zum Rückzug zu bewegen.
Vor dem Rathaus an der Yorckstraße hatten sich bereits zwei Stunden
vor dem geplanten Tagungsbeginn um 19 Uhr etwa 200 Menschen versammelt.
Gemeinsam mit Vertretern zahlreicher Organisationen, Initiativen und Parteien
verschafften sie ihrem Unmut gegen die Veranstaltung lautstark Luft. Beim
Eintreffen der ersten Tagungsteilnehmer kam es zu Sitzblockaden. Die Vertreter
von Pro Deutschland wurden von den Demonstranten mit Pfiffen und „Nazis-Raus“-Rufen
empfangen.
Aufforderungen der Polizei, den Weg freizugeben, wurden ignoriert. Die
Tagungsteilnehmer zogen sich daraufhin in die Großbeerenstraße
zurück, obwohl die Polizei die Sitzblockade vor dem Rathaus zwischenzeitlich
aufgelöst hatte. Nach Angaben der Polizei nahmen sich die 14 Pro-Deutschland-Vertreter
zwei Großraum-Taxis, nachdem die Polizei eine gewaltsame Räumung
des ebenfalls blockierten Treppenhauses im Rathaus abgelehnt hatte.
Die Polizei war mit einem Großaufgebot angerückt, um gegen
befürchtete Ausschreitungen konsequent einschreiten zu können.
Die 500 Einsatzkräfte hatten sich massiv in der Yorckstraße
postiert oder standen in angrenzenden Straßen auf Abruf bereit,
hielten sich jedoch bewusst zurück. Im Vorfeld der Tagung war bei
Gegnern und Anhängern der islamfeindlichen Partei eine aggressive
Stimmung zu beobachten. So waren in linksextremen Internet-Foren gewalttätige
Gegenaktionen angekündigt worden.
Unter dem Motto „Bunt statt Braun – Friedrichshain-Kreuzberg
gegen Rassismus“ hatte Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne)
dazu aufgerufen, ein Zeichen für ein weltoffenes und tolerantes Berlin
zu setzen. Dafür war ein Treffen von Initiativen und Verbänden
im Rathaus vorbereitet worden, welches als „Marktplatz gegen Rassismus“
zeitgleich zur Pro Deutschland-Tagung stattfinden sollte. Vor und im Rathaus
waren Info-Stände von Migranten-Vereinen und konfessionellen Gruppen
aufgebaut. Auf einer Bühne gab es musikalische Darbietungen.
Bezirksbürgermeister Schulz wertete die Gegenveranstaltung als großen
Erfolg: „Pro Deutschland hat heute erfahren, dass diese Organisation
hier nicht willkommen ist.“ Der BVV-Saal im ersten Obergeschoss
war von privaten Sicherheitskräften abgeriegelt worden, die der Tagungsveranstalter
engagiert hatte. Der Bezirksverband der Linkspartei erklärte, eine
offen rassistische Partei wie Pro Deutschland habe in dem Bezirk nichts
zu suchen und kündigte kreativen Protest an. „Deutsche und
Migranten werden zusammen zeigen, dass hier für Rassismus kein Platz
ist. Die islamfeindliche Hetze von Pro Deutschland ist ein Angriff auf
alle, die hier leben“, sagte die Kreuzberger Direktkandidatin für
die Abgeordnetenhauswahl, Figen Izgin.
Auch die Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bezirk, Paula Riester,
erklärte, der Protest solle deutlich machen, dass es in Friedrichshain-Kreuzberg
keinen Platz für Rassisten und menschenverachtende Positionen gebe.
Die Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg hatten vergeblich versucht,
die Veranstaltung von Pro Deutschland im Rathaus auf juristischem Wege
zu verhindern. Das Berliner Verwaltungsgericht entschied Mitte Mai, dass
das Bezirksamt den BVV-Saal zur Verfügung stellen müsse. „Das
Bezirksamt muss eine Info-Veranstaltung von Pro Deutschland zur Vorbereitung
der Abgeordnetenhauswahl im September dulden“, sagte Verwaltungsgerichts-Sprecher
Stephan Groscurth zu dem Beschluss der Zweiten Kammer. Die Behauptung
des Amtes, keine Termine freizuhaben, habe sich nach Prüfung des
Gerichts nicht bestätigt.
Bereits Anfang März hatten etwa 500 Menschen in Zehlendorf gegen
eine Versammlung von Pro Deutschland im dortigen Rathaus friedlich protestiert.
Im Südwestbezirk war seinerzeit der Bezirksverband der Partei Die
Linke mit dem Versuch gescheitert, per Eilantrag zeitgleich Räume
im Zehlendorfer Rathaus für eine Veranstaltung zu nutzen.
Der Berliner Landesverband von Pro Deutschland hatte sich im Juni des
vergangenen Jahres gegründet. Seither waren in kurzer Folge stadtweit
Bezirksverbände von Pro Deutschland aufgestellt worden. Der jüngste
hatte sich erst am 10. Mai in Friedrichshain-Kreuzberg konstituiert.
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Presse
01.07.2011 TAZ
Bunte Ballons gegen braun
Hunderte versammeln sich vor dem Rathaus Kreuzberg, um gegen den Parteitag
der rechtspopulistischen Partei Pro Deutschland zu demonstrieren.
Bürgerprotest hat am Donnerstagnachmittag
das Rathaus Kreuzberg übernommen. Mehrere hundert Menschen versammelten
sich mit bunten Luftballons und Fahnen in der Yorckstraße. Im Foyer
drängten sie sich um Infotische von türkischer Gemeinde, DKP
und AWO. "Pro Mensch statt Pro Deutschland" stand auf einem
Schild, statt der Bezirksflagge hing ein weißes Banner am Fahnenmast
vor dem Rathaus: "Bunt statt braun, Friedrichshain-Kreuzberg gegen
Rassismus". Daneben rappten Challa und Matondo "Gegen Nazis".
Später tanzte eine ungarische Folkloretruppe.
Es war ein ganz und gar buntes Treiben von Vertretern zahlreicher Kiezvereine,
die eines einte: ein Parteitreffen von Pro Deutschland am Abend verhindern.
Die rechtspopulistische Partei hatte sich in den BVV-Saal geklagt, nachdem
der Bezirk aufgrund von Belegungsengpässen eine Absage erteilt hatte.
Anzeige
Das Wahlprogramm wolle man diskutieren, hatte Pro-Deutschland-Spitzenkandidat
Manfred Rouhs im Vorfeld angekündigt. 60 Teilnehmer würden erwartet.
In den Vormonaten tagte die islamfeindliche Partei bereits in anderen
Bezirksrathäusern - stets unter Protest.
"Wir haben keinen Bock, dass sich hier eine Partei einnistet, die
Probleme über die ethnische Schiene lösen will", sagte
Barbara, die für den Kiezklub FSV Hansa einen Stand betreibt. Birol
Ucan von der Kreuzberger Omar-Moschee kritisierte die pauschale Islamablehnung
von Pro Deutschland: "Es gibt nicht den Ausländer oder den Moslem.
Wir sind auch Teil des Kiezes." Auch Bezirksbürgermeister Frank
Schulz (Grüne) hatte früher Feierabend gemacht und sich unter
die Protestler gemischt: "Heute zeigt sich wieder die lebendige Vielfalt
des Bezirks und die verteidigen wir."
Mehr als 150 Verbände und Einzelpersonen hatten zum Gegenprotest
aufgerufen. In dem interkulturellen Bezirk sei für Rassismus, Hetze
und Nationalismus kein Platz, so ein Aufruf.
Die Polizei begleitete den Abend mit einem Großaufgebot und blieb
zunächst im Hintergrund. Als um 18.30 Uhr rund 20 Parteimitglieder
eintrafen, versperrten ihnen die Demonstranten den Zugang zum Rathaus.
"Nazis raus", skandierten die Protestierer. Die Polizei versuchte
die Rechtspopulisten durch die Menge zu schleusen - vergebens. Es kam
zu Drängeleien, der Protest blieb aber gewaltfrei. Eine dreiviertel
Stunde später gaben die "Pro Deutschland"-Anhänger
auf - sie traten in Taxis den Heimweg an. Vorm Rathaus feierten die Vereine
noch bis zum späten Abend weiter, umso ausgelassener.
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Presse
01.07.2011 Fritz-Radio-Sendung
Was wollen die von uns?
Die rechte Szene brodelt immer mehr- zumindest drängt
sich der Eindruck auf. Einer der Vorreiter in Sachen Rechtsextremismus:
Die Bürgerbewegung "Pro Deutschland". Die Mitglieder nennen
sich selber patriotisch und treten mit diesem Konzept sogar bei den diesjährigen
Berliner Wahlen an. Dass sie eigentlich Islamgegner sind, wird natürlich
geschickt verschwiegen.
Für den 30. Juni hatten die Leute von "Pro Deutschland"
unter dem Motto "Auf nach Kreuzberg!" zu einer Diskussionsveranstaltung
im Rathaus Kreuzberg eingeladen – so heißt es in der offiziellen
Version. Was eigentlich dahinter steckt, ist eine ganz andere Sache.
Und wer ist gekommen?
Vor allem all die Leute unter Euch, die was dagegen hatten, dass sich
die Anhänger der Rechtspopulisten im Multikultbezirk treffen. 300
Gegner waren es, die den Eingang des Rathauses blockierten und die 14
"Pro Deutschland"-Mitglieder mit "Nazis raus"-Rufen
begrüßten. Es kam zu Rangeleien mit der Polizei. Die bekam
selbst nach einer Stunde den Eingang nicht frei, sodass die Veranstaltung
abgebrochen werden musste. FritzReporter Philipp Boerger war dabei.
http://www.fritz.de/neues_wort/aktuell/2011/06/beitrag11343.html
<<<
Presse
30.06.2011 RBB
Erfolgreicher Protest gegen "Pro Deutschland"
Etwa 250 Demonstranten haben am Donnerstagabend im Berliner
Stadtteil Kreuzberg eine Veranstaltung der rechtspopulistischen Partei
"Pro Deutschland" verhindert. Wie ein Polizeisprecher mitteilte,
blockierten die Demonstranten den Eingang zum ehemaligen Rathaus und ließen
die Teilnehmer an der Pro Deutschland-Veranstaltung nicht hinein.
Die Polizei war mit rund 500 Beamten im Einsatz. Die Demonstranten hätten
sich teilweise "sehr massiv" der Polizei entgegengestellt, sagte
der Sprecher. Dennoch seien die Proteste weitgehend friedlich verlaufen.
Die rechte Partei hatte vor Gericht durchgesetzt, das Bezirksgebäude
nutzen zu dürfen. Der grüne Bezirksbürgermeister Schulz
hatte deshalb linke Gruppen ins Rathaus eingeladen, um die Veranstaltung
- wie er sagte - aktiv, friedlich, entschlossen und präsent zu begleiten.
Im Gebäude hatten Initiativen und linke Parteien seit dem Nachmittag
Informationsstände aufgebaut und Transparente und Plakate aufgehängt.
<<< Presse
28.06.2011 TAZ
Kreuzberg gegen "Pro Deutschland"
Rechte wollen am Donnerstag im Bezirksrathaus tagen. Dort aber laden Vereine
zu einem Fest.
Den Rechtspopulisten von "Pro Deutschland"
droht der stärkste Gegenwind, den sie bisher in Berlin erlebt haben.
Gegen ein Treffen der Partei am Donnerstagabend im Kreuzberger Bezirksrathaus
machen dutzende Vereine und politische Organisationen mobil. Sie wollen
parallel zur "Pro"-Sitzung einen "Markt gegen Rassismus"
veranstalten - ebenfalls im Rathaus.
"Ich hoffe, dass die Bürger deutlich machen, dass die Thesen
von Pro Deutschland inakzeptabel sind", sagt Franz Schulz (Grüne),
Bürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg. Die Partei lade gesellschaftliche
Diskussionen rassistisch auf und zeige einen ausgeprägten Islamhass.
Schulz hofft auf rund 1.000 Gegendemonstranten.
Im Rathausfoyer in der Yorckstraße wollen sich ab 19 Uhr unter dem
Motto "Bunt statt Braun" gut 20 Vereine mit Ständen präsentieren.
Über 150 Organisationen und Einzelpersonen haben einen Protestaufruf
unterzeichnet, etwa das Hebammenteam Kreuzberg, die Galiläa-Samariter-Gemeinde,
der RAW-Tempel, die Türkische Gemeinde.
"Pro Deutschland" hatte sich in das Rathaus eingeklagt, nachdem
der Bezirk mit Verweis auf Belegungsengpässe den Rechten abgesagt
hatte. Seit Monaten tingelt die Partei durch Bezirksrathäuser, zuletzt
vor zwei Wochen in Charlottenburg. "Pro"-Spitzenkandidat Manfred
Rouhs kritisierte die Gegenproteste als "befremdliche Verwaltungsveranstaltung".
Für die erwarteten 60 Teilnehmer werde man einen privaten Sicherheitsdienst
engagieren, da sich im Rathaus keine Polizei aufhalten dürfe. Bürgermeister
Schulz bestätigte die Anordnung, die qua Hausrecht ergangen sei.
Bei Straftaten könne und werde die Polizei aber eingreifen. Schulz
geht dagegen von einem "friedlichen Verlauf" aus.
Das islamfeindliche "Pro Deutschland" tritt im September erstmalig
zur Wahl an. Nach Parteiangaben sind für die Landes- und BVV-Listen
bereits die jeweils rund 2.500 benötigten Unterstützerunterschriften
eingeholt. Lediglich für die Direktwahlkreise fehlten noch "einige
hundert" Unterschriften, die bis Mitte Juli eingereicht werden müssen.
<<<
Presse
07.06.2011 TAZ
Gedenken an Neonazi-Opfer
Eine Straße für Silvio Meier
Eine Initiative fordert, eine Straße
in Friedrichshain nach dem ermordeten Antifa Silvio Meier zu benennen.
Möglich wäre aber auch eine "Silvio-Meier-Bücherei".
VON PETER NOWAK
In einem offenen Brief an die BVV Friedrichshain-Kreuzberg
haben sich zahlreiche Initiativen und KünstlerInnen dafür eingesetzt,
eine Straße im Bezirk nach Silvio Meier zu benennen. Der Hausbesetzer
war 1992 am U-Bahnhof Samariterstraße von einem Neonazi erstochen
worden. Zu seinem Todestag organisieren Antifagruppen jährlich die
Silvio-Meier-Demonstration, an der Tausende meist junge Antifas teilnehmen.
Aber auch andere zivilgesellschaftliche Gruppen engagieren sich seit Jahren
im Gedenken an den Getöteten, an den auch eine Tafel im U-Bahnhof
erinnert. Sie wurde in den letzten Jahren öfter zerstört und
beschmiert.
Für Canan Bayram, die für die Grünen im Abgeordnetenhaus
sitzt und ihren Wahlkreis in Friedrichshain hat, sind diese rechten Aktivitäten
ein wichtiger Grund, eine Straße nach Meier zu benennen. "Damit
würde ein Mensch geehrt, der sich schon in der DDR-Oppositionsbewegung
gegen Neonazis engagierte und für seine Zivilcourage mit dem Leben
bezahlte", meinte Bayram gegenüber der taz. Andererseits solle
ein Zeichen gegen die fortgesetzten rechten Aktivitäten im Stadtteil
gesetzt werden. Bayram berichtet von türkischen Händlern in
der Umgebung, die ihr berichten, dass Gruppen von Neonazis an ihren Läden
vorbeigelaufen sind. Nach den Recherchen des "Registers Friedrichshain",
einer Initiative, die rassistische, antisemitische und homophobe Vorfälle
dokumentiert, lag der Stadtteil mit diesen Aktivitäten im Jahr 2009
berlinweit an der Spitze.
Markus Roth von der Antifa Friedrichshain favorisiert dagegen die Benennung
der vor einigen Monaten eröffneten Bezirkszentralbibliothek an der
Frankfurter Allee nach Meier. Dabei dürfe es aber nicht bleiben:
"Eine Bibliothek könnte mit Veranstaltungen oder Ausstellungen
wichtige Arbeit im Kampf gegen rechts leisten." Laut Canan Bayram
steht für die Initiative im Vordergrund, dass der Name Silvio Meier
im Bezirk einen Ort bekomme. Das könnte mit der Bibliothek genauso
geschehen wie durch eine Straße. Die Tatsache, dass die BVV sich
bei Straßenneubenennungen auf Namen von Frauen beschränken
will, ist für Bayram kein Hinderungsgrund. "Als Juristin weiß
ich, dass es keine Regel ohne Ausnahme gibt. Im Falle eines Opfers von
Nazigewalt wäre die vertretbar."
Da sowohl Grüne als auch Linke, die zusammen eine BVV-Mehrheit stellen,
die Initiative unterstützen, könne es noch vor den Wahlen in
Berlin einen Beschluss für Silvio Meier geben. Bayram drängt
auf eine schnelle Entscheidung, die die Debatte nicht beenden würde.
Die wird erst beginnen, wenn konkrete Straßen für die Umbenennung
ins Gespräch kommen. "Wenn dadurch eine Diskussion über
ein Opfer rechter Gewalt und aktuelle Neonaziumtriebe zustande kommt,
wäre das ein großer Erfolg der Initiative", betont Bayram.
Sollte sie Erfolg haben, könnten sie Nachahmer finden. So fordert
ein Bündnis im Nordosten Berlins, eine Straße nach dem von
Rechten im Jahr 2000 in Buch ermordeten Dieter Eich zu benennen.
<<<
Presse
04.06.2011 Neues Deutschland
Integration vom Sockel holen
Auftaktveranstaltung des Bündnisses gegen Rassismus und Sozialchauvinismus
Es dauert eine Weile, bis der Festsaal gut
gefüllt ist. Doch schließlich sind trotz Feier- und Sommertag
gut 70 Menschen in den Kreuzberger Club gekommen: Zur Auftaktveranstaltung
des Bündnisses gegen Rassismus und Sozialchauvinismus (BRS) sind
die Stuhlreihen vor der Bühne voll besetzt. »Bis zur letzten
Patrone« lautete das Motto am Donnerstagabend. Damit bezieht sich
das Bündnis auf eine Rede von CSU-Politiker Horst Seehofer, der in
seiner diesjährigen Aschermittwoch-Ansprache gegen eine »Zuwanderung
in die deutschen Sozialsystem« wetterte.
Stellvertretend für das Bündnis sitzen Mitglieder von avanti
Berlin, der Antifa Friedrichshain und TOP B3rlin auf der Bühne, um
in drei Themenblöcken durch den Abend zu führen. Rassismus,
Sozialchauvinismus und Rechtspopulismus sind die drei Kernbereiche, denen
sich ein Workshoptag am vergangenen Wochenende widmete. Auch vorbereitend
für die Auftaktveranstaltung wurden dort Themenfelder und Handlungsperspektiven
diskutiert.
»Nazis kann man blockieren, Integrationsdebatten nicht.« Im
Publikum wird heftig genickt. Dieser einleitende Satz des Moderators bringt
den Abend auf den Punkt. Das Bündnis gegen Rassismus und Sozialchauvinismus
hat sich aus der Situation heraus gegründet, dass Ausgrenzung und
Rassismus längst wieder in Alltag und Politik Fuß gefasst haben.
Dazu gehört unter anderem die inflationäre Verwendung der Begriffe
Integration und MigrantIn. Es gelte, den Begriff der Integration zu delegitimieren
und vom Sockel zu holen, so das Bündnis. Gemeint ist dabei die Integration
als Forderung, sich einzubringen, egal, ob mit der vermeintlich fremden
Kultur oder mit der wirtschaftlichen Leistungskraft. Wer sich nicht oder
ungenügend einbringt, wird ausgegrenzt als unwillig, »Sozialschmarotzer«
und »Integrationsverweigerer«. Eine derartige Politik setze
jedoch ein nationalistisches, an Ökonomie und Kapitalismus orientiertes
Weltbild voraus: Integration sei das Versprechen »Bring dich ein,
und du kannst Teil unseres Deutschland werden«, so das Bündnis.
Sozialchauvinismus sei dabei kein Klassenspezifisches Problem, sondern
trete Gruppen- und Schichtenübergreifend auf: »Arm und Reich
gegen noch ärmer.«
In dieses Weltbild hinein veröffentlichen nun Politiker als »Tabubruch«
gefeierte Schriften gegen sozial schwächer gestellte und solche Menschen,
deren »Migrationshintergrund« zwei Generationen zurück
liegt. Als eigenständiger politischer Faktor habe Rechtspopulismus
zum Rechtsruck der Gesellschaft beigetragen, sagt Moritz von avanti. Parteien
wie Pro Deutschland und Die Freiheit hätten zwar als rechts außen
verortete Verbände noch mit dem Nazistigma zu kämpfen, ihre
Aktivitäten stießen jedoch kaum auf Gegenprotest. Wirkungsvolle
Gegenwehr bedarf einer inhaltlichen, theoretischen Auseinandersetzung
mit der gesellschaftlichen Entwicklung. Den Grundstein dafür hat
das Bündnis mit seiner Auftaktveranstaltung gelegt. Nun müssen
konkrete Handlungsperspektiven erarbeitet werden.
Zum BRS gehören viele Berliner Gruppen, die seit Jahren antifaschistische
oder antirassistische Arbeit machen. Zudem gehören die Linksjugend
['solid] Berlin, die Grüne Jugend Berlin sowie das Bündnis Rechtspopulismus
Stoppen zu den Akteuren im BRS.
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Presse
01.06.2011 Junge Welt
»Uns geht es um ein aktives Gedenken«
Berliner Antifaschisten fordern Silvio-Meier-Straße zur Erinnerung
an den 1992 von Neonazis ermordeten Hausbesetzer. Ein Gespräch mit
Saskia Berger
Interview: Markus Bernhardt
Saskia Berger ist Sprecherin der »Initiative für ein aktives
Gedenken«, www.aktivesgedenken.de
Sie fordern die Benennung einer Berliner
Straße nach dem Hausbesetzer und Antifaschisten Silvio Meier, der
1992 von Neofaschisten in Berlin-Friedrichshain erstochen wurde, noch
vor den Wahlen zum Abgeordnetenhaus im September. Wie stehen die Chancen?
So gut wie noch nie. Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Friedrichshain/Kreuzberg
und ihre Ausschüsse befassen sich zur Zeit mit dem Thema. Drei Fraktionen
signalisieren Unterstützung für unser Anliegen. Allerdings müssen
wir es schaffen, daß bis zur Sommerpause eine Entscheidung gefällt
wird. Denn nach der Wahl müßten wir wegen wahrscheinlich veränderter
Machtverhältnisse wieder von vorn anfangen.
Silvio Meier wurde bereits 1992 ermordet. Warum zeigen sich die politischen
Entscheidungsträger in der BVV erst jetzt gesprächsbereit?
Die Erinnerung an Silvio und das aktive Gedenken an diesen Nazimord hatte
in den vergangenen 19 Jahren viele Formen, zum Beispiel die jährliche
Mahnwache und die Silvio-Meier-Demonstration, die größte regelmäßige
Antifa-Demo in Berlin. Auch eine Silvio-Meier-Straße wurde immer
mal wieder gefordert. Parlamentarische Initiativen sind dem aber nicht
gefolgt. Jetzt war es eben an der Zeit, diese Forderung in die BVV zu
tragen. Nächstes Jahr ist Silvios 20. Todestag. Wir werden ihn nicht
vergessen. Aber wir wollen auch, daß sich mehr Menschen mit seiner
Geschichte als Antifaschist, Hausbesetzer und DDR-Oppositioneller sowie
mit der Zeit kurz nach der »Wende« beschäftigen. Damals
häuften sich Morde, Pogrome und Überfälle durch Neonazis.
Die Opfer waren Flüchtlinge, Migranten, Punks und Antifaschisten.
Ihre Initiative hat außerdem angeregt, die neue Friedrichshainer
Zentralbibliothek nach Silvio Meier zu benennen und dort eine Abteilung
mit antifaschistischer Literatur und eine Dauerausstellung über ihn
einzurichten. Wäre das nicht von größerem Nutzen als eine
Straßenumbenennung?
Uns geht es wie gesagt um ein aktives Gedenken. Mit einer Silvio-Meier-Bibliothek
als Ort der Information und Kommunikation könnten wir also gut leben.
Besonders, wenn dort der Raum des Symbolischen verlassen wird, zum Beispiel
durch eine Ausstellung oder durch Räume für antifaschistische
Bündnistreffen.
Neofaschistische Gewalt nimmt in Berlin weiterhin zu. Erst kürzlich
marschierten Neonazis fast ungestört von der Polizei sogar durch
das linksalternativ geprägte Kreuzberg. Welche Rolle würde ein
Erfolg Ihrer Initiative angesichts der aktuellen Ereignisse spielen?
Eine große. Wir waren total entsetzt von dem, was Polizei und Innensenat
da abgezogen haben. Neonaziaufzüge mit dem Argument der Meinungs-
und Demonstrationsfreiheit bewußt geheimzuhalten und damit Antifaschisten
das Recht auf Protest zu verweigern, ist ein politischer Skandal. Daß
es dann auch noch zu Polizeiübergriffen auf Nazigegner kam, einige
sogar festgenommen wurden und Nazis ungestört auf ihre Gegner einprügeln
konnten, setzt dem Ganzen die Krone auf. Mit einer Straßenumbenennung
könnte der Bezirk eine antifaschistische Position einnehmen und linkes
Engagement würdigen. Das ist zwar nur ein kleiner Schritt, aber ein
notwendiges Signal gegen rechte Gewalt und die dahinter stehende menschenverachtende
Ideologie.
Sie erhalten für Ihr Vorhaben bereits jetzt Unterstützung antifaschistischer
Gruppen, von Anwohnerinitiativen und Bezirkspolitikern. Wie wollen Sie
den politischen Druck erhöhen?
Für unseren offenen Brief an die BVV konnten wir viele Initiativen,
Kneipen, Unternehmen und Einzelpersonen aus dem Bezirk als Unterstützer
gewinnen. Wer sich dem anschließen möchte, kann den Brief auf
der Internetseite www.aktivesgedenken.de unterzeichnen. Außerdem
arbeiten wir an einer Chronologie der Ereignisse um und nach Silvios Tod
die auf unserer Homepage veröffentlicht werden soll. Um die Bevölkerung
über unser Anliegen zu informieren, organisieren wir zur Zeit Infostände
und Veranstaltungen. Wir wollen es jetzt einfach wissen!
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Presse
10.03.2011 Tagesspiegel
Mehr rechtsextreme Gewalt auch im Berliner Westen
Die neuesten Zahlen für das Jahr 2010 zeigen, dass die Anzahl der
Angriffe in Ost und West sich zum ersten Mal die Waage halten. Die meisten
Übergriffe gibt es aber nach wie vor in Friedrichshain.
Schläge, Bedrohungen und ein Brandanschlag:
Die Opferberatungsstelle Reachout hat am Mittwoch die von ihr erhobenen
Zahlen rechter Gewalt für das Jahr 2010 vorgestellt. Demnach stieg
mit insgesamt 109 Fällen erstmals seit mehreren Jahren wieder die
Zahl der Übergriffe. 2008 waren es noch 148 Angriffe, 2009 nur noch
102. „Eigentlich hatten wir gehofft, dass dieser Trend anhält“,
sagte Reachout-Leiterin Helga Seyb.
Am häufigsten schlagen die Täter wie schon in den Vorjahren
in Friedrichshain (16 Fälle) zu. Neu ist, dass Neukölln mit
15 Angriffen auf den zweiten Platz der Liste gerutscht ist. Dort habe
es ganze „Angriffswellen“ der rechten Szene gegen alternative
Cafés, Privatpersonen und Büros demokratischer Parteien gegeben,
sagte Sebastian Wehrhahn von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus.
Viele der „Ziele“ seien zuvor auf einer rechten Internetseite
aufgelistet worden.
Die wenigsten Gewalttaten wurden in Zehlendorf (2) und Steglitz (0) registriert.
In der ehemals rechtsextremen Hochburg Lichtenberg wurden nur noch acht
Fälle gemeldet. Das spreche für den Erfolg der vom Bezirk unterstützten
Maßnahmen gegen die Neonaziszene. Auffallend ist, dass es inzwischen
im Westen der Stadt beinahe genauso viele Angriffe gibt, wie im Osten.
Bisher lag dort der Schwerpunkt. Mehr als die Hälfte aller Taten
war rassistisch motiviert, 20 mal traf die Gewalt linke Jugendliche. Die
Anzahl antisemitischer (8) und homophober (10) Taten blieb nahezu gleich.
Die Täter sind laut Reachout häufig keine organisierten Neonazis,
sondern zum Teil gewalttätige „Alltagsrassisten“. Auf
der Webseite des Vereins findet sich eine Chronik der Angriffe und eine
interaktive Karte der Tatorte. Doch nicht alle Fälle werden dort
genannt. „Manche Menschen trauen sich nicht einmal Anzeige zu erstatten“,
sagt Seyb. Die offiziellen Zahlen der Polizei liegen deshalb erfahrungsgemäß
niedriger. Sie werden erst im April mit der Kriminalstatistik veröffentlicht.
Dass die Stadt vor rechten Schlägern auch im Jahr 2011 nicht verschont
bleiben wird, zeigte sich erneut in der Nacht zu Mittwoch. Gegen 22.10
Uhr jagten zwei polizeibekannte Neonazis auf dem Bahnhof Lichtenberg eine
Gruppe Asiaten über den Bahnsteig und riefen rassistische Parolen.
Anschließend griffen sie einen zufällig anwesenden 26-jährigen
Mann aus Polen mit einer zerschlagenen Bierflasche an. Er erlitt Schnittverletzungen
an der rechten Hand. Noch im U-Bahntunnel konnten Bundespolizisten die
beiden 20 und 21 Jahre alten Tatverdächtigen festnehmen. Die beiden
betrunkenen Männer aus Marzahn-Hellersdorf zeigten sich äußerst
aggressiv. Sie erwartet jetzt ein Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung.
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Presse
28.02.2011 Neues Deutschland
Nazi-Kleiderkammer pfui, Schenkladen hui
Gleich zwei Mal fanden am Sonnabend in Berlin-Friedrichshain Demonstrationen
der linken Szene statt
Während sich ein Demoteilnehmer ein
Shirt mit dem dürrem »Storch Heinar« als Motiv, einer
Persiflage auf »Thor Steinar«, über die Daunenjacke gezogen
hat, erscheinen andere in klassisch schwarzem Outfit. Rund 300 Leute ziehen
am Sonnabend vom Boxhagener Platz zur Petersburger Straße. Dort
befindet sich seit zwei Jahren der Bekleidungsladen »Tromsø«.
»Wir demonstrieren gegen ihn schon zum fünften Mal«,
sagt Gigi von der Initiative gegen Rechts in Friedrichshain.
Die Polizei hat die Straßenseite, auf der sich der Laden befindet,
abgesperrt und ist massiv mit Zivilpolizei und Hundestaffel vor Ort. »Wir
sind ausreichend vertreten«, gibt sich der Polizei-Pressesprecher
vor Ort kurz angebunden. Vom Laden sieht man nicht viel, die Rollläden
sind heruntergelassen, ein paar Farbeier haben ihre Spuren an der Fassade
hinterlassen. »Für den Betreiber ist der Laden ein Prestigeobjekt«,
sagt Gigi. Obwohl eigentlich fast kein Kunde mehr den Weg in den Laden
findet, halte der Betreiber an ihm fest – immerhin ist es der letzte
Bekleidungsladen in Berlin, der die bei Rechtsextremen beliebte Marke
führt.
Der »Tromsø« in der Petersburger Straße wurde
vor zwei Jahren eröffnet. Schnell formierte sich Widerstand, woraufhin
der Vermieter dem Betreiber Skytec GmbH schon kurz nach Eröffnung
die Räume kündigte und sich von dem Geschäft mit »patriotischer
Bekleidung« distanzierte. Der Vermieter sah sich »arglistig
getäuscht«. Im vergangenen Dezember bestätigte das Landgericht
Berlin die Kündigung, wogegen der Betreiber Berufung einlegte. In
dem Laden wird ausschließlich Bekleidung von »Thor Steinar«
verkauft. Die Marke ist bei Rechten beliebt, da Symbole enthalten sind,
die Nazisymbolen ähneln. Allerdings ist die Marke in der rechten
Szene selbst in Verruf geraten. Laut Frank Metzger vom antifaschistischen
Pressearchiv (Apabiz) sei ein Grund die starke kommerzielle Ausrichtung
der Herstellerfirma Mediatex GmbH mit Sitz in Königs Wusterhausen.
Trotzdem gehöre die Marke nach wie vor zum »rechten Schick«,
berichtet Metzger.
»Im Prinzip haben sich in Bezug auf den Laden alle richtig verhalten«,
sagt Gigi von der Initiative gegen Rechts. Der Vermieter hat schnell reagiert,
der Bezirk hat sich klar positioniert, das Gericht hat mitgespielt. Nun
hofft sie, dass auch das Kammergericht sich gegen den Laden ausspricht.
Im gegenteiligen Fall könnte der Mietvertrag nämlich bis 2019
gültig bleiben.
Im Anschluss an den antifaschistischen Protest sammelte sich kurz darauf
eine bunte Schar vor dem Schenkladen in der Scharnweberstraße 29
in Friedrichshain. Eine Sambagruppe spielt. Kurz vor 17 Uhr setzt sich
der Zug aus rund 400 Teilnehmern von Technobeats geschaukelt in Bewegung.
Der räumungsbedrohte Schenkladen hat neue Räume in der Jessnerstraße
gefunden, es ist eine Umzugsdemo.
Der Vermieter sieht in dem sozialen Projekt Schenkladen ein kommerzielles
Gewerbe, das Gericht folgte seiner Argumentation in der ersten Instanz.
Nun hat sich der Gerichtsvollzieher für den 3. März angekündigt.
»Wir sind froh, dass wir die neuen Räume gefunden haben«,
sagt Benny vom Schenkladen, der die Demonstration angemeldet hat. »Vielleicht
gibt es bei einem positiven Ausgang der Berufung bald zwei Schenkläden
in Friedrichshain.« Für den Räumungstag, dem 3. März,
ist um zehn Uhr eine Kundgebung vor dem alternativen Hausprojekt angemeldet.
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Presse
07.02.2011 TAZ
Tromsøs Bürgermeister empört
Der Bürgermeister der norwegischen
Stadt Tromsø fordert, dass der letzte verbliebene Berliner "Thor-Steinar"-Laden
den Namen ändert. Dessen Name "Tromsø" beschmutze
die Stadt.
Arild Hausberg ist empört: "Ich
will, dass der Name Tromsø von diesem Geschäft verschwindet",
sagt der Bürgermeister. "Das ist eine Schändung des Namens
unserer Stadt. Schließlich ist das eine Ladenkette, die mit Nazismus
und Nazisymbolen flirtet." Hausberg ist Bürgermeister des nordnorwegischen
Tromsø, einer Hafen- und Universitätsstadt mit 70.000 EinwohnerInnen.
Und er hält es für eine "Provokation", dass der "Thor
Steinar"-Laden in Friedrichshain den Namen "Tromsø"
trägt - schon seit Jahren. Weshalb er jetzt die Betreiberfirma schriftlich
aufgefordert habe, "mit unmittelbarer Wirkung" auf die Verwendung
dieses Namens zu verzichten. In den vergangenen Jahren hatten vor allem
linke und Antifa-Gruppen immer wieder gegen die "Thor Steinar"-Läden
protestiert. Vor wenigen Monaten schloss deswegen der Laden "Tønsberg"
in Mitte; ein Geschäft im Europa-Center hatte nur wenige Tage geöffnet.
"Thor Steinar", eine vor allem bei Rechten beliebte Bekleidungsmarke,
hat seine Shops vorwiegend nach norwegischen Städten benannt. Auch
Teile des Sortiments tragen die Namen norwegischer und anderer skandinavischer
Ortschaften. Neben Tromsø wollen deswegen auch Trondheim, Tønsberg,
Narvik und Haugesund - so heißen "Thor-Steinar"-Läden
in Erfurt, Nürnberg, Magdeburg und Rostock - gegen die Verwendung
ihrer Städtenamen vorgehen. Koordiniert werden soll das über
"Kommunenes Sentralforbund", den norwegischen kommunalen Zentralverband.
Vor dem Hintergrund "der negativen Assoziationen, die sich an die
Thor-Steinar-Produkte knüpfen", lehne man es ab, "mit diesen
und den Haltungen, die diese repräsentieren" in Verbindung gebracht
zu werden, sagt Bürgermeister Hausberg.
Man habe die Norwegische Botschaft in Berlin um Vermittlung gebeten, so
Hausberg weiter, und er werde demnächst den norwegischen Ministerpräsidenten
Jens Stoltenberg bitten, sich persönlich einzuschalten. Schließlich
verstehe man sich als eine Stadt, "die deutlich Abstand von allem
nimmt, was mit Nazismus und Rassismus zu tun hat".
Es ist nicht das erste Mal, dass Norwegen sich gegen die Einvernahme durch
"Thor Steinar" wehrt. 2008 erstattete der norwegische Staat
Anzeige gegen die Firma, weil diese auf zahlreiche Kleidungsstücke
ihrer Kollektion die norwegische Staatsflagge genäht hatte. Dieses
Verfahren ging nach Auskunft des Außenministeriums in Oslo im März
2009 zugunsten Norwegens aus, und "Thor Steinar" habe auch eine
"beträchtliche Geldbuße" zahlen müssen, so Botschaftsrätin
Anne-Kirsti Wendel Karlsen.
Man stehe im Dialog mit der Firma, teilt die norwegische Botschaft mit.
Doch habe "Thor Steinar" bislang keine Bereitschaft gezeigt,
Geschäfts- oder Sortimentnamen zu ändern. Sollten die jetzigen
Appelle nicht fruchten, haben zumindest einige der norwegischen Kommunen
angekündigt, gerichtliche Schritte einleiten zu wollen. Anders als
bei der Verwendung nationaler Symbole, wie einer Staatsflagge oder einem
Staatswappen, dürften die Erfolgsaussichten für solche Klagen
aber eher gering sein, da es einen Copyright-Schutz für Ortsnamen
nicht gibt.
Selbst wenn es nur eine theoretische Chance gebe, mit einer Klage erfolgreich
zu sein, wolle man die ausschöpfen, meint Petter Steen, Bürgermeister
des westnorwegischen Haugesund, das neben dem "Thor Steinar"-Laden
in Rostock auch Jeans ganz ungefragt seinen Namen leihen muss. Knut Fagerbakke,
sein Kollege aus Trondheim, sieht das so ähnlich. Man sei das schon
aus historischen Gründen schuldig: "Bei uns haben eine Menge
von Leuten ihr Leben geopfert, um den Nazismus loszuwerden."
Die Besitzer der umstrittenen Kleidermarke
“Thor Steinar” bekommen Ärger mit norwegischen Diplomaten.
Die bei Rechtsextremen beliebte Marke wird hierzulande bevorzugt in Läden
verkauft, die nordische Ortsnamen tragen. Der Bürgermeister von Tromsö
beschwerte sich jetzt bei der norwegischen Botschaft in Berlin, weil er
einen Imageverlust für seine Stadt befürchtet.
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Presse
05.02.2011 Störungsmelder
Städte in Norwegen streiten mit “Thor
Steinar” um ihre Namen
Erneut Ärger für „Thor Steinar“:
In den nächsten Tagen sind allerdings keine Aktionen von Linken zu
erwarten, sondern Proteste norwegischer Diplomaten. Die bei Rechtsextremen
beliebte Marke wird hierzulande bevorzugt in Läden verkauft, die
nordische Ortsnamen tragen – etwa in einem nach der norwegischen
Stadt „Tromsö“ benannten Geschäft in der Petersburger
Straße 94. Nun will sich der Bürgermeister der Hafenstadt,
Arild Hausberg, an Norwegens Außenminister Jonas Gahr Støre
wenden, damit der Laden den Namen aufgibt. „Es entweiht den Namen
von Tromsö, ich verlange, dass der Laden ihn entfernt“, sagte
Hausberg der norwegischen Zeitung „iTromsø“.
Das Geschäft gehöre zu einer Ladenkette, die mit Nazi-Symbolen
flirte. Der Bürgermeister hat auch die Norwegische Botschaft in Berlin
kontaktiert und an die hinter der Marke stehende Firma Mediatex geschrieben.
Das Land Norwegen hatte die Firma schon 2008 wegen „widerrechtlicher
Verwendung staatlicher Hoheitszeichen“ angezeigt. Die Modemarke
will seitdem auf die norwegische Fahne als Symbol verzichten. „Den
Gebrauch von Ortsnamen zu verhindern, ist hingegen rechtlich schwierig“,
sagte die norwegische Botschaftsrätin Anne-Kirsti Wendel Karlsen
dem Tagesspiegel. Bisher hätten sich vier norwegische Städte
an die Botschaft in Berlin gewandt, um Mediatex aufzufordern, auf die
norwegischen Namen zu verzichten. „Unsere Gemeinden fürchten
um ihren Ruf“, sagte Karlsen. „Wir stehen im Dialog mit der
Firma, bisher allerdings ohne Erfolg.“ Mediatex äußerte
sich auf Nachfrage nicht.
Als „Tromsö“ in Friedrichshain 2009 eröffnet hatte,
sind nach wenigen Tagen die Schaufensterscheiben zerschlagen worden, dann
protestierte die linke Szene, schließlich wurde den Betreibern des
Ladens gekündigt. Der Vermieter, die SF-Immobilienfonds-Gruppe, fühle
sich getäuscht, weil in dem Laden die umstrittene Marke „Thor
Steinar“ verkauft werde. Mediatex legte Rechtsmittel ein. Vor wenigen
Wochen hat das Landgericht Berlin den Vermietern jedoch Recht gegeben.
Nun wird die nächste Instanz entscheiden.
Erst 2008 wurden die Inhaber des Ladens „Tönsberg“ in
der Rosa-Luxemburg-Straße dazu verurteilt, das Geschäft zu
räumen. Ähnlich entschieden Richter in Leipzig und Magdeburg.
Die Hausverwalter seien getäuscht worden, weil nicht deutlich genug
gemacht worden sei, dass in dem Laden die bei Neonazis beliebten Pullover,
Jacken und Hemden verkauft werden. Seit 2002 ist „Thor Steinar“
als Marke registriert.
<<<
Presse
05.12.2010 Berlin rechtsaußen
Polizeieinsatz gegen Neonazis in Friedrichshain
In einem Hostel in Berlin-Friedrichshain
zeigte eine vermummte Gruppe russischer Nazi-Hooligans eine Hakenkreuzfahne
und zog randalierend durch das Gebäude.
In der Nacht von Samstag auf Sonntag kam es an der Warschauer Straße
in Berlin-Friedrichshain zu einem mehrstündigen Polizeieinsatz. Eine
Gruppe russischer Gäste eines Hostels war randalierend und vermummt
durch das Gebäude gezogen. Dabei schwangen sie eine Hakenkreuzfahne
und zeigten weitere Kleidungsstücke, die mit NS-Symbolik, etwa einem
SS-Totenkopf, ausgestattet waren. Dies berichteten andere Gäste des
Hostels.
Bei einem Mitglied der Gruppe stellte die Polizei ein Messer sicher. Die
Hakenkreuzfahne konnte von der Polizei nicht mehr aufgefunden werden.
Die eingesetzten Beamten der 22. Einsatzhundertschaft erklärten,
dass sie daher kein Strafverfahren wegen Verwendung verfassungsfeindlicher
Kennzeichen einleiten könnten. Auch der auf einem Fußballschal
angebrachte SS-Totenkopf habe für einen Anfangsverdacht eine angeblich
zu geringe Ähnlichkeit mit dem verbotenen Original gehabt, da die
gekreuzten Knochen unter dem Schädel nicht vorhanden waren.
Die Entfernung der Randale-Truppe aus den Räumen des Hostels benannte
der verantwortliche Einsatzleiter zudem als „Seviceleistung“
gegenüber dem Hotelbetreiber. Bei den russischen Hostelgästen
handelte es sich um Anhänger eines Moskauer Fußballclubs, die
auf der Rückreise von einem Spiel in den Niederlanden einen Zwischenstopp
in Berlin eingelegt hatten.
<<< Presse
02.12.2010 TAZ
Kein Platz für Thor Steinar
Das Landgericht Berlin gibt einer Räumungsklage gegen den Thor-Steinar-Laden
"Tromsø" in Friedrichshain statt.
Überraschend schnell kam das Urteil.
Am Donnerstag entschied das Landgericht Berlin nach rund einstündiger
Verhandlung, der Räumungsklage des Vermieters gegen den Thor-Steinar-Laden
"Tromsø" in der Petersburger Straße stattzugeben.
Eine Urteilsbegründung gab es noch nicht, die Entscheidung stehe
aber fest, teilte ein Sprecher am frühen Abend mit.
Die Hamburger Immobiliengesellschaft SF hatte das Ladenlokal in Friedrichshain
im Frühjahr 2009 an das Unternehmen SkyTec Outlets vermietet. SkyTec
vertreibt dort die bei Rechtsextremen beliebte Marke Thor Steinar, was
zu zahlreichen Protesten und Anschlägen auf das Geschäft führte.
Schon zwei Wochen nach dem Einzug kündigte der Vermieter dem Unternehmen.
Doch das stellt sich quer. Dem Vermieter sei bereits im Bewerbungsschreiben
die Marke Thor Steinar genannt worden, erklärte die Verteidigung
vor Gericht. Genannt zwar schon, gab Hans-Gerhard Modes von der klagenden
Immobiliengesellschaft zu, aber "eingebettet in eine Wolke aus Harmlosigkeit".
Das Label sei in der Aufzählung mit anderen, neutralen Sportmarken
untergegangen. Die Beklagten hätten auf das mit der Marke verbundene
Konfliktpotenzial hinweisen müssen.
Einem Vergleichsangebot des Richters, wonach das reguläre Mietverhältnis
bis Ende 2013 Bestand haben sollte, die Option auf zweimalige Verlängerung
aber ausgeschlossen sei, stimmten die Vermieter in Anbetracht der voraussichtlichen
Prozessdauer zwar zu - der Mieter SkyTec lehnte jedoch ab. Nachdem das
Gericht nun die Räumung bestätigte, bleibt abzuwarten, wie die
Mieter reagieren. Anwalt Modes rechnet damit, dass SkyTec entweder in
die nächste Instanz geht oder das Vergleichsangebot doch noch annimmt.
Auch in der Rosa-Luxemburg-Straße in Mitte wurde im November bereits
ein Thor-Steinar-Laden zum Ladenschluss gezwungen. Doch während an
einem Ort erfolgreich gegen die Textilfirma vorgegangen wird, entsteht
andernorts ein neuer Laden: Am Mittwoch eröffnete ein Thor-Steinar-Geschäft
im Europa-Center.
<<< Presse
22.11.2010 Neues Deutschland
Vielstimmig gegen Rechts
Das Gedenken an den getöteten Hausbesetzer Silvio Meier ist mehr
als ein stiller Trauermarsch
Mit mehr als 3000 Teilnehmern zog die Silvio-Meier-Demonstration
am Samstag durch Friedrichshain. Wie sehr dieser Marsch notwendig ist,
das zeigt die Schändung der Gedenktafel für den getöteten
Hausbesetzer. In der Nacht auf Dienstag besudelten Unbekannte die Metallplatte
in der U-Bahnstation Samariterstraße mit schwarzer Teerfarbe. Auf
dem Zwischendeck wurde Silvio Meier vor 18 Jahren von dem Neonazi Sandro
S. mit mehreren Messerstichen in die Brust getötet. Seitdem erinnern
Antifaschisten jedes Jahr im November an die Tat. Für einen Vertreter
der Antifaschistischen Linken Berlin (ALB) war die Farbattacke eine Provokation
gegen die Gedenkdemonstration.
Der Anschlag ist aber auch eine Drohung. Er zeigt, dass die extreme Rechte
trotz schwindender Strukturen noch immer handlungsfähige Akteure
hat, die vor keiner Auseinandersetzung zurückscheuen. Die zumeist
jugendlichen Demonstranten reagierten darauf und wollten ihrerseits ebenso
Stärke zeigen: Die Reihen waren geschlossen, ihre Sprechchöre
vielstimmig. Sie riefen zum Selbstschutz auf, darin sehen sie eine Notwendigkeit.
Denn das Friedrichshainer Register zählt in den alternativen Kiezen
rund um die Frankfurter Allee die meisten rechtsextremen Vorfälle
in der Stadt. In diesem Jahr hat die Initiative bis Ende Oktober bereits
75 Delikte dokumentiert, darunter häufig Nazischmierereien, aber
auch Drohungen und Verletzungen. Zuletzt ereignete sich im Juli 2009 an
der S-Bahnstation Frankfurter Allee ein beinahe tödlicher Übergriff,
der dem gegen Silvio Meier ähnelt: Auch der Antifaschist Jonas K.
geriet mit seinen Freunden mit Neonazis aneinander, die durch Thor-Steinar-Kleidung
auffielen – eine bei Rechten beliebte Marke. Der Konflikt wurde
handgreiflich, Jonas K. ging zu Boden und überlebte nur mit Glück
die Bordsteinkicks des Neonazis Oliver K.
Die Polizei fand heraus, dass einer der Rechten dem Schwerverletzten prophezeite:
»Du Zecke wirst nicht mehr aufstehen.« Auch bei der Messerattacke
auf Silvio Meier tönten die Täter: »Jetzt haben wir es
euch gezeigt, ihr linken Säue.« Trotz dieser Verbalattacken
wurde ein rechtsextremer Beweggrund bei beiden Vorfällen anfangs
geleugnet. Erst nach Protesten räumten die Ermittler ein, dass Hass
gegenüber Andersdenkenden ein Motiv für die Brutalität
der Neonazis war. Jetzt fordert der Ortsverband der LINKEN zusammen mit
der örtlichen Antifa, in Friedrichshain eine Straße nach Silvio
Meier zu benennen. Franz Schulz, der grüne Bezirksbürgermeister,
unterstützt das Bestreben: Zivilcourage gegen Rechts zu würdigen,
sei ein wichtiges Signal.
In uniformer schwarzer Kleidung schoben sich die Protestierer in der Abenddämmerung
durch den Friedrichshainer Südkiez. Aus den Nebenstraßen strömten
scharenweise Nachzügler hinzu, bis der Marsch auf der Warschauer
Straße beide Fahrspuren einnahm. Von den Dächern zündeten
Aktivisten bengalischen Fackeln und Feuerwerksraketen. Dazu spielten die
Veranstalter im Lautsprecherwagen Songs, die auch im Fußballstadion
nach einem Tor ertönen. Ein wenig feierten sich die Protestierer
selbst.
Die Polizei hielt sich auffallend zurück, war aber in den Nebenstraßen
mit vielen Kräften einsatzbereit. Nur vereinzelt gab es Anfeindungen
zwischen Ordnungsmacht und Demonstranten, selten Rangeleien, in denen
die Protestierer mit geballten Fäusten in der Tasche vor den Beamten
standen. Zuletzt wurden in Berlin Stein- und Flaschenwürfe auf linken
Demonstrationen als Mordversuche gewertet, und die Staatsanwaltschaft
setzte drakonische Strafen an.
Für die tödlichen Messerstiche auf Silvio Meier musste der 17-jährige
Haupttäter Sandro S. wegen Totschlags für viereinhalb Jahre
ins Gefängnis. Anfang dieses Jahres wurde Oliver K., der Jonas K.
beinahe totgetreten hätte, zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt.
<<< Presse
22.11.2010 TAZ
Tausende gedenken Neonazi-Opfer
Mehr als 3.000 Menschen gehen zur Silvio-Meier-Gedenkdemo.
Die Proteste gegen Nazigewalt verlaufen weitgehend friedlich. Erst am
Ende kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen Autonomen und Polizei.
Die Frauen geben den Ton an: "Schießt
den Nazis in den Hoden! Deutsches Blut auf deutschem Boden", tönt
es aus den ersten Reihen. Es ist kein Zufall, dass bei der Silvio-Meier-Demo
am Samstag in den ersten Reihen nur Frauen marschieren. Die Veranstalter
wollen tradierten Geschlechterrollen bei Protestveranstaltungen entgegenwirken.
Das offizielle Motto der Demo lautet indes: "Kampf den Nazis, Kampf
dem Staat". Mit der jährlichen Kundgebung erinnert die linke
Szene an den Antifaschisten und Hausbesetzer Silvio Meier, der vor 18
Jahren in Friedrichshain von Neonazis niedergestochen wurde. Der Protestzug
zählt zu den Höhepunkten im Terminkalender der Berliner Antifas.
Diesmal haben Nico Nussinger vom Silvio-Meier-Bündnis zufolge 3.500
Menschen demonstriert, die Polizei geht von 3.000 Teilnehmern aus - das
wären immer noch 50 Prozent mehr als im Vorjahr.
Um 15 Uhr versammeln sich die die Nazigegner an der U-Bahnstation Samariterstraße,
dort, wo Silvio Meier ermordet worden ist. Vermummte zünden auf einem
Dach gegenüber der Bahnstation Feuerwerksraketen und Bengalfeuer.
Die Route führt kreuz und quer durch Friedrichshain, zwischendurch
gibt es antifaschistischen Geschichtsunterricht. Ein paar Teilnehmer haben
Regenschirme mitgebracht - sie wollen die Polizei daran hindern, sie zu
filmen. Denn die Einsatzkräfte halten die Videokameras ständig
am Laufen. Das sei nicht rechtens, kritisieren später die Kritischen
JuristInnen von der Freien Universität, die das Vorgehen der Polizei
beobachten.
Als der Zug in der Gubener Straße hält, bilden sich im Supermarkt
schnell lange Schlangen - die Demonstranten versorgen sich mit Proviant.
Draußen klärt ein Redner über Zwangsarbeit im Dritten
Reich auf. Die Polizei hält sich überwiegend im Hintergrund,
auch die Demonstranten bleiben friedlich: Sie halten sich an die geänderte
Route, nachdem die Beamten den ursprünglich geplanten Weg an einer
Polizeistation vorbei untersagt hatten. Der Weg dorthin ist mit Fahrzeugen
versperrt.
Als die Dunkelheit hereinbricht, wird die Stimmung angespannter. Nun sind
nicht mehr nur Frauen an der Spitze, statt dessen drängen sich Autonome
nach vorn und geben den Ton an. In der Schreinerstraße lösen
die Veranstalter die Demo auf Höhe Samariterstraße vorzeitig
auf. Die Autonomen aber machen weiter: Sie rennen in die Samariterstraße,
wo sich keine Polizei befindet, und zünden Böller. Einsatzkräfte
eilen hinterher, es kommt zu Handgreiflichkeiten. In der Rigaer Straße
fliegen Flaschen. Sie verfehlen unbeteiligte Passanten sowie eine Fotografin
nur knapp. Auf der Kreuzung Rigaer/Samariterstraße kreist die Polizei
die Demonstranten nach langem hin und her schließlich ein.
Die Polizei fordert mehrfach auf, den Platz zu räumen. Als nach einer
halben Stunde nichts geschieht, schickt sie ein Antikonflikt-Team vor.
Immer wieder kommt es zu Handgreiflichkeiten zwischen den Linken und der
Polizei. Die Juristen von der FU sprechen von unnötiger Polizeibrutalität.
Erneut fliegen Flaschen.
Am Ende hat die Polizei 17 Demonstrationsteilnehmer festgenommen. Sieben
Einsatzkräfte werden durch
Stein- und Flaschenwürfe leicht verletzt. Die Festgenommenen müssen
unter anderem mit Ermittlungsverfahren wegen des Verstoßes gegen
das Versammlungsgesetz, versuchter Gefangenenbefreiung sowie Sachbeschädigung
und Körperverletzung rechnen. Insgesamt zieht die Polizei dennoch
die Bilanz: Es war friedlich.
<<< Presse
21.11.2010 EPD
Mehrere Tausend Menschen bei Silvio-Meier-Gedenkdemo
Beobachter kritisieren rigide Vorkontrollen der Polizei und Filmaufnahmen
Berlin (epd). Zum Gedenken an den 1992 von
Neonazis getöteten Punk Silvio Meier haben am Sonnabend in Berlin-Friedrichshain
mehrere Tausend Menschen weitgehend friedlich gegen Rassismus und Rechtsextremismus
demonstriert. Wie die Polizei am Sonntag in Berlin mitteilte, kam es zu
"einzelnen Sachbeschädigungen" an geparkten Autos. Nach
Veranstalterangaben nahmen rund 4.000 Menschen an der Demonstration teil.
Aufgerufen dazu hatten mehrere linke Gruppierungen. Die Polizei war mit
über 500 Beamten im Einsatz.
Demonstrationsbeobachter der Kritischen Juristen der FU Berlin kritisierten
rigide Vorkontrollen der Demonstrationsteilnehmer durch die Polizei. Anstatt
nur vereinzelte Stichproben vorzunehmen, seien von einzelnen Polizeigruppen
"sämtliche zuströmende Personen" kontrolliert worden,
heißt es in einer Pressemitteilung. Zudem sei die Demonstration
"teilweise flächendeckend" gefilmt worden, obwohl laut
Urteil des Berliner Verwaltungsgerichtes dies nur noch bei erheblicher
Gefahr für die öffentliche Sicherheit zulässig ist.
Im Anschluss an die Demonstration kam es nach Polizeiangaben in der Rigaerstraße
aus kleineren Gruppen heraus zu Flaschen und Steinwürfen auf Polizisten.
Insgesamt wurden 17 Menschen vorübergehend festgenommen. Sieben Einsatzkräfte
wurden leicht verletzt. Demonstrationsbeobachter warfen der Polizei vor,
mehrere Menschen, die den Ort der Auseinandersetzung verlassen wolllten,
geschlagen zu haben, darunter eine Journalistin.
Silvio Meier, der zur Hausbesetzerszene gehörte, war am 21. November
1992 mit ein paar Freunden in Streit mit Rechtsextremisten geraten. Nach
einem Wortgefecht riss Meier einem Neonazi einen Aufnäher von der
Jacke. Danach wurde er mit einem Messer angegriffen und so schwer verletzt,
dass der 27-Jährige kurze Zeit später starb.
Antifa-Gruppen nehmen jährlich den Tod Meiers zum Anlass, um auf
rechte Aktivitäten aufmerksam zu machen. Wenige Tage vor dem Jahrestag
war die Gedenktafel für Silvio Meier im U-Bahnhof Samariterstraße
von Unbekannten beschmiert worden. Ein Bezirksbündnis hat die Benennung
einer Straße nach dem Opfer vorgeschlagen.
<<< Presse
19.11.2010 TAZ
Das Glück des Vergessens
Im Juli 2009 wird Jonas K. von Neonazis
in Friedrichshain fast totgeschlagen. Trotzdem engagiert er sich weiter
gegen rechts - auch auf der Silvio-Meier-Demonstration am kommenden Samstag.
Nichts ist mehr da, keine einzige Erinnerung. Als Jonas K. wieder zu Hause
ist, nach zwei Wochen Krankenhaus und vier Wochen Reha, blättert
er durch Zeitungsartikel über einen Mordversuch von Neonazis an der
Frankfurter Allee. Vier Rechtsextreme schlagen einen jungen Mann zusammen,
einer tritt ihm mit Bordsteinkicks voller Wucht auf den Kopf. Der 22-Jährige
überlebt. "Der Typ hat echt Glück gehabt", denkt Jonas
K. Der Typ ist er.
"Retrograde Amnesie" attestieren die Ärzte Jonas K. am
Krankenbett. Zeitweiliger Gedächtnisverlust. Der 12. Juli 2009, die
Tage danach - alles ausgelöscht. Es ist der Zeitpunkt, an dem für
Jonas K. beinah alles vorbei gewesen wäre. "Vielleicht",
sagt er heute, "ist es am besten, nichts mehr davon zu wissen."
Silvio-Meier-Demonstration
Es ist der traditionsreichste Antifa-Aufzug der Hauptstadt: die jährliche
Silvio-Meier-Demonstration. Bereits zum 18. Mal soll am Samstag an den
1992 von einem Neonazi ermordeten Hausbesetzer Silvio Meier sowie an aktuelle
Fälle rechtsextremer Gewalt erinnert werden. Die Demo unter dem Motto
"Kampf den Nazis, Kampf dem Staat" startet um 15 Uhr am U-Bahnhof
Samariterstraße im Friedrichshain.
An diesem Ort war der 27-jährige Silvio Meier erstochen worden, nachdem
er versucht hatte, einem Neonazi einen rechten Aufnäher von der Jacke
zu reißen. 2009 besuchten mehr als 2.000 Menschen die Gedenkdemonstration.
Ähnlich viele werden in diesem Jahr erwartet.
Im Friedrichshain ereignete sich im Juli 2009 auch die brutalste Tat von
Neonazi-Gewalt der letzten Zeit gegen den damals 22-jährigen Jonas
K. (siehe oben). Laut Sabine Kritter von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus
hat der Überfall Aktivisten wie die Initiative gegen rechts oder
das Register Friedrichshain in ihrem Engagement bestärkt. Die Tat
habe aber auch gezeigt, dass im Bezirk noch einiges getan werden muss.
Laut dem Register Friedrichshain führt der Bezirk seit 2006 die Statistik
rechtsextremer Vorfälle in Berlin an. Für 2010 dokumentierte
die Initiative 75 rechte Vorfälle bis Ende Oktober. Die meisten betreffen
Propaganda-Delikte, jeweils etwa ein Dutzend Fälle sind aber direkte
Angriffe oder Bedrohungen.
Zuletzt waren auch in Kreuzberg und Neukölln alternative Läden
oder Geschäftsstellen von Parteien mit rechten Symbolen beschmiert
oder beschädigt worden. In der Nähe von Wohnungen vermeintlicher
Neonazi-Gegner wurden Drohungen gesprayt. Ende Oktober gab es einen Brandanschlag
auf den linken Infoladen m99 in Kreuzberg.
"Die Nazis werden wieder dreister", so Nico Nussinger, Sprecher
des Silvio-Meier-Bündnisses. Antifa-Gruppen vermuten den Nationalen
Widerstand Berlin hinter den Taten, eine lose organisierte Neonazi-Gruppe
um den Kameradschaftler und NPD-Landesvize Sebastian Schmidtke. "Es
gilt diese Täter aus der Deckung zu ziehen", so Lars Laumeyer
von der Antifaschistischen Linken Berlin. Für Nussinger ist das offensivere
Auftreten der Rechtsextremen auch dem von Sarrazin & Co popularisierten
Alltagsrassismus geschuldet. "In diesem Fahrwasser können sich
Nazis als Vollstrecker des Volkszorns gegen Migranten und Andersdenkende
aufspielen." Die Demo richte sich daher auch gegen bürgerlichen
und staatlichen Rassismus.
Es soll aber nicht nur beim Demonstrieren bleiben. Eine Initiative linker
Gruppen und der Linkspartei will bis November 2012 eine Straße,
öffentliche Einrichtung oder einen Platz in der Nähe des U-Bahnhofs
Samariterstraße nach Silvio Meier zu benennen. Er werde sich persönlich
für die Initiative einsetzen, verspricht Franz Schulz, Grünen-Bürgermeister
von Friedrichshain-Kreuzberg. "Zivilcourage gegen Rechtsextremismus
zu würdigen wäre ein wichtiges Signal", so Schulz.
Nichts lässt sich der Neuköllner
anmerken, wenn er über den 12. Juli spricht. Gelassen nippt er an
seiner Club Mate in einem hellen, hippen Friedrichshain-Café. Das
schwarze Basecap schräg aufgesetzt, schwarz gerahmte Brille, ein
weiter Pullover, Hopper-Style. "Mir gehts gut", sagt Jonas K..
Körperlich sei er wieder fit, es gebe keine bleibenden Schäden.
"Psychisch ist das eine andere Geschichte." Er habe aber gelernt,
mit den seltenen, plötzlichen Angstgefühlen umzugehen. Regelmäßig
trifft er sich mit einem Therapeuten. "Sonst ist alles wie früher,
nur dass zwischendurch etwas passiert ist, wovon ich nichts weiß."
Es war spät geworden an diesem Samstagabend 2009. Jonas K. ist mit
Freunden aufeiner Party in einer Alternativkneipe in Friedrichshain. Mit
einer Freundin und einem Kumpel bricht er Richtung S-Bahnhof Frankfurter
Allee auf. Das ist das Letzte, woran er sich erinnern kann.
Die Polizei rekonstruiert das Folgende: Kurz vorm Bahnhof, im Gang zwischen
Bahnbrücke und Einkaufscenter, sprechen gegen 5.30 Uhr zehn Linke
vier Neonazis auf ihre Thor-Steinar-Klamotten an. Die Marke erfreut sich
unter Neonazis Beliebtheit. Unter den Linken soll sich auch Jonas K. befinden.
Die Thor-Steinar-Träger kommen gerade aus dem Jeton, einer von Rechten
frequentierten Disko gleich in der Nähe. Es wird ruppig, ein Linker
verpasst einem Neonazi eine Platzwunde am Kopf. Die Rechten schlagen zurück,
die Linken ergreifen die Flucht. Nur Jonas K. bleibt am Boden liegend
zurück. Einer der Neonazis, Oliver K., schlägt und tritt immer
wieder zu. Er schleift den bewusstlosen Jonas K. über den Gehweg,
dreht sein Gesicht seitlich aufs Pflaster, tritt ihm mit wuchtigen Stampfkicks
auf den Hinterkopf. "Du Zecke wirst nicht mehr aufstehen", ruft
einer der Neonazis. Erst eintreffende Polizisten zerren Oliver K. von
Jonas K. weg.
Hirnblutungen, Prellungen und einen Jochbeinbruch stellen die Ärzte
im Klinikum Friedrichshain fest. Nach zwei Tagen erwacht Jonas K. auf
der Intensivstation aus einer komaähnlichen Dämmerung. Einem
Arzt sagt er, dass er nichts darüber wissen will, warum er hier sei.
Er wolle sich erst mal erholen. Auch daran kann er sich heute nicht mehr
erinnern.
Die Tat und ihre Brutalität schreckt den Bezirk, die ganze Stadt
auf. "So was gibt es bei uns?", raunt es durch Friedrichshainer
Cafés. Noch am Abend versammeln sich 150 Menschen zu einer Mahnwache
am Tatort. Autonome bewerfen die Fassade des Jetons mit Steinen. Wenige
Tage später demonstrieren 5.000 Menschen durch Friedrichshain. SPD-Innensenator
Ehrhart Körting spricht von einer "schrecklichen Tat".
Die Rechten werden noch am Tatort verhaftet: Vier junge Männer, 20
bis 26 Jahre alt, aus dem Berliner Umland bei Königs Wusterhausen.
Oliver K., Michael L., Marcel B., Michael G sind allesamt vorbestraft,
gegen Oliver K. laufen drei offene Bewährungen. Im Internet tauchen
Fotos der vier auf. Sie zeigen Marcel B. beim Hitlergruß und Oliver
K. mit einem Shirt der Neonazi-Band Skrewdriver. Auf einem Bild ist die
Wohnung eines der vier zu sehen. An der Wand hängt ein Filmposter:
"American History X". In dem Film bringt ein Neonazi einen Dunkelhäutigen
um. Mit einem Bordsteinkick.
Als die vier Schläger Anfang dieses Jahres vor dem Berliner Landgericht
stehen, geht Jonas K. nur zu einem der Prozesstermine, zu seiner eigenen
Zeugenaussage. Es ist der Rat seines Psychologen. Erkennen Sie einen der
Angeklagten wieder, fragt der Staatsanwalt. Jonas K. schaut denen, die
ihm sein Leben nehmen wollten, in die Gesichter. Und schüttelt den
Kopf. Nichts habe er in diesem Moment empfunden, sagt der 23-Jährige
heute. Keine Wut, keine Rache. Er kennt die vier ja nicht.
Zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt der Richter den Haupttäter
Oliver K. Wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung.
Michael L. und Marcel B. werden zu zweijährigen Bewährungsstrafen
verurteilt. Michael G. wird freigesprochen, seine Tatbeteiligung lässt
sich nicht nachweisen. Die Urteile gehen in Ordnung, sagt Jonas K.. "Sie
ändern ja jetzt auch nichts mehr."
Er hat sich den Tatort angeguckt und Zeitungsfotos. "Ich dachte,
vielleicht kommt was." Es kam nichts. Ruhig spricht er über
die Juli-Nacht, distanziert. Erzählt, wie die Neonazis "auf
ihn eingewirkt" hätten. Er wisse auch bis heute nicht, ob er
tatsächlich zu der linken Zehner-Gruppe gehörte, die mit den
Neonazis in Streit geriet, sagt Jonas K. Ob es diese Gruppe überhaupt
gegeben habe. Oder ob ihn die Rechten zufällig attackiert haben.
Er habe allen Bekannten gesagt, dass sie auf ihn zukommen, mit ihm über
die Nacht reden könnten. Niemand habe dies getan. "Also habe
ich einen Schlussstrich unter das Ganze gezogen." Auch die Polizei
stellt das Verfahren gegen Jonas K. im Juli ein - gefährliche Körperverletzung,
wegen der mutmaßlichen Beteiligung an der Schlägerei.
Er geht jetzt wieder seinem Alltag nach. Jobben, am Wochenende mit Freunden
feiern, später vielleicht wieder studieren. Vor knapp drei Jahren
kam er nach Berlin zum Informatikstudium, es machte keinen Spaß,
er verließ die Uni. Als alternativ, als links, bezeichnet sich der
Neuköllner. Das wussten auch die Rechten in seiner Heimat, einem
Ostseestädtchen. Jeder kannte jeden. Es blieb bei Pöbeleien.
Es sei wichtig, sich öffentlich gegen Neonazis zu positionieren,
sagt Jonas K. Ihnen nicht die Straße zu überlassen. Deshalb
werde er auch zur traditionellen Silvio-Meier-Demo am Samstag gehen. Silvio
Meier, ein junger Hausbesetzer, wurde 1992 von einem Neonazi in Friedrichshain
erstochen.
Es wird nicht die erste Silvio-Meier-Demo für Jonas K. sein. Aber
die erste nach dem 12. Juli 2009. Ein merkwürdiges Gefühl. "Es
war knapp letzten Sommer, äußerst knapp", sagt Jonas K..
Was, wenn die Polizisten nicht rechtzeitig gekommen wären? Hätte
es dann auch eine traditionelle Demo für ihn gegeben?
Jonas K. verlässt das Café, tritt in den abenddunklen Samariterkiez.
Er will die S-Bahn nach Hause nehmen. Vom Bahnhof Frankfurter Allee, nur
wenige hundert Meter entfernt. Er habe Glück, sagt er. Denn Angst
verspüre er keine, wenn er sich allein durch die Stadt bewegt. Auch
nachts nicht, auch an der Frankfurter Allee nicht. Vor dem Bahnhof bleibt
er kurz stehen, schaut sich um. Dorthin, wo er vor anderthalb Jahren gelegen
hat. Eine unwirtliche Ecke sei das hier, sagt er. "Wie viele andere
auch."
<<< Presse
19.11.2010 Neues Deutschland
Demo und eine Straße für Silvio
Meier
Höhepunkt der Aktionswoche gegen Rechts in Friedrichshain / Initiative
für Ehrung 2012
Für diesen Samstag ruft ein antifaschistisches
Bündnis im Rahmen einer Aktionswoche zur alljährlichen Demonstration
im Gedenken an den 1992 von Neonazis ermordeten Silvio Meier auf. Unter
dem Motto »Kampf den Nazis – Kampf dem Staat! Gemeinsam für
eine Gesellschaft ohne Rassismus und Unterdrückung« fordert
das Bündnis auf, nicht nur Silvio Meiers und aller durch Neonazis
Ermordeten zu gedenken, sondern sich auch mit aktuellen Entwicklungen
der extremen Rechten auseinanderzusetzen.
Die Demonstration stellt traditionell einen der Höhepunkte der »Silvio-Meier-Aktionswoche«
dar. Die Aktionswoche bietet auch die Möglichkeit, sich mit einer
Vielzahl von Veranstaltungen einem antifaschistischen Gedenken aus unterschiedlichen
Perspektiven zu nähern. Am Sonntag findet ab 15 Uhr im U-Bahnhof
Samariterstraße eine Mahnwache an der dort angebrachten Gedenktafel
für Silvio Meier statt. Diese wurde in den letzten Jahren mehrfach
entwendet und immer wieder mit neonazistischen Symbolen beschmiert. Erst
in der Nacht zu Dienstag wurde sie mit schwer löslicher Teerfarbe
nahezu unkenntlich gemacht.
Neonazis missbrauchen den Gedenktag immer wieder, um sich mit solchen
und ähnlichen Provokationen in Szene zu setzen. Im vergangenen Jahr
tauchten am Tag der Demonstration Flugblätter mit neonazistischem
Inhalt in Friedrichshain auf.
Die Aktionskünstlerin Ute Donner hat die Auseinandersetzung um die
Installation der Gedenktafel seit Jahren begleitet und aus Bildern, Fotos
und Dokumenten eine Ausstellung konzipiert, die Mitte November in der
Theaterkapelle, Boxhagener Str. 99, zu sehen war. Eine Präsentation
mit allen Plakaten der vergangenen Gedenkdemonstrationen ist noch bis
Samstag im Stadtteilzentrum Zielona Gora in der Grünberger Straße.
73 ausgestellt.
Bereits im letzten Jahr hatten AntifaschistInnen den U-Bahnhof Samariterstraße
symbolisch in Silvio-Meier-Straße umbenannt. Um dieser Form des
Gedenkens nun auch eine nachhaltige Präsenz im Stadtbild zu verschaffen,
hat sich auf Anregung der Antifaschistischen Linken Berlin (ALB) und der
LINKEN im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg die »Initiative für
ein aktives Gedenken – Her mit der Silvio-Meier-Straße«
gegründet. Diese fordert die Um- bzw. Neubenennung einer Straße
in der Nähe des Tatortes. Doch kämen auch andere öffentliche
Orte wie Bibliotheken oder öffentliche Plätze in Friedrichshain
in Betracht. Dies wäre aufgrund eines Beschlusses der Bezirksverordnetenversammlung,
nach dem Straßen nur noch nach Frauen zu benennen sind, wohl auch
wahrscheinlicher, weil hierfür diese Regelung nicht gilt.
Eine Podiumsdiskussion mit der ALB, dem stellvertretenden Bezirksvorsitzenden
der LINKEN, Damiano Valgolio, dem ehemaligen Hausbesetzer und Freund Silvios,
Freke Over, Vertretern der Friedrichshainer Initiative gegen Rechts sowie
der Antifa Friedrichshain am 14. November war der Startschuss für
die Kampagne. Nicht nur sollte das Für und Wider einer solchen Aktion
diskutiert und die Initiative vorgestellt werden, es sei nun auch daran,
»mehr Mitstreiter zu suchen und den formalen Weg durch die BVV zu
gehen«, wie ein Sprecher der ALB ergänzt. Ziel sei es, bis
spätestens November 2012, wenn sich der Tag der Ermordung zum 20.
Mal jährt, eine Um- bzw. Neubenennung zu erreichen.
Silvio Meier geriet zusammen mit einigen Freunden am 21. November 1992
im U-Bahnhof Samariterstraße mit acht Neonazis in eine Auseinandersetzung,
in deren Verlauf der Antifaschist und Hausbesetzer erstochen wurde. Seither
findet immer um den Todestag eine Gedenkdemonstration in Berlin statt.
<<< Presse
18.11.2010 Zitty
Gibt es eigentlich noch Nazis?
Die rechtsextreme Szene in Berlin steckt
in einer tiefen Krise. Öffentlich wirksame Großaufmärsche
werden durch die starke Zivilgesellschaft unmöglich gemacht, zudem
laufen der zerstrittenen NPD die Mitglieder davon. Eigentlich eine gute
Nachricht. Wäre da nicht eine neue Generation von Nachwuchsnazis,
die immer brutaler vorgehen: Der vorläufige Höhepunkt ist ein
Brandanschlag in Kreuzberg 36.
Die verbrannte Markise hängt in Fetzen
herunter. Vor dem „Gemischtwarenladen für Revolutionsbedarf“
sind noch die schwarzen Brandflecken auf dem Boden sichtbar. Bis zum ersten
Stockwerk des Wohnhauses schlugen die Flammen. „4.000 Euro Sachschaden“,
sagt Ladeninhaber Hans-Georg Lindenau, der in seinem Rollstuhl vor dem
linken Kultgeschäft M99 in der Manteuffelstraße sitzt. Sein
Infoladen mit Polit-Shirts, Büchern und Armyklamotten ist ein Relikt
aus Hausbesetzerzeiten und weit über Berlin hinaus bekannt. In der
Nacht zum 27. Oktober zog eine Gruppe Neonazis von Neukölln bis nach
Kreuzberg. Sie sprühten Parolen und NS-Symbole. Bei einem jungen
Gewerkschafter, der in einem Prozess als Zeuge gegen einen Rechten ausgesagt
hatte, hinterließen sie Morddrohungen an der Hauswand. Wenige Meter
vom M99 entfernt schmierten sie ein verbotenes Keltenkreuz. Gegen 3 Uhr
brannten dann die Außenregale des Ladens. Jetzt ermittelt der Staatsschutz.
Die Bewohner im Kiez sind entsetzt. „Der Brandanschlag erfüllt
mich mit großer Sorge“, sagte Bezirksbürgermeister Franz
Schulz (Grüne) und versicherte dem Geschäft seine Unterstützung.
_ Inszenierung als braune
Straßenkämpfer
„Nach Kreuzberg zu kommen, um Feuer zu legen, das hätten die
sich vor ein paar Jahren noch nicht getraut“, sagt Lars Laumeyer
von der Antifaschistischen Linken Berlin (ALB). „Wer ein Haus anzündet,
nimmt auch den Tod der Bewohner in Kauf.“ Mit „die“
meint er eine neue Generation von jungen, gewaltbereiten Neonazis. Sie
nennen sich „Autonome Nationalisten“. Eine rechte Wortschöpfung,
die als identitätsstiftender Sammelbegriff für „erlebnisorientierte“
und besonders aggressive Rechte dient. Das Durchschnittsalter in diesem
Teil der Szene liegt bei 20 Jahren. Sie kleiden sich ganz in schwarz,
tragen Turnschuhe, Kapuzenpullover und Piercings. Sie bewundern den radikalen
Gestus der linksradikalen Bewegung und versuchen, sich nach Außen
modern und cool zu geben. Für Laien ist es kaum noch möglich,
einen Neonazi auf Anhieb zu erkennen. Das in den 90er Jahren geprägte
Bild vom Naziskinhead mit Bomberjacke und Springerstiefeln gibt es heute
nicht mehr.
Rückblick. Es ist der 1. Mai dieses Jahres. Die NPD hat einen Großaufmarsch
in der „Reichshauptstadt“ angekündigt. Bis zu 1.000 Neonazis
aus ganz Deutschland werden erwartet. Sie wissen, dass sie vermutlich
nicht marschieren können. Zu stark sind die Proteste. Von linken
Ökos bis Prenzlauer Berg-Familien, von Antifa bis SPD – Tausende
blockieren friedlich die Route.
Plötzlich eine Nachricht, die die Polizei nervös werden lässt:
Rund 300 Neonazis aus Berlin und Brandenburg sind auf dem Weg zum Aufmarsch
aus der S-Bahn ausgestiegen und stürmen über den Kurfürstendamm.
Sie rufen Parolen, prügeln auf Polizisten ein und greifen Passanten
mit dunkler Hautfarbe an. Erst nach 15 Minuten sind genug Beamte vor Ort,
um den Mob zu stoppen. Bei der Festnahme der 286 Personen finden die Einsatzkräfte
Schlagstöcke, Pfefferspray, Feuerwerkskörper und ein Messer.
Gegen alle Beteiligten wird wegen Landfriedensbruch ermittelt. Es stellte
sich heraus, dass die Aktion von langer Hand geplant war: Per Email hatten
die Organisatoren genaue Routen der angeblichen „Spontandemo“
an Führungskader verschickt. Und noch ein beunruhigendes Detail wird
erst Monate später bekannt: Ein Neonazi hatte versucht, mehrere selbstgebaute
und mit Scherben versetzte Sprengsätze zum Aufmarsch nach Prenzlauer
Berg zu bringen. Er sitzt inzwischen in Untersuchungshaft. Im Internet
feierte die Szene den „Marsch der 300“ am Ku’damm trotzdem
als erfolgreiche neue Strategie.
Tatsächlich zeigt der Tag, dass die Berliner Naziszene am Boden liegt.
Großaufmärsche, mit denen die Rechten hoffen, die Bevölkerung
zu erreichen, sind kaum durchführbar. Zu gut ist die Zivilgesellschaft
vernetzt, zu wenig fruchtbaren Boden finden die rassistischen Parolen
in der Stadt. Viele ältere Führungskader sitzen im Gefängnis.
Der junge Nachwuchs konzentriert sich aufgrund mangelnder Wahlerfolge
auf die so genannte „Anti-Antifa-Arbeit“ und schreckt dabei
auch nicht vor Gewalt zurück. Systematisch sammeln die „Autonomen
Nationalisten“ Adressen und Bilder von missliebigen Journalisten,
Gewerkschaftern und politischen Gegnern.
„Die Neonazis, die bei Prozessen die Namen und Anschriften von Nazigegnern
ausspähen und Fotos machen, sind bekannt“, sagt ALB-Sprecher
Laumeyer. Auch wer hinter der Internetseite steckt, auf der regelmäßig
Namen der Gegner veröffentlicht werden, ist kein Geheimnis: Der Rechtsextremist
Sebastian Schmidtke war früher führendes Mitglied der militanten
Kameradschaft „Märkischer Heimatschutz“ und hat viele
Aufmärsche in Berlin angemeldet. Inzwischen ist er stellvertretender
Landesvorsitzender der NPD. Seine Politkarriere zeigt, wie eng die militante
Szene mit der NPD verknüpft ist. Auch die Adresse vom M99 wird auf
der Seite indirekt als gutes Anschlagziel genannt. Trotz mehrfacher Hinweise
und einer Anfrage der Grünen im Abgeordnetenhaus hat die Justiz den
im Ausland stehenden Server bis heute nicht abschalten können.
_ NPD im Abseits
„Diese nächtlichen Anschläge und Schmierereien verhelfen
den Tätern mit verhältnismäßig geringem Organisationsaufwand
zu großer medialer Präsenz“, sagt Bianca Klose. Sie ist
die Leiterin der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus, die im Auftrag
des Senats die rechte Szene beobachtet und die Bezirke berät. Auch
Klose wird immer wieder im Internet massiv bedroht. In den Einschüchterungsversuchen
sieht sie ein Zeichen für die personelle Schwäche der Rechten.
Besonders deutlich zeigt die sich bei der Berliner NPD. Auf 250 Mitglieder
ist der
Landesverband in den letzten Jahren geschrumpft. Parteiinterne Machtstreitigkeiten
führten zu einer Austrittswelle. Zudem fehlt es an charismatischen
Führungspersonen. Im Februar wurde ein neuer Landesvorsitzender gewählt:
Uwe Meenen, ein „ideologisch gefestigter Neonazi mit tief verwurzeltem
Antisemitismus“, wie es im Verfassungsschutzbericht heißt.
Große Ausstrahlung auf die jungen, aktionistischen Neonazis hat
der blasse, schwarzhaarige Bekannte von Holocaustleugner Horst Mahler
nicht.
Derzeit sitzen NPD-Mitglieder in den Bezirksverordnetenversammlungen von
Lichtenberg, Marzahn-Hellersorf, Treptow-Köpenick und Neukölln.
Viele rhetorisch wenig begabte NPDler schaffen es kaum, drei gerade Sätze
auf dem Podium vorzutragen. Das Erfolgsrezept der demokratischen Parteien
ist einfach: Die NPD wird politisch in den Rathäusern isoliert, ihre
Anträge grundsätzlich gemeinsam abgelehnt. Danach begründet
fraktionsübergreifend immer nur ein Abgeordneter im Namen aller Parteien
die Ablehnung. „Damit wird der rechtsextreme Charakter der NPD aufgezeigt
und verhindert, dass sie sich als Opfer inszenieren kann“, sagt
Klose.
Auch was rechtsextreme Infrastruktur angeht, sieht es für die „Kameraden“
schlecht aus. Anders als früher wohnt der harte Kern nicht mehr in
Hochburgen, wie um die Weitlingstraße in Lichtenberg, sondern über
die ganze Stadt verteilt. Mit dem Bekleidungsgeschäft „Harakiri“
hat im Februar der letzte offizielle Naziladen in Prenzlauer Berg geschlossen.
Der bei Rechten beliebte Thor Steinar-Laden in Mitte wird bald zwangsgeräumt
und das zweite Geschäft in Friedrichshain wurde gekündigt.
_ Nazi-Homezone in Schöneweide
Derzeit gibt es nur noch zwei zentrale Nazi-Treffpunkte, in denen auch
Veranstaltungen durchgeführt werden: die NPD-Bundesgeschäftsstelle
in Köpenick und die Kneipe „Zum Henker“ in Schöneweide.
„Der Henker fungiert im Gegensatz zur NPD-Zentrale auch als sozialer
Treffpunkt, um Nachwuchs zu rekrutieren und die eigene Arbeit zu verstetigen“,
sagt Kati Becker vom Zentrum für Demokratie Treptow-Köpenick.
Bei Saufgelagen und Parties könnten ältere Kader Kontakte zu
Jüngeren knüpfen, die dann zur nächsten Politveranstaltung
in den selben Räumen eingeladen werden. Den Bereich um den „Henker“
betrachten die Neonazis als „szeneeignes Territorium“ in dem
sie machen können, was sie wollen. Doch außerhalb von Schöneweide
fehlen solche Räume und auch der „Henker“ ist Ziel von
Protesten: Im April wurde die Fassade mittels rosa Farbbeuteln „umgestaltet“.
Schon lange träumen die Rechten deshalb von einem „Nationalen
Jugendzentrum“ für Konzerte, Schulungen und Kneipenbetrieb
in der Innenstadt. Erst im August warnte der Verfassungsschutz Hausbesitzer
in Pankow, Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf, Treptow-Köpenick und
Neukölln. Es gebe aus dem Neonazispektrum „aktuell konkrete
Bemühungen, kleinere bis mittlere Immobilien für entsprechende
Zwecke zu mieten, zu pachten oder sogar zu kaufen“. Dabei würden
die Rechten als Privatpersonen auftreten oder sich als sozial engagierter
Verein tarnen.
111 rassistische, schwulenfeindliche und antisemitische Angriffe hat die
Opferberatungsstelle ReachOut allein im Jahr 2009 gezählt. Mehr als
150 Menschen wurden dabei verletzt. Die Dunkelziffer liegt vermutlich
um einiges höher. „Manche Opfer melden einen Angriff aus Angst
vor den Tätern nicht oder leben illegal hier und haben Angst, abgeschoben
zu werden“, sagt Helga Seyb von ReachOut. Was kaum jemand weiß:
Am häufigsten schlagen die Täter ausgerechnet im Ausgehbezirk
Friedrichshain zu. „Hier gibt es wichtige Umsteigebahnhöfe
und im Bezirk bewegen sich potenzielle Opfergruppen wie Punks oder alternative
Jugendliche“, sagt Seyb. In den Jahren 2007 und 2008 gab es derart
viele Übergriffe in Friedrichshain, dass ReachOut eine Grafik mit
den Tatorten im Internet veröffentlicht hat. Die ist übersäht
mit Orten der Gewalt.
Auch ohne rechte Großaufmärsche gibt es weiter Bedarf an öffentlicher
Gegenwehr: Am 20. November werden wieder tausende Menschen zu der jährlichen
Gedenkdemonstration für Silvio Meier erwartet. „Ein Zeichen
der Solidarität mit allen Opfern neonazistischer und rassistischer
Gewalt“ wollen die Organisatoren setzen. Der Hausbesetzer Silvio
Meier wurde am 21. November 1992 von Naziskinheads erstochen – mitten
im heutigen Partykiez in Friedrichshain.
<<< Presse
18.11.2010 Jungle World
»Wir richten keine Appelle an den
Staat«
Am 20.?November findet in Berlin die jährliche
Silvio-Meier-Demonstration statt, in diesem Jahr unter zwei verschiedenen
Mottos. Nico Nussinger ist Sprecher des Vorbereitungsbündnisses.
Dessen Aufruf kann unter der Internetadresse silviomeier.de.vu nachgelesen
werden.
Interview: Ivo Bozic
Was ist der Hintergrund dieser alljährlichen
Gedenkdemonstration?
Silvio Meier war ein Antifaschist und Hausbesetzer.
Er wurde 1992 im U-Bahnhof Samariterstraße in Berlin-Friedrichshain
von Nazis umgebracht. Die Mörder sind mit sehr geringen bzw. ganz
ohne Haftstrafen davongekommen. Die Tat wurde entpolitisiert und als Auseinandersetzung
zwischen Jugendbanden dargestellt. Dabei war die Tat eindeutig politisch.
Silvio Meier hat einen der Nazis auf seinen Aufnäher angesprochen,
und daraufhin kam es dann zu der Konfrontation, die mit seinem Tod endete.
Und auch die ganzen Umstände Anfang der neunziger Jahre, der nationalistische
Taumel und die rassistischen Pogrome damals, die ganze Stimmung war politisch
extrem aufgeladen. Seitdem hat sich die Silvio-Meier-Demonstration
zu einer festen Institution in der Berliner Antifa-Szene entwickelt.
Es gibt auch eine Kampagne dafür, eine
Straße nach Silvio Meier zu benennen. Gibt es da Fortschritte?
Der Vorschlag, die Samariterstraße
in Silvio-Meier-Straße und entsprechend auch den U-Bahnhof umzubenennen,
existiert schon seit Jahren, hat aber bisher leider zu keinem Erfolg geführt.
Gibt es neben dem Gedenken an Silvio Meier
auch aktuelle Anlässe für die Demonstration?
Es wird jedes Jahr auf aktuelle Dinge Bezug
genommen. In diesem Jahr ist das Motto »Kampf den Nazis! Kampf dem
Staat! Gemeinsam für eine Gesellschaft ohne Rassismus und Unterdrückung!«
Wir wollen auf die rassistischen Zustände in Deutschland aufmerksam
machen, die ja in diesem Sommer auch durch Thilo Sarrazins Buch wieder
deutlich geworden sind, als auf dem Fuße folgend die Politiker gleich
eine neue Integrationsdebatte losgetreten haben, mit klar rassistischer
Schlagseite. In einem Klima, in dem von ganz oben bis unten an den Stammtischen
alle gegen integrationsunwillige Migranten hetzen, können sich Nazis
gut als Vertreter des Volkszorns gebärden und auf entsprechende Sympathien
bei ihren Aktionen hoffen. In diesem Kontext muss man auch die jüngsten
Vorfälle sehen, wie den Nazi-Mord an dem 19jährigen Kamal in
Leipzig, den Brandanschlag auf die Synagoge in Mainz und auch den Brandanschlag
auf das linke Szene-Geschäft »M99« in Berlin.
Es geht also um große politische Themen,
aber in den letzten Jahren war die Demonstration immer eher eine Art Schüler-Demo.
Was sagt uns das über die Antifa-Bewegung?
Generell ist Antifa, wie wir sie seit Ende
der achtziger, Anfang der neunziger Jahre in Deutschland kennen, leider
oft eine Jugendbewegung. Und speziell die Silvio-Meier-Demo ist schon
auch ein bisschen als Jugenddemo angelegt. Für viele jüngere
Leute war das tatsächlich die erste Demonstration, auf die sie
gegangen sind. Aber es fängt langsam eine Diskussion an über
die Frage, mit welchen Bündnispartnern man künftig zusammenarbeiten
möchte, inwiefern unser Kampf nur erfolgreich sein kann, wenn wir
ihn mit denen zusammen führen, die von Nazis und staatlichem Rassismus
verfolgt und bedroht sind, wie Migrantenorganisationen, jüdischen
Gemeinden, Vereinigungen von Sinti und Roma und so weiter.
In dem Aufruf heißt es: »Jeder
konsequente Widerstand gegen Nazis stößt früher oder später
auf den deutschen Staat. Bei jedem Naziaufmarsch sehen sich AntifaschistInnen
der Polizei gegenüber.« Das können doch die Nazis genauso
gut von ihren Aufmärschen behaupten. Und während es einige staatliche
Förderprogramme gab und gibt, bei denen Antifas dafür bezahlt
werden, sich gegen Rechtsextremismus zu engagieren, kenne ich kaum einen
Fall, bei dem es andersherum ist.
Man kommt nicht weit, wenn man das im Sinne
einer Totalitarismustheorie gleichsetzt. Fakt ist, dass die Nazis in Deutschland
an der Macht waren, halb Europa versklavt haben, das europäische
Judentum und 500?000 Sinti und Roma vernichtet haben. Und wenn Leute,
die sich direkt in diese Tradition stellen, 65 Jahre nach dem Ende des
Faschismus hierzulande überhaupt die Möglichkeit haben aufzumarschieren,
dann ist das allein schon ein Skandal. Und erst recht, wenn so ein Aufmarsch
dann von der Polizei durchgeprügelt wird, wie es häufig passiert.
Also das heißt, eigentlich müsste
der Staat auf eurer Seite sein?
Wir richten keine Appelle an den Staat.
Letztlich muss der Kampf gegen Nazis selbst organisiert werden.
Es gibt zwei Aufrufe in diesem Jahr und
auch zwei konkurrierende Mobilisierungen. Wie kam es denn dazu?
Das ist tatsächlich eine neue Entwicklung.
Das hat es vorher noch nicht gegeben. Es gibt das Silvio-Meier-Bündnis,
in dem der Großteil der Berliner Antifa-Gruppen sich zusammengeschlossen
hat und das die Mobilisierung Jahr für Jahr stemmt. Dieses Jahr hat
sich eine Gruppe in dem Aufruf des Bündnisses nicht so richtig wiedergefunden
und dann ihre eigene Mobilisierung gestartet. Man kann es positiv sehen,
dass so doppelt mobilisiert wird, aber nach außen hin hat das natürlich
für Irritationen gesorgt und vermittelt nicht gerade das Bild eines
geschlossenen Vorgehens.
Euer Aufruf setzt sich mehr mit gesellschaftlichem
und staatlichem Rassismus auseinander, bei dem konkurrierenden Aufruf
der Antifaschistischen Linken Berlin (ALB) gibt es noch eine antikapitalistische
Ausrichtung. Ist das die Differenz?
Wir haben nicht bewusst Kapitalismuskritik
aus unserem Aufruf rausgehalten, wir wollten nur einfach ein Thema klar
in den Mittelpunkt stellen, und das ist das Zusammenspiel von Nazis und
Staat hinsichtlich des Rassismus. In dem anderen Aufruf werden verschiedenste
Dinge aufgelistet. Aber dass das ursächlich war, würde ich nicht
sagen.
Was ist denn dann der Grund?
Da muss man jene fragen, die die Einzelmobilisierung
gestartet haben.
In eurem Aufruf heißt es an erster
Stelle: »Kampf den Nazis«. Bei der ALB kommen »Nazis«
erst an vierter Stelle nach »Staat«, »Repression«
und »Pressehetze«. Vielleicht geht es denen gar nicht mehr
so sehr um die Nazis?
Auch in unserem Aufruf steht aber zum Beispiel,
dass der Staat Hauptakteur des Rassismus ist und seine Abschiebe- und
Migrationspolitik letztlich die Forderung der Nazis, »Ausländer
raus«, ganz praktisch umsetzt.
Wie viele Teilnehmer werden erwartet?
Voriges Jahr waren es um die 4?000 Leute.
Wir gehen davon aus, dass es dieses Jahr auch wieder eine gute Beteiligung
gibt.
Ihr schreibt da »Kampf dem Staat«,
aber wenn der Staat gegen euch kämpft und die Polizei repressiv auftritt
bei der Demonstration, werdet ihr euch sicher beschweren, oder?
Selbstverständlich reagieren wir auf
staatliche Offensiven gegen die linke Bewegung auch mit unserer Öffentlichkeitsarbeit.
Und selbstverständlich beschweren wir uns immer über diesen
Staat. Nicht, weil wir denken, er müsse nur besser verwaltet werden.
In Berlin sieht man ja deutlich, dass eine rot-rote Regierung auch nichts
besser macht. 2009 wurden aus Berlin auch 1?500 Menschen abgeschoben und
zurückgewiesen. Aber wie die Polizei bei der Demonstration vorgehen
wird, bleibt abzuwarten. Vielleicht beschwert sie sich ja auch anschließend.
<<<
Presse
17.11.2010 Junge Welt
Anschlag auf Gedenktafel für Silvio Meier
Am Samstag Demonstration für den 1992 von Neonazis ermordeten Hausbesetzer
Zum wiederholten Mal wurde im U-Bahnhof
Samariterstraße in Berlin-Friedrichshain ein Anschlag auf die Silvio-Meier-Gedenktafel
verübt. Am Dienstagmorgen wurde entdeckt, daß Unbekannte die
Tafel mit schwarzer Teerfarbe beschmiert hatten. Das geht aus einer gestern
veröffentlichten Pressemitteilung der Antifaschistischen Linken Berlin
(ALB) hervor. Die Tafel, die an den von Neonazis ermordeten Haubesetzer
Silvio Meier erinnert, wurde bereits in den vergangenen Jahren mehrfach
gestohlen oder mit Neonazisymbolen beschmiert. Am kommenden Samstag findet
die jährliche Silvio-Meier-Demonstration statt die sich auch gegen
Neonazistrukturen in Berlin richtet. Seit mehreren Monaten kommt es in
Friedrichshain, Kreuzberg und Neukölln zu Schmierereien und Angriffen
auf antifaschistische und linke Einrichtungen und Läden. Erst vor
drei Wochen setzten Neonazis die Auslage des Kreuzberger Infoladens M99
in Brand und sprühten SS-Runen und ein Keltenkreuz auf den benachbarten
Laden Red Stuff. Nur durch das schnelle Eingreifen von Nachbarn konnte
verhindert werden, daß das Feuer auf das Wohnhaus übergriff.
Die ALB vermutet die Täter im näheren Umfeld der Internetseite
nw-berlin.net. Auf dieser Seite hat man sich in der Vergangenheit mit
Anschlägen gebrüstet und Listen potentieller Anschlagsziele
veröffentlicht.
Linke Gruppen wollen sich davon nicht einschüchtern lassen. So hat
sich kürzlich eine antifaschistische Initiative gebildet, die sich
für die Benennung eines öffentlichen Ortes nach dem ermordeten
Silvio Meier einsetzt. Der Hausbesetzer war 1992 von Neonazis erstochen
worden. Vorangegangen war eine Auseinandersetzung um einen rechten Jackenaufnäher.
»Es ist höchste Zeit, daß an die Tat auch mit einem sichtbaren
Zeichen im öffentlichen Raum erinnert wird«, sagte Damiano
Valgolio, stellvertretender Vorsitzender der Linken im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg
gegenüber junge Welt. Neben der Linkspartei unterstützen auch
die ALB und verschiedene lokale Gruppen die »Initiative für
ein aktives Gedenken«. Bereits im vorherigen Jahr hatten Aktivisten
symbolisch den U-Bahnhof Samariterstraße umbenannt.
Für Heike Weingarten, Mitarbeiterin im Register Friedrichshain, das
rechte Übergriffe dokumentiert, geht es nicht nur um das Gedenken
an Silvio Meier. »Wenn ein öffentlicher Ort nach ihm benannt
wird, weist das auch auf die bis heute anhaltende rechte Gewalt hin. Den
Menschen, die im Bezirk gegen Neonazis kämpfen, würde der Rücken
gestärkt«, so Weingarten. Für die Gedenkinitiative kommen
neben einer Straße auch andere öffentliche Orte in Tatortnähe
in Betracht. Im Gespräch sind etwa Sportstätten, Plätze
in Friedrichshain und eine Bücherei des Bezirks. Auch Freke Over,
langjähriger Anmelder der Silvio-Meier-Demonstration, unterstützt
die Forderung nach einem öffentlichen Gedenken. Over, der zehn Jahre
für die damalige PDS im Abgeordnetenhaus saß, kannte Silvio
gut von gemeinsamen Hausbesetzungen in der Mainzer Straße. »Es
geht bei dem Gedenken nicht um Heldenverehrung. Ich bin für die Benennung
einer Straße nach Silvio Meier nicht deswegen, weil er Opfer von
Nazigewalt geworden ist. Entscheidend ist das Warum. Er wurde ermordet,
weil er sich den Rechten mutig entgegengestellt hat«, betonte Over.
Für die Benennung von Straßen und anderen öffentlichen
Orten ist die Bezirksverordnetenversammlung zuständig. In Friedrichshain-Kreuzberg
haben die Linkspartei und die Grünen die Mehrheit. Die antifaschistische
Initiative möchte die Umbenennung spätestens bis November 2012
realisieren. Dann jährt sich der Mord zum 20. Mal.
<<< Presse
17.11.2010 TAZ
Silvio wird nicht vergessen
Unbekannte beschmieren die Silvio-Meier-Gedenktafel in einem U-Bahnhof
mit Teer. Initiative will eine Straße nach dem 1992 ermordeten Hausbesetzer
benennen.
Ute Donner steht am Ausgang des U-Bahnhofs
Samariterstraße, blickt aufgelöst auf den schwarzen Fleck an
der Wand. Der verbirgt die Gedenktafel für den Hausbesetzer Silvio
Meier, der an dieser Stelle am 21. November 1992 von einem Neonazi erstochen
wurde. Teer übertüncht die Plakette, schwarze Spritzer von den
Fliesen daneben bis auf den Boden. "Es ist beschämend, dass
in heutiger Zeit so etwas passiert", schüttelt Donner, Künstlerin
und Bekannte der Familie Meiers, den Kopf.
Die geschändete Tafel war von einem Passanten Montagnacht gegen 23.30
Uhr entdeckt worden. BVG-Sprecherin Petra Reetz bezeichnete die Tat als
"inakzeptablen Vandalismus gegen ein demokratisch beschlossenes Gedenkzeichen".
Erste Reinigungsversuche am Dienstag zeigten wenig Erfolg, in der Nacht
sollte die Plakette mit einem Hochdruckreiniger gesäubert werden.
Die Polizei ermittelt wegen politisch motivierter Sachbeschädigung.
Videoaufnahmen zu der Tatzeit hat die BVG gesichert.
In den letzten Jahren war die Tafel immer wieder beschädigt worden.
Zuletzt wurde ein Exemplar 2006 aus der Wand gerissen, eine Ersatztafel
anschließend gestohlen. Ein Antifa-Bündnis will am Samstag
mit einer traditionellen Demo zum Gedenken an Silvio Meier durch Friedrichshain
ziehen. Der Anschlag auf die Tafel sei "eine Provokation gegen die
Demonstration", sagte Lars Laumeyer, Sprecher der Antifaschistischen
Linken Berlin. Die grüne Abgeordnete Canan Bayram nannte die Tat
einen "feigen Angriff". "Wir werden es nicht hinnehmen,
dass Nazis in Friedrichshain Fuß fassen."
Schon vor dem Anschlag forderte eine Initiative aus Antifa-Gruppen und
Linkspartei, eine Straße in der Nähe des U-Bahnhofs Samariterstraße
nach Silvio Meier zu benennen. "Als symbolischer Akt gegen Neonazi-Gewalt
und Ehrung für den Mut, gegen Nazis aufzustehen", so Damiano
Valgolio, Linken-Vorstand in Friedrichshain-Kreuzberg. Der 27-jährige
Meier war ermordet worden, nachdem er versucht hatte, einem Neonazi einen
rechten Aufnäher von der Jacke zu reißen.
Dass Straßen im Bezirk vorerst nur nach Frauen benannt werden sollen,
sieht Valgolio nicht als Problem. "Bei wichtigen Persönlichkeiten
gibt es Ausnahmen, siehe Rudi-Dutschke-Straße 2008." Alternativ
sei auch die Benennung eines Platz oder einer öffentlichen Einrichtung
denkbar, so Valgolio. Das Prozedere solle bis November 2012 durch sein.
Daniel Wesener, Sprecher der grünen Fraktion in der BVV Friedrichshain-Kreuzberg,
begrüßte die Initiative. Die Idee müsse noch in der Partei
besprochen werden, eine Umsetzung bis 2012 sei aber realistisch.
Unterdessen präsentierte das Register Friedrichshain, eine Dokumentationsstelle
rechter Übergriffe, eine Befragung von Gewerbetreibenden im Bezirk
zu Alltagsrassismus. Darin erklärten 9,5 Prozent der Unternehmer,
in ihren Läden Diskriminierung oder Rassismus erfahren zu haben -
gegen sich selbst oder gegen Kunden. 15 Prozent schätzten, dass es
Menschen in Friedrichshain gibt, die sich "nicht sicher fühlen".
Jeder Fünfte gab an, sich gegen Rassismus engagieren zu wollen. 11,7
Prozent äußerten in diesem Fall aber Angst vor Gewalt oder
Vandalismus.
An der im Juni 2010 gestarteten Umfrage hatten sich 53 von 650 angefragten
Betrieben beteiligt. Studienverfasserin Heike Weingarten wertete die Zahlen
als Auftrag, mehr Unternehmen zu sensibilisieren und für ein Engagement
gegen Rassismus zu gewinnen. "Wenn viele mitmachen, gerät niemand
in den Fokus von Rechten und Rassisten."
<<< Presse
16.11.2010 ZEIT
Nazis schänden Gedenktafel für
ermordeten Silvio Meier
Die Gedenktafel für den 1992 von Neonazis
erstochenen Hausbesetzer Silvio Meier in Friedrichshain ist in der Nacht
zu Dienstag geschändet worden. Vermutlich Mitglieder der rechten
Szene beschmierten die Tafel im U-Bahnhof Samariterstraße mit schwer
löslicher Teerfarbe. In den letzten Jahren wurde die Metallplatte
bereits mehrfach gestohlen und mit rechtsextremen Symbolen beschmiert.
„Wir haben gleich am Morgen damit begonnen die Tafel zu reinigen“,
sagte BVG-Sprecherin Petra Reetz.
Der 27-jährige Meier verblutete am 21. November 1992 auf Zwischen-Ebene
des Bahnhofs nachdem der Rechtsextremist Sandro S. mit einem Messer auf
ihn einstach. Meier hatte sich zuvor über einen Aufnäher „Ich
bin stolz, ein Deutscher zu sein“ von einem der Rechten empört.
Nach der Tat riefen die Angreifer „Jetzt haben wir es euch gezeigt,
ihr linken Säue.“ Der 17-jährige Haupttäter wurde
1993 wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren
verurteilt. Zwei Mitangeklagte erhielten Freiheitsstrafen von dreieinhalb
Jahren, beziehungsweise acht Monaten auf Bewährung.
„Dieser Anschlag ist ein Provokation gegen die Gedenkdemonstration“,
sagte Lars Laumeyer von der Antifaschistischen Linken Berlin (ALB). Am
Samstag werden wieder mehr als 1000 Teilnehmer bei der jährlichen
Silvio-Meier-Demonstration in Friedrichshain erwartet. Der Aufzug beginnt
um 15 Uhr mit einer Mahnwache am U-Bahnhof Samariterstraße. Bereits
am Sonntag forderte ein Bündnis die Benennung einer Straße
in der Nähe des Tatortes nach Silvio Meier. „Infrage kommen
aber auch Plätze im Bezirk“, sagte Damiano Valgolio, Vize-Chef
der Linken in Friedrichshain-Kreuzberg.
<<< Presse
15.11.2010 TAZ
Rechtsausstatter muss raus
Nach zwei Jahren schließt das "Thor Steinar"-Geschäft
in Mitte endgültig. Auch der Friedrichshainer Filiale droht das Aus.
Bürgerinitiative zeigt sich erleichtert
Arg gebeutelt sah der Laden schon länger
aus: Die Scheiben zersprungen, Farbbeutelspritzer an der Fassade und auf
dem Pflaster vor der Tür. Jetzt macht "Tönsberg",
der Thor-Steinar-Laden in der Rosa-Luxemberg-Straße in Mitte, richtig
dicht: Nach verlorenen Prozessen muss die Filiale bis zum 8. Dezember
ausziehen. Kommt sie dem nicht nach, wird sie vom Gerichtsvollzieher zwangsgeräumt.
Seit Anfang 2008 wird im Tönsberg Thor-Steinar-Kleidung verkauft,
eine Modemarke, die sich in der rechten Szene einiger Beliebtheit erfreut.
Dagegen formierte sich Protest: Bürger bildeten das Bündnis
"Mitte gegen rechts" und stellten einen Info-Container direkt
vors Geschäft. Demos zogen vor den Laden, Militante schlugen die
Scheiben ein. Schon kurz nach Eröffnung erfolgte die Kündigung.
Eine Räumungsklage lief hoch bis vor den Bundesgerichtshof in Karlsruhe.
Man sei von dem Betreiber arglistig getäuscht worden, da die Marke
Thor Steinar bei Vertragsabschluss nicht genannt wurde, argumentierten
die Vermieter - und gewannen. Das BGH erklärte, dass der Ladenbetreiber
den Vermieter über die Marke von sich aus hätte informieren
müssen, da deren Verkauf zu "außergewöhnlichen Umständen"
führen könne.
Eine erste Räumungsaufforderung zum 30. September ließen die
Inhaber des Tönsberg verstreichen, der Laden blieb geöffnet.
"Daraufhin haben wir die Zwangsvollstreckung für den 8. Dezember
anberaumt", so Christian Verstege, Anwalt der vermietenden Immobiliengesellschaft.
"Wahnsinnig glücklich und erleichtert" sei sie über
die nahende Schließung, sagte Anna-Delia Papenberg, Sprecherin von
"Mitte gegen rechts". Nun könne endlich mit der Sache abgeschlossen
werden. "Es wird wieder einfacher sein, in dieser Straße zu
leben", so Papenberg, selbst Anwohnerin. Annika Eckel von der Mobilen
Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR) lobte den "langen Atem"
des Protests. "Das Tönsberg ist ein schönes Beispiel, wie
zivilgesellschaftlicher und bezirklicher Druck zusammen mit juristischem
Vorgehen zum Erfolg führen kann."
Ob es die Betreiber von Tönsberg auf eine Zwangsräumung ankommen
lassen werden, ist unklar. Die Firma Mediatex in Königs Wusterhausen,
die Thor Steinar vertreibt und auch mehrere Läden führt, wollte
darüber keine Auskunft erteilen. Eine Tönsberg-Verkäuferin
antwortete schnippisch: "Werdet ihr doch sehen." Laut Anwalt
Verstege hat sich die Firma auch ihm gegenüber nicht zu ihrem Auszug
geäußert. Klar sei: "Nach dem 8. Dezember gibt es keine
Kulanz."
Auch für das zweite Berliner Thor-Steinar-Geschäft, das Tromsö
in der Petersburger Straße in Friedrichshain, läuft die Zeit
ab: Am 2. Dezember wird über eine Räumungsklage verhandelt.
Auch hier sieht sich der Vermieter arglistig getäuscht. "Die
Ausgangslage ist aber ungleich schwerer", so Canan Bayram, Grünen-Abgeordnete
und Mitglied von "Friedrichshain gegen Rechts". Denn im Fall
Tromsö wurde vor Mietabschluss Thor Steinar als eine Verkaufsmarke
angegeben. "Wenn wir juristisch nicht weiterkommen, müssen wir
zivilgesellschaftlich wieder Druck aufbauen", so Bayram. "Auch
auf den Eigentümer, der es seinem Mieter so ungemütlich wie
möglich machen sollte."
Die MBR zieht eine grundsätzliche Lehre aus den Rechtsstreitereien:
Wichtig sei präventives Handeln, etwa mit Mietklauseln, die den Verkauf
von bei Neonazis beliebten Produkten untersagen, so Annika Eckel. "Dann
kann man sich später vieles ersparen."
<<< Presse
12.11.2010 Junge Welt
Antifaschisten fordern Silvio-Meier-Straße
Aktionswoche für 1992 in Berlin ermordeten Hausbesetzer
Am 21. November jährt sich die
Ermordung des Hausbesetzers Silvio Meier, der 1992 in Berlin-Friedrichshain
von Neofaschisten erstochen wurde. Meier war damals gemeinsam mit Freunden
in einen Konflikt mit acht Faschisten geraten, da diese unter anderem
Aufnäher mit Sprüchen wie »Ich bin stolz, ein Deutscher
zu sein« trugen. Infolge dessen wurde er am U-Bahnhof Samariterstraße
in Berlin-Friedrichshain erstochen. Die Täter wurden nur zu kurzen
Haftstrafen verurteilt bzw. freigesprochen. Auch in diesem Jahr rufen
mehrere antifaschistische Gruppen zur traditionellen Gedenkdemonstration
für Silvio Meier in der Bundeshauptstadt auf.
Im Rahmen einer Aktionswoche, die am 20. November mit der Demonstration
unter dem Motto »Staat, Repression, Pressehetze, Naziterror –
Gegen Anti-Antifa auf allen Ebenen« endet, sind verschiedene Aktionen
geplant.
So findet am Sonntag, (14. November, 18 Uhr, Theaterkappelle, Boxhagenerstr.
99) eine Veranstaltung »Für ein aktives Gedenken – Her
mit der Silvio-Meier-Straße!« statt, die gleichzeitig Startschuß
einer Kampagne für eine Straßenbenennung sein soll. An der
Veranstaltung werden Damiano Valgolio (Die Linke Friedrichshain-Kreuzberg),
Freke Over (Freund von Silvio Meier) und ein Vertreter der Antifaschistischen
Linken Berlin (ALB) teilnehmen.
Darüber hinaus findet vom 13. bis 15. November (14 bis 20 Uhr) ebenfalls
in der Theaterkappelle eine Ausstellung der Aktionskünstlerin Ute
Donner statt, die sich seit Jahren für eine Gedenkplatte für
Meier am U-Bahnhof Samariterstraße starkmacht.
Im Rahmen der geplanten Gedenkdemonstration wollen Berlins Antifaschisten
auch die Zusammenarbeit mancher Medien mit Polizei, etablierter Politik
und Justiz thematisieren. Aus ihrer Sicht führt diese zu zunehmender
Stimmungsmache gegen linke Organisationen und Gruppen. Außerdem
soll über sich häufende Neonaziübergriffe und -anschläge
in Berlin informiert werden.
<<< Presse
28.09.2010 Endstation Rechts
Notorische Holocaustleugnung: 50 Anklagen und kein
Ende
Der 63-jährige Holocaustleugner Iwan
Götz sieht sich seit vergangenem Freitag vor dem Berliner Strafgericht
mit 50 Anklagepunkten konfrontiert. Und im Knast macht er weiter mit Volksverhetzung,
Verleumdungen, Holocaustleugnung und schriftlicher Gewaltandrohung.
Seit Freitag steht in Berlin ein Mann vor Gericht, bei dem sich bereits
14 Strafverfahren in den letzten 14 Jahren angesammelt haben. Im aktuellen
Prozess wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor, zwischen 2005 und 2008 Hetzbriefe,
die teilweise mehrere hundert Seiten dick waren, an jüdische Prominente,
Politiker und Behörden geschickt zu haben. Der 63-jährige Iwan
Götz habe sich mit diesem Schreiben unter anderem der Volksverhetzung,
Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener, Störung des öffentlichen
Friedens sowie Titelmissbrauchs strafbar gemacht. Er bezeichnete unter
anderem den Holocaust als keine Tatsache, sondern eine Ideologie und Erfindung
der Juden, leugnete in Reichsbürgermanier die Existenz der Bundesrepublik
und nannte den Boykott der Germanischen Neuen Medizin als einen gezielt
geplanten weltweiten Genozid. In praktisch allen seiner Veröffentlichungen
nutzte Götz einen Doktortitel, ohne dafür einen Nachweis erbringen
zu können.
Nach 40-minütiger Verlesung der Anklageschrift räumte der Angeklagte
sämtliche Vorwürfe durch seinen Verteidiger pauschal ein.
Die Justiz ist seit über 10 Jahren mit dem in Berlin-Friedrichshain
ansässigen Iwan Götz vertraut. Er dealte mit gestohlener Ware,
besaß illegal Waffen, schleuste russische Staatsbürger ein,
beleidigte, verbreitete falsche Verdächtigungen, benutzte akademische
Titel und hinterzog Steuern. Vor allem wegen 15-facher Steuerhinterziehung
verbüßt er derzeit eine über 2-jährige Haftstrafe.
Praktisch alle persönlichen Angaben zu seiner Vita lassen den Schluss
zu, dass Iwan Götz ein geübter Hochstapler ist. Seine im Internet
verfügbaren biografischen Daten lesen sich wie eine 007-Agenten-Story.
So will er zu den Wenigen gehört haben, "die an der Vorbereitung,
Organisation und Durchführung des 'spontanen' Mauerfalls teilnahmen".
Als Beruf gibt er wahlweise Psychologe, Detektiv oder Journalist an.
Die gerichtliche Vernehmung des ermittelten Kriminalbeamten ergab, dass
sich Iwan Götz auch in Haft seines missionarischen Eifers widmend.
Eine Zellendurchsuchung im Frühjahr 2010 führte einschlägiges,
von ihm verfasstes Manuskript zu Tage, dessen Adressat die Gefängniszeitung
war.
Mutmaßlich durch seine Lebensgefährtin gelangte eine solches
258-seitiges Elaborat ins Internet.
Mit Absender Iwan Götz, "z.Z. JVA Charlottenburg" ist dort
zu lesen, dass der "Zentralrat der Juden in Deutschland" eine
kriminelle faschistisch-zionistische Zusammenrottung und Frau Merkel eine
zionistische Marionette sei. Weiterhin heißt es in diesem vom 21./22.
Juni 2010 datierten Schreiben, die "Holocaust-Zwangsreliegion ist
von den zionistischen Juden [...] in die Welt gesetzt worden" und
in Deutschland gab es "keine Vernichtungslager, nur Internierungs-
und Arbeitslager". Wie bereits im aktuellen Verfahren behauptet er,
dass der "Holocaust keine Tatsache, sondern lediglich eine Ideologie"
sei.
Immer wieder bezeichnet Götz den ehemaligen Hamburger Bürgermeister
Ole von Beust als Kinderschänder und fordert gar die "Todesstrafe
für Kinderschänder O. v. Beust und andere".
Des weiteren seien ausnahmslos alle Richter und Staatsanwälte feige,
machtgeil und korrupt. 20% der Berliner Richter und Staatsanwälte
seien Kinderschänder.
Im Falle der Einräumung sämtlicher in den drei Anlagen zusammengefassten
Vorwürfe haben die Richter des Strafgerichts Berlin dem notorischen
Holocaustleugner eine maximale Gesamtstrafe von rund zweieinhalb Jahren
in Aussicht gestellt.
Nach der Aussage eines psychiatrischen Gutachters, der dem Angeklagten
keine schuldmindernde Erkrankung bescheinigte, wird der Prozess am kommenden
Mittwoch fortgesetzt.
<<< Presse
25.09.2010 Tagesspiegel
Holocaust-Leugner: Hunderte Hetzbriefe verschickt
Ein 63-jähriger Holocaust-Leugner vor
Gericht. Der Mann verschickte Hetzbriefe, die teilweise mehrere hundert
Seiten dick waren.
In etlichen Schreiben an Behörden und Politikern hatte Iwan G. unter
anderem den Holocaust geleugnet. Im Prozess wegen Volksverhetzung, Verunglimpfung
des Andenkens Verstorbener, Störung des öffentlichen Friedens
sowie Titelmissbrauchs räumte er am Freitag sämtliche Vorwürfe
pauschal ein.
Der Mann aus Friedrichshain beschäftigt die Justiz seit Jahren. Er
beleidigte, hinterzog Steuern und hetzte. In früheren Verfahren soll
er sich als Psychologe und Privatdetektiv vorgestellt haben. Seit Mai
2009 verbüßt er er eine knapp zweijährige Freiheitsstrafe.
In drei Anklagen geht es nun um Taten seit 2005.
Er bezeichnete den Massenmord an den Juden als Geschichtsfälschung
und den Antisemitismus als Erfindung. Er zeigte den damaligen Präsidenten
des Zentralrates der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, an. Immer wieder
leugnete er auch die Existenz der Bundesrepublik. Seine rechtsextremen
Pamphlete verbreitete der in Russland geborene Angeklagte über das
Internet und per Post. Sie gingen an den Deutschen Bundestag, an Bundesministerien
und Politiker wie den früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder
(SPD), an Gerichte und zahlreiche Berliner Haushalte. Iwan G. nutzte dabei
akademische Titel, die er nie erworben hat.
Die Richter haben dem notorischen Holocaust-Leugner im Falle eines umfassenden
Geständnisses eine maximale Gesamtstrafe von zweieinhalb Jahren in
Aussicht gestellt. Ein psychiatrischer Gutachter soll zudem die Schuldfähigkeit
des Mannes beurteilen. Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt.
<<< Presse
09.08.2010 Neues Deutschland
Auf Tuchfühlung mit dem Rassismus
Antifaschisten versuchten auf der Biermeile am Wochenende, extrem rechten
Vorurteilen Paroli zu bieten
Ein Mann zerreißt fluchend einen Handzettel
der Initiative gegen Rechts. Ein Zweiter möchte Aufkleber vom Stand
auf dem Bierfestival mitnehmen, und sein Grinsen verrät, dass er
sich über die Antifaschisten lustig macht. Ein weiterer raunt im
Vorbeigehen, dass Rassismus doch gut sei. Ein Satz, zu dem einem eigentlich
nichts mehr einfällt. Trotzdem sucht Canan Bayram (Grüne) das
Gespräch auch mit diesen Passanten. »Wir müssen mit den
Leuten reden. Das bringt was.« Davon ist die Abgeordnete und Aktivistin
der Kiezinitiative überzeugt.
Am frühen Abend wird es voll auf der Meile. Viele Tausende kommen,
und die Massen schieben sich an dem Infostand vorbei. »Hier stehen
wir genau richtig«, sagt Markus Roth von der Initiative, dabei ist
ihm sichtlich unwohl. Wer sich ein paar Minuten zu ihm setzt, der merkt
schnell, wie sehr die Anwesenheit der Antifaschisten eine Provokation
ist. Soziologen behaupten, der Rechtsextremismus habe seinen Nährboden
in der Mitte der Gesellschaft. Die Initiative gegen Rechts hat auf dem
Bierfestival Tuchfühlung mit ihm aufgenommen.
Dabei sollte es ein friedvolles Volksfest mit Musik werden. Der Veranstalter
Lothar Grasnick distanziert sich ausdrücklich von Flatrate-Partys,
Börsen- und Sonderpreisen. Er wollte nicht, dass die Biermeile in
einem Saufgelage endet. Sein Wunsch erfüllte sich nicht; es ging
zünftig zu – je später der Abend, desto ordinärer
wurde es.
Sebastian Wehrhahn von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin
(MBR) hat das Fest im Vorfeld problematisch eingeschätzt. In den
vergangenen Jahren habe es auf dem Volksfest Angriffe gegen Migranten
und Linke gegeben. Das sollte sich dieses Mal nicht wiederholen, und entsprechend
wurden Vorsichtsmaßnahmen ergriffen: Nach einem Vorbereitungstreffen
entschied das Bezirksamt, dass die Sportanlagennutzungsverordnung für
die Meile gelten solle. Der Veranstalter bekam damit das Hausrecht übertragen,
und er sollte unliebsame Gäste von dem Festival ausschließen.
Lothar Grasnick betonte, dass Neonazis unerwünscht seien. Wer verfassungsfeindliche
Symbole auf der Partymeile trage, solle runterfliegen.
Das Problem ist jedoch dabei: Die rechte Jugend heute trägt nicht
mehr nur Glatze und Bomberjacke, sondern ihre Codes sind versteckt, und
manchmal nur für Insider erkennbar. Die MBR traf sich im Vorfeld
des Festes mit dem Sicherheitsdienst und erklärte ihm die rechten
Symboliken. Sebastian Wehrhahn achtet darauf sehr genau; denn mittels
dieser versteckten Zeichen versuchten die Rechten bewusst, öffentliche
Räume zu besetzen. Die Schulung zeigt Wirkung: Ein älterer Mann
erzählt am Stand der Initiative, wie der Sicherheitsdienst einem
Rechten angewiesen habe, eine Runen-Tätowierung abzukleben. Vereinzelt
werden Neonazis auch der Polizei übergeben. Eine Sensibilisierung
gegenüber Rechtsextremen hat die Biermeile erreicht.
Allerdings werfen Antifaschisten dem Wachdienst auch vor, in etlichen
Fällen ihrer Aufgabe nicht nachgekommen zu sein: So seien am Freitagabend
in einem Bierzelt Neonazis aggressiv geworden, und die Security habe daneben
gestanden und zugeschaut. Die zuständige Sicherheitsfirma K&S
wollte sich gegenüber dem ND dazu nicht äußern. Insgesamt
sei es auf der Biermeile friedlich geblieben, vermeldet der Veranstalter.
Auch die Polizei, die sich dezent im Hintergrund hielt, hat keine größeren
Zwischenfälle bemerkt.
<<< Presse
09.08.2010 TAZ
Wo Hopfen und Malz verloren ist
FANMEILE Trotz Infostand der Initiative gegen Rechts sind das 14. Internationale
Bierfestival auf der Frankfurter Allee und sein Publikum gewöhnungsbedürftig
Der Anruf um die Mittagsstunde reißt
mich aus meinem Schönheitsschlaf. Verabredungen verschlafen, so was
kann schon mal vorkommen, aber nicht heute, wo wieder mal das Bierfestival
auf der Frankfurter Allee stattfindet und ich mich schwer mit dem Kater
vom Vorabend rausreden kann, wo ich doch zum Biertrinken verabredet bin.
Also im Taxi (zur Freude des Fahrers) Fischbrötchen frühstücken
und kurz darauf mit immer noch sichtbaren Kopfkissenabdrücken im
Gesicht über die 14. Biermeile schlendern. Jetzt heißt es aufmerksam
sein, denn die Bekömmlichkeit des ersten Biers kann über den
Verlauf des Tages entscheiden.
Ich wähle das "Agitatorenbier", auf dem Etikett prangen
Honecker und Castro. Die Flasche ist zügig geleert, und dennoch fühle
ich mich nicht wohl zwischen Junggesellen, Kegelvereinen und Hooligangruppierungen,
der Kopf schmerzt noch, und der Regen tut ein Übriges. Alles riecht
nach nassem Hund, nur die Hunde nicht, die riechen bereits verwest. Von
hinten spürt man den feuchten Atem der "Freunde des Bierglasmuseums
Wahrburg", englische Kampftrinker präsentieren ihre Hinterteile,
und die "Oelsnitzer Blasmusikanten" geben logischerweise die
Blasmusikversion eines DJ-Ötzi-Klassikers zum Besten. Was tun?
Die Bierkrugsonnenbrille muss her, für läppische 5 Euro bin
ich nun stolzer Besitzer eines überflüssigen Accessoires, das
mich kurzzeitig in die bierselige Gemeinschaft integriert. Es gibt Dinge,
die die Welt nicht braucht, und es gibt Veranstaltungen wie das Bierfestival.
In diesem Fall denkt die Welt nicht mal darüber nach, ob sie diese
Veranstaltung braucht oder nicht, sie erträgt sie auch nicht, sie
lässt sie einfach vorbeirauschen. Ich tue es ihr gleich, auch das
Honigbier ist schon wieder leer, ein auffallend hübsches Mädchen
ruft: "Hier gibt's Jogi Bier, das weckt den Jogi in dir!" und
ich bin dabei, na klar, ein "Jogi Bier" bitte.
Leider entdecke ich erst später, dass es sich gar nicht um den deutschen
Fussballnationaltrainer, sondern um die indische Bedeutung des Wortes
handelt. Je später der Abend, desto freundlicher das Publikum, dieser
Leitsatz gilt hier genauso wenig wie überall sonst. Allerdings hat
der Veranstalter dieses Mal wenigstens so getan, als ob ihn das größtenteils
rechtslastige Publikum stören würde, und zusammen mit der Initiative
gegen Rechts einen Infostand aufgebaut sowie Flyer verteilen lassen.
Da stehen dann so tolle Fragen drauf wie: "Sie fragen sich: Was haben
Sie damit zu tun, wenn rechte Schreihälse überall Ärger
machen müssen?", und beschreiben somit in Vollendung den Teil
der Besucher, der nicht offen rechtsradikal ist. Die ältere Dame
am Infostand hat ihre Aufgabe offenbar leicht fehlinterpretiert; auf die
Nachfrage, ob es denn bereits besondere Vorkommnisse gegeben habe, antwortet
sie lieber nicht, denn "sie kennt jeden bei der taz", und mein
Name sagt ihr leider gar nichts. Dementsprechend möchte sie auch
nichts berichten, geschweige denn Informationen an die falschen Leute
weitergeben, man weiß ja nie, der Feind hört mit. Todesmutig
habe ich aus anderen Top-secret-Quellen erfahren, dass es wie jedes Jahr
auch diesmal wieder zu Übergriffen auf Andersdenkende kam, doch wen
wundert's?
Inzwischen weiß ich, wie Cidre-Bier aus Afrika und Kreuzberger Klosterbier
schmeckt, ich hab den "Bierkönig" getroffen, die "Muffelhuffer
Biergesellschaft" kennengelernt und bin der ein oder anderen Gruppen
aus dem Weg gegangen.
Mir reicht's, hätte man mich doch lieber zur Hanfparade geschickt,
da ist einem wenigstens alles egal. Am Frankfurter Tor öffne ich
die Tür eines gerade ankommenden Taxis, drei Briten steigen aus,
nicken dem vermeintlichen Bierfestivalpagen höflich zu und drücken
mir 2 Euro in die Hand. Bloß weg hier. JURI STERNBURG
Leserbrief
Zu „Wo Hopfen und Malz verloren ist“ von Juri Sternburg
Der Autor vermittelt den Eindruck, dass die langjährige
Intervention der AnwohnerInneninitiative Gegen Rechts auf der sog. Biermeile
sinnlos ist, weil es besser sei dieses Massenbesäufnis an sich „vorbeirauschen“
zu lassen. Schulterzuckend entleert er sein Glas auf TAZ-Kosten, statt
zu recherchieren. Dass es AnwohnerInnen gibt, die sich diesem deutschtümelnden
Event nicht entziehen können, dass es Touristen gibt, die aufgrund
ihrer Herkunft dort Opfer werden, dass es Frauen gibt, die sich widerlichen
Anmachen ausgesetzt sehen, dass die Bewegungsfreiheit von marginalisierten
Gruppen für drei Tage in Friedrichshain stark eingeschränkt
ist – das kommt dem Autor nicht in den Sinn.
Tatsächlich: Juri war am Infostand um zu recherchieren. Sein Probierglas
umklammernd, schwer erschöpft vom Bierkonsum, schleppte er sich an
unseren Informationsstand und reihte sich mit seinem Gelalle in die übrigen
beleidigenden Ausdünstungen mitteilungsbedürftiger Männer
ein. Was sich u.a. die „ältere Dame“ (immerhin die migrationspolitische
Sprecherin der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus) an dem Tag an
rassistischen, nationalisitischen und antilinken Diskussionsbeiträgen
anhören durfte, ist der TAZ keine Zeile wert. Lieber wird über
angeblich verklemmte Linke schwadroniert, die dumme Flyer schreiben.
Zu Protokoll: Auf der Biermeile wir deutsche Konformität gefeiert
und gefordert. Juri Sternburg passt rein und kippt sich die Rübe
voll. Na bravo. Aber müssen wir sowas lesen? Stefan Otto hat im Neuen
Deutschland („Auf Tuchfühlung mit dem Rassismus“) zumindest
eine Ahnung warum linke die Biermeile auch in Zukunft nicht vorbeirauschen
lassen.
<<< Presse
16.07.2010 Berlin News
18-Jähriger wegen Angriffs auf Angolaner verhaftet
Nach dem Angriff auf einen 16-jährigen Angolaner vor
einer Woche ist am Freitag ein 18 Jahre alter Berliner verhaftet worden.
Laut Polizei wird ihm vorgeworfen, dem Jüngeren im Volkspark Friedrichshain
mit einer Schreckschusswaffe ins Gesicht geschossen zu haben. Zuvor soll
er den Angolaner fremdenfeindlich beleidigt haben.Bei seiner Vernehmung
gestand der 18-Jährige die Tat. Außerdem räumte er noch
weitere Raub- und Gewaltdelikte ein. Ihm wird gefährliche Körperverletzung
vorgeworfen. Der 16-Jährige hatte mit Freunden auf einer Parkbank
gesessen, als der Täter aus einer Gruppe heraus auf ihn zukam und
ihn wegen seiner Hautfarbe anpöbelte. Dann habe er aus einem Meter
Entfernung auf den Jugendlichen geschossen. Das Opfer musste ambulant
in einer Augenklinik behandelt werden.
<<< Presse
09.07.2010 Tagesspiegel
Unbekannter schießt auf Jugendlichen wegen seiner
Hautfarbe
Ein 16-Jähriger wurde im Volkspark Friedrichshain Opfer
eines fremdenfeindlichen Angriffs. Der Täter feuerte ihm aus nächster
Nähe mit einer Schreckschusswaffe ins Gesicht und floh. Der Jugendliche
musste in einer Klinik ambulant behandelt werden. Bei einem fremdenfeindlichen
Angriff im Volkspark Friedrichshain erlitt ein Jugendlicher in der Nacht
von Donnerstag auf Freitag Gesichtsverletzungen. Der 16-jährige Angolaner
saß mit Freunden auf einer Parkbank, als ein Unbekannter aus einer
Gruppe heraus auf ihn zutrat, ihn wegen seiner Hautfarbe beleidigte und
aus etwa einem Meter mit einer Schreckschusswaffe auf ihn schoss. Anschließend
flüchteten der Täter und die ihn begleitenden Personen. Das
Opfer erlitt leichte Verletzungen im Gesicht und wurde in einer Klinik
ambulant behandelt. Die Polizei hat die Ermittlungen übernommen.
<<< Presse
06.07.2010 Vorwaerts
Gegen Hass und Homophobie
Die Gewalt gegen Schwule und Lesben in Friedrichshain-Kreuzberg nimmt
zu. Mit einer Mahnwache hielten am Freitag Vereine und Initiativen dagegen.
Auch die SPD aus dem Bezirk war dabei.
„Ein Zeichen setzen“, nannte
Jan Stöß das Ziel der Mahnwache, die von der SPD Friedrichshain-Kreuzberg
unterstützt wurde. In der Vergangenheit ist es im Bezirk immer wieder
zu gewalttätigen Übergriffen auf Schwule, Lesben und Transsexuelle
gekommen. „Friedrichshain und Kreuzberg sind leider nicht die Insel
der Seeligen, für die manche unseren Bezirk in Sachen Toleranz halten.
Wir müssen Solidarität mit den Gewaltopfern zeigen“, forderte
daher der SPD-Kreisvorsitzende.
Neben der SPD und den Landesvereinigung der Schwulen und Leben in der
SPD („Schwusos“) riefen auch Bündnisse und Vereine wie
„Maneo“ und der Berliner Lesben- und Schwulenverband (LSVD)
auf, zu zeigen, dass Gewalt gegen Homosexuelle weder gebilligt, noch schweigend
hingenommen wird. So trafen sich die Teilnehmer der Mahnwache am vergangenen
Freitag um 19 Uhr am Spanienkämpferdenkmal im Volkspark Friedrichshain.
Ein runder Tisch für
den Bezirk
Der Ort war mit Bedacht gewählt: Erst eine gute Woche zuvor, in der
Nacht des 26. Juni, war es in dem Park zu mehren schwulenfeindlichen,
willkürlichen Übergriffen gekommen. In Berlin nimmt die Gewalt
gegen Homosexuelle zu. „Maneo“ hat ein Überfalltelefon
eingerichtet, bei dem Betroffene Angriffe melden können. Der Verein
unterstützt die Opfer schnell und unbürokratisch. Diese Möglichkeit
wurde 2008 von 186 Menschen genutzt, 2009 meldeten sich 225 Opfer.
Für die Opfer ist die Solidarität ihrer Mitmenschen wichtig.
„Durch die Mahnwache symbolisierten die Demonstrantinnen und Demonstranten:
Homophobe Gewalt in unserem Bezirk? Das darf nicht sein“ sagt Björn
Eggert, Mitglied der SPD-Fraktion in der Bezirksverordnetenvertretung
Friedrichshain-Kreuzberg. Diese unterstützt das Ansinnen des Bezirksamts
einen „runden Tisch“ einzurichten, der sich mit dem größer
werdenden Problem homophober Gewalt befasst.
<<< Presse
03.07.2010 Neues Deutschland
Mutige Gärtner und Fußballer
Bänder für Mut und Verständigung in
der Potsdamer Staatskanzlei verliehen
Ein Dönerimbiss brannte, Geschäfte
von Vietnamesen wurden angegriffen, das Todesmarschmuseum im Belower Wald
und schließlich auch Menschen. Zuletzt aber musste das Bündnis
gegen Rechtsextremismus aus Wittstock und Umgebung glücklicherweise
keine »Heldentaten« mehr vollbringen, freut sich Sprecherin
Gisela Gusowsky-Bork. Neonazis hatten einmal ihren Sohn attackiert, als
dieser einen dunkelhäutigen Freund besuchte. Es sei viel erreicht
worden, doch man dürfe sich nicht zurücklehnen, warnt Bürgermeister
Jörg Gehrmann. Am Freitag erhielt das Bündnis in der Potsdamer
Staatskanzlei das Band für Mut und Verständigung.
Genauso geehrt wurde der FC Internationale Berlin, bei dem junge und alte
Fußballer aus 38 Nationen trainieren. Zu ihren Spielen treten sie
in Trikots an, die den Aufdruck »No racism« tragen. Dringend
wünscht sich der Verein, endlich eine eigene Sportanlage im Bezirk
Tempelhof-Schöneberg zu bekommen.
Das dritte Band für Mut und Verständigung des Jahres 2010 erhielt
der Potsdamer Integrationsgarten am Schlaatz. Familien zum Beispiel aus
Litauen, Russland, Rumänien und Ungarn pflanzen und feiern gemeinsam.
Sie stammen meist vom Lande und hatten daher ihre Schwierigkeiten, sich
in dem Neubaugebiet der Landeshauptstadt einzugewöhnen. Doch auf
dem Gelände eines zuvor brach liegenden Schulgartens konnten sie
sich ein kleines Paradies schaffen, »Wurzeln schlagen in der Fremde«,
wie sie sagen. Innerhalb von zehn Jahren gab es wiederholt Vandalismus
und acht Anschläge. Beim letzten Mal schmierten die Täter Hakenkreuze.
Sie konnten nicht gefasst werden. Die Gärtner geben jedoch niemals
auf. Sie säen immer wieder.
Einen Sonderpreis bekam die Initiative gegen Rechts in Berlin-Friedrichshain.
Sie wehrte sich gegen einen Laden der bei Neonazis beliebten Bekleidungsmarke
»Thor Steinar«. Die Initiative bewunderte am Freitag ausdrücklich
den Mut einiger Brandenburger. Ihnen in Friedrichshain biete die Großstadt
einen gewissen Schutz, den engagierte Antifaschisten in kleinen Städten
und Dörfern nicht genießen.
Davon kann die Bürgerinitiative »Zossen zeigt Gesicht«,
die ebenfalls mit einem Sonderpreis ausgezeichnet wurde, ein Lied singen.
Bekannt wurde sie durch den erlitten Brandanschlag, der das Haus der Demokratie
in der Stadt zerstörte. »Zossen zeigt Gesicht« sieht
sich mit Morddrohungen konfrontiert, lässt sich jedoch nicht einschüchtern.
Schmerzlich seien die nicht mehr nachvollziehbaren Anwürfe von Bürgermeisterin
Michaela Schreiber, beklagte der Sprecher der Bürgerinitiative Jörg
Wanke. Zunächst sei man von der Rathauschefin als Unruhestifter und
Nestbeschmutzer beschimpft worden. Inzwischen müsse man sich sogar
den Vorwurf des Linksextremismus anhören. Wanke bat die Politik deswegen
um ein »Machtwort«. Das Band für Mut und Verständigung
wird seit 1993 verliehen, immer im Wechsel in Berlin und Potsdam.
<<< Presse
29.06.2010 Frankfurter Rundschau
Neonazis auf Strümpfen
Eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung zeigt, wie
Demokratie sich am besten schützt. Ziel aller Initiativen müsse
es sein, mehr Mitbestimmung und Toleranz in den Alltag einziehen zu lassen.
Von Volker Schmidt
Ein rechter Schläger auf Strümpfen
vor Gericht. Ein Haus, in dem Juden, Christen und Muslime miteinander
reden, kochen und essen. Ein Infocontainer vor einem Laden der bei Rechtsextremen
beliebten Kleidermarke Thor Steinar: Das sind drei Beispiele für
erfolgversprechende Ansätze in der Bekämpfung von Rechtsextremismus,
meint der Magdeburger Sozialwissenschaftler Roland Roth.
Roth hat im Auftrag der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung ein Gutachten
mit dem Titel "Demokratie braucht Qualität" (PDF-Dokument)
verfasst, das am Montag in Berlin vorgestellt wurde. Er hat Beispiele
aus den "Handlungsfeldern" Staat, Zivilgesellschaft und Wirtschaft
zusammengetragen und daraus "Gelingensfaktoren" zu destillieren
versucht.
Roth empfiehlt unter anderem Polizei und Justiz, Rechtsradikalen keine
Sonderbehandlung angedeihen zu lassen, aber alle gesetzlichen Mittel auszuschöpfen.
Richter sollen rassistische Motive thematisieren, die Polizei soll verhindern,
dass rechte Schläger "Angsträume" schaffen.
Ein Beispiel ist der Jugendrichter Andreas Müller vom Amtsgericht
Bernau in Brandenburg: Müller stuft Springerstiefel als Waffen ein,
lässt einen Neonazi schon mal ohne Schuhe vor Gericht stehen und
macht die Auflage zum Teil des Urteils, auch im Alltag die Stiefel nicht
zu tragen. Müller verurteilt Gewalttäter schnell; rassistische
Motive verschärfen das Strafmaß - trotzdem ist er kein "Richter
Gnadenlos"; er lehnt ein schärferes Jugendrecht ab. Dafür
verdonnert er Verurteilte zum Beispiel dazu, in pädagogischer Begleitung
eine KZ-Gedenkstätte zu besuchen.
Konsequent gegen fremdenfeindliches
Verhalten vorgehen
Als erfolgreiche zivilgesellschaftliche Initiativen nennt Roth neben zwei
Beratungsteams in Berlin und dem Bürger-Bündnis im Harz-Städtchen
Wernigerode auch das Stuttgarter Abrahamhaus. Dort haben sich Angehörige
der abrahamitischen Religionen - Judentum, Christentum, Islam - zusammengetan,
um Vorurteile abzubauen. Roth hält den Ansatz für "das
stärkste Gegengift" gegen Parteien, "die mit der Angst
vor einer anderen Religion Politik zu machen versuchen". Es ging
aber nicht gleich um interreligiöse Streitthemen, sondern zuerst
um Kultur und Kulinarik.
Im Handlungsfeld Wirtschaft nennt Roth die "Initiative gegen Rechts"
in Berlin-Friedrichshain mit ihrer Aktion "Service-Wüste für
Nazis". Plakate mit dem Aufdruck "Kein Kiez für Nazis"
in Kneipen sollen, so Roth, von Übergriffen abschrecken und potenziellen
Opfern signalisieren, wo sie Schutz finden. Die Initiative erreichte durch
einen Info-Container vor einem Thor-Steinar-Laden auch, dass der Vermieter
die Ladenräume kündigte.
Firmen verordnet Roth unter anderem ein konsequentes Vorgehen gegen fremdenfeindliches
Verhalten von Beschäftigten. Er lobt aber auch Initiativen wie die
der Unternehmensgruppe Freudenberg aus Weinheim (Baden-Württemberg),
die Manager etwa zur Renovierung des "Hauses der Demokratie"
im sächsischen Wurzen schickte, das zuvor durch rechte Übergriffe
aufgefallen war.
Unterm Strich fordert Roth, das Ziel aller Initiativen müsse es sein,
mehr Demokratie und Toleranz in den Alltag einziehen zu lassen. Ein gesellschaftliches
Klima der Mitbestimmung und der Übernahme von Verantwortung seien
die beste Prävention gegen Rechtsextremismus. Mit anderen Worten:
Eine funktionierende Demokratie schützt sich selbst.
Wie in Riesa: Dort hat der Stadtrat in der vergangenen Woche die Mannheimer
Straße umbenannt, in der der Verlag der NPD-Parteizeitung "Deutsche
Stimme" seinen Sitz hat. Sie heißt jetzt Geschwister-Scholl-Straße.
<<< Presse
Mai 2010: Unser Blatt – VVN BdA Berlin
»Alles Extremismus«?
Diskussion zur Neuauflage der Totalitarismus-Doktrin
in der Bundesrepublik
Am 18. Januar diskutierten im Friedrichshainer
Cafe Sibylle der Bundesvorsitzende der WN-BdA, Prof. Dr. Heinrich Fink,
und eine Vertreterin der Antifa Friedrichshain vor rund 50 Anwesenden
über Gedenkstättenpolitik, Gleichsetzungsstrategien, den Extremismusbegriff
und Konsequenzen für weitere antifaschistische Arbeit.
Die Totalitarismustheorie feiert durch die neue Bundesregierung im Deckmantel
der Extremismusdebatte eine neue Renaissance. Im Kalten Krieg wurden alle
geistigen und politischen Kräfte mobilisiert, um gegen den Feind
in Ost und West zu destabilisieren. In der BRD tat man dies durch die
Gleichsetzung von Stalinismus und Faschismus als zwei totalitäre
Staatsformen. Die Gleichsetzung zweier grundsätzlich entgegen gesetzter
Ideen konnte nur in der gemeinsamen Gegnerschaft zur parlamentarischen
Demokratie gefunden werden. Alle, die das Bestehende fundamental ändern
wollten, wurden von Adenauer und folgenden Regierungen in einen Topf mit
KZ-Aufsehern geworfen, um das »überkochende ideologische Gebräu«
selbst als Drohkulisse für eigene Vorhaben zur Abwendung der »totalitären«
Ideen zu nutzen. Doch auch heute, 20 Jahre nach dem Mauerfall, gibt es
eine Riege von konservativen Politologen um den Chemnitzer Uni-Professor
Eckhard Jesse, die durch »vergleichende Totalitarismusforschung«
die DDR dämonisieren und den Extremismusbegriff nicht nur für
den Verfassungsschutz geschärft haben. Heinrich Fink warf diesen
Theoretikern vor allem vor, eine inhaltliche Überschneidung zwischen
der extremen Rechten und den mit ihr eng verbundenen Strömungen zu
entthematisieren, um die gemäßigte Rechte in die Mitte der
Gesellschaft einzugliedern. Während also bekennende Neonazis als
»extrem« vor die Tür gesetzt werden müssen, ist
eine rechtskonservative Identitätsbildung weithin opportun, eben
weil sie die nationalsozialistische'Vergangenheit nicht komplett verschleiern
muss.
Die Vertreterin der Antifa Friedrichshain betonte, dass das Stigma, »totalitär«
oder»extrem« zu sein, heute ja nicht nur theoretische Implikationen,
sondern auch reale Folgen für Antifaschisten hat.
Wer heute vom Verfassungsschutz als »extrem« ge(t)adelt wird,
weil inhaltlich oder aktionistisch das Bestehende in Frage gestellt wird,
muss damit rechnen, ins Visier genommen zu werden. Nach der schwammigen
Extremismus-Definition wäre auch denkbar, dass streikende Arbeiter,
die Fabriktore verbarrikadieren, als »extrem« eingestuft werden
könnten.
Die von der Bundesregierung beschlossene Umwidmung der Programme gegen
»Rechtsextremismus« zu Programmen gegen jeden »Extremismus«
sollen - vom einenden Gewaltbegriff ausgehend - bestimmte Ideen zusammenwerfen.
Nicht nur, dass auf diese Weise Neonazis verharmlost werden, auch ihre
effektiven antifaschistischen Gegner werden so diffamiert und zu »Schmuddelkindern«,
mit denen niemand zusammenarbeiten sollte. Letztlich führt das bei
Bündnispartnern zur politischen Selbstbeschneidung, Entradikalisierung,
zum Zurückziehen aus Debatten und zu vorauseltenden Distanzierungen.
Wie nah die Veranstaltung am Zeitgeist war, zeigten die polizeilichen
Durchsuchungen einen Tag später in Räumlichkeiten des Dresdener
Blockade-Bündnisses, um den Aufruf für Blockaden gegen den Naziaufmarsch
in Dresden zu beschlagnahmen.
Markus Roth/Antifa Friedrichshain
<<< Presse
15.02.2010 Neues Deutschland
»Harakiri« – Aus für
Nazi-Kleiderkammer
Berüchtigtes Geschäft in Prenzlauer Berg geschlossen / Andere
bei Rechten beliebte Läden in Berlin aber noch geöffnet
Der Laden ist dicht. Berlins ältester
Neonazi-Shop »Harakiri« hat seine Pforten geschlossen –
nach Informationen der Emanzipativen Antifaschistischen Gruppe (EAG) aus
wirtschaftlichen Gründen. Über 15 Jahre existierte das Geschäft
des Inhabers Henry Harms in der Bornholmer Straße und zuvor bis
2001 am S-Bahnhof Prenzlauer Allee. Harms, der auch schon mal die Namen
und Adressen von vermeintlichen Antifaschisten im Internet veröffentlichte,
vertrieb in seinem Laden nicht nur die bei Rechten beliebte Marke »Thor
Steinar«, sondern auch indizierte Tonträger der Neonazi-Bands
»Screwdriver«, »Spreegeschwader« und »Blue
Eyed Devils«.
»Wir sind froh, dass diese Anlaufstelle für Leute, die sich
für die Nazi-Szene interessieren, jetzt weg ist«, sagt Martin
Stein von der EAG. Denn in dem Laden hätten auch immer Flyer und
Plakate ausgehangen, die für Aktionen der Neonazis warben. Überdies
sei der »Harakiri« ein Ort gewesen, von dem dauernd Gefahr
für Linke, Migranten und Homosexuelle ausgegangen wäre. Ganz
aufgegeben scheint Harms allerdings nicht zu haben. Sein Internetshop
besteht weiter, und auch bei eBay soll er seinen Handel fortführen.
Während Harms nie einen Hehl aus seiner rechtsextremen Gesinnung
machte, sieht das bei »Thor Steinar« anders aus. Die Firma
Mediatex aus dem brandenburgischen Zeesen, die die Marke »Thor Steinar«
produziert, distanziert sich öffentlich von jedwedem Extremismus.
In der rechten Szene sind die Klamotten dennoch wegen ihrer subtilen Codes
beliebt.
Trotz ausgesprochener Kündigungen durch die Vermieter sind die beiden
Berliner »Thor Steinar«-Läden in der Rosa-Luxemburg-Straße
in Mitte und der Petersburger Straße in Friedrichshain zur Zeit
noch geöffnet. Der zunächst große Widerstand aus der Zivilgesellschaft
gegen die Geschäfte ist jedoch nur scheinbar eingeschlafen. »Die
Räumungsklage gegen den ›Tromsø‹ läuft seit
Oktober 2009«, berichtet Markus Roth von der Friedrichshainer Initiative
gegen Rechts (IGR). Der Vermieter habe sich zuvor in Ruhe erst mal bundesweit
über die rechtliche Situation schlau gemacht.
Denn anders als etwa in Mitte habe nämlich die Mediatex im Fall des
Friedrichshainer »Tromsø« nicht verschwiegen, dass
sie die bei Rechten beliebte Marke verkaufen will. Auf dieser Basis wurde
in anderen Fällen wegen »arglistiger« Täuschung
die Kündigung erwirkt.
Ob dieses Vorgehen Bestand hat, soll demnächst in letzter Instanz
der Bundesgerichtshof entscheiden, der über eine Räumung eines
»Thor Steinar«-Ladens in Magdeburg zu befinden hat, berichtet
Annika Eckel von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR).
Bis dahin scheuen Vermieter Räumungen, da sie Regressforderungen
befürchten. Damit künftig erst gar keine solche Läden in
Berlin öffnen können, hat die MBR extra Klauseln für Gewerbemietverträge
entwickelt, die derzeit durch die Stadträte in den jeweiligen Bezirken
bei Vermietern verbreitet werden. Das Interesse an diesen Informationen
sei groß, sagt Eckel.
In Friedrichshain bereitet die Initiative gegen Rechts derweil für
Ende Februar eine antifaschistische Demonstration zur einjährigen
Eröffnung des »Tromsø« vor. Doch nur mit Mitteln
der Straße sei den Geschäften nicht beizukommen, räumt
Markus Roth von der IGR ein. Deshalb konzentriere sich die Initiative
gleichzeitig zusätzlich darauf, die Geschichte des Hauses, in dem
der Klamottenladen residiert, in den Fokus zu rücken: Das Gebäude
in Friedrichshain diente in den 1930er Jahren der SA als Sturmlokal »Keglerheim«.
Im Keller wurden Gegner der Nazis gefoltert und gequält.
<<< Presse
04.02.2010 Jungle World
Der unpolitische Stampfkick
Ein junger Mann wurde im Juli 2009 am S-Bahnhof
Frankfurter Allee im Berliner Bezirk Friedrichshain beinahe totgetreten.
Vier Neonazis wurden für diese Tat angeklagt, nur einer von ihnen
erhielt eine Haftstrafe ohne Bewährung.
Kopfschütteln und Augenrollen, diese Reaktion zeigten nicht nur Angehörige
der Angeklagten, sondern auch zwei Justizbeamte am Donnerstag voriger
Woche im Berliner Landgericht. Ole Weidmann, der Anwalt der Nebenklage,
hielt sein Plädoyer zum Abschluss des Prozesses und erklärte,
dass man sich zu etwas bekennen und eine politische Haltung ausdrücken
möchte, wenn man Kleidung der Modemarke Thor Steinar trägt,
die in der rechten Szene sehr beliebt ist.
Die Staatsanwaltschaft und das Gericht unter dem Vorsitzende Richter Kay-Thomas
Diekmann waren an den vergangenen Verhandlungstagen zu einer anderen Einschätzung
gekommen, sie gingen davon aus, dass der Angriff auf das Leben von Jonas
K. nicht in erster Linie als politisch motiviert einzuordnen sei.
Auf beschlagnahmten Bildern, die als Beweismittel im Prozess zugelassen
waren, ist der Angeklagte Marcel B. zu sehen, kurz vor der Tat zeigte
er in der Friedrichshainer Diskothek Jeton den Hitlergruß. Der Anwalt
von Jonas K. wies darauf hin, dass zumindest zwei der Angeklagten, nämlich
B. und Michael L., schon früher durch Gewalttaten gegenüber
politischen Gegnern und die Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole
aufgefallen waren. Dem Richter reichte das nicht aus, um daraus eine
politische Motivation für den Angriff abzuleiten. Damit folgte er
den Ausführungen des Staatsanwalts Jörg Wetzel, der eine politische
Motivation für den Angriff ebenfalls nicht bejahte mit dem Hinweis,
bei dem Vorfall im Juli vergangenen Jahres sei es »nicht um links
oder rechts, schwarz oder weiß, braun oder gelb« gegangen.
Zum Auftakt des Prozesses hatte das noch anders ausgesehen. In der Anklageschrift,
die von der Staatsanwaltschaft vorgelesen wurde, ging man von einem Mordversuch
»aus Gründen der Machtdemonstration gegen einen politischen
Gegner« aus. Während der Beweisaufnahme erhärtete sich
für das Gericht und die Staatsanwaltschaft der Verdacht, dass es
zwischen einem vorangegangenen Angriff einer Gruppe Linker auf die vier
angeklagten Neonazis und dem Angriff der Angeklagten auf Jonas K. keine
zeitliche Zäsur gegeben habe. Die Linken hätten sich durch L.s
Thor-Steinar-Jacke provoziert gefühlt. Juristisch bedeutet diese
Feststellung, dass sich die Tat im unmittelbaren Anschluss an eine Notwehrsituation
ereignete. Es gebe deutliche Hinweise, dass sich Jonas K. in der Gruppe
der Angreifer befunden habe; anders sei es auch nicht zu erklären,
dass die Flucht der Angreifer und der brutale Übergriff auf
Jonas K. quasi gleichzeitig stattgefunden hätten.
Jonas K., der Nebenkläger, konnte sich an den Tathergang nicht
erinnern. Er erlitt nach dem Angriff der Neonazis ein Schädelhirntrauma
und eine Jochbogenfraktur, wegen Blutungen im Gehirn lag er auf der Intensivstation.
Die ersten Notrufe waren bei der Polizei am Morgen des 12.?Juli zwischen
5.50?Uhr und 5.52?Uhr eingegangen – zu diesem Zeitpunkt lag Jonas
K. schon regungslos am Boden.
Nach sieben Prozesstagen rekonstruierte der Vorsitzende Richter das Geschehen.
Die Angeklagten K., B. und Michael G. seien ihrem Freund L., der von einem
Angreifer mit einer Flasche am Kopf verletzt wurde, zur Hilfe gekommen.
Daraus habe sich eine Schlägerei entwickelt, in deren Verlauf Jonas
K. zu Boden gebracht und mit Schlägen und Tritten malträtiert
worden sei. Bis zur Flucht derjenigen, die die Neonazis angegriffen hätten,
handele es sich um eine klare Notwehr- bzw. Nothilfesituation, erst danach
setze die strafrechtlich relevante Tat ein. Bei seiner Argumentation orientierte
sich Diekmann an den seiner Ansicht nach neutralen Zeugenaussagen
und folgte im Kern der Darstellung der angeklagten Neonazis und ihrer
Verteidiger. Zeugenaussagen, die dieser Ansicht widersprachen, wurden
hingegen als weniger glaubwürdig eingeordnet, weil sie mit der
Gruppe der linken Angreifer in Verbindung gebracht werden könnten.
Die Aussage einer als neutral gewerteten Zeugin, die sagte, sie habe
den Satz »Du Zecke stehst nicht mehr auf« gehört, wurde
nicht in die Urteilsfindung einbezogen, da der Satz keinem der vier angeklagten
Neonazis eindeutig zugeordnet werden konnte.
Am Ende verurteilte das Gericht den 26jährigen Oliver K. wegen versuchten
Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten.
Der 21jährige Marcel B. und der 23jährige Michael L. wurden
wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugend- bzw. Freiheitsstrafe
von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Der 24jährige Michael
G. wurde freigesprochen.
Damit blieb das Landgericht weit hinter den Forderungen der Staatsanwaltschaft
zurück. Diese hatte wegen versuchten Totschlags acht Jahre Haft für
K. und für die Angeklagten B. und L. drei Jahre Jugend- bzw. Freiheitsstrafe
wegen gefährlicher Körperverletzung gefordert. Strafmildernd
wirkte sich bei allen die starke Alkoholisierung aus.
B. hatte nach übereinstimmenden Aussagen zugetreten und erst von
Jonas K. abgelassen, als ihm Zeugen zuriefen: »Hört auf, der
bewegt sich doch gar nicht mehr.« L. wurde lediglich vorgeworfen,
dass er Personen daran gehindert hatte, Jonas K. zu helfen. Eine DNA-Analyse
der Kleidung hatte zwar ergeben, dass L. Blut von Jonas K. an seiner Kleidung
hatte. Das Gericht kam dennoch zu der Einschätzung, dass er nicht
zugetreten und sich nicht in der Nähe des Opfers befunden habe. Eine
direkte Tatbeteiligung könne weder ihm noch dem Angeklagten G. nachgewiesen
werden.Was am Ende bleibt, ist eine widersprüchliche Darstellung
einer Tat, nach der K., bedingt durch Alkohol und den Angriff auf den
Kumpel, ausrastete und Jonas K. fast zu Tode trat. Bei der Begründung
des Urteils bescheinigte der Richter dem Angeklagten K. zwar eine klare
Tötungsabsicht – immerhin hatte der Angeklagte gegenüber
Polizeibeamten zugegeben, Jonas K. mit einem »Stampfkick«
auf den Kopf getreten zu haben. Weil die eintreffende Polizei den Tötungsversuch
unterbinden konnte, rückte das Strafmaß jedoch in die Nähe
eines minderschweren Falls.
<<< Presse
29. Januar 2010 Störungsmelder ZEIT
Mildes Urteil für den “Boardsteinkick”
Mordversuch aus "Gründen der Machtdemonstration"
Sie hatten einen Linken fast getötet:
Wegen der brutalen Attacke auf einen Studenten im Juli 2009 am S-Bahnhof
Frankfurter Allee in Berlin-Friedrichshain sind die Angeklagten am Donnerstag
vom Landgericht Berlin zu Haftstrafen verurteilt worden. Zwei Verurteilte
bekamen Bewährung.
Ein halbes Jahr nach dem Beinahe-Tod eines jungen Linken in Friedrichshain
ist der Prozess gegen vier Rechtsextremisten mit einem überraschend
milden Urteil geendet. Die Jugendkammer des Landgerichts verurteilte am
Donnerstag den Haupttäter Oliver K. (26) wegen versuchten Totschlags
in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu fünfeinhalb
Jahren Haft. Die Angeklagten Michael L. (23) und Marcel B. (21) kamen
mit je zwei Jahren auf Bewährung wegen gefährlicher Körperverletzung
davon. Im Fall von Marcel B. verhängte die Kammer eine Jugendstrafe,
weil er zur Tatzeit Heranwachsender war. Den Angeklagten Michael G. (24)
sprachen die Richter frei.
Die Kammer blieb damit deutlich unter den Anträgen von Staatsanwalt
Jörg Wetzel, der für Oliver K. acht Jahre und für Michael
L. sowie Marcel B. je drei Jahre Haft gefordert hatte. Selbst der Verteidiger
von Oliver K. hatte in seinem Plädoyer immerhin eine Strafe „nicht
über sieben Jahre“ genannt. Im Fall von Michael G. hatte auch
der Staatsanwalt einen Freispruch als notwendig erachtet. Ursprünglich
hatte Wetzel allen vier Angeklagten versuchten Mord vorgeworfen.
Die Misshandlung des Linken Jonas K. am frühen Morgen des 12. Juli
2009 sei „eine fürchterliche und widerwärtige Gewalttat“
gewesen, sagte der Vorsitzende Richter, Kay-Thomas Diekmann. Er hielt
jedoch allen Angeklagten zugute, sie seien zunächst selbst angegriffen
worden. Die Taten während der Schlägerei mit einer Gruppe Linker
waren für die Kammer Notwehr und Nothilfe. Die Linken hatten Michael
L. attackiert und ihm eine Kopfplatzwunde zugefügt, weil er eine
Thor-Steinar-Jacke trug. Die Mitangeklagten eilten L. zu Hilfe. Die Richter
sahen zudem „deutliche Hinweise“, dass das spätere Opfer
Jonas K. zu den Angreifern gehörte.
Nach Ansicht der Richter begingen die drei verurteilten Angeklagten erst
dann Straftaten, als die meisten Linken flohen und damit die Notwehrsituation
beendet war. Oliver K. habe mit einem „klar erkennbaren Tötungsvorsatz“
das bewusstlose Opfer ein Stück weitergeschleift und ihm einen Stampfkick
auf den Kopf versetzt. Dies sei ein „ungeheuer brutales Vorgehen“,
sagte Diekmann und verwies auf die zur Tatzeit gleich drei offenen Bewährungsstrafen
des Angeklagten. Doch die Kammer billigte ihm strafmildernd zu, stark
alkoholisiert gewesen zu sein.
Im Fall des Angeklagten Marcel B. meinten die Richter, er habe Jonas K.
getreten, aber dann versucht, Oliver K. zu stoppen. Bei Michael L. sahen
die Richter eine minderschwere gefährliche Körperverletzung,
weil er Passanten hinderte, dem Opfer zu helfen.
.Der Anwalt des beinahe getöteten Linken, Ole Weidmann, hatte in
seinem Plädoyer gefordert, den Angeklagten Oliver K. wegen versuchten
Mordes zu verurteilen, wie es in der Anklageschrift stand. Außerdem
seien alle drei Freunde von Oliver K. Mittäter gewesen. Von den Angeklagten
äußerte nur Marcel B. in seinem letzten Wort Reue.
<<<
Presse
27.01.2010 Tagesspiegel
Nazi-Attacke: Plädoyer erwartet
Vier Rechtsextremisten, die im Juli 2009
in Friedrichshain einen jungen Linken fast totgeprügelt haben sollen,
können im Prozess am Landgericht vermutlich von einem psychiatrischen
Gutachten profitieren. Sie standen unter starken Alkoholeinfluss.
Der Sachverständige bescheinigte am Dienstag allen Angeklagten, für
die Tatzeit sei eine erhebliche Beeinträchtigung ihrer Steuerungs-
und Einsichtsfähigkeit nicht auszuschließen. Als Grund nannte
er der Jugendkammer die hohe Alkoholisierung der vier Männer. Nach
Berechnungen, die der Gutachter aufgrund von Blutproben nach der Gewaltorgie
angestellt hatte, waren die Angeklagten am frühen Morgen des 12.
Juli betrunken mit Werten zwischen zwei und 2,9 Promille. Damit erscheint
fraglich, dass die Rechtsextremisten wegen versuchten Mordes verurteilt
werden, den ihnen die Staatsanwaltschaft vorwirft. In der Anklage ist
allerdings auch von gefährlicher Körperverletzung die Rede.
Das Opfer Jonas K.(22) hatte durch
massive Tritte gegen den Kopf schwere Verletzungen erlitten. Als mutmaßlicher
Haupttäter gilt der Angeklagte Oliver K. (26), der dem jungen Linken
mehrere Stampfkicks auf den Kopf versetzt haben soll. Am Dienstagnachmittag
sollte der Staatsanwalt sein Plädoyer halten. Das geforderte Strafmaß
stand bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht fest. fan
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Presse
22.01.2010 TAZ
Endspurt im Berliner Naziprozess
Polizei belastet Angeklagten schwer
Einer der vier in Berlin angeklagten Neonazi
soll laut Polizei bereut haben, dass sein Bordsteinkick an einem Linken
scheiterte. Urteil nächste Woche. Zwei Polizisten haben einen Neonazi
erneut schwer belastet, dem versuchter Mord vorgeworfen wird. Der 26-jährige
Oliver K. soll im Juli mit drei anderen Männern versucht haben, mit
einem sogenannten Bordsteinkick einen 22-jährigen Mann zu töten.
Vor dem Landgericht sagten die Beamten, K. habe eine Stunde nach dem Ereignis
gesagt, "diesen Typen hätte ich richtig auf den Bordstein legen
sollen - und dann ,wumm'". Dabei habe er mit dem Fuß aufgestampft.
Mehreren Zeugen zufolge hatte K. auf dem Gehweg auf sein bereits bewusstloses
Opfer eingetreten.
Die Angeklagten hatten angegeben, angegriffen worden zu sein, weil einer
von ihnen eine Jacke der bei Neonazis beliebten Marke "Thor Steinar"
trug. Offen blieb am Donnerstag allerdings, wer an der Schlägerei
beteiligt war. Die angeklagten Neonazis wollen zwei Männer als ihre
Angreifer erkannt haben; allerdings gab einer vor Gericht an, gar nicht
vor Ort gewesen zu sein. Der andere sagte, er sei zwar vor Ort, aber nicht
beteiligt gewesen. Ihm zufolge war er in einer Gruppe unterwegs gewesen,
die jemanden wegen "Thor Steinar"-Kleidung attackieren wollte.
Diejenigen, die er als Angreifer benannte, wurden hingegen von den vier
Neonazis vor Gericht nicht erkannt.
Die Richter ließen am Donnerstag auch die Fotos der Angeklagten
als Beweise zu, die zuvor gestohlen wurden und im Internet aufgetaucht
waren. Zwar seien sie durch Straftaten erlangt worden, würden aber
nicht besonders schutzwürdige Bereiche der Privatsphäre zeigen.
Die Bilder zeigen, wie einer der Angeklagten in einer Disko den Hitlergruß
zeigt. Außerdem gibt es Bilder, auf denen sie mit NPD-Plakaten und
SS-Helmen posieren. Alle vier Männer haben bereits wegen gefährlicher
Körperverletzung vor Gericht gestanden. Kommende Woche sollen Plädoyers
gehört und ein Urteil gesprochen werden. L. SANDER
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Presse
20.01.2010 Junge Welt
Schläger vor Gericht
Augenzeuge schildert brutale Attacken gegen Berliner Studenten
Im Prozeß gegen vier mutmaßliche
Neonazis wegen versuchten Mordes hat ein Augenzeuge am Dienstag die Angeklagten
schwer belastet. Seinen Angaben nach hatten drei von ihnen im Juli vorigen
Jahres nach einem Besuch in der Diskothek Jeton in Friedrichshain wiederholt
auf den Kopf eines 22jährigen Studenten eingetreten. Zunächst
sollen die 20- bis 26jährigen Männer das Opfer vor dem S-Bahnhof
Frankfurter Allee mit Fäusten zu Boden geschlagen und dann mit Wucht
und in Tötungsabsicht mehrfach auf ihn eingeprügelt haben. Dem
Staatsanwalt zufolge handelten sie aus »Wut« und wollten damit
ihre Macht gegenüber einem vermeintlichen politischen Gegner demonstrieren.
»Das war das Schlimmste, was ich je gesehen habe«, erklärte
der 28jährige Augenzeuge. Er hatte die Polizei alarmiert. Drei der
Angeklagten hat er im Prozeß als Täter wiedererkannt. Ein 24jähriger
Mittäter sei nicht aktiv, aber dabei gewesen, sagte er. Anfangs habe
die Auseinandersetzung auf ihn wie eine »ganz normale Samstagsmorgenschlägerei«
gewirkt, so der Zeuge. Als er sich das nächste Mal umsah, habe der
junge Mann jedoch am Boden gelegen, und mehrere Leute hätten auf
ihn eingetreten. Das Opfer sei dann »über den Boden«
an eine Mauer gezogen worden. Seiner Erinnerung nach traten der 20- und
der 26jährige Angeklagte bis zum Eintreffen der Polizei »ununterbrochen«
weiter auf den Kopf des Opfers ein.
Der 23jährige Angeklagte, der laut Anklage bei einer vorausgegangenen
Schlägerei verletzt wurde, habe währenddessen versucht, ihn
und andere Leute zu vertreiben. Das Opfer hatte neben Prellungen und Platzwunden
ein Schädelhirntrauma erlitten und lag fast zwei Wochen im Krankenhaus.
Dem Studenten fehlt jede Erinnerung an den Vorfall. Drei der Angeklagten
hatten zu Prozeßbeginn den Übergriff im wesentlichen gestanden.
Das Verfahren wird am 21. Januar fortgesetzt.
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Presse
13.01.2010 Tagesspiegel
Zeuge belastet Neonazis schwer
Im Prozess zu dem Beinahemord in Friedrichshain sieht es für die
vier Angeklagten Neonazis schlecht aus: Ein 19-Jähriger will gesehen
haben, wie die Angeklagten auf ihr am Boden liegendes Opfer eintraten
- mit Stampfkicks auf den Kopf.
Der junge Zeuge redet hastig und weint kurz. „Ich schäme mich
so dafür, dass ich nicht helfen konnte“, doch der Vorsitzende
Richter der Jugendkammer des Landgerichts beruhigt den Schüler. „Sie
haben ziemlich viel Mut an den Tag gelegt, Sie müssen sich nicht
schämen“, sagt Kay-Thomas Diekmann und nickt dem 19-Jährigen
zu. Der hat in der Nacht zum 12. Juli 2009 die Misshandlung des jungen
Linken Jonas K. durch Rechtsextremisten hautnah miterlebt. „Ich
rief: lasst den in Ruhe, der ist bewusstlos“, erinnert er sich am
Dienstag vor Gericht. Es half nichts. „Alle haben durchgängig
auf den Kopf eingetreten“, sagt der Zeuge. Zuvor hat er auf jeden
der vier Angeklagten gezeigt. Die blicken eisig.
Am zweiten Tag im Prozess zu dem Beinahemord in Friedrichshain sieht es
für Oliver K., Marcel B., Michael L. und Michael G. nicht gut aus.
Der Zeuge belastet die angeklagten Rechtsextremisten und bestätigt
weitgehend, was die Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift zusammengetragen
hat. Zunächst habe es nahe dem U-Bahnhof Frankfurter Allee eine Schlägerei
zwischen den Beschuldigten und anderen Leuten gegeben, „das waren
vier gegen vier“. Michael L., der Zeuge nennt ihn „der Herr
mit der Thor-Steinar-Jacke“, habe einen Schlag auf den Kopf bekommen
und geblutet. Dann sei von einem der Täter eine Person zu Boden geschlagen
und dort getreten worden. Das Opfer habe jedoch aufstehen und weglaufen
können. Der Geschädigte blieb unbekannt, die Staatsanwaltschaft
wirft den Angeklagten in diesem Fall gefährliche Körperverletzung
vor. Doch es folgte in jener Nacht eine weitere, noch brutalere Tat –
laut Anklage ein versuchter Mord.
Der Zeuge sagt, Michael L. habe sich eine Person „gegriffen und
geboxt“. Es handelte sich um Jonas K., den der Zeuge nach eigenen
Angaben nicht kannte, auch wenn beide von einer Party in einem „alternativen
Wohnprojekt“ kamen. Der Zeuge sah dann die Tritte gegen den reglosen
Jonas K., darunter „Stampfkicks“ auf den Kopf. Schließlich
habe „der mit der Everlast-Jacke“, gemeint ist der Angeklagte
Oliver K., den „bewusstlosen Körper“ in Richtung Straße
gezogen „und den Kopf gerichtet“ – um ihn anschließend
mit weiteren Fußtritten zu traktieren. Als die Polizei kam, rannte
der Zeuge zu den Beamten und zeigte auf Oliver K. und Michael L., die
sich offenbar absetzen wollten. Beide wurden noch am Tatort festgenommen.
Jonas K. habe „potenziell lebensbedrohliche Verletzungen“
erlitten, sagt ein Gerichtsmediziner als Zeuge und erwähnt die „Einblutung
im Hirngewebe“. Jonas K. selbst hat zuvor den Richtern gesagt, dass
er sich an nichts mehr erinnern kann. „Ich bin froh, dass ich noch
am Leben bin“, die Stimme des 22-Jährigen stockt häufig.
Er wirkt traumatisiert, kann sich schlecht konzentrieren und wird psychologisch
betreut. Und er versucht, die Tat nicht an sich herankommen zu lassen.
„Ich will nichts wissen und ich bin froh, dass ich nichts weiß“,
sagt er. Frank Jansen
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Presse
08.01.2010 Neues Deutschland
»Es war wie im Blutrausch«
Vier rechte Schläger wegen versuchten Mordes vor dem Berliner Landgericht
angeklagt
Ein unglaublich brutales Verbrechen wird
seit gestern vor dem Berliner Landgericht verhandelt. Die vier Täter
zwischen 20 und 26 Jahren aus dem Berliner Umland kommen aus der dumpfen
rechten Szene. In den Morgenstunden des 12. Juni 2009 haben sie laut Anklageschrift
gemeinsam den 22-jährigen Berliner Studenten Jonas K. fast zu Tode
geprügelt und getreten. Deshalb sind Oliver K., Marcel B., Michael
L. und Michael G. nicht wegen schwerer Körperverletzung, sondern
des versuchten Mordes angeklagt. Drei sitzen hinter Panzerglas, der Jüngste
neben seinem Verteidiger.
Viele Details sind noch im Dunkeln. Fest steht: Als Jonas an diesem Morgen
nach einer Schlägerei am S-Bahnhof Frankfurter Allee schon wehrlos
am Boden lag, sollen die vier wie entfesselt gegen seinen Kopf getreten,
ihn anschließend zum Radweg geschleift, das Gesicht über die
Bordsteinkante gedrückt und erneut zugetreten haben. »Stampfkick«
heißt das blutige Spiel in dem Film »American History X«,
wo ein amerikanischer Nazi-Skin einen Schwarzen mit einem gezielten Tritt
auf den Hinterkopf umbringt. Und die vier Rechten wollten genau das tun,
sagt die Staatsanwaltschaft. Das Opfer erlitt lebensgefährliche Verletzungen,
ein Schädelhirntrauma zweiten Grades mit Einblutungen und schwerste
Gesichtsverletzungen. Es geht ihm nach Angaben seines Anwalts Ols Weidmann
den Umständen entsprechend gut. An die Ereignisse vom 12. Juni hat
er keinerlei Erinnerungen.
Was geschah an jenem Morgen an der Frankfurter Allee gegen 5.45 Uhr? Der
erste Verhandlungstag war den Aussagen der Täter vorbehalten. Und
die beschrieben sich vor allem als Opfer. Nach ihren Darstellungen seien
sie nach dem Verlassen der rechten Disco »Jeton« aus einer
Gruppe von etwa zehn jungen Leuten angegriffen und niedergeschlagen worden.
»Da bin ich ausgerastet, ich war in Rage, wie im Blutrausch«,
schilderte der Haupttäter über seinen Anwalt seine Stiefelattacken.
Alle hätten sie eine Menge Alkohol geschluckt und könnten sich
deshalb nicht mehr an Einzelheiten erinnern. Eigentlich wollten die Angeklagten
gar nicht raus mit der Sprache, doch der Vorsitzende Richter baute ihnen
Brücken, um sie zur Aussage zu bewegen. Natürlich könnten
sie schweigen, doch eine wahrheitsgemäße Schilderung könnte
sich positiv auf die spätere Entscheidung auswirken. So wären
Schläge und Tritte durchaus akzeptabel, wenn sie denn der Selbstverteidigung
dienten. Das griffen die Angeklagten dankbar auf und schilderten ihre
Opferversion.
Unmittelbar nach der Tat war die Polizei zur Stelle und nahm die Männer
fest. Außerdem meldeten sich zahlreiche Zeugen, die das Geschehen
beobachtet hatten. Danach ergibt sich ein etwas anderes Bild, als es die
vier Angeklagten jetzt vor Gericht zeichnen. Es begann wohl vor der Kneipe
»Jeton«. Das rechte Kleeblatt war nach einer so genannten
Schaumparty noch so richtig in Brülllaune und posierte auf der Straße
mit dem Hitler-Gruß. Dabei fotografierte man sich gegenseitig. Das
Handy verschwand im feuchtfröhlichen Trubel, die Bilder von den Hitler-Jüngern
tauchten später im Internet auf. Das Nazi-Spektakel und die bei Rechten
beliebte Thor-Steinar-Kleidung der Rechtsextremen empfanden andere Jugendliche
auf der Straße als Provokation. Aus einer verbalen Auseinandersetzung
entwickelte sich eine Schlägerei, bei der auch einer der Rechten
zu Boden ging. Als sich die Lage schon entspannt hatte, griffen sich die
Schläger den Studenten, weil sie ihn als »Zecke« ausgemacht
hatten. »Du Zecke sollst nicht mehr aufstehen!« Das war der
Schlachtruf, mit dem sie Jonas fast zu Tode trampelten.
In der kommenden Woche wird das Opfer als Zeuge aussagen,
das Urteil wird voraussichtlich gegen Ende des Monats gesprochen. Eines
wurde nach dem ersten Prozesstag deutlich: Gewalt ist immer ein schlechter
Ratgeber und sie dient nur jenen, die Rechts und Links gern in einem Atemzug
nennen wollen.
24.11.2009 Tagesspiegel
15 Festnahmen bei Gedenken an Silvio Meier
15 Festnahmen, zehn verletzte Polizisten und sechs beschädigte Autos:
Das ist die Bilanz der Silvio-Meier-Demonstration in Friedrichshain. Die
Anmelderin kritisiert die "massive Präsenz" der Polizei.
Bis zu 2000 Menschen nahmen nach Polizeiangaben
an dem Marsch teil. Es flogen Böller, von Hausdächern leuchteten
bengalische Fackeln und Raketen flogen in den nächtlichen Himmel.
Entgegen den Absprachen mit der Polizei löste sich die Demo etwa
einen Kilometer vor dem Ende plötzlich auf. Etwa 800 Teilnehmer suchten
sofort die Konfrontation mit der Polizei, in der Niederbarnimstraße
flogen kurzzeitig Flaschen und Steine auf Polizisten. Danach beruhigte
sich die Lage rasch, auch in der Nacht gab es keine Vorkommnisse mehr.
Die Anmelderin der Demonstration, die Linken-Abgeordnete Evrim Baba, verteidigte
den Abbruch der Demo: „Das ist unser Recht und unsere Freiheit.“
Man habe nur reagiert auf die „massive Präsenz der Polizei
und die Überwachung“. Die Demonstration selbst sei völlig
friedlich gewesen.
Die Demonstration stand unter dem Motto „Linke Freiräume schaffen,
gegen Nazis, Staat und Kapital“. Der 27-jährige Hausbesetzer
Silvio Meier war am 21. November 1992 am U-Bahnhof Samariterstraße
von Rechtsextremisten überfallen und erstochen worden. Evrim Baba
betonte, dass die „Gefahr weiterhin von rechts ausgeht“. Ein
breites Bündnis gegen Nazis sei notwendig. Die von Innensenator Körting
geforderte Abgrenzung zu Linksextremisten lehnte sie ab. „Wir entscheiden,
mit welchen Bündnispartnern wir demonstrieren.“
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Presse
23.11.2009 Neues Deutschland
Deeskalativ in hitziger Atmosphäre
Silvio-Meier-Gedenkdemonstration in Berlin verlief weitgehend friedlich
Die vorher befürchtete gewalttätige
Eskalation beim Gedenkzug zu Ehren des von Nazis 1992 ermordeten Hausbesetzers
Silvio Meier in Berlin blieb aus. Sowohl Polizei als auch jugendliche
Antifaschisten hielten sich zurück.
Das Gedenken an Silvio Meiers Tod ist ungewöhnlich, denn es fehlt
das Besinnliche dabei. Einzig am Ausgang des U-Bahnhofs Samariterstraße,
wo eine Gedenktafel an den Hausbesetzer erinnert, legen Teilnehmer einer
Mahnwache Blumen und Kränze ab, zünden Grablichter an und halten
inne. Auf dem Bahnsteig wurde vor 17 Jahren Silvio Meier nach einer Auseinandersetzung
mit einer Gruppe Neonazis kaltblütig erstochen. Silvio Meier starb
mit 27 Jahren.
Oben auf der Fahrbahn der Frankfurter Allee versammeln sich 3000 Menschen
zur Demo. Fast alle sind schwarz gekleidet, und sie haben eine Wut angestaut,
die sie auf einem langen Zug durch Friedrichshain kundtun. »Enough
is enough« heißt das Motto des Gedenkens in diesem Jahr –
»genug ist genug«. Sie erinnern an die Gefahr, die noch immer
von Rechtsextremisten ausgeht. Die Route führt an der Diskothek »Jeton«
vorbei, die immer wieder Ausgangspunkt für Übergriffe feiernder
Neonazis ist, und stoppt am Bekleidungsgeschäft Tromsø in
der Petersburger Straße, wo die bei Rechten beliebte Kleidungsmarke
»Thor Steinar« vertrieben wird. Einige Demonstranten erinnern
auch an Iwan Chutorskoi, jenen linken Skinhead aus Moskau, der am 16.
November dieses Jahres vor seinem Haus erschossen wurde.
Die Silvio-Meier-Demonstration ist kein stiller Trauerzug, sondern sie
will aufrütteln. Sprechchöre gegen die Polizei und den Kapitalismus
hallen durch die Straßen. Nur wenige Teilnehmer werden den ermordeten
Antifaschisten gekannt haben; aber sie alle wollen das, wofür Silvio
Meier sich engagierte, erhalten. In einem Fernsehinterview blickte Meier
kurz vor seinem Tod pessimistisch in die Zukunft: Die Besetzungen seien
nur ein Übergangsstadium, meinte er. »Entweder werden Verträge
gemacht oder die Häuser geräumt.«
Dass allerdings auch Verträge kündbar sein können, das
erleben gerade die linken Hausprojekte in der Brunnenstraße 183
in Mitte und in der Liebigstraße 14 in Friedrichshain. Beide Häuser
stehen kurz vor dem Aus. Die Stimmung war deshalb schon im Vorfeld der
Demonstration aufgeheizt. Nachdem ein mutmaßlicher Autobrandstifter
am Montag festgenommen wurde, durchsuchte die Polizei zwei Hausprojekte
in der Liebigstraße.
Eine Bedrohung durch Rechtsextreme sehen Antifaschisten indes in Treptow.
Dort ist die Neonazikneipe »Zum Henker« in ihren Fokus geraten:
Am vergangenen Donnerstag kam es zu einer Attacke von Linksradikalen auf
das Lokal. Tags darauf zogen hundert Neonazis durch Treptow. Schon im
Oktober nannten sie auf einer Demonstration die Namen von zwanzig Antifaschisten.
Chris Lorenz (Name geändert) ist eine der Personen: »Noch ist
das alles eine Drohgebärde, und es ist nichts passiert. Aber keiner
weiß, ob wir im nächsten Jahr auch in Berlin Moskauer Verhältnisse
haben«, sagt er mit Blick auf den Mord an Iwan Chutorskoi.
In Anbetracht dieser hitzigen Atmosphäre begleitet die Polizei die
Demonstration zurückhaltend. Auch Elke Steven vom »Komitee
für Grundrechte und Demokratie« bescheinigt den Ordnungskräften
ein »bürgerfreundliches Auftreten«. Nur vereinzelt haben
die 25 Beobachter des Komitees sowie kritischer Juristen der Humboldt-
und der Freien Universität rüde Festnahmen gesehen.
Nachdem die Veranstalter den Aufzug vorzeitig in der Grünberger Straße
aufgelöst haben, kommt es kurz zu Tumulten. In der Niederbarnimstraße
rangeln sich Demonstranten und Einsatzkräfte. Insgesamt nimmt die
Polizei 15 Personen fest; zehn Beamte erleiden leichte Verletzungen.
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Presse
23.11.2009 Tagesspiegel
„Ich muss mir von der SPD nichts sagen
lassen“
Sie gehört einer der beiden Regierungsparteien in Berlin an - und
macht dennoch Stimmung gegen die Polizei
Sie gehört einer der beiden Regierungsparteien
in Berlin an, und zwar der Linke. Wer sich die Veröffentlichungen
von Evrim Baba durchliest, wird sie für eine Sprecherin der Linksextremisten
halten. Und als solche agiert sie auch – mit Worten und mit Taten.
Seit Jahren meldet sie linksradikale Demos an. Am Sonnabend war es das
„Silvio-Meier-Gedenken“. Doch das Kommando auf dieser Demo
führte nicht Frau Baba, sondern die Autonomen. Diese brachen die
Demo plötzlich und entgegen den Vereinbarungen mit der Polizei vor
dem geplanten Ende ab, taktisch klug mittendrin im Schickeria-Kneipen-Kiez.
Minuten später flogen Steine.
Das war nur folgerichtig. Die 2000 Teilnehmer hatten zuvor diese Parolen
skandiert: „Stein für Stein“, „Bullen – haut
sie platt“ und „ob grün, ob braun, Nazis auf die Fresse
hauen“. Das Feindbild der Frau Baba ist damit klar umrissen: die
Polizei. Dies zeigen auch die Pressemeldungen der 38-Jährigen: „Polizei
schränkt Demonstrationsrecht ein“, heißt es da, oder
die Polizei „arbeitet den Neonazis in die Hände“. Und
weil auf diese Polizei kein Verlass ist, braucht es einen „Antifaschistischen
Selbstschutz“, verkündete sie auf ihrer Internetseite. „Das
rechtfertigt doch Gewalt“, stöhnte ein SPD-Mitglied im Abgeordnetenhaus.
Seit Monaten wird sie in der SPD und von vielen ihrer eigenen Fraktion
als „Problem“ wahrgenommen. Im Mai, als sie der Polizei vorgeworfen
hatte, für den Kreuzberger Krawall selbst verantwortlich zu sein,
hatte der Landeschef ihrer Partei zwar angekündigt, sich „damit
auseinanderzusetzen, wenn sich einzelne in der Partei nicht ausreichend
von Gewalttätern distanzierten“. Gefruchtet haben diese Bemühungen
nicht. Genausowenig wie die jüngsten Appelle von Innensenator Körting
und Polizeipräsident Glietsch an die Linkspartei, sich von Gewalt
und Extremismus stärker zu distanzieren. Evrim Baba sagte gestern:
„Ich muss mir von der SPD nichts sagen lassen.“ Die Demo sei
im Übrigen friedlich gewesen.
Baba könne sich gar nicht distanzieren, sagen Abgeordnete –
weil sie mittlerweile integraler Teil des Extremismus sei. Verwiesen wird
zum Beispiel auf einen Link auf ihrer Webseite zur „ALB“.
Die Autonomentruppe charakterisiert der Verfassungsschutz so: „Die
Gruppe verfolgt Ziele, die gegen den Bestand der freiheitlichen demokratischen
Grundordnung gerichtet sind. Sie tritt für den Kommunismus als politische
Ordnungsform ein.“ Jörn Hasselmann
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Presse
21.11.2009 Morgenpost
Silvio-Meier-Demo: Konfrontationen erwartet
Mit einem großen Polizeiaufgebot wird
die heutige Silvio-Meier-Gedenkdemonstration in Friedrichshain begleitet.
Hunderte Teilnehmer werden erwartet, um gegen Rechtsextremismus zu demonstrieren.
Nach den Durchsuchungen in den alternativen Wohn- und Kulturprojekten
an der Liebigstraße in Friedrichshain und der Festnahme eines mutmaßlichen
Brandstifters im gleichen Bezirk ist die Stimmung in der Szene aufgeheizt,
vereinzelt wurde zu Gewalt aufgerufen. Polizeipräsident Dieter Glietsch
kündigte einen "angemessenen Einsatz" an. "Wir werden
für eine friedliche Demonstration sorgen", sagte ein Sprecher.
Die Demo gilt dem vor 17 Jahren von Rechten ermordeten Hausbesetzter Silvio
Meier. Sie beginnt um 15 Uhr mit einer Mahnwache am U-Bahnhof Samariter
Straße. Die Demo-Anmelderin Evrim Baba (Linke) rief dazu auf, "gegen
Nazis, Rassisten und Antisemiten Gesicht zu zeigen". Unterdessen
sind in der Nacht zu gestern wieder Autos in Brand gesetzt worden. In
Spandau traf es zwei Pkw der Marke "Chrysler". Der Staatsschutz
ermittelt.
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Presse
21.11.2009 Neues Deutschland
Schlägerei bei Nazi-Kneipe »Zum
Henker«
(ND-Meyer). Rund 30 Anhänger der linken
Szene haben am frühen Donnerstagabend einen stadtbekannten Treff
der rechten Szene im Treptow-Köpenicker Stadtteil Niederschöneweide
angegriffen, teilte die Polizei am Freitag mit. Die Angreifer schmissen
Steine und Flaschen auf das Lokal in der Brückenstraße. Dabei
seien zwei Fensterscheiben des Etablissements beschädigt worden.
Als daraufhin acht Gäste aus der Kneipe auf die Straße stürmten,
seien die Angreifer zum S-Bahnhof Schöneweide geflüchtet. Die
Nazis hätten einen der Antifas erwischt und geschlagen. Der Rechte
und der leicht verletzte Linke seien vorläufig festgenommen worden.
Gegen den Rechten ermittelt nun wegen gefährlicher Körperverletzung
der Staatsschutz. Der Antifa wurde nach zeugenschaftlicher Befragung wieder
entlassen.
Zuvor hatte das lokale Bündnis für Demokratie und Toleranz zusammen
mit Antifagruppen einen von der LINKEN angemeldeten Infostand abgehalten.
Das Bündnis informierte über die Nazi-Kneipe »Zum Henker«
und die NPD. Die Antifa machte mit dem Stand Werbung für die Silvio-Meier-Demo,
die am heutigen Samstag durch Friedrichshain zieht.
Auf die Schließung des »Henkers« drängen zivilgesellschaftliche
Gruppen, Anwohner und die Antifa schon seit Monaten. Die Direktorin eines
benachbarten Hotels beispielsweise setzt sich nach ND-Informationen bei
Bezirksbürgermeisterin Gabi Schöttler (SPD) dafür ein,
eine mögliche Schließung der Kneipe behördlich zu prüfen.
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Presse
20.11.2009 TAZ
Demobeoachter wollen Polizeieinsatz filmen
Bei der Gedenkdemo an Silvio Meier soll die Polizei an diesem Samstag
überwacht werden.
Es ist eine der festen Veranstaltungen im
Kalender des linken Berlins: Seitdem vor 17 Jahren der Hausbesetzer und
Antifaschist Silvio Meier von Neonazis getötet wurde, gedenken Antifas
jährlich mit einer Demonstration der Opfer rechter Gewalt. Unter
dem Motto "Gegen Nazis, Staat und Kapital" wollen die Demonstranten
ausgehend vom damaligen Tatort am U-Bahnhof Samariterstraße durch
Friedrichshain ziehen, das Ende ist an der Warschauer Ecke Grünberger
Straße geplant.
In diesem Jahr haben auch das Komitee für Grundrechte und Demokratie,
der Arbeitskreis kritischer Juristinnen und Juristen der Humboldt-Universität
sowie die Kritischen JuristInnen an der Freien Universität ihr Kommen
angekündigt. Sie wollen jedoch nicht an der Demonstration teilnehmen,
sondern ihren Ablauf beobachten, um die "demokratisch fundamentalen
Grundrechte auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit" zu schützen.
"Wir haben seit einiger Zeit den Eindruck, dass es dringend notwendig
ist, vor Ort zu sein", sagt Elke Steven vom Komitee für Grundrechte
und Demokratie. Dazu beigetragen hätten Bestrebungen, die Versammlungsfreiheit
einzuschränken, aber auch die Kriminalisierung von eigentlich friedlichen
Clownsgruppen, die das Polizeikonzept durcheinanderbrächten. "Ein
wichtiger Punkt waren auch die Übergriffe und deren Videodokumentation
einer Demonstration im September", sagt Steven. Während der
Proteste gegen staatliche Überwachung auf der "Freiheit statt
Angst"-Demonstration hatten Teilnehmer dokumentiert, wie ein Polizist
anscheinend gezielt einen Demonstranten geschlagen hat.
Rund 25 Demobeobachter der drei Gruppen sollen daher die Versammlung begleiten.
"Einige werden auch Fotoapparate dabeihaben, eventuell auch Videokameras",
sagt Steven. Was die Beobachtung ausmache, sei allerdings die Vielzahl
von Beteiligten, die Situationen aus verschiedenen Blickwinkeln wahrnehmen
könnten.
Evrim Baba, Abgeordnete der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus und Anmelderin
der Demonstration, forderte zu friedlichen Protesten auf, um dem "Charakter
einer Gedenkdemonstration" gerecht zu werden: "Der Name Silvio
Meier steht stellvertretend für alle Opfer und Betroffenen zur Erinnerung
und Mahnung." Polizeipräsident Dieter Glietsch hat im RBB einen
angemessenen, ruhigen und sachlichen Einsatz der Polizei angekündigt.
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Presse
17.11.2009 Junge Welt
Linke im Visier
Vor 17 Jahren wurde der Hausbesetzer Silvio Meier von Neonazis getötet.
Gedenkdemo am Samstag. Proteste gegen geplante Räumung alternativer
Projekte angekündigt
Am kommenden Samstag findet in Berlin die
traditionelle Silvio-Meier-Demonstration statt. Sie erinnert an einen
jungen Hausbesetzer, der am 21. November 1992 von Neonazis auf dem U-Bahnhof
Samariterstraße im Berliner Stadtteil Friedrichshain von Neonazis
getötet wurde. Im Zentrum der diesjährigen Demonstration steht
die Forderung nach dem Erhalt linker Zentren in Berlin. Nach Angaben der
Antifaschistischen Linken Berlin (ALB) sind mehrere Kultur- und Wohnprojekte
von Räumung bedroht, darunter die Hausprojekte Liebigstraße
14, Rigaer Straße 94 oder der Wagenplatz »Schwarzer Kanal«.
Die Bewohner stünden unter massiven Druck von »Spekulanten,
Wohneigentümern, Polizei und Mainstreampresse«, so ALB-Sprecher
Lars Laumeyer gegenüber jW. Erst am Montag durchsuchte ein Großaufgebot
von bis zu 140 Polizisten zwei Hausprojekte in der Liebigstraße.
Dort wohnt u.a. ein junger Mann, der in den frühen Morgenstunden
unter dem Verdacht der PKW-Brandstiftung festgenommen worden war.
Die Gedenkdemonstration hat sich über Jahre zu einer bedeutenden
Manifestation vor allem jugendlicher Linker entwickelt. Für viele
ist es die erste Demonstration überhaupt. Mehrfach standen Neonazistrukturen
von NPD oder »freien Kameradschaften« im benachbarten Bezirk
Lichtenberg im Visier der Antifaschisten. Der Kiez rund um die Weitlingstraße
galt seit den frühen 1990er Jahren als rechte Hochburg. Migranten
und Linke mieden die Gegend um den Bahnhof Lichtenberg. Antifaschistische
Kampagnen trugen dazu bei, daß Neonazis zurückgedrängt
werden konnten und linke Gruppen heute ungestört Flugblätter
gegen rechts verteilen können: »Das war vor ein paar Jahren
noch undenkbar, einmal wurde ein Infostand überfallen«, erinnert
sich Laumeyer. Er war bereits dabei, als 1998 die Silvio-Meier-Demo zum
»Café Germania« zog. Die rechte Kneipe in Lichtenberg
mußte nach Protesten und direkten Aktionen schließen. Im Jahr
2006 erwischte es das von Neonazis betriebene Lokal »Kiste«.
Das Auto des Betreibers brannte aus, und Demonstrationen erzeugten den
nötigen Druck für das Aus der Kneipe. Im Sommer diesen Jahres
mußte der Nazi-Laden »Horrido« der Firma »Erik
& Sons« nach nur fünf Monaten schließen.
Es sei eine Frage der Zeit, bis Lichtenberg gänzlich kippt und nicht
mehr als rechte Hochburg zu bezeichnen ist, hofft Laumeyer. Doch bisher
sei es im alternativ geprägten Bezirk Friedrichshain ebenso wahrscheinlich,
Opfer rechter Gewalt zu werden. Zuletzt war am 12. Juli 2009 am Bahnhof
Frankfurter Allee ein junger Antifaschist von mehreren Neonazis brutal
zusammengeschlagen worden. Die Neonazis legten den offenbar bewußtlosen
Jugendlichen mit dem Gesicht auf den Bordstein und traten auf seinen Kopf.
Der Überfall sorgte für großes Aufsehen, weil unter anderem
die Todesstelle Silvio Meiers nur wenige hundert Meter entfernt lag.
Als es 1992 zu der tödlichen Begegnung kam, war der 27jährige
Silvio Meier mit drei Begleitern unterwegs. Auf dem U-Bahnhof Samariter
Straße trafen sie auf eine Gruppe junger Rechter, einer trug ein
Abzeichen mit der Aufschrift »Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein«.
Nach einer zunächst verbalen Auseinandersetzung gab es ein Handgemenge,
und dem Rechten wurde das Emblem abgenommen. Für Silvio Meier, der
damals in einem besetzten Haus in unmittelbarer Nähe des Bahnhofes
wohnte, schien die Sache erledigt. Doch die Rechten lauerten den Linken
auf und überfielen sie. Drei Männer wurden durch Messerstiche
schwer verletzt, Silvio Meier verstarb noch am selben Abend.
Polizei und Medien leugneten zunächst ein politisches
Motiv der Täter, die sich einige Tage später der Polizei stellten.
Als Antifaschisten den damals bei Neonazis beliebten Judith-Auer-Jugendclub
niedergebrannten – die Täter hatten darin regelmäßig
verkehrt – wurde von einem »Bandenkrieg« gesprochen
und die Rolle von Täter und Opfer vertauscht. Nur fünf der zwölf
am Überfall beteiligten Rechten mußten sich vor Gericht verantworten,
drei von ihnen erhielten Haftstrafen. Heute erinnert eine Gedenktafel
auf dem U-Bahnhof an Silvio Meier.
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Presse
21.10.2009 Junge Welt
Die Sammelwut der Rechten
Seit Jahren veröffentlichen Berliner Neonazis Namen und Adresse von
aktiven Antifaschisten. Doch die lassen sich nicht einschüchtern
Es waren etwa 800 Neonazis, die am 10. Oktober
vom Berliner Alexanderplatz Richtung Friedrichshain marschiert sind. Eine
auf den ersten Blick überraschende Anzahl. Schließlich hatten
die Rechten nur wenige Tage lang mobilisiert. Zudem ist die Berliner Szene
extrem zerstritten. Doch der Kampf gegen Linke und besonders gegen die
»Antifa« ist neben Nazinostalgie noch immer das zentrale Thema,
mit dem Differenzen zumindest zeitweise überwunden werden können.
Bei den entsprechenden Demonstrationen treffen sich Rechtsrocker, Skinheads,
»autonome Nationalisten« und NPD-Mitglieder. So läßt
sich die durchaus beachtliche Größe der Veranstaltung, die
am vorvergangenen Samstag unter der Parole »Vom nationalen Widerstand
zum nationalen Angriff« stattfand, dann doch plausibel erklären.
Aggressiv war nicht nur das Motto, sondern auch das Auftreten vieler Teilnehmer
und der Redner. Wie berichtet, wurden via Lautsprecherwagen die Namen
20 bekannter Antifaschisten verlesen; von zwei Neonazigegnern außerdem
die Anschriften präsentiert. »Das sind die Hintermänner,
das sind die Hetzer, wir kriegen euch alle«, drohten die Neofaschisten
ganz unverhohlen. Die Polizei schritt nicht ein. Dabei war der Sprecher
kein Unbekannter. Es handelte sich um den Neonazi Lutz Giesen. Der brachte
die Antifa mit einem Brandanschlag in Verbindung, der kurz zuvor auf das
in der rechten Szene beliebte Lokal »Zum Henker« in Berlin-Schöneweide
verübt worden war. Antifaschistische Gruppen bestritten, daß
Linke hinter der Attacke stehen, und auch die Polizei schloß einen
politischen Hintergrund aus. Mittlerweile sitzen einige Verdächtige
in Untersuchungshaft. Für Lutz Giesen ist das jedoch kein Grund,
den Mythos von der linken Gewalt nicht weiter zu propagieren »Wir
schwören Rache«, beendete er seinen Vortrag.
Man werde sich von den Drohungen nicht einschüchtern lassen, sagte
einer der von den Neonazis erwähnten Antifas zu jW. Doch woher haben
die Rechten die Namensliste? Das Verzeichnis ist das Ergebnis der sogenannten
Anti-Antifa-Arbeit der Berliner Neonazis. Seid Jahren sammeln vor allem
Mitglieder der »Kameradschaften« Informationen über ihre
politischen Gegner. Zu diesen »Anti-Antifa«-Aktivisten zählen
Björn Wild und David Gudra aus dem Stadtteil Lichtenberg. Die beiden
waren auch am 10. Oktober mit Kameras bewaffnet. Wild ist bereits seit
zehn Jahren in extrem rechten Strukturen aktiv. Gudra, äußerlich
eher klein und unscheinbar, steht momentan wegen Beleidigung vor Gericht.
Das Opfer sowie diverse Zeugen befanden sich auch unter den von Giesen
veröffentlichten Namen.
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Presse
14.10.2009 TAZ
Antifas werfen Polizei Untätigkeit vor
Ein Jugendlicher erhebt schwere Vorwürfe
gegen Polizei: Die soll zugesehen haben, wie er und weitere Antifas von
Neonazis angegriffen und verprügelt wurden. LKA will Ermittlungen
aufnehmen
Erneut wird aus Antifakreisen der Vorwurf erhoben, Polizisten hätten
bei einer Neonazi-Demo weggeguckt, als Rechtsextreme Straftaten begingen.
Diesmal geht es um einen Vorfall, der sich am Samstag im Anschluss an
die Demonstration vor dem Ringcenter am U-Bahnhof Frankfurter Allee ereignet
haben soll. Ein Betroffener berichtete der taz, eine Gruppe von Antifaschisten
sei dort von 50 bis 60 Neonazis attackiert worden. Die vor dem Bahnhof
stationierten Polizisten seien extra außer Sichtweite gegangen,
als die Neonazis auf die Linken losstürmten. Man habe gegen die Beamten
am Dienstag Strafanzeige erstattet.
Die Polizeipressestelle teilte mit, der Vorfall sei bislang nicht bekannt,
man prüfe, ob eine Anzeige eingegangen sei. Unabhängig davon
werde das Landeskriminalamt Ermittlungen gegen Beamte wegen des Verdachts
der Strafvereitelung aufnehmen.
Anzeige
Ein jugendlicher Betroffener schilderte den Vorfall gegenüber der
taz so: Er und sein Freund seien zusammen mit anderen Antifas vor dem
Ringcenter die Treppen hochgelaufen. Zu spät habe man bemerkt, dass
oben um die Treppe herum 50 bis 60 Neonazis standen. Aber die Polizei
sei mit einer Hundertschaft vor dem Eingang postiert gewesen. "Also
dachten wir, hier wären wir relativ sicher." Die Neonazis hätten
gespuckt und Flaschen auf die Antifas geworfen. Dann hätten die Neonazis
die Polizei aufgefordert "sich zu verziehen, damit sie uns plattmachen
könnten". Die Beamten seien daraufhin außer Sichtweite
gegangen.
Dann seien die Neonazis losgestürmt. Ein Teil der Antifas habe in
Richtung U-Bahn-Ausgang flüchten können. Der Betroffene sagt,
er und sein Freund hätten hingegen nicht mehr ausweichen können.
"Wir hatten noch Glück, dass die Nazis mehr Interesse an der
flüchtenden Gruppe hatten und uns nur im Vorbeilaufen mit Tritten
und Schlägen traktierten."
Die beiden Jugendlichen haben eigenen Angaben zufolge Gehirnerschütterungen
und Prellungen erlitten.
Im Anschluss hätten sie versucht, den Leiter der Hundertschaft zur
Rede zu stellen, so der Betroffene weiter. Doch der habe geantwortet:
"Sonst wollt ihr doch auch nichts von uns wissen, warum sollten wir
euch also schützen? Und jetzt verpisst euch, sonst gibt's auch von
uns noch mal richtig Ärger."
Auch die Herausgabe der Dienstnummern hätten die Beamten verweigert.
Er habe sich aber die Helmnummern und das Nummernschild aufgeschrieben.
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Presse
10.10.2009 DIE ZEIT
Die Wahrheit einfach ausblenden - Wie Nazis sich als
Opfer geben
Neonazis geben sich gerne als Opfer. Die
“Systempresse”, die Polizei, die “gewalttätige
Antifa” - Alle wollen sie den armen “Nationalen Sozialisten”
etwas Böses. Nach einem Brandanschlag mit drei Verletzten auf eine
rechtsextreme Szenekneipe in Berlin schlugen die Wellen hoch. Neonazis
sahen darin sofort einen geplanten Angriff von “Linksextremisten”.
Solidaritätskundgebungen in mehreren Städten folgten. Doch jetzt
kam heraus, dass die Behauptungen der Neonazis allesamt erfunden waren.
Die Täter sind gefasst und haben mit der linken Szene rein gar nichts
zu tun. Ein peinliches Dilemma für den “Nationalen Widerstand”.
Trotzdem wollen die Rechtsextremisten heute in Berlin gegen “linke
Gewalt” aufmarschieren. Und die Pressemitteilung der Polizei? Ganz
klar: eine Fälschung für die Systempresse.
Der Brandanschlag auf die rechte Szenekneipe „Zum Henker“
in Schöneweide ist nach Angaben der Polizei aufgeklärt. Bei
Wohnungsdurchsuchungen in Berlin und Königs Wusterhausen nahmen Kripobeamte
gestern Abend sieben mutmaßliche Täter fest. Keiner der Täter
habe „aus politischer Motivation“ gehandelt, teilten die Ermittler
mit. „Die Männer seien „weder der rechten noch der linken
Szene zuzuordnen.“ Nach ersten Erkenntnissen hätten sie nach
einem Streit im Lokal „aus Rache gehandelt.“ Die rechtsextreme
Szene hatte bisher behauptet, die Täter kämen von links. Mehrere
hundert Neonazis wollen deshalb am heutigen Samstag durch Friedrichshain
marschieren.
Bei der Durchsuchung von sechs Wohnungen der Festgenommenen wurden laut
Polizei „diverse Beweismittel“ sichergestellt. Die speziell
für den Fall zusammengestellte Kripogruppe „Joker“ ermittle
weiter mit Hochdruck wegen versuchten Mordes und schwerer Brandstiftung.
Die Staatsanwaltschaft prüfte noch in der Nacht den Erlass von Haftbefehlen.
Nach den bisherigen Recherchen waren die mutmaßlichen Brandstifter
am Samstag, dem 26. September, mit Gästen des Lokals „zum Henker“
in der Brückenstraße in Streit geraten. Dabei seien sie angegriffen
und verletzt worden. Am vergangenen Sonntag revanchierten sie sich dann,
indem sie Brandsätze auf den rechten Szenetreff warfen. Dabei wurden
drei Rechte von den flüchtenden Tätern angefahren und verletzt,
einer davon schwer.
Ungeachtet der Festnahmen wollen heute rund 500 Neonazis durch den Bezirk
marschieren. Die Polizei ist mit einem Großaufgebot im Einsatz,
um Auseinandersetzungen zwischen Rechten und Linken zu verhindern. Bundesweit
mobilisieren die Veranstalter für 12 Uhr zum Alexanderplatz unter
dem Motto: „Vom nationalen Widerstand zum nationalen Angriff“.
Von dort soll es Richtung Friedrichshain gehen. Die genaue Route war gestern
noch nicht abgestimmt.
Linke Antifa-Gruppen hatten sich von dem Anschlag distanziert. Sie vermuten
Streitigkeiten mit dem Rockermilieu als Grund für die Tat. Politiker
von SPD, Grünen und Linken rufen mit mehreren Initiativen gegen Rechts
zu Protesten auf. Entlang der möglichen Route wurden vier Gegenkundgebungen
angemeldet. „Bunt, laut & friedlich“ soll ab 11.30 Uhr
vor dem Haus des Lehrers am Alex protestiert werden.
Wie aggressiv aufgeladen die Rechtsextremen sind, erfährt zur Zeit
die Mobile Beratungsgruppe gegen Rechtsextremismus (MBR). Sie wird telefonisch
und im Internet bedroht. „Die Nazis benutzen die Tat als Vorwand
zur Einschüchterung“, sagt MBR-Leiterin Bianca Klose.
<<< Presse
29.08.2009 Adhoc-News
Rund 600 Menschen demonstrieren gegen rechte
Strukturen
Die Veranstalter wollten nach eigenen Angaben
mit dem Zug durch Friedrichshain und Lichtenberg ein klares Zeichen setzen,
dass die Bekämpfung rechter Strukturen in allen Bezirken wichtig
sei Die Demonstration führt auch an mehreren Geschäften vorbei,
die in der rechten Szene beliebte Textilien vertreiben.Die Veranstalter
verweisen in ihrem Demonstrationsaufruf darauf, dass Kleidung als Identifikationsmerkmal
mit und in der rechten Szene einen immer größeren Stellenwert
habe. Zwischen 500 und 600 Menschen haben Polizeiangaben zufolge am Samstag
an einer Demonstration gegen rechtsextreme Strukturen in Friedrichshain
und Lichtenberg teilgenommen. Initiatoren waren mehrere linke und Antifa-Gruppen.
Die Demonstration begann am Frankfurter Tor. Enden sollte sie am S-Bahnhof
Friedrichsfelde-Ost. Die Polizei hatte die Demonstration mit Auflagen
versehen. Danach war den Teilnehmern das Mitführen von Glasflaschen
und Büchsen nicht erlaubt. Zwischenfälle gab es nach Angaben
der Sprecherin zunächst nicht.
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Presse
29.08.2009 Neues Deutschland
Der Nazis liebste Kleiderkammern
In Friedrichshain und Lichtenberg wehren sich Bürger gegen »Thor
Steinar«
Über Nacht blieb der Container unbeschädigt.
»Der einzige Vandalismus«, lacht Gigi von der Friedrichshainer
Initiative gegen Rechts, »war ein Anti-Nazi-Aufkleber.« Und
damit könne man natürlich bestens leben. Groß und unübersehbar
steht seit gestern der mit Anti-Thor-Steinar-Slogans besprühte Container
vor dem umstrittenen Geschäft »Tromsø«, das in
Friedrichshain die bei Neonazis beliebte Marke »Thor Steinar«
verkauft.
Die Protestaktion direkt vor dem rechten Klamottenladen, die gestern den
Medien präsentiert wurde, wird auch von der Mobilen Beratung gegen
Rechtsextremismus (MBR) unterstützt. »Wir informieren über
rechtsextreme Infrastruktur und entwickeln Handlungsstrategien«,
sagt Sabine Kritter von der MBR. Ganz neu ist die Idee mit dem Informationscontainer
indes nicht, ausprobiert wurde die Straßenaktion bei einem ähnlichen
Geschäft in der Rosa-Luxemburg-Straße in Mitte im Mai 2008
– damals mit großem Erfolg. Denn die Informationscontainer
lenken die Aufmerksamkeit der Passanten auf die »Thor Steinar«
-Geschäfte und halten damit die kritische Debatte über solche
Läden am laufen.
Welche Funktion die Geschäfte für die rechte Szene haben, beschreibt
die Grünen-Abgeordnete Canan Bayram: »Das ist ein Treffpunkt
für Nazis, Möchtegern-Nazis und deren Sympathisanten.«
Von den Läden aus ziehen sie dann pöbelnd durch den Kiez, um
ihre rechte Ideologie zu verbreiten.
Wie real die Gefahr ist, in Friedrichshain Opfer von rassistischer oder
Nazi-Gewalt zu werden, belegt ein Plakat, dass an dem Container angeklebt
ist. Dort dokumentiert die lokale Registerstelle seit Beginn dieses Jahres
auf einer Straßenkarte mit Kreuzen die Orte der Übergriffe
– der Kiez ist übersät davon. Erst Mitte Juni schlugen
Nazis, die in der Diskothek Jeton gesoffen hatten, einen 22-jährigen
Neuköllner fast tot. Einer der Nazi-Täter soll »Thor Steinar«-Klamotten
getragen haben.
Beim Widerstand gegen das »Tromsø« macht auch der Bezirk
mit. Seit der Laden Anfang März öffnete, setzt sich Wirtschaftsstadtrat
Peter Beckers (SPD) beim Inhaber des Hauses für die Schließung
des Geschäfts ein. »Es läuft eine Räumungsklage des
Eigentümers, die hoffentlich zum Ende des Jahres entschieden wird«,
erzählt Beckers. Dann könnte Schluss sein mit der Geldmacherei
mit dem fragwürdigen rechten Symbolik-Kitsch.
Solange wollen sich junge Antifaschisten indes nicht gedulden: Für
den heutigen Sonnabend planen linke Gruppen eine Doppel-Demonstration
gegen das »Tromsø« in Friedrichshain und gegen das
Lichtenberger Bekleidungsgeschäft »Horrido«. Die Demonstration
unter dem Motto »Gegen Naziläden und Strukturen überall«
beginnt um 15 Uhr am Frankfurter Tor. Auf der Route nach Lichtenberg ist
auch eine Zwischenkundgebung vorgesehen: Vor der Diskothek Jeton.
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Presse
28.08.2009 TAZ
Ein Container gegen Neonazis
Die "Initiative gegen rechts" informiert über den Bekleidungsladen
"Tromsö"
Die Berliner "Initiative gegen rechts"
will am Freitag einen Informations- und Protestcontainer direkt vor dem
Bekleidungsgeschäft "Tromsö" in Friedrichshain eröffnen.
Mit der Aktion sollen Anwohner darüber aufgeklärt werden, dass
der Laden ausschließlich die bei Neonazis beliebte Bekleidungsmarke
"Thor Steinar" vertreibe, teilte die Initiative am Donnerstag
mit. Mit ihren Motiven transportiere die Firma rechtsextreme Ideologien,
hieß es zur Begründung.
Ziel der Initiative sei es, ein deutliches Zeichen gegen rechtsextreme
Aktivitäten im Stadtteil Friedrichshain zu setzen. Der Container
enthalte Informationen zur Geschichte des Gebäudes in der Petersburger
Straße 94, in dem sich ein SA-Folterkeller der Nationalsozialisten
befand, teilte die Initiative mit. Auch eine Chronologie über die
Aktivitäten von Neonazis wird dort ausgehängt.
Die Aktion sei eine von vielen, die seit der Eröffnung des "Tromsö"-Ladens
außer von der Initiative auch von angrenzenden Vereinen gegen das
Geschäft organisiert worden seien.
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Presse
24.08.2009 Adhoc-News
Antifaschistische Gruppen demonstrieren
gegen rechte Strukturen
Antifaschistische Gruppen demonstrieren
gegen rechte StrukturenMehrere antifaschistische Gruppierungen haben für
Samstag (29. August, 15.00 Uhr) zu einer Demonstration gegen rechtsextremistische
Strukturen in Friedrichshain und Lichtenberg aufgerufen. Laut Polizei
erwarten die Organisatoren rund 500 Teilnehmer. Die geplante Route führt
vom Frankfurter Tor zum S-Bahnhof Friedrichsfelde-Ost.
Die Veranstalter wollen nach eigenen Angaben mit dem Verlauf durch Friedrichshain
und Lichtenberg ein klares Zeichen setzen, dass die Bekämpfung rechter
Strukturen in allen Bezirken wichtig sei. Die Route soll unter anderem
an mehreren Einzelhandelsgeschäften vorbeiführen, die in der
rechten Szene beliebte Textilien vertreiben.
<<< Presse
10.08.2010 TAZ
Ein bisschen Aufklärung auf dem Proletenfest
Hunderttausende feiern auf der Biermeile an der Karl-Marx-Allee. Mittendrin:
eine kleine antirassistische Bühne. Laut Polizei gab es keine fremdenfeindlichen
Übergriffe
"Give Me Some Love": Weltmusik
klingt von Bühne 15 mitten in das Biermeilengewusel. Morris Mugoy,
kurze Rastalocken, zupft an seiner Gitarre, eine Sängerin tanzt barfuß
im roten Kleid. Die Tischreihen davor sind voll besetzt, links wird altböhmisches
Pils ausgeschenkt, rechts gibt es Rostbratwurst. "Ich sitze hier,
weil frei ist", antwortet eine Mittfünfzigerin verständnislos.
Und das Banner über der Bühne, "Kein Kiez für Nazis"?
"Ist in Ordnung, so was."
Es war ein Versuch. "Ein gelungener", wie Canan Bayram von der
Friedrichshainer "Initiative gegen Rechts" (IGR) findet. Am
Samstag stellte die IGR ein eigenes Bühnenprogramm auf die Beine,
ein "antirassistisches" - mitten in der Biermeile, die sich
von Freitag bis Sonntag an der Karl-Marx-Allee ausbreitete. Eine kleine
Insel der Alternativkultur sei das hier, so Bayram, die auch Grünen-Abgeordnete
ist. Ein vollgepackter Infotisch und Verteiler mit "Servicewüste
für Nazis"-Flugblättern gehören auch dazu. Man wolle
sensibilisieren, so Bayram: gegen rechte Übergriffe, die immer wieder
von der Biermeile ausgingen.
Am Samstagvormittag habe sich ein Typ vor die Bühne gestellt und
"Aufhören!" gerufen, berichtet sie. In einen Notizblock
hat sie weitere Pöbeleien festgehalten: Intolerant sei ihre Initiative,
habe einer gesagt - wenn sie keine Rechtsextremen dulden. Um 17 Uhr machen
die IGR-Leute Schluss, rollen ihr Banner ein, räumen den Tisch ab.
"Wir wollten ein Zeichen setzen und Diskussionen auslösen",
so Sabine Kritter von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus. "Mit
dem steigenden Pegel wird das immer schwieriger."
Es sind Papas und australische Touristen, Biker und Jugendliche mit "Team
Porno"-Shirts, die sich durchs Gewühl schieben, später
auch Hertha-Fans. Und mittendrin saufen Thor-Steinar-Träger, Glatzköpfe
mit BFC-Shirts und Neonazis mit "Todesstrafe für Kinderschänder"-Hemden
oder Eisernem-Kreuz-Tattoo im Nacken. Zumindest am Nachmittag gehen sie
aber zwischen den "Qué Será, Será"-Schunklern
unter. Es ist Dorffest, nur größer. Die Polizei notiert keine
fremdenfeindlichen Vorfälle, drei Festnahmen und 14 Körperverletzungen.
Lothar Grassnick, Biermeilenboss, nickt zufrieden: Alles ruhig und fröhlich.
Die Sache mit der Antirassismusbühne sei toll. Von ihm gebe es "vollste
Unterstützung". Einen Packen der Servicewüste-Flyer habe
er jedem Aussteller zum Auslegen in die Hand gedrückt. "Ich
denke, die Botschaft ist angekommen."
An der Bude des "Roten Oktober" gibt es Bier mit Lenin-Logo,
auf dem Tresen liegen Arbeiterlieder-CDs. Vor Jahren hätten mal 40
Nazis versucht, seinen Stand anzugreifen, erzählt Gunter Reimann.
Eigentlich sei es aber friedlich hier. "Klar triffste Nazis, aber
die triffste in der U-Bahn auch." Die Biermeile bilde eben den Berliner
Durchschnitt ab, so Reimann. "Das ist dann eben ein Proletenfest,
aber das ist doch okay so."
<<< Presse
26.07.2009 Bild
Grüne protestieren mit Sprayaktion
gegen Rechtsextremismus
Mit einer Kunstaktion in Friedrichshain
haben die Grünen gegen Rechtsextremismus protestiert. „Mehr
als zehn Künstler haben am Frankfurter Tor Bilder auf Leinwände
gesprayt, diesich gegen Neonazis richten“, sagte die Sprecherin
für Strategien gegen Rechtsextremismus der Grünen-Fraktion,
Clara Herrmann. Rund 30 Mitglieder von Jugendvereinen und den Grünen
hätten sich an der Aktion beteiligt, darunter auch der stellvertretende
Bundestagsfraktionsvorsitzende Christian Ströbele. Mit dem „kreativen
Protest“ wolle die Partei über die „Nazi-Infrastruktur“
in Friedrichshain aufklären. Ziel sei zudem, die Schließung
von Läden zu erreichen, in denen die bei Neonazis beliebte Marke
Thor Steinar verkauft werde.
<<<
Presse
25.07.2009 TAZ
Protest gegen Bekleidungsladen
In der Frankfurter Allee eröffnet ein Laden mit Klamotten, die bei
Neonazis beliebt sind
Sicherheitsglas in den Schaufenstern und
gleich an drei Stellen der Hinweis auf die besondere Überwachung:
Für einen Bekleidungsladen sind die Sicherheitsvorkehrungen besonders
aufwendig. Aber der Laden in der Frankfurter Allee 91 in Friedrichshain,
der offenbar bald eröffnen wird, ist kein normaler Klamottenladen
- sondern er läuft unter dem Namen Doorbreaker. Die Firma mit den
dunkel-blauen Großbuchstaben führt auch Kleidung der bei Neonazis
beliebten Kleidermarke Thor Steinar.
Eine Mitarbeiterin des Friedrichshainer MieterInnenladens, der Kontaktadresse
vieler zivilgesellschaftlicher Initiativen im Stadtteil, erfuhr von der
Ladeneröffnung vor knapp zehn Tagen. "Ich setzte mich sofort
mit der Hausverwaltung und dem Makler in Verbindung. Da gab es noch die
Hoffnung, die Eröffnung des Ladens zu verhindern", erklärt
sie gegenüber der taz. Doch die Verträge seien da bereits unterzeichnet
gewesen.
Anzeige
Canan Bayram, die für die Grünen im Abgeordnetenhaus sitzt und
als Mitbegründerin der Friedrichshainer Initiative gegen Rechts aktiv
ist, kritisiert die Naivität mancher Hausbesitzer und -verwalter.
"Es wäre möglich, den Verkauf von Thor-Steinar-Klamotten
im Vertrag auszuschließen." Doch viele Vermieter seien froh,
dass die Läden überhaupt vermietet werden.
Mitglieder der Initiative gegen Rechts haben in den letzten Tagen mehr
als 20 Unterschriften von MieterInnen und LadenbesitzerInnen aus der Nachbarschaft
gegen den Laden gesammelt. Für den 29. August planen antifaschistische
Gruppen eine Demonstration. Sie soll an der Frankfurter Allee beginnen
und in der Nähe des Bekleidungsladens Horrido in Lichtenberg enden.
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Presse
24.07.2009 Morgenpost
Schaufensterscheibe von Thor-Steinar-Laden
beschädigt
Ein 24-Jähriger hat am frühen
Freitagmorgen in Friedrichshain die Schaufensterscheibe eines Thor-Steinar-Geschäfts
durch das Einritzen von Buchstaben beschädigt. Polizeibeamte hatten
den Mann bei der Sachbeschädigung beobachtet und vorübergehend
festgenommen. Auf dem Schaufenster sind den Angaben zufolge die eingeritzten
Buchstaben „NAZ“ zu sehen. Kleidung der Marke Thor-Steinar
ist bei Neonazis beliebt. Der polizeiliche Staatsschutz hat die Ermittlungen
aufgenommen.
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Presse
24.07.2009 Jungle World
Partyschaum und Hiebe
Bevor vier Nazis einen 22jährigen in Berlin
beinahe totschlugen, hatten sie die Diskothek »Jeton« besucht.
Diese hat seit längerem den Ruf, ein Treffpunkt für rechte Hooligans
und Nazis zu sein. Die Jungle World hat sich den Laden angesehen.
»Wart ihr schon mal hier?« Wir
schütteln den Kopf. Der bullige Mann kennt anscheinend seine Gäste.
»Na gut, dann erkläre ich euch mal, wie das hier läuft:
Eintritt kostet 14 Euro, dafür könnt ihr so viel trinken, wie
ihr wollt, bis vier Uhr früh.« Wir zahlen die 14 Euro. »So,
hier sind eure Bons. Ordnung muss sein. Die gebt ihr an der Bar ab, dann
kriegt ihr was zu trinken«, sagt der Einlasser und wünscht
uns noch viel Spaß.
Kirmes-Techno rumpelt uns entgegen, als wir die von Schwarzlicht bestrahlte,
menschenleere Treppe nach oben nehmen. Auch im ersten Stock, dem Mainfloor
der Diskothek in Berlin-Friedrichshain, tritt man sich nicht auf die Füße.
Zehn Besucher stehen verloren herum. Die zweite Bar wird gar nicht erst
geöffnet, obwohl sich die sechs hartnäckigen Flat-Rate-Trinker,
die sich an einem Tisch versammelt haben, alle Mühe geben.
Angesichts der schlechten Presse der vergangenen Woche ist der Mangel
an Gästen nicht verwunderlich. Von einer »Nazi-Diskothek«
war in den Zeitungen der Stadt die Rede, nachdem vier Besucher des
Jeton, allesamt Nazis aus Brandenburg, nur 200 Meter vom Eingang entfernt
einen 22jährigen beinahe totgeschlagen hatten. Den Ruf, rechte Hooligans
und Nazis bei sich feiern zu lassen, hat die Diskothek ohnehin. Der Angriff
am vorvergangenen Wochenende scheint Ronny Berkahn, den Betreiber des
Jeton, aber um sein Ansehen fürchten zu lassen. In einer Stellungnahme
auf der Homepage des Etablissements verwahrt er sich dagegen, einen »Naziladen«
zu betreiben. Im Jeton feierten »Menschen verschiedenster Nationalitäten
(Farbige, Asiaten, Araber, Deutsche etc.)«. In der Presse führte
Berkahn sein antirassistisches Credo noch weiter aus: »Türken
und Fidschis feiern hier.«
An diesem Abend ist das Publikum überaus homogen. Hier trinken weiße,
deutsche Männer. Die zwei Frauen, die gelegentlich durch den Raum
huschen, gehören offensichtlich zum Personal. Den DJ scheint es nicht
zu stören, dass er nur für Männer auflegt. »Wenn
ihr tanzt, brauchen wir keine Mädels mehr!« ruft er den sechs
Jungs, die ihren Tisch mittlerweile verlassen haben, durch das Mikrofon
zu. Sie verausgaben sich abwechselnd an der Stange, die am Rand der Tanzfläche
angebracht ist und an der gelegentlich spärlich bekleidete Animateurinnen
mit allerlei Verrenkungen die Laune des Publikums heben, wie ein Blick
in die Fotogalerie des Jeton zeigt.
Zwei der jungen Männer kommen an unseren Tisch, fragen nach Feuer
und sind gesprächig. »Er ist aus Mahlsdorf, ich bin aus Hellersdorf.
Wo seid ihr her?« fragt einer. Wir antworten. »Schade, dass
heute nicht so viel los ist. Schaumparty letzte Woche war besser«,
befindet der Mann. Auf unserem Tisch liegt ein Flyer, der für den
»Schaumparty-Summer of ’09« wirbt. »Partyschaum
und Liebe« bzw. »250.000 Liter Schaum pro Minute im Mainfloor«
gibt es bis September jeweils am zweiten Samstag im Monat. Zur Schaumparty
reisten auch die Nazis aus Brandenburg an, ehe sie anschließend
die Lust aufs Lynchen überkam. Die zwei Jungs, die uns im Weitergehen
noch einmal zuprosten, haben kurz geschorene Haare und bemühen sich,
wie harte Kerle aus Ostberlin zu gucken, zu laufen und zu trinken. Um
erklärte Nazis handelt es sich offensichtlich nicht. Die tragen keine
bunten Shirts von Ed Hardy.
Der Mann, der kurz darauf an uns herantritt, ist auch kein Nazi. »Darf
ich euch mal was fragen? Ich bin Journalist«, sagt er. Wir geben
uns zu erkennen. Der Mann von der Taz hat sich auch einen etwas ereignisreicheren
Abend vorgestellt und will am nächsten Tag wiederkommen.
Nachdem der Kollege gegangen ist, stellt sich ein junger Mann an unseren
Tisch und mustert uns wortlos. Dann fragt er: »Ihr seid von der
Zeitung, oder?« Wir sind enttarnt. Er will sich aber nur mitteilen.
»Ist doch alles harmlos und friedlich hier. Da wird echt viel übertrieben«,
sagt er. Und die Nazis, die den 22jährigen beinahe totgeprügelt
haben? »Na ja, klar gibt es Nazis im Jeton. Aber nur wenige. Die
meisten Leute sind Fußballfans wie ich. Schreib das mal auf.«
In der Berliner Zeitung sei er auch schon mal erwähnt worden. »Da
steht, dass ich kein Nazi bin. Gib mal ein bei denen: Brand, zwei Wohnungen,
kein Nazi.« Die spätere Suche im Internet ergibt nichts. Vielleicht
hat der deutlich alkoholisierte Mann die Suchbegriffe ein wenig durcheinander
gebracht.
Für den DJ gibt es mittlerweile kein Halten mehr. Er hat die Electro-Pop-Hits
der Achtziger durchgenudelt und spielt nun brüllend laut Peter
Fox und Seeed. Noch dazu benebelt er die Tanzfläche. Zum Glück
kann man durch eine Tür aus dem Raum, der mit seinen großen
Spiegeln an der Wand, der Lasershow und den Discokugeln doch sehr
an die Achtziger erinnert, über eine Treppe in das obere Stockwerk
flüchten.
Die Bar dort ist auch geschlossen. Eine einzelne Gestalt sitzt auf einem
Sofa herum. Auf der Toilette hat jemand etliche Aufkleber hinterlassen.
»Aktionsfront – Deutsche Zukunft« ist auf manchen zu
lesen, ein blondes Mädchen ist abgebildet. Auf anderen steht: »Gegen
Globalisierung – dem Unrecht ein Ende«. So genannte Autonome
Nationalisten verwenden solche Slogans gern. Nazis waren also da. Vielleicht
kommen sie ja zur nächsten Schaumparty wieder.
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Presse
21.07.2009 jetzt.de
Krieg der Welten in Berlin: Die Auseinandersetzungen
in Friedrichshain
Im Berliner Bezirk Friedrichshain kämpfen die Anwohner gegen Rechts,
aber auch gegeneinander
Samstagabend in Berlin-Friedrichshain. Eine gewaltige Menschenmasse schiebt
sich durch die Boxhagener Straße, der Lautsprecherwagen spielt Musik
gegen Rechts, über die Köpfe ragen Transparente mit Sprüchen
wie „Vielfalt statt Einfalt“, „Kein Pardon fürs
Jeton“.
Das „Jeton“ ist eine Diskothek
auf der Frankfurter Allee, der Hauptverkehrsader des Viertels und es besteht
in Friedrichshain ein gesteigertes Interesse daran, es so bald wie möglich
schließen zu lassen. Vorvergangenes Wochenende haben vier Neonazis
hier erst die Nacht durchgefeiert und dann am frühen Sonntagmorgen
einen 22-jährigen Neuköllner ins Koma geprügelt. „Der
Bordsteinkick von Friedrichshain“ – darüber sind sich
in Berlin alle einig – ist eine neue Stufe der Eskalation rechtsextremer
Gewalt in der Stadt. Nachdem sie Jonas K., das Opfer und ein aktives Mitglied
der linken Szene bewusstlos geprügelt hatten, versuchten die Täter,
ihn mit dem Gesicht auf den Bordstein zu lehnen und durch einen Sprung
auf den Kopf zu töten. So, wie das die Hauptfigur in dem Anti-Nazi-Film
„American History X“ auch tut, so wie vor vier Jahren im brandenburgischen
Potzlow ein 17-Jähriger ermordet wurde. Jonas K. hat schwer verletzt
überlebt.
Der genaue Hergang ist nach wie vor nicht klar, aber Berlin ist beunruhigt.
„Einer von denen war angeblich so im Blutrausch, dass er noch auf
ihn eingetreten hat, als die Polizei schon da war“, erzählt
ein Demonstrant, andere tauschen Anekdoten aus, von Freunden und Nachbarn,
die am selben Bahnhof auch schon von Rechten bedroht oder verprügelt
wurden. Friedrichshain führt seit drei Jahren die Statistik rechter
Gewalt in der Stadt an. „Es ist schon seit Jahren klar, dass man
zum Beispiel ins Jeton nicht geht“, sagt Sebastian Lorenz, Sprecher
der Antifa Berlin. Die Rechten treffen sich dort zum Trinken, und gehen
am Bersarinplatz shoppen: vor einigen Monaten eröffnete dort ein
Laden für das Klamottenlabel Thor Steinar, gegen den die Anwohner
bisher mit mäßigem Erfolg vorgehen. Es ist die ultimative Provokation
– sich in einem Stadtteil auszubreiten, der von Punkrock, Multikulti,
Queerkultur und Hedonismus definiert ist. „Wir gehen davon aus,
dass die Neonazis bewusst ins Viertel kommen, weil denen die Vielfalt
hier nicht passt,“ sagt Sebastian. Die Antifa versteht gerade den
letzten Vorfall als deutliche Kampfansage – und hat nicht gezögert,
zurück zu schießen. Zwei Tage nach dem Überfall zog eine
große Gruppe offenbar linksautonomer Aktivisten nachts vor das Jeton
und ließ dort eine Fensterscheibe zu Bruch gehen. „Da ist
eben ein Unmut zum Ausdruck gekommen, der sich schon lange angestaut hat“,
erklärt Sebastian halbentschuldigend. Die Antifa hat auf Indymedia
ein Pamphlet veröffentlicht, das über den üblichen Demonstrationsaufruf
hinausgeht. „Wir wollen wir den Nazis im Viertel ein offensives
„Fickt euch!“ entgegen schreien", stand da, "gleichzeitig
aber auch klarstellen, dass „die Friedrichshainer Szene“ endlich
mal klar kommen soll, dass sie merken muss, das ihr Heititeiti-Szene-Biotop
nicht die wunderbare Welt ist, für das sie es so gern halten“.
Angesprochen davon fühlte sich offenbar vor allem die Hedonistische
Internationale. Eine ihrer Sektionen postete sehr schnell eine Antwort
und wies darauf hin, dass es ja wohl alles andere als hilfreich sei, Mitstreiter
auf eine so rüde Art zu verprellen. Sebastian erzählt, der Text
sei im Alleingang von einigen Mitstreitern verfasst worden. „In
Friedrichshain gibt es einerseits diese alternative Kultur, es verkehren
hier aber auch immer Menschen, die wirklich Geld haben und hier leben
wollen, weil sie sich dieser Kultur irgendwie zu gehörig fühlen“,
sagt er. „Natürlich setzen wir uns auch für deren Freiheit
ein. Aber ich kann schon verstehen, dass man sich nicht gern für
eine Kultur verprügeln lässt, die nicht politisch ist, aber
in Wirklichkeit genauso betroffen. Denn die passen den Rechten ja genauso
wenig, wie die Punks oder die Migranten.“
Es ist die Situation, die Stadtsoziologen als Gentrifikation bezeichnen
und der in Berlin einen Ostbezirk nach dem anderen mitnimmt. Und sie sorgt
dafür, dass in Friedrichshain noch ganz andere Barrikaden aufgezogen
werden, als zwischen Anwohnern und rechtsradikalen Eindringlingen. Immer
wieder brennen dort Autos, letztes Jahr wurden einige Kinderwägen
angezündet. An manchen Häusern hängen Transparente, die
„Yuppies raus!“ fordern. „Erst kommen die Hausbesetzer,
dann kommen die Studenten und die Künstler. Dann kommen Familien,
Geld, es wird saniert und dann können es sich immer weniger Leute
leisten dort zu leben“, sagt „Monty Cantsin“ von der
Hedonistischen Internationalen. Dieser lose Zusammenschluss von Menschen
setzt sich mit satirischen und partyorientierten Aktionen gegen alles
ein, was, so könnte man es fast sagen, ihnen gerade schlechte Laune
macht: Nudistische Tanzeinlagen gegen Nazikneipen, Partyparaden gegen
das gigantische Neubauprojekt Media-Spree, Sabotageaktionen wie das Tito
von Hardenberg gegen schlampige Medien. Die Hedonistische Internationale
ist gerade in Berlin ziemlich aktiv, hat aber kein Programm, keine Hierarchie,
keine Satzung. „Unser Dreh- und Angelpunkt ist sicher die Freiheit“,
sagt Monty, der allerdings am überzeugendsten ist, wenn er mit schwäbischem
Einschlag gegen die Institutionalisierung („ich will mich gar nicht
ständig wegen der Sache mit Leuten treffen“) und Parteien an
sich („es gibt nichts Schlimmeres“) wettert. Obwohl er auch
gegen Gentrifizierung protestiert, glaubt er nicht, dass sich in der Hinsicht
viel aurichten lässt: „Man braucht da letztlich eine Politik
der Mietpreisdeckelung.“ Das ist natürlich vielen Antifa-Leuten
zu wenig. Sie sehen die Hedonisten eher in einer Ecke mit den Hipstern,
die am Boxhagener Platz abhängen, schwäbische Bäckereien
und Designerläden betreiben und ihnen scheinbar ihr linksalternatives
Viertel kaputt zu machen drohen.
„Ich finde es schwierig, jemanden zu kritisieren, der innerhalb
eines kapitalistischen Systems versucht, klar zu kommen“, sagt Elli
Woltemade. Sie arbeitet und wohnt in der Bar 25, einem der beliebtesten
Clubs der Stadt nahe der Oberbaumbrücke an der Spree und ist Mit-Initatorin
des Anti-Gentrifizierungs-Bündnisses „Megaspree“, an
dem sich sowohl die großen Clubs an der Spree als auch diverse linkradikale
Gruppen und auch die Grünen beteiligen. Sie sagt: „Friedrichshain
ist ein Ort, an dem viele Kämpfe ausgetragen werden.“ Elli
war unglücklich über den Aufruf der Antifa: „Es wäre
einfach gut, wenn die Antifa in der Bar25 anruft, wenn sie ein Problem
haben, statt das auf Indymedia zu veröffentlichen.“ Aber auch:
„Man muss eben den kleinsten gemeinsamen Nenner finden. Natürlich
gibt es Widersprüche, wenn das Watergate und die Gruppe Soziale Kämpfe
zusammen arbeiten.“ Deswegen will sie bei einer großen Diskussionsveranstaltung
alle Fraktionen zusammen bringen. „Die Leute sollen sich das ins
Gesicht sagen, und dann machen wir weiter.“ Auch Hedonist Monty
meint: „Gerade gegen die Rechten ist es verdammt wichtig, den langen
Atem zu haben.“ Und für Antifa-Sprecher Sebastian will sich
nicht ablenken lassen: „Das größere Problem sind die
Nazis.“ Immerhin da sind sich in Friedrichhain alle einig.
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Presse
20.07.2009 TAZ
"Kein Gewalterlebnispark für Nazis"
Rund 5.000 kommen zum Protest gegen den Nazi-Übergriff vom vergangenen
Sonntag. Antifaschismus scheint an diesem Abend fast selbstverständlich
zu sein.
Es sind viele. Und sie sind schnell. 5.000
Menschen ziehen bei der Demonstration gegen Rechtsextremismus am Samtagsabend
im Laufschritt im Zickzack durch Friedrichshain. Gekommen sind wirklich
alle, die etwas gegen Nazis haben - Kiezbewohner, AntifaschistInnen, Parteien,
Alte und Junge. An diesem Abend erscheint Antifaschismus als Selbstverständlichkeit.
Fast schon beleidigt reagierten viele auf die Frage, warum sie gekommen
sind. Es gehe gegen Nazis - das sei doch wohl klar.
Viele hat der Mordversuch am vergangenen Sonntag aufgerüttelt. Nach
einer Schlägerei zwischen Linken und Rechten, misshandelten vier
einschlägig bekannte Neonazis einen 22-Jährigen schwer. Die
Demonstranten möchten Nazis in ihrem Kiez nicht hinnehmen und fordern
die Aufklärung der Tat.
"Das hier ist ein bunter Haufen und wir gehören dazu",
sagen die Studenten Fernando L. und Cyril P.. Es sei gut, dass "viele
Leute ohne schwarze Regenjacke gekommen sind". Eins störe sie
aber doch: "Es ist ätzend, dass es heißt, die Gewalt zwischen
Linken und Rechten schaukele sich hoch". Dass sei nicht der Fall,
für sie ist klar: "Die brutalen Übergriffe gehen hier von
Nazis aus".
In den Redebeiträgen beziehen sich die Veranstalter der Demo nicht
nur auf den Vorfall vom 12. Juli. "Tromsö", der neue "Thor
Steinar"-Laden in der Nähe des Bersarinplatzes, ist genau so
Thema, wie rechte Übergriffe im Bezirk an sich.
Im Fokus der Kritik aber steht die Diskothek Jeton. Sie biete Rechten
einen Rückzugsraum für Übergriffe, meinten die Veranstalter.
Die Antifa Friedrichshain zählte in den letzten drei Jahren elf gewälttätige
Übergriffe zwischen Jeton und S-Bahnhof Frankfurter Allee. Und fordert:
"Dieser Ort darf kein Gewalterlebnispark für Nazis sein".
Laut Polizeiauflage soll die Demo auf der linken Seite der Frankfurter
Allee bleiben. Doch die 300 Anhänger des Schwarzen Blockes an der
Demospitze zieht es nach rechts - dort liegt das Jeton. Nach einer kurzen
und heftigen Auseinandersetzung mit der Polizei können sie doch auf
der ganzen Straße laufen. "Um eine Eskalation und Verletzte
zu verhindern", erklärt Polizeisprecher Klaus Schubert später.
Die Demo ist bis zum S-Bahnhof Frankfurter Allee angemeldet - dem Tatort,
einige hundert Meter vom Jeton entfernt. Doch dort bewegt sich keiner
weiter. Es seien "schon einige Mittel legitim um den Laden zu schließen",
sagt Walter S.. Dabei geht der 42-Jährige oft nicht mit der Antifa
konform. Denn "es funktioniert auch friedlich".
Am Samstag bleibt der große Stress aus. Eine Flasche fliegt in Richtung
Jeton, das mit sechs Polizeibussen, zwei Hundezwingerwagen, zwei Wasserwerfern
und Greiftrupps der Polizei gut abgeriegelt ist. Anderthalb Stunden nachdem
der Veranstalter die Demonstration aufgelöst hat, kann die Polizei
die übriggebliebenen Teilnehmer zum gehen bewegen. Insgesamt werden
zehn Protestierende festgenommen, unter anderem wegen Landfriedensbruch.
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Presse
20.07.2009 TAZ
Eine ruhige Nacht im Jeton
Vor einer Woche schlugen rechtsextreme Gäste des Jeton in Berlin-Friedrichshain
einen Mann fast tot. Nun ist der Laden nahezu leer.
"Sicherheitskontrollen?", Ronny
Berkahn steht achselzuckend im Eingang seiner Diskothek. "Sie sehen
ja selbst, was hier los ist." Nichts ist los. Es ist Freitgnacht,
die beste Zeit für Clubs. Doch ins Jeton an der Frankfurter Allee
will um Mitternacht niemand rein. Gerade kamen zwei breitschultrige Typen
raus. Polizisten, die die Lage gecheckt haben.
"Das war doch klar, nach der ganzen schlechten Presse", sagt
Berkahn. Vor einer Woche hatten vier Rechtsextreme einen 22-jährigen
Linken fast totgetreten. Die Schläger waren Gäste des Jeton,
sagt die Polizei. Dienstagnacht hatten dann rund 200 Linke das Jeton mit
Steinen angegriffen. Im Viertel gilt die Disko seit langem als Anlaufpunkt
für Rechte.
Der Türsteher ist ein Zwei-Meter-Typ. Er trägt schwarzes Shirt,
schwarze Hose, Glatze. "Klar, dass wir unseren Ruf nicht loswerden,
wenn niemand über das hier schreibt", sagt er und kramt den
Spielplan eines Fußballturniers "gegen Rassismus" raus.
Das "Team Jeton" trifft dort unter anderem auf das "Team
Angola" und auf die "Iron Devils United", eine multinationale
Freizeitmannschaft von FC-Union-Berlin-Fans, die ihren Sommercup am 25.
Juli zum siebten Mal veranstaltet. Das Jeton ist einer der Sponsoren,
nebem dem Bündnis für Demokratie und Toleranz. "Für
Betreiber und Belegschaft des Jeton lege ich mein Hand ins Feuer",
sagt Stephan Stiller, der Organisator des Sommercups, "das sind definitiv
keine Nazis". Über die Besucher der Disko könne er nichts
sagen.
Der dritte Stock des Jeton ist mangels Nachfrage in dieser Nacht geschlossen.
Die Chillout-Area im zweiten Stock ist offen, aber leer. Nur im ersten
Stock, dem Mainfloor, sitzen zwölf Besucher. Zwei sind von der Presse.
Die Tanzfläche wird ab und an zugenebelt. Ein Laser zuckt. Der DJ
spielt Discomucke. Bei Michael Jackosn verlassen die letzten Unermüdlichen
die Tanzfläche.
"Schlechte Presse? Ich hab gar nichts mitbekommen", sagt mit
ein Gast mit badischem Akzent. Frisur und Schnurrbart erinnern ein wenig
an den verstorbenen Queen-Sänger Freddie Mercury. Er komme aus Freiburg
und sei vor drei Monaten zuletzt hier gewesen. Ihm habe im Jeton immer
gefallen. "Aber deswegen bin ich doch kein Rechter", wiederholt
er mehrmals.
"Freigetränke Party" heißt das verlockende Konzept.
Für 13 Euro Eintritt gibt es bis 4 Uhr früh Bier, Sekt und Mixgetränke
bis zum Abwinken. Eine Fünfergruppe junger Männer trinkt Wodka
mit O-Saft. Gern auch auf Ex. "Sieht so ein Nazi aus?", fragt
ein Typ mit Basecap und schiebt seinen Kumpel vor. Hätte der Thor-Steinar-Klamotten
an, wäre die Antwort einfacher. Er trägt ein weißes Shirt
über dem muskulösen Körper, strenge Gesichtszüge,
raspelkurzes Haar, trübe Augen. "Was heißt schon Nazi?
Der erste Nazi war ein Neger!" sagt der Shirt-Träger. Der Basecap-Typ
schiebt ihn mit einem Griff ins Gesicht zu Seite: "Der ist besoffen.
Der redet nur Quatsch."
"Klar, gibt's hier
Nazis"
Klar gebe es auch Nazis unter den Besuchern, sagt der Basecap-Typ später.
Vielleicht fünf Prozent der Gäste in normalen Nächten.
Aber auch "Ausländer". Die meisten Besucher aber seien
"einfache BFC-Hools". Der Fußballclub BFC Dynamo hat wegen
seiner rechtslastigen Fans einen schlechten Ruf. "Aber hier drin
passiert nichts", versichert der Basecap-Typ. "Nicht einmal
mir, dabei bin ich Union-Fan", sagt er und zeigt das "Eisern
Union"-Shirt unter seinem Pulli. Er selbst habe vor ein paar Jahren
drei Monate in U-Haft gesessen, "als Linker", wegen eines Flaschenwurfs
bei einer Walpurgisnacht. "Du glaubst mir nicht. Aber wenn du nochmal
kommst, bring ich meinen Haftbefehl mit."
Eine Nacht später ist der Andrang vorm Jeton deutlich größer.
Hinter den drei Polizei-Wagen, die seit der Demo am frühen Abend
dort parken, hat sich eine kleine Warteschlange gebildet. "Mit Springerstiefel
lass ich niemanden rein", sagt der Türsteher. Aber er könne
nicht auf jedes T-Shirt achten. Dass Gäste auf der Tanzfläche
den Hitlergruß gezeigt haben, wie Bilder im Internet beweisen, verneint
er. Aber er habe schon mal Nazis rausgeschmissen, weil sie "so Sachen"
gemacht hätten. "Wenn ich wüsste, dass die so einen Scheiß
machen, wie letzten Sonntag, würde ich denen sogar auf die Straße
nachrennen", versichert der Türsteher. "Aber woher soll
ich das wissen?"
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Presse
20.07.2009 Neues Deutschland
Tausende gegen rechte Gewalt
Demonstration im Berliner Stadtteil Friedrichshain nach brutalem Naziübergriff
Tausende Menschen demonstrierten am Samstag
gegen rechte Gewalt im Berliner Stadtteil Friedrichshain. Anlass war eine
Attacke am 12. Juli, bei der vier Neonazis einen 22-jährigen Studenten
fast totschlugen.
»Wir demonstrieren heute auch gegen die Koalition aus Senat, Polizei
und Boulevard-Medien«, rief der Moderator. »Ihr seid verantwortlich
für die Stimmungsmache vor der Demo, für die Gleichsetzung rechter
Gewalt mit Antifaschismus, und außerdem seid ihr verantwortlich
für's schlechte Wetter.« Der aktuelle Anlass war indes wenig
ironisch.
Bei Nieselregen waren am Samstag über 4000 Menschen zum Besarinplatz
nach Friedrichshain gekommen, um gegen die anhaltende rechte Gewalt im
Berliner Stadtteil zu demonstrieren. In den Morgenstunden des 12. Juli
hatten vier Neonazis einen 22-Jährigen am S-Bahnhof Frankfurter Allee
brutal misshandelt.
Fahnen von Parteien und Gewerkschaften waren zu sehen. »Antifa heißt
Angriff« und auch »Gegen Gewalt« war auf Schildern und
Transparenten zu lesen. Antifagruppen hatten die Demonstration organisiert,
Anwohner jeden Alters waren dem Aufruf gefolgt. Im überwiegend schwarz
gekleideten vorderen Drittel dominierte das Logo der Antifaschistischen
Aktion. Die Menge zog durch die Seitenstraßen im Friedrichshainer
Kiez, vorbei am »Tromsø«, einem Geschäft, in dem
die bei Nazis beliebte Marke »Thor Steinar« verkauft wird,
und schließlich zur Diskothek »Jeton« an der Frankfurter
Allee.
Die Disko war in den letzten Jahren wiederholt in Zusammenhang mit rechten
Übergriffen in die Schlagzeilen geraten. Dort feierten auch die vier
Brandenburger Neonazis, bevor sie den Studenten Jonas K. bewusstlos schlugen
und dann versuchten, ihn mit einem gezielten Tritt auf den Kopf zu töten.
Sie sitzen in Untersuchungshaft.
Das als alternativ geltende Friedrichshain mit seinen touristischen Kneipenmeilen
auf der einen, ex-besetzen Häusern und alternativer Subkultur auf
der anderen Seite führt die Berliner Statistik der rechten Übergriffe
seit Jahren an. Die Antifaschistische Linke Berlin (ALB) forderte die
Betreiber des Jeton auf, »eine konsequent andere Türpolitik
zu betreiben«. Träger von »Thor-Steinar«-Kleidung
müssten »konsequent« des Ladens verwiesen werden. Zudem
kündigten sie eine Kampagne zur Schließung an, sollte sich
nichts ändern.
Die Polizei, die mit mehreren Hundertschaften und Wasserwerfern im Einsatz
war, sprach von zehn Festnahmen. Bis auf kleine Rangeleien verlief die
lautstarke Demonstration friedlich. Die Beamten schienen wieder dem Berliner
Deeskalationskonzept zu folgen, das nach den Ausschreitungen am 1. Mai
in die Kritik geraten war.
Kommentar: Protestzug
gegen Rechtsextremismus in Berlin
Dass über 4000 Menschen in Berlin-Friedrichshain
am Sonnabend gegen Rechtsextremismus demonstrierten, war ein wichtiges
Signal zur richtigen Zeit. Denn absolut unmissverständlich und sehr
lautstark machten die Demonstrierenden deutlich, dass sie rechte Übergriffe
wie den Mordversuch gegen einen 22-jährigen linken Berliner vom vergangenen
Wochenende nicht hinnehmen wollen - weder im alternativen Friedrichshain
noch anderswo. Zum richtigen Zeitpunkt kommt das starke antifaschistische
Signal allerdings auch deshalb, weil seit dem brutalen Übergriff
in den Medien eine krude Extremismusdebatte geführt wird, die an
Schamlosigkeit kaum zu überbieten ist: Fleißig rechnen Autoren
täglich rechte und linke Gewalt gegeneinander auf, einige halluzinieren
gar Weimarer Verhältnisse herbei. Das Opfer, das die vier Neonazis
durch Tritte gegen den Kopf fast töteten, wird so zum Täter
umgestempelt. Das ist infam. Als wenn es keinen Unterschied macht, ob
vier Nazis einen Mordversuch unternehmen oder couragierte Antifaschisten
wie in diesem Fall den Rechtsextremen Einhalt gebieten. Angesichts dieser
aufgeheizten Debatte war es dennoch gut, die berechtigte Wut friedlich
auf die Straße zu tragen. Der weite Weg steht indes noch bevor:
Rassisten und Rechtsextreme aus dem Alltag zu drängen, ist eine Sisyphos-Aufgabe.
Die Bürger und Antifas, die seit Jahren überparteilich in Friedrichshain
gemeinsam gute Arbeit machen, wissen, was gemeint ist.
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Presse
20.07.2009 Morgenpost
Tausende demonstrieren gegen Neonazis
Begleitet von einem massiven Polizeiaufgebot
sind gestern Abend mehr als 4000 Demonstranten durch Friedrichshain gezogen,
um lautstark, aber zunächst friedlich, gegen rechte Gewalt in dem
Kiez zu protestieren.
Die Protestkundgebung führten etwa 250 Demonstranten an, die dem
"schwarzen Block" zuzurechnen sind. Die Polizei war mit mehreren
Hundertschaften im Einsatz und begleitete die Demonstration durch den
Kiez. Sie war mit einer Stunde Verspätung um 19 Uhr am Bersarinplatz
gestartet. Zuvor hatte die Polizei dort Kontrollen vorgenommen. Flaschen
mussten zurückgelassen oder ausgetrunken werden. "Im Rahmen
der Vorkontrollen kam es zu vereinzelten Festnahmen", sagte ein Polizeisprecher.
Die Festgenommenen führten Wurf- oder Schlagwerkzeuge bei sich. "Wenn
man gegen das Versammlungsgesetz verstößt, muss man damit rechnen",
so der Polizeisprecher.
Aufgeheizte Atmosphäre
Auch Wasserwerfer standen am Rande der Protestkundgebung bereit, da es
im Vorfeld Befürchtungen gegeben hatte, unter die friedlichen Demonstranten
könnten sich auch gewaltbereite Autonome und Linksradikale mischen.
Bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe blieben Zwischenfälle jedoch
aus, obwohl Polizei und Beobachter des Protestes übereinstimmend
berichteten, dass die Atmosphäre zunehmend aufgeheizt wirkte. Gegen
20.40 Uhr begann sich die Demonstration vor der Diskothek Jeton an der
Frankfurter Allee langsam aufzulösen. Allerdings blieben noch viele
Jugendliche - unschlüssig, ob und wie es weitergehe - vor dem Klub
stehen.
Anlass für die Demonstration war der brutale Übergriff von vier
mutmaßlichen Neonazis aus Brandenburg auf einen 22-jährigen
Angehörigen der linken Szene am vergangenen Wochenende in der Nähe
des S-Bahnhofes Frankfurter Allee. Das Opfer erlitt dabei lebensgefährliche
Verletzungen. Zuvor hatten sich die Neonazis eine Auseinandersetzung mit
einer Gruppe Linker geliefert.
Kleinere oder größere Zusammenstöße zwischen Links-
und Rechtsradikalen gibt es in Friedrichshain immer wieder. Doch seit
dem Vorfall vom vergangenen Wochenende herrscht in beiden Lagern eine
aufgeheizte Stimmung. Sicherheitsexperten befürchten, dass der seit
jeher schwelende Streit zwischen den beiden extremen politischen Lagern
eskaliert. Die Polizei hat ihre Präsenz in dem Stadtteil bereits
erhöht.
Bereits am Montag steht der nächste Großeinsatz an. Dann sichern
knapp 2000 Polizeibeamte das Rekrutengelöbnis der Bundeswehr vor
dem Reichstag. Besondere Brisanz erhält dieser Einsatz durch einen
von einer bislang unbekannten Gruppe via Internet verbreiteten Aufruf
zu Gewalttaten gegen Soldaten ("Nicht zögern. Reinhauen. Und
zwar richtig").
Um jegliche Gefährdung von Bundeswehrangehörigen und Gästen
auszuschließen, wird nicht nur das Areal um den Reichstag abgeriegelt.
Auch die Zufahrtswege, über die die Rekruten und Gäste zur Veranstaltung
gelangen, werden massiv gesichert.
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Presse
20.07.2009 Junge Welt
Tausende gegen rechte Gewalt
Nach brutalem Neonaziüberfall: Protestdemonstration in Berlin. Kritik
an Polizei
Teilnehmer der antifaschistischen Demonstration am Sonnabend in Berlin
berichteten von Polizeiübergriffen
Eine Woche nach dem brutalen Überfall
auf den 22jährigen Jonas K. haben am Sonnabend mehrere Gruppierungen
im Berliner Stadtteil Friedrichshain gegen rechte Gewalt demonstriert.
Laut Polizei nahmen rund 4000 vorwiegend jugendliche Personen an dem Umzug
teil, der vom Bersarinplatz zur Friedrichshainer Diskothek »Jeton«,
führte. Die Veranstalter sprachen von 6000 Menschen. In der Nähe
des »Jeton« war der Student am vorangegangenen Sonntag von
vier 20 bis 26 Jahre alten Männern, die der rechten Szene angehören
sollen, lebensgefährlich verletzt worden. Gegen sie ist inzwischen
Haftbefehl wegen Verdachts des versuchten Totschlags erlassen worden.
An der Demonstration nahmen auch Mitglieder der Linkspartei, der Gewerkschaft
Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der Berliner Vereinigung der Verfolgten
des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) teil. Vereinzelt
sollen Steine und Flaschen auf die Polizeibeamte geworfen worden sein.
Eine kritische Situation entstand nach Polizeiangaben, als der Demonstrationszug
die Diskothek erreichte, in der sich die mutmaßlichen Täter
vor dem Überfall aufgehalten haben sollen. Dort blieben auch nach
dem offiziellen Ende der Demonstration rund 500 Demonstranten versammelt.
Die Einsatzkräfte versuchten, die Protestierenden in die Nebenstraßen
abzudrängen, wobei es zu Rangeleien gekommen sei. Die Polizei nahm
nach eigenen Angaben von Sonntag zehn Menschen vorläufig fest. bei
den Protesten seien fünf Beamte verletzt worden. Insgesamt war die
Polizei mit fünf Hundertschaften im Einsatz.
Scharfe Kritik an der Polizeistrategie äußerte die »Antifaschistische
Linke Berlin« (ALB). »Ein dichtes Spalier links und rechts
der Demonstration, das teilweise Bedrängen und Filmen der Teilnehmer
sorgte für berechtigten Unmut«, heißt es in einer Erklärung
der ALB vom Sonntag. Auf der Frankfurter Allee sei der Demozug schließlich
gestoppt und der vordere Teil von Beamten mit Faustschlägen und Pfefferspray
traktiert worden.
Die ALB kündigte weitere Aktionen gegen die Diskothek »Jeton«
an, falls der Betreiber auch künftig Neonazis in seinem Haus dulde.
»Sollte sich die Türpolitik nicht ändern, werden antifaschistische
Gruppen eine Kampagne mit dem Ziel der Schließung der Disko initiieren«,
so ALB-Sprecher Lars Laumeyer. Die vier Täter sollen vor dem Überfall
in der Disko gefeiert haben. Bilder, die auf dem Internetportal Indymedia
veröffentlich wurden, zeigen einige der Schläger beim Hitlergruß.
Die Diskothek war bereits am vergangenen Dienstag abend aus einer Gruppe
von 200 überwiegend vermummten Personen heraus mit Steinen angegriffen
worden.
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Presse
19.07.2009 Tagesspiegel
Linker Protest: Über 4000 Berliner
auf der Straße
Mehrere tausend Berliner haben am Samstagabend
in Friedrichshain friedlich gegen rechte Gewalt demonstriert. Laut Polizeiangaben
waren rund 4500 Demonstranten auf der Straße. Erst als die Demo
an der Disko Jeton halt machte, drohte die friedliche Stimmung umzuschlagen.
Mehrere tausend Berliner haben am Samstagabend
in Friedrichshain friedlich gegen rechte Gewalt demonstriert. Laut Polizeiangaben
waren rund 4000 Demonstranten auf der Straße. Darunter waren auch
zahlreiche Mitglieder der linksautonomen Szene und des sogenannten Schwarzen
Blocks. Auf Transparenten stand "Antifa heißt Angriff",
aber auch "Keine Gewalt".
Neben Antifa-Gruppen hatten auch Linkspartei, SPD und Grüne zu dem
Protestzug aufgerufen. Anlass für die Demonstration, an der sich
auch zahlreiche Gewerkschafter und Anwohner beteiligten, war eine Auseinandersetzung
zwischen Rechten und Linken vergangenen Sonntag. Dabei war ein linker
Student von vier Neonazis fast totgeschlagen worden. Mitten in Friedrichshain,
der einstigen Autonomenhochburg, direkt an einer Hauptstraße, der
Frankfurter Allee, vor der Diskothek Jeton. Die vier Verdächtigen
aus Brandenburg sitzen in Untersuchungshaft.
Als die Demo am gestrigen Samstagabend kurz vor Dämmerung an der
Disko Jeton halt machte, drohte die friedliche Stimmung kurzzeitig umzuschlagen.
Mannschaftswagen der Polizei und hunderte behelmte Beamte schützten
das Jeton vor möglichen Angriffen. Es blieb aber weitgehend friedlich.
Vereinzelt wurden Steine und Flaschen auf die Polizisten geworfen. Die
Beamten nahmen mehrere Personen vorübergehend in Gewahrsam. Die Demonstration
endete gegen 21:30 Uhr. Eine halbe Stunde später waren laut Polizeiangaben
die meisten Demonstranten abgezogen. "Dass die Leute auf die Straße
gehen, finde ich richtig", sagte ein Polizeigewerkschafter. Der Kampf
gegen die Rechten dürfe nicht den Autonomen überlassen werden.
In der Nacht zu Mittwoch hatten Vermummte die Disko Jeton in der Frankfurter
Allee mit Steinen beworfen. Evrim Baba, Politikerin der Linken im Abgeordnetenhaus,
forderte von den Betreibern des Jeton eine klare Stellungnahme zu ihrem
Publikum: Immer wieder hatten Anwohner Rechtsextreme beim Verlassen des
Jeton gesehen. Wie die vier Verdächtigen vom vergangenen Wochenende
sollen Gäste regelmäßig Pullover der bei Neonazis beliebten
Marke "Thor Steinar" getragen haben. Die Demonstration am Samstagabend
startete deshalb vor dem "Thor Steinar"-Laden am nahen Bersarinplatz.
Während der Demonstration hielten sich in einem Imbiss neben der
Disko mehrere Männer in "Thor Steinar"-Kleidung auf.
Die Situation in Friedrichshain erinnert an den Tod des Hausbesetzers
Silvio Meier, der dort 1992 von Neonazis erstochen worden ist. In den
Tagen danach kam es zu Ausschreitungen, in der ganzen Stadt versuchten
Antifa-Gruppen auch militant gegen Neonazis vorzugehen. Seitdem findet
in Friedrichshain jedes Jahr eine Gedenkdemo statt, deren Veranstalter
unter anderem die "Antifaschistische Linke Berlin" ist, die
auch die gestrigen Proteste mitorganisiert hatte. Laut Verfassungsschutz
war Friedrichshain 2008 mit 30 rechtsextremen Gewalttaten der Bezirk mit
der höchsten Zahl derartiger Angriffe.
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Presse
19.07.2009 TAZ
"Schweigen ist Mittäterschaft"
Wenn wie in Berlin-Friedrichshain ein Mensch von Nazis verprügelt
wird, kann man auch in der Minderzahl helfen, erklärt der Gewaltexperte
Günter Gugel.
taz: Herr Gugel, vier
Männer schlagen das Opfer so lange, bis es bewusstlos wird. Die ZeugInnen
rufen die Polizei, greifen selbst nicht ein. War das richtig?
Günther Gugel: Es war richtig, die Polizei zu rufen. Solche Situationen
sind immer emotional aufgeheizt und mobilisieren Ängste. Sie erfordern
aber ein sofortiges Handeln. Das setzt bestimmte Kenntnisse und Selbstsicherheit
voraus.
Welche Kenntnisse?
Dazu gehört, eine Situation einschätzen zu können: Was
ist sinnvoll? Was ist realistisch? Vor allem die Fähigkeit, das Opfer
in Sicherheit zu bringen und die Täter festzustellen. Man muss auch
wissen, dass man die anderen Zeugen direkt ansprechen und ihnen Handlungsvorschläge
machen muss.
Und selbst eingreifen?
In einer Vier-zu-eins-Situation mit mehreren brutalen Schlägern ist
es nicht sinnvoll, körperlich einzugreifen. Dadurch könnte man
selbst zum Opfer werden. Das müssen Profis machen wie die Polizei.
Anders ist es mit einer Übermacht an Zuschauern, die gemeinsam handeln
können.
Was sollen die Leute
tun?
Ratschläge sind in einer konkreten Gewaltsituation, in der sofortiges
Handeln erforderlich ist, meist nicht abrufbar, wenn man dies nicht intensiv
trainiert hat. Deshalb wird man auf eingeschliffene Routinen zurückgreifen.
Die absoluten Basics, die die Polizei empfiehlt, sind: handeln, ohne sich
selbst in Gefahr zu bringen, Hilfe zu mobilisieren, indem ein Notruf abgesetzt
wird und sich als Zeuge zur Verfügung zu stellen.
Wie soll man konkret
auf den Täter zugehen?
Gemeinsam zu handeln und Selbstsicherheit zu zeigen verdeutlichen dem
Täter, dass die Eingreifenden es ernst meinen. Klar zu formulieren
"Lassen Sie die Person frei" informiert den Täter über
das Handlungsziel. Der Täter sollte nicht provoziert werden, indem
man ihn duzt, beschimpft oder beleidigt. Man muss sehr sachlich und bestimmt
mit ihm reden, denn es geht nicht darum, ihn herauszufordern, sondern
jemanden aus einer Gefahrensituation herauszuholen. Eine Übermacht
von Entschlossenen kann einen Einzeltäter, wenn er unbewaffnet ist,
auch körperlich festhalten.
Wann soll man eingreifen?
Bei derber Beschimpfung? Nach dem ersten Schlag?
So früh wie möglich, da sich solche Situationen leicht aufschaukeln
können. Bei Diskriminierungen oder verbalen Demütigungen muss
man deutlich machen, dass man keine Koalition mit dem Täter eingeht
- dass er dieses Verhalten unterlassen soll. Wichtig ist, Öffentlichkeit
herzustellen.
Wie geht das?
Laut und deutlich zu sprechen und nicht hinter vorgehaltener Hand zu flüstern.
Schweigen bedeutet zumindest für die anderen stilles Einverständnis
und letztlich Mittäterschaft.
Ein Mann geht rau mit
seiner Frau um - ist das deren persönliche Angelegenheit?
Wenn der Konflikt als private Situation eingestuft wird, greift man in
der Regel nicht ein. Wir haben in Deutschland eine Kultur, wo das Private
stark respektiert wird, was aber zur Folge hat, dass Gewalt in Beziehungen
oft nicht oder sehr spät wahrgenommen wird.
Was soll man machen,
wenn der Mann droht, die Frau zu Hause zu schlagen?
Wenn Sie in der Nachbarschaft leben und solche Fälle öfters
beobachten: Polizei einschalten oder, wenn Kinder involviert sind, auch
das Jugendamt.
Inwiefern kann man Zivilcourage
trainieren?
Man trainiert Zivilcourage im Alltag, wenn man sich gegen Diskriminierung
und gegen Übergriffe wendet. Das kann bei einem blöden Witz
über jemanden sein, indem man dem Gruppendruck widersteht und seine
eigene Meinung vertritt. Dies gelingt besser, wenn man Selbstvertrauen
entwickeln konnte. Es geht um Achtsamkeit statt Gleichgültigkeit.
Es geht um Widersprechen statt Schweigen. Es sind immer kleine Schritte.
Mit dem Täter sachlich reden, ihn nicht provozieren: "Lassen
Sie die Person frei!"
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Presse
19.07.2009 Tagesspiegel
4000 gegen Rechts
Zehn Festnahmen nach Demo in Friedrichshain Brandanschläge auf Autos
und Mülltonnen
Berlin - Fünf verletzte Polizisten
und zehn vorläufige Festnahmen sind die Bilanz der Demonstration
„Gegen rechte Gewalt“ am Sonnabend in Friedrichshain. Rund
4000 Menschen hatten an dem Protestzug teilgenommen – laut Polizei
„überwiegend friedlich“. Vereinzelt flogen allerdings
Flaschen und Feuerwerkskörper aus dem Demonstrationszug, der um 19
Uhr am Bersarinplatz gestartet war.
Unter den knapp 4000 Teilnehmern waren auch fast 300 Linksautonome. Ein
brenzliger Punkt auf der Route entlang der Frankfurter Allee war die Diskothek
„Jeton“. Am Wochenende zuvor hatten vier Neonazis nahe der
Disko einen 22-jährigen Linken schwer misshandelt. Die Neonazis hatten
sich laut Polizei zuvor in der Disko aufgehalten. Sie gilt als Treffpunkt
für Hooligans und Rechtsextreme. Auch während der Demo versuchten
Teilnehmer, auf die gesperrte Straßenseite zu gelangen, um Krawall
zu machen. Die Polizei verhinderte dies. Die Veranstaltung endete gegen
20.30 Uhr vor der Disko. Dennoch verharrten 500 Teilnehmer vor dem „Jeton“.
Die Polizei drängte sie in die Nebenstraßen ab.
In den frühen Morgenstunden gab es dann erneut eine politisch motivierte
Schlägerei: In Lichtenberg prügelten sich ein 23-jähriger
Linker und ein 27-jähriger Rechter in der Marie-Curie-Allee. Beide
waren betrunken.
Der für politisch motivierte Delikte zuständige Staatsschutz
der Polizei ermittelt außerdem wegen mehrerer Brandanschläge
auf zumeist teure Autos. In der Nacht zu Sonntag gegen 1.40 Uhr brannten
vier Fahrzeuge am Holsteiner Ufer. Gegen 5.50 Uhr brannten je zwei Autos
in der Thaer- und der Eldenaer Straße. Zudem steckten zwei Vermummte
auf der Krossener Straße in Friedrichshain zwei Mülltonnen
in Brand, die sie nach Angaben von Zeugen zuvor aus einem Hof geholt hatten.
tabu
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Presse
19.07.2009 Morgenpost
Demonstration gegen Rechts ist beendet
Eine Woche nach dem brutalen Überfall
auf einen 22-Jährigen haben rund 4000 Menschen in Friedrichshain
gegen rechte Gewalt demonstriert. Die Route führte auch zu der Diskothek,
in der die Schläger vor der Tat gefeiert haben sollen. Dort brachte
die Polizei Wasserwerfer in Stellung.
In Friedrichshain haben rund 4000 Menschen gegen rechte Gewalt demonstriert.
Sie zogen vom Bersarinplatz zur Diskothek "Jeton". Es gab vereinzelt
Rangeleien, wenn Protestierende von der genehmigten Route auf der Frankfurter
Allee ausscheren wollten. Auch einige Festnahmen wurden beobachtet. Unter
den Demonstranten waren Mitglieder der linksautonomen Szene und des sogenannten
Schwarzen Blocks. Aus diesen Gruppen wurden vereinzelt Feuerwerkskörper
geworfen und auch Parolen gegen die Polizei skandiert, die mit einigen
hundert Beamten den Zug begleitete.
Die Stimmung war aufgeheizt, als die Menschenmenge
gegen 20.15 Uhr vor der Diskothek "Jeton" an der Frankfurter
Allee ankam. Die Polizei brachte Wasserwerfer in Stellung. Polizisten
waren auch auf Häuserdächern präsent. Doch bis kurz nach
20.30 Uhr passierte nichts Schlimmeres. Die Kundgebung vor der Diskothek
verlief friedlich. Dann wurde die Demonstration offiziell für beendet
erklärt. Die Polizei forderte die Demonstranten auf, die Straße
zu räumen, die wieder für den Verkehr freigegeben werden sollte.
Ein Polizeisprecher sagte gegen 21 Uhr: „Die Veranstaltung verlief
größtenteils friedlich.“ Auf Transparenten der Demonstranten
war zu lesen: „Antifa heißt Angriff“, aber auch „Keine
Gewalt“. Etwa 250 der bis zu 4000 Demonstranten hätten der
Polizei Sorgen bereitet, wie der Polizeisprecher sagte. Gegen 21.30 Uhr
waren noch rund 200 Menschen vor dem "Jeton" auf der Straße.
Vor Beginn der Demonstration hatten Polizisten alle Zufahrten zum Bersarinplatz
kontrolliert. Die Petersburger Straße war zwischen Karl-Marx-Allee/Frankfurter
Allee und Bersarinplatz Richtung Prenzlauer Berg für den Verkehr
gesperrt. Die Demonstrations-Teilnehmer wurden kontrolliert. Glasflaschen
müssen stehen gelassen oder ausgetrunken werden. Sollte jemand Waffen,
etwa ein Messer, dabei haben, wurde er sofort wegen Verstoßes gegen
das Versammlungsrecht festgenommen.
Der Protestzug startete mit einer Stunde Verspätung kurz nach 19
Uhr am Bersarinplatz und zog von dort zum S- und U-Bahnhof Frankfurter
Allee. Unter den Protestierenden waren zahlreiche Mitglieder der linksautonomen
Szene und des sogenannten Schwarzen Blocks. Auf Transparenten hieß
es: „Antifa heißt Angriff“, aber auch „Keine Gewalt“.
Auch der Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele (Grüne)
nahm an dem Protestzug teil.
Zur Teilnahme an der Demonstration hatten SPD, Grüne und die „Berliner
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten
(VVN)“ aufgerufen. Die VVN erklärte, viele der Gründungsmitglieder
hätten den Straßenterror der Nazis schon vor 1933 am eigenen
Leib erfahren müssen. Darum gelte dem Opfer Mitgefühl und Solidarität.
Die SPD forderte ausdrücklich ein Nein zu rechter und linker Gewalt.
Anlass für die Demonstration war der brutale Übergriff von vier
Männern gegen einen jungen Mann vor gut einer Woche in Friedrichshain.
Das Opfer schwebt in Lebensgefahr. Gegen die 20 bis 26 Jahre alten Männer
aus Königs Wusterhausen, Storkow, Ragow und Friedersdorf, die den
jungen Mann vor einer Woche zusammenschlugen, wurde Haftbefehl wegen des
Verdachts des versuchten Totschlags erlassen. Wahrscheinlich war das Opfer
der linken Szene zuzurechnen und vorher in eine Prügelei mit seinen
späteren Peinigern aus der rechtsextremen Szene geraten.
Weil die vier mutmaßlichen Täter vor dem Angriff auf den 22-Jährigen
in der Diskothek "Jeton" gefeiert haben sollen, war die Einrichtung
am Dienstagabend vermutlich aus Rache von rund 200 teils vermummten Personen
mit Steinen angegriffen worden.
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Presse
18.07.2009 Tagesspiegel
Nervosität vor Demo steigt
Ein bisschen nervös sei man, sagen Anwohner, junge Autonome und Studenten
aus dem Kiez rund um die Frankfurter Allee. Am Samstagabend will die linke
Szene durch Friedrichshain demonstrieren.
Hieß es Anfang der Woche noch, man
erwarte 500 Menschen, rechneten die Organisatoren des Protestmarsches
zuletzt mit bis zu 2000 Teilnehmern – entschlossen und wütend,
schließlich hat es eine derartige Tat lange nicht mehr gegeben:
Vergangenen Sonntag ist ein linker Student von vier Neonazis fast totgeschlagen
worden. Mitten in Friedrichshain, der einstigen Autonomenhochburg, direkt
an einer Hauptstraße, der Frankfurter Allee, vor der Diskothek Jeton.
Die vier Verdächtigen aus Brandenburg sitzen in Untersuchungshaft.
Neben Antifa-Gruppen mobilisierten Linkspartei, Sozialdemokraten und Grüne
zu den Protesten.
Unbekannte hatten am Freitag Fotos der mutmaßlichen Schläger
im Internet veröffentlicht. Einige der Abgebildeten hantieren darauf
mit SS-Devotionalien. Die Verdächtigen werden auch vor der Disko
Jeton gezeigt – mit zum Hitlergruß gestrecktem Arm. Die Fotos
seien wenige Stunden vor der fast tödlichen Attacke aufgenommen worden,
heißt es im linken Internetportal Indymedia, die Disko Jeton sei
eindeutig ein Neonazitreff.
Schon in der Nacht zu Mittwoch hatten Vermummte den Club in der Frankfurter
Allee mit Steinen beworfen und die Fassade beschädigt. Auch eine
Polizeistreife wurde angegriffen. Weil es sich offenbar um Rache Autonomer
handelt, ermittelt der Staatsschutz. Von den Betreibern der Disko fordert
Evrim Baba, Linkspolitikerin und Mitglied im Abgeordnetenhaus, eine klare
Stellungnahme zu ihrem Publikum: Immer wieder hatten Anwohner zahlreiche
Rechtsextreme beim Verlassen des Jeton gesehen. Wie die vier Verdächtigen
vom vergangenen Wochenende sollen Gäste regelmäßig Pullover
der bei Neonazis beliebten Marke „Thor Steinar“ getragen haben.
Der linke Protestzug startet am Samstagabend deshalb vor dem „Thor
Steinar“-Laden am nahen Bersarinplatz. Die Polizei ist mit mehreren
Hundertschaften und zahlreichen Zivilbeamten vor Ort. Die Demo führt
über die Frankfurter Allee – mit einer Zwischenkundgebung vor
der Disko Jeton.
Die Situation in Friedrichshain erinnert an den Tod des jungen Hausbesetzers
Silvio Meier, der im November 1992 in unmittelbarer Nähe vom aktuellen
Tatort von Neonazis erstochen worden war. In den Tagen danach kam es zu
Ausschreitungen zwischen Linken und der Polizei, in der ganzen Stadt versuchten
Antifa-Gruppen auch militant gegen Neonazis vorzugehen. Seitdem findet
in Friedrichshain jedes Jahr eine Gedenkdemo mit bis zu 2000 Teilnehmern
statt, deren Veranstalter unter anderem die „Antifaschistische Linke
Berlin“ ist. Die linksradikale Gruppe hat auch die aktuellen Proteste
durch Friedrichshain mitorganisiert.
Friedrichshain ist 2008 mit 30 eindeutig rechtsextremen Gewalttaten der
Bezirk mit der höchsten Zahl derartiger Angriffe gewesen, heißt
es vom Verfassungsschutz. Die Beratungsstelle „Reach Out“
spricht sogar von 35 Übergriffen.
Ein Grund für Gewaltquote ist Experten zufolge, dass Neonazis aus
der ganzen Region hier schnell auf potenzielle Opfer stoßen –
etwa vermeintliche Linke oder Nichtdeutsche. Erst im Juni sind zwei Linke
und zwei Neonazis auf der Frankfurter Allee in Streit geraten, wobei ein
Rechter ein Messer gezogen und einen jungen Mann am Arm verletzt haben
soll. Im Februar soll Zeugen zufolge ein stadtbekannter Neonazi aus Lichtenberg
zusammen mit bis zu 20 Freunden in der U-Bahnlinie U5 ein dunkelhäutiges
Paar bedroht haben. Im Januar verfolgten Rechte junge Linke, die einen
Angriff abwehren konnten. Wenige Tage zuvor soll ein Punk auf dem Bahnhof
Ostkreuz von Neonazis schwer misshandelt worden sein.
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Presse
18.07.2009 Morgenpost
"Willkommen in Brauntown"
Oliver Kanthak, Grünen-Politiker aus Königs Wusterhausen, ist
entsetzt. "Solche Meldungen sind schwere Schläge für das
Image unserer Stadt." Kanthak ist informiert worden, dass der Neonazi
Michael G. (24) aus seiner Stadt an einem Überfall beteiligt war,
bei dem kürzlich in Friedrichshain der linke Student Jonas K. (22)
lebensgefährlich verletzt wurde.
Zwei weitere Angreifer - Marcel B. (20)
sowie der Haupttäter Oliver K. (26) - kommen ebenfalls aus der Region
rings um Königs Wusterhausen. Die Stadt gilt seit Jahrzehnten als
Hochburg der rechtsextremen Szene. "In Berlin wird Königs Wusterhausen
nur noch Brauntown genannt", sagt der Grünen-Politiker. "Es
wird höchste Zeit, endlich zu handeln."
Die Situation in der 33 000-Einwohner-Stadt spitzt sich zu. Sozialarbeiter
warnen, dass örtliche Neonazis "auf dem Weg zur akzeptierten
Mitte der Gesellschaft" sind. Die Wahlerfolge der NPD würden
in der Szene offenbar als Ermutigung zur Gewaltbereitschaft verstanden.
Die Partei habe die Region zum Bundesschwerpunkt erklärt, möglicherweise
werde sie einen Bürgermeisterkandidaten zur Wahl aufstellen.
Auch die "Freien Kräfte" agieren aggressiver. Sie hätten
sich über die Achse Luckenwalde-Zossen-Lübben mit dem Gebiet
Lausitz-Cottbus vernetzt. Die Polizei habe ähnliche Hinweise und
stelle zurzeit ihre Staatsschutzabteilung neu auf.
Nach Informationen dieser Zeitung sind mehrere rechtsextreme Berliner
Kader nach Königs Wusterhausen umgezogen. Einer von ihnen ist René
B., Jahrgang 1965, Steuerfachangestellter und erklärter "Jugendnationalarbeiter".
Er wohnt im Neubaugebiet Nord. B. ist eine ehemalige Führungskraft
der NPD und war über Jahre Protagonist der verbotenen Kameradschaft
"Berliner Alternative Südost".
"B. steht für den modernen, autonomen, nationalen Sozialisten",
sagt ein Sozialarbeiter, der anonym bleiben will, weil er auch mit rechten
Jugendlichen arbeitet. Der Neonazi sei in "hipper, schwarzer Szenekleidung
unterwegs". Ihn umgebe dabei eine "jugendlich-charmante Aura".
Auf die Jugendlichen wirke er abenteuerlustig, nicht spießig. B.
agitiere über die "deutsche Gemeinschaft", verbunden mit
Romantik, Abenteuer und Aktion.
Den Rechtsextremen in der Region gehe es nicht mehr nur um den "Kampf
um die Straße"; wichtig sei ihnen die "soziale Frage".
Man biete Bürgern eine Hartz-IV-Beratung, Hilfe im Kampf gegen den
"Würgegriff des Verwaltungsapparates" und eine "Gemeinschaft".
Im Neubaugebiet habe sich mittlerweile ein "autarkes Territorium
mit einer Parallelgesellschaft" gebildet.
"Königs Wusterhausen hat seit Mitte der 80er-Jahre eine rechtsextreme
Tradition", sagt der Streetworker, "jede Generation hat den
ideologischen Staffelstab weitergegeben. "Die Infrastruktur der Stadt
ist für die Szene ideal. Wir haben eine Autobahnanbindung, dazu die
S-Bahn nach Berlin." Die vier Neonazis aus Brandenburg waren ihrem
Opfer am Sonntagmorgen auf dem S-Bahnhof Frankfurter Allee begegnet.
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Presse
18.07.2009 Neues Deutschland
Jeton bei Rechten recht beliebt
Nach dem Übergriff: Fotos von Nazis in Disko aufgetaucht / Antifa
kritisiert »Extremistenthese«
»Naziladen« oder nicht: Das
Jeton an der Frankfurter Allee in Friedrichshain steht weiter in der Kritik,
nachdem Donnerstagabend im Internet Fotos von in der Diskothek feiernden
Brandenburger Neonazis aufgetaucht waren. Einige der Bilder zeigen zwei
der vier Neonazis, die am vorigen Wochenende einen 22-jährigen Neuköllner
zwischen U- und S-Bahn Frankfurter Allee fast totgetreten haben. Der mutmaßliche
Haupttäter, Oliver K., ist auch auf der Homepage des Jeton in einer
Bildergalerie zu sehen – feiernd, bevor er zusammen mit drei Kumpanen
dem zuvor bereits bewusstlos geschlagenen Jonas K. gezielt auf den Kopf
trat.
Auf einem weiteren Bild ist der ebenfalls an der Tat beteiligte Marcel
B. in einer Wohnung mit einem Freund zu sehen – mit SS-Stahlhelm
auf dem Kopf und einer Stielgranate in der Hand. In einer Küche sieht
man an der Wand das Plakat von »American History X«, einem
Film über einen US-amerikanischen Neonazi, der einen Mann mit einem
»Bordsteinkick« tötet. Diese Filmszene hat vermutlich
für den Versuch, Jonas K. zu töten, als Beispiel gedient.
In einer Stellungnahme des Jeton hieß es, die Neonazis seien vor
dem Angriff nicht aus seiner Disko gekommen. Diese Behauptung sei »schlichtweg
falsch«. Jeton-Chef Ronny Berkahn sagte gegenüber ND, das habe
ihm die Polizei so gesagt. »Was soll ich denn noch tun«, so
Berkahn zur Kritik am Jeton. Es gebe Hausverbote, Kontrollen an den Eingängen,
und wer sich daneben benimmt, »ob links oder rechts«, fliege
raus. Zudem sei er Sponsor bei karitativen Anlässen und unterstütze
ein Fußballturnier gegen Rassismus.
»Der Erkenntnisstand war und ist, dass die vier Täter vorher
im Jeton waren«, sagt dagegen Polizeisprecher Klaus Schubert. Ob
das Jeton bei den Behörden als Nazitreffpunkt gelte, wollte er indes
nicht sagen. »Uns ist bekannt, was die linke Szene über den
Ort denkt«, so Schubert. Auch wüssten die Fachdienststellen
beim Staatsschutz, »wo sich bestimmte Gruppen zu welcher Zeit aufhalten«.
Derzeit werde gegen die vier Neonazis, die in Untersuchungshaft sitzen,
und gegen zwei Linke ermittelt, darunter Jonas K.. Vernommen werden konnte
er noch nicht. »Da haben die Ärzte noch kein grünes Licht
gegeben«, so Schubert. Das Opfer des Übergriffs hatte Prellungen,
einen Jochbeinbruch und Hirnblutungen erlitten.
Berkahns Aussage, dass seit eineinhalb Jahren Ruhe um das Jeton eingekehrt
sei, widersprach die Antifaschistische Linke Berlin (ALB). »Wir
gehen davon aus, dass sich im Jeton noch immer regelmäßig organisierte
Rechte treffen.« Ein Prozess 2008 gegen Berliner Nazis, die nach
einem Jeton-Besuch Menschen verprügelt hatten, sei Beweis genug,
meint ALB-Sprecher Lars Laumeyer.
Der Fall erinnere zudem an die Tötung des Hausbesetzers Silvio Meier
1992. Auf einen rechten Aufnäher an der Jacke angesprochen, stach
ein Neonazi damals zu, Meier starb. Der Streit am letzten Sonntagmorgen
begann vermutlich wegen der »Thor-Steinar«Klamotten eines
der Täter. An der Schlägerei soll auch der später schwer
Verletzte beteiligt gewesen sein.
Die Darstellung der Vorfälle als »Auseinandersetzungen zwischen
›Extremisten‹, die sich durch ihre Gewaltanwendung gegenseitig
hochschaukeln«, kritisiert die ALB scharf. Damit werde rechte Ideologie
relativiert, sagt Laumeyer. Ein weiterer linker Mann wurde Montag nach
der Durchsuchung seiner Wohnung festgenommen und Dienstagabend wieder
entlassen.
Für Samstag rufen Antifa-Gruppen, Verbände und Parteien zur
Demonstration gegen Nazigewalt in Friedrichshain auf. Treffpunkt ist um
18 Uhr am Bersarinplatz. Der Stadtteil führt seit Jahren die Statistik
rechter Übergriffe in Berlin an. Am Freitag wurde auch bekannt, dass
der durch Protest aus dem Ring-Center II vertriebene Laden »Doorbreaker«,
in dem bei Nazis beliebte Kleidungsmarken verkauft wurden, vermutlich
an die Frankfurter Allee 91 ziehen will – schräg gegenüber
vom Jeton.
GASTKOLUMNE
Evrim Baba (MdA): Nazi-Gewalt darf nicht relativiert werden
Es ist wieder soweit: In ihrer vermeintlichen
Neutralität vergleicht die Polizei in Berlin Äpfel mit Birnen.
Der Berliner Polizeipräsident Dieter Glietsch spricht gegenüber
dem »Tagesspiegel« von einer deutlichen Zunahme linker Übergriffe
gegen Rechtsextreme. Die Polizei habe einen Anstieg von 8 auf 21 Taten
registriert, gleichzeitig sei die Zahl der Angriffe von Rechten auf Linke
von 9 auf 4 zurückgegangen. Aber hier liegen völlig unterschiedliche
Motive und Zielrichtungen vor, und es gibt völlig unterschiedliche
Qualitäten.
Die Berliner Polizei und Staatsanwaltschaft haben in der Vergangenheit
leider mehr als einmal bewiesen, dass ihr Vorgehen oft weniger mit Recht
zu tun hat, dagegen mehr mit einer völlig absurden Gleichsetzung
von links und rechts. Damit wird die tödliche Dimension von Rechtsextremismus
und Rassismus weiter verharmlost. Das ist man schon seit Jahr und Tag
von der Bundesregierung gewohnt. Statt der mindestens 138 rechtsextremen
Morde seit 1990 hat sie bis 2008 »nur« 40 gezählt.
Die jetzigen Zahlenspielereien aus dem Berliner Polizeipräsidium
lassen die Gewalt der Nazis gegen Immigrantinnen und Immigranten, Obdachlose,
Juden und Jüdinnen, Menschen mit bestimmten sexuellen Orientierungen
oder andere, die den Rechtsextremisten als »fremd« erscheinen,
unzulässigerweise außen vor. Das Bedrohungspotenzial der Nazis
für die Gesellschaft wird auf Auseinandersetzungen mit dem politischen
Gegner von links reduziert. Dies wirft ein bezeichnendes Bild auf Politik
und Medien, die sich auf derartige Relativierungen der Nazigewalt einlassen;
es verschleiert rassistische Strukturen in der Gesellschaft.
In offiziellen Statistiken werden nur Taten als rechtsextrem oder rassistisch
gezählt, die als vorsätzlich politisch motiviert gelten. Durch
den Rost fallen dabei Gewalttaten, die mit einem rechtsextrem oder rassistisch
geprägten Hintergrund erfolgen. Menschen, die eher »zufällig«
zu Opfern rechtsextrem oder rassistisch eingestellter Täter wurden,
weil sie in deren Feindbildvorstellungen passen oder ihnen als minderwertig
und nicht lebenswert erscheinen, wie zum Beispiel Obdachlose, tauchen
in der Statistik in der besagten Rubrik nicht auf.
Die Opferberatungsstelle Reach Out zählt diese Fälle mit. Sie
zählte laut ihrem Schattenbericht »Berliner Zustände 2008«
65 ihnen aus einigen Bezirken bekannt gewordene Angriffe aus rassistischen
Motiven im Jahr 2008. An der Spitze mit 30 Gewalttaten lag der Bezirk
Friedrichshain, wobei es vorwiegend vor allem Antifaschistinnen und Antifaschisten
sowie nicht-rechte, alternative Jugendliche traf.
Linke müssen sich als konsequente Gegner von Nazis und Rassisten
gegen die Versuche rechtsextremer Verdrängung und rassistischer »Homogenisierung«
engagieren und sich gegen gesellschaftliche Rahmenbedingungen stellen,
die rechtsextreme und rassistische Überzeugungen befördern.
Die LINKE darf eine Kriminalisierung dieses Engagements und eine Relativierung
der Nazigewalt nicht zulassen.
In diesem Sinne und als Zeichen der Solidarität mit Jonas K., der
vor einer Woche in Friedrichshain von Nazis lebensgefährlich zusammengeschlagen
wurde, begrüße ich die von einem breiten antifaschistischen
Bündnis für den heutigen Samstag um 18 Uhr am Bersarin Platz
organisierte Demonstration.
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Presse
18.07.2009 Junge Welt
Fotos von rechten Schlägern im Internet
veröffentlicht
Bilder belegen Nazifeierei in Berliner Diskothek »Jeton«.
Antifademo am Samstag
Nach dem brutalen Überfall
von vier Neonazis auf einen 22jährigen Mann am vergangen Sonntag
in Berlin haben Antifaschisten am Freitag Fotos mehrerer Rechter im Internet
veröffentlicht. Dreizehn Bilder zeigen Neonazis, darunter die mutmaßlichen
Schläger Marcel B. und Oliver K. Die Serie zeigt unter anderem B.,
wie er vor der Diskothek »Jeton« in Berlin-Friedrichshain
den Hitlergruß zeigt. Auch in dem Klub sind die Männer mit
erhobenem Arm abgelichtet. Die Fotos seien wenige Stunden vor der beinahe
tödlichen Attacke auf den Studenten aufgenommen worden, heißt
es im Internetportal Indymedia. Die Bilder lassen keinen Zweifel an der
politischen Einstellung der Männer: Einer posiert mit einer Schußwaffe
und einem NPD-Plakat. Zwei andere Neonazis hantieren mit Wehrmachtsdevotionalien,
einer Stabhandgranate und einem SS-Helm.
Wer die Bilder im Netz platziert hat, ist unbekannt. Die Antifaschistische
Linke Berlin (ALB) hält sie jedoch für authentisch. »Der
Bericht ist seriös und antifaschistische Recherche hat sich in Berlin
seit Jahren bewährt«, äußerte ALB-Sprecher Lars
Laumeyer. Die Aufnahmen belegen, daß sich Neonazis viel ungestörter
in der Diskothek »Jeton« aufhalten können als bisher
angenommen. Offenbar als Reaktion auf den Überfall vom Sonntag demolierten
Antifaschisten am Dienstag abend eine Glasverkleidung der Diskothek.
Indes übt die Antifaschistische Linke Berlin Kritik an Teilen der
Berichterstattung über den Überfall. So würden unter anderem
im Berliner Tagesspiegel die Vorkommnisse in Friedrichshain als Auseinandersetzung
zwischen »Extremisten« dargestellt, die sich durch ihre Gewaltanwendung
gegenseitig hochschaukeln. Lars Laumeyer erklärte: »Man relativiert
damit neonazistische Ideologie und deren potentiell mörderischen
Exzesse«. Die Neonazis aus dem Kiez zu verweisen, was eine Gruppe
Antifaschisten versucht hatte, sei nichts anderes als das vielfach eingeforderte
couragierte Handeln, so Laumeyer. Die ALB verlangt die sofortige Einstellung
der Ermittlungen gegen das Opfer sowie gegen Zeugen des Überfalls
vom Sonntag.
Die Antifagruppe zieht zudem Parallelen zum Mord an Silvio Meier im Jahr
1992. Der Hausbesetzer war ebenfalls in Friedrichshain erstochen worden,
nachdem er mit einer Gruppe Neonazis wegen eines rechten Aufnähers
in Streit geraten war. (jW)
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Presse
18.07.2009 TAZ
Mit Hitlergruß auf der Tanzfläche
Bilder im Internet zeigen die am Sonntag verhafteten Rechten ganz privat
- und offen rechtsextremistisch.
Auf den ersten Blick sind es Fotos, wie
sie viele Jugendliche von sich ins Internet stellen: Partyszenen, Schnappschüsse,
Gruppenbilder. Doch die vier Brandenburger auf den Fotos werden vorerst
keine Bilder mehr auf ihre Seiten stellen. Sie sitzen wegen versuchten
Totschlags seit Sonntag in Untersuchungshaft - wegen des brutalen Übergriffs
auf den 22-jährigen Jonas K. am S-Bahnhof Frankfurter Allee.
Die Bilder der Neonazis, die am Freitag auf dem linken Onlineportal indymedia
zu sehen waren, wurden offensichtlich aus privaten Profilen der Täter
und deren Freunden aus einem Onlinenetzwerk herauskopiert. Dessen Betreiber
konnten dies auf Anfrage weder dementieren noch bestätigen. Auch
die Polizei hat sich schon bei den Betreibern wegen der Fotos gemeldet.
Haupttäter Oliver K. ist auf einem Foto mit einem T-Shirt der Nazi-Band
Skrewdriver zu sehen. Ein Bild zeigt den korpulenten Täter Marcel
B., wie er vor einem Imbiss neben der Disco Jeton sitzt und lachend den
Hitlergruß zeigt. Auf der Aufnahme einer Wohnung ist im Hintergrund
ein Poster von "American History X" sichtbar. Aus diesem Film
stammt die Vorlage für den tödlichen "Boardsteinkick",
bei dem auf den Kopf des Opfers getreten wird, um es zu töten. Auch
Oliver K. soll am Sonntag seinem bewusstlosen Opfer in den Nacken getreten
haben.
Die Fotos zeigen ein bedrohliches und krudes rechtsextremes Weltbild in
allen Lebensfacetten. In einer Hand das Bier zu halten und mit der anderen
den Hitlergruß zu zeigen gilt in diesen Kreisen als normaler Partyspaß.
"Abhitlern" wird das in der rechten Szene scherzhaft genannt.
Dass die Täter derart explizite Aufnahmen, deren Veröffentlichung
schon einen Straftatbestand darstellt, offenbar selbst ins Netz geladen
haben, überrascht Bianca Klose von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus
Berlin (MBR) nicht. "Die Bilder zeigen, wie stark die Täter,
unabhängig vom Grad ihrer Organisierung in der Szene, einen rechtsextremen
Lebensstil zelebrieren", sagte Klose der taz. "Das Zurschaustellen
von Waffen, Hitlergruß und Propagandamaterial dient einer rechtsextremen
Identitätsschaffung, aus der heraus es zu solchen brutalen Übergriffen
wie in Friedrichshain kommen kann."
Die Bilder belegen auch ein weiteres Detail. Die Rechtsextremisten gingen
anscheinend häufiger in die Diskothek Jeton in Friedrichshain. Ein
Bild zeigt Marcel B., wie er an einem unbekannten Tag mitten in der feiernden
Menge den Arm zum Hitlergruß hebt. In einer Stellungnahme auf der
Website des Jeton heißt es, die "sogenannte Linke Szene"
würde fälschlicherweise "propagieren", dass die vier
Täter Gäste des Jeton gewesen seien. Zwei Klicks weiter, in
der Bildergalerie zur Tatnacht, findet man jedoch zwei Fotos, die den
Haupttäter und einen weiteren Festgenommenen auf der Tanzfläche
zeigen.
KOMMENTAR VON ANDREAS FANIZADEH
Aufstand der Anständigen?
Antifaschismus ist keine Sache der Linken, sondern der demokratischen
Mehrheit
In Dresden wird die 31-jährige Ägypterin
Marwa al-Sherbini von einem fanatischen Rassisten im Gerichtssaal erstochen,
ihr Mann schwer verletzt und zu allem Unglück auch noch von einem
Polizisten angeschossen. Das geschah am 1. Juli. In Kairo wird seither
dagegen ausdauernder protestiert als in Deutschland. Ein anderer Angriff
fanatischer Rechtsextremisten ereignete sich letztes Wochenende in Berlin.
Im "links-alternativen" Stadtteil Friedrichshain versuchten
polizeibekannte Nazischläger aus dem Ostberliner Umland einen 22-Jährigen
zu ermorden. Sie traktierten den Kopf des Bewusstlosen mit Tritten an
der Bordsteinkante. Der junge Mann erlitt lebensgefährliche Verletzungen
und kam auf die Intensivstation. Auch in Berlin demonstrierten bislang
nur wenige, vornehmlich antifaschistische Jugendliche. Die brutale Tat,
sie wird von den Medien als zu bagatellisierende Links-rechts-Schlägerei
auf den Lokalseiten geführt.
Offenbar meinen viele, es gehe sie nichts an. Wer sich mit gewaltbereiten
Nazis anlege, sei wohl selbst schuld daran. Doch dem ist nicht so. Das
wissen alle, die qua Herkunft, Aussehen oder Lebensstil den faschistischen
Schlägern ein Dorn im Auge sind. Sie können ihnen nicht aus
dem Weg gehen, da sie selbst als Person das Ärgernis darstellen.
Die Apothekerin Marwa al-Sherbini hatte daraus die Konsequenz gezogen,
die ihr dann zum Verhängnis wurde. Sie hat den sie bedrohenden Rassisten
zur Anzeige und vor Gericht gebracht. In Dresden, in Sachsen, dort wo
die NPD im Parlament vertreten ist. Ihre zivilgesellschaftlich vorbildliche
Haltung, im rassistischen Konfliktfall den Rechtsstaat anzurufen, war
für sie tödlich. Fast auch für ihren Mann. In Sachsen wird
nun über Metalldetektoren an den Eingängen zu Justizgebäuden
diskutiert.
Vor einigen Jahren rief die rot-grüne Bundesregierung zum "Aufstand
der Anständigen". Unübersehbar war die Gewaltspur, die
sich nach dem Mauerfall durch das vereinigte Deutschland zog. Und auch
das Versagen des Staates und seiner Institutionen, wenn es darum ging,
rechtsextremistischen Gesetzesbrechern klar Einhalt zu gebieten. Der damalige
Innenminister Otto Schily widersprach deswegen den höhnischen Darstellungen
Rechtsradikaler, die von "national befreiten Zonen" im ländlichen
Osten redeten. Rot-Grün reformierte auch das Staatsbürgerrecht,
was seither Zugewanderten die Einbürgerung erleichtert. So wurde
zumindest in Teilen das Vertrauen in den deutschen Rechtsstaat wieder
hergestellt. Minderheiten, die wegen Herkunft oder persönlichem Lebensstil
diskriminiert oder angegriffen wurden, wenden sich seither häufiger
an die Polizei und fordern geltende Bürgerrechte für sich ein.
Der Preis für diese neue Liberalität im Inneren war aber die
Abschottung nach außen. Die Anerkennung der Bürgerrechte für
die hier nach 1945 Zugewanderten wurde gegen ein europäisches Schengen-Regime
eingetauscht, das fast die gesamten legalen Möglichkeiten der Zuwanderung
zum Erliegen brachte. In unsere schöne neue und modernere Gesellschaft
kommt heute kaum noch jemand rein. Rot-Grün hatte zwar anerkannt,
dass Deutschland ein Einwanderungsland war, aber auch mit dafür gesorgt,
dass es heute keines mehr ist.
Dennoch hat sich einiges getan. Auch Wolfgang Schäuble und seine
Partei mühen sich heute redlich in Sachen Integration. Aber nicht
alle Probleme lassen sich per Verordnung und neuem, zumindest innenpolitischen
Goodwill lösen. Jahrzehntelange Gleichgültigkeit und Hartherzigkeit
müssen auch im Alltag umgegraben werden. Es gehört zur Bürgerpflicht,
da wo man sich nicht sinnlos selbst gefährdet, den Rechten Straßen
und Orte streitig zu machen. Wo "normale" Deutsche dies nicht
tun, machen sie sich zu Komplizen der Rechtsradikalen. Antifaschismus
ist keine Sache der Linken, sondern eine der demokratischen Mehrheit der
Gesellschaft.
Wer sich nachts, im öffentlichen Raum und außerhalb der urbanen
Zentren bewegt, kommt zwangsläufig in Kontakt mit jenen rechten Subkulturen,
die sich oft anlasslos an denen vergreifen, die gerade zur Verfügung
stehen. Eine Frau mit rot gefärbten Haaren, eine mit Kopftuch, ein
Vietnamese, ein Punk, ein Lesbenpärchen, ein Obdachloser usw. Die
meisten Übergriffe werden nie zur Anzeige gebracht, und längst
nicht alle lassen sich alles gefallen. Und das ist im humanistischen Sinne
gut so, wenn damit terroristische Gewalt gebrochen und nicht stumpf eskaliert
wird. Doch wer keinerlei Kontakt zu gefährdeten Bevölkerungsgruppen
hat, selbst unauffällig aussieht und lebt, sieht vieles anders und
kann sich die latente Bedrohung in gewissen Zonen Deutschlands offenbar
kaum vorstellen.
Und auch nicht ihre Ursachen. Andrian Kreye schrieb anlässlich des
Mordes an Marwa al-Sherbini tatsächlich von einem "Kampf der
fremden Kulturen" auf deutschem Boden. Mit dem Verweis, dass der
Mörder ein vor einigen Jahren zugewanderter Russlanddeutscher war
und sein Opfer ein Kopftuch trug, lädt Kreye die Analyse ethnizistisch
auf. In der Süddeutschen Zeitung schreibt er: "Es waren zwei
einander vollkommen fremde Kulturen, die hier auf einem Spielplatz aufeinandertrafen."
Und: "Obwohl Deutschland kein Einwanderungsland ist, sind viele Konflikte
hier bereits angekommen." Obwohl? Und was soll "das Fremde"
an Marwa el Sherbini gewesen sein? Ein Kopftuch etwa? Ansonsten verhielt
sie sich anscheinend auch für Kreye vorbildlich: im Konfliktfall
keine Selbstjustiz üben und stattdessen den Rechtsstaat und die demokratische
Zivilisation bemühen.
Es macht keinen Sinn, den Russlanddeutschen, der per Gesetz als Volksdeutscher
betrachtet wird, im Nachhinein wieder zum Ausländer zu erklären.
Tatsache ist, dass die Nation sich aus vielerlei Herkünften zusammensetzt
und gegen menschenverachtende Ideologien und Praktiken gemeinsam handeln
muss. Dazu gehört, dass viel mehr Menschen als bisher, sich trauen,
im alltäglichen Agieren die Perspektive von Minderheiten einzunehmen.
Es kann nicht Aufgabe weniger Jugendlicher sein, dass stadtbekannte Nazitreffs
geschlossen werden und konsequent gegen rechtsextremistische Gruppen vorgegangen
wird, egal welcher Herkunft. Antifaschismus ist keine Sache der Linken,
sondern eine der demokratischen Mehrheit der Gesellschaft.
Andreas Fanizadeh
geb. 1963, leitet seit Oktober 2007 das Kulturressort der taz. Zuvor war
er Auslandsredakteur bei der Wochenzeitung in Zürich. In den 1990ern
war er Lektor des Berliner ID Verlags und gab dort die Zeitschrift Die
Beute mit heraus.
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Presse
18.07.2009 Tagesspiegel
Heiße Tage für Polizei wegen
linker Proteste
Die Polizei muss sich für zwei Großereignisse wappnen: Am Samstag
demonstriert ein linkes Bündnis gegen rechte Gewalt - auch vor der
Friedrichshainer Disko Jeton. Montag findet die Kundgebung gegen das Bundeswehr-Gelöbnis
statt.
Die Polizei muss sich in diesen Tagen für
zwei Großeinsätze wappnen: Am heutigen Sonnabend könnte
es in Friedrichshain brenzlig werden, wenn ein Bündnis von Linken
mit einem Protestmarsch gegen rechte Gewalt demonstriert. Nachdem ein
22-Jähriger am vorigen Wochenende von Neonazis brutal zusammengetreten
worden war, eskalierte der Rechts-Links Streit Mitte der Woche vor der
Diskothek „Jeton“. Zudem bereitet sich die Polizei auf das
öffentliche Gelöbnis von 400 Bundeswehrrekruten am Montag vor.
Auch hier wird mit Störaktionen aus dem linken Spektrum gerechnet.
„Wir wissen, dass die linke Szene emotionalisiert ist und werden
mit ausreichend Kräften im Einsatz sein“, sagt Polizeisprecher
Thomas Neuendorf. Rund 500 Teilnehmer wollen am Samstag vom Bersarinplatz
zum S-Bahnhof Frankfurter Allee ziehen – vorbei an der Diskothek
„Jeton“. Linksautonome hatten in der Nacht zu Mittwoch die
Disko mit Steinen beworfen. Als Racheaktion, weil dort die vier Neonazis
gefeiert haben sollen, die in Verdacht stehen, später den 22-jährigen
Linken Jonas K. krankenhausreif geprügelt zu haben. „Die Demonstranten
dürfen an der Disko vorbeiziehen, allerdings auf der anderen Straßenseite“,
betonte Neuendorf. Die Polizei schließe nicht aus, dass sich unter
die Demonstranten „Störer“ mischen wollen.
Das linke Internetportal indymedia.org zeigt seit dem brutalen Angriff
Fotos von Rechtsextremen in der Disko „Jeton“. Die vier abgebildeten
Männer sollen mit den mutmaßlichen Tätern identisch sein,
die in Untersuchungshaft sitzen. Zu sehen ist, wie dir den Hitlergruß
zeigen und vor einer SS-Fahne posieren.
Auch beim Gelöbnis vor dem Reichstag am 20. Juli erwartet die Polizei
„Störer“, die sich unter friedliche Demonstranten mischen.
Rund 2400 Gäste werden erwartet, wenn die 413 Bundeswehrrekruten
am Montagabend öffentlich geloben, „der Bundesrepublik Deutschland
treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer
zu verteidigen“. In der Vergangenheit hatte es immer wieder Versuche
gegeben, die Veranstaltung zu stören. Damit das Gelöbnis, bei
dem Bundeskanzlerin Angela Merkel und Verteidigungsminister Franz Josef
Jung zu den Rekruten sprechen werden, reibungslos ablaufen kann, wird
die Polizei Unterstützung aus anderen Bundesländern anfordern.
Mehrere Hundert Beamte werden im Einsatz sein. Der Bereich rund um den
Reichstag, also von der Straße des 17. Juni bis zur Spree, wird
gesperrt.
Gelöbnis-Gegner hatten einen Aufzug von der Bellevuestraße
zur Yizak-Rabin-Straße angemeldet. Diese Route untersagte die Polizei.
Stattdessen werde es nun eine Kundgebung von 500 Teilnehmern am Potsdamer
Platz geben. Allerdings wurden Auflagen erteilt. So dürften die Demonstranten
keine Sirenen oder ähnliche Utensilien benutzen. Anmelder ist die
„Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen“.
Erst vor wenigen Wochen hatte die linke Szene, wie berichtet, mit Flyern
zu Gewalt gegen Bundeswehrsoldaten aufgerufen. Sogar die Dienstgradabzeichen
wurden dort abgebildet – nach dem Motto: Je höher der Rang,
desto härter könne zugeschlagen werden. Die Polizei wertet den
Flyer als Aufforderung zu einer Straftat. Allerdings rechnet sie deshalb
nicht mit mehr Gewalt.
Die Bundeswehr will keinen Zusammenhang zwischen dem Flyer und dem bevorstehenden
Gelöbnis herstellen. „Mit so etwas entlarven sich diese Leute
als Gewalttäter, die Recht und Demokratie mit Füßen treten“,
sagte am Freitag der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Thomas Raabe.
Tanja Buntrock
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Presse
17.07.2009 BerlinOnline
Linkes Internetportal zeigt Fotos von mutmaßlichen
rechten Angreifern
Nach dem brutalen Angriff auf einen 22-Jährigen
am S-Bahn Frankfurter Allee zeigt das Internetportal indymedia.org Fotos
der mutmaßlichen Täter. Die Bilder stammen von Freundeslisten,
Gästebüchern und Fotogalerien aus sozialen Netzwerken in Internet,
wie es in einer Mitteilung der Antifaschistischen Linke Berlin (ALB) heißt.
Den Angaben nach wurden zahlreiche Aufnahmen in der Friedrichshainer Diskothek
«Jeton» gemacht. Auf mehreren ist zu sehen, wie die Männer
dort offen den Hitlergruß zeigen. Auf einem weiteren Bild posiert
ein Neonazi mit einer Schusswaffe und einem NPD-Plakat vor einer SS-Fahne.
Die ALB geht von der Echtheit der Fotos aus.
Die vier Rechten sollen am Sonntag in der Nähe des S-Bahnhofs Bahnhof
Frankfurter Allee im Anschluss an eine Auseinandersetzung mit mehreren
Linken den 22-Jährigen Jonas K. bewusstlos geschlagen und lebensgefährlich
verletzt haben. Die Polizei nahm die 20- bis 26-Jährigen am Tatort
fest. Gegen sie wurden Haftbefehle wegen versuchten Totschlags erlassen.
Aus der Gruppe der Linken wurde später ein ebenfalls 26-Jähriger
festgenommen.
Der Älteste der Angreifer soll das wehrlose Opfer mit dem Gesicht
nach unten auf den Gehweg gelegt und mit dem Fuß auf dessen Hinterkopf
getreten haben. Diese Art der Misshandlung erinnert an die sogenannte
Bordsteinkick-Szene im US-Film «American History X». Auf einem
der im Internet veröffentlichten Bildern ist hierzu ein Filmplakat
zu sehen.
Die vier mutmaßlichen Täter sollen vor dem Angriff in der Diskothek
«Jeton» gefeiert haben, die als beliebter Treffpunkt von Rechten
gilt. Vermutlich als Vergeltungsakt griffen rund 200 Linksautonome am
späten Dienstagabend die Diskothek in der Frankfurter Allee mit Steinen
an. Für Samstag ruft ein breites Bündnis zu einer Demonstration
gegen rechte Gewalt in Friedrichshain auf.
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Presse
17.07.2009 TAZ
Fighting in Friedrichshain
Ein Student wird von Neonazis fast totgeschlagen. Autonome schlagen zurück.
Nirgendwo sonst in Berlin gibt es so viele Nazi-Übergriffe wie im
alternativen Friedrichshain. Warum?
Ja, sagt Christian Ströbele, hier gebe
schon so Ecken, an denen es abends "ein bisschen ungemütlich"
werde. Der 70-jährige Polit-Junkie, der 2002 und 2005 als einziger
Grüner direkt ein Bundestagsmandat errang, schiebt sein altes schwarzes
Fahrrad mit einem Schaffellsattel durch einen Teil seines Wahlbezirk.
Angst habe er zwar nicht, sagt er in die Sonne blinzelnd, aber dies seien
schon Situationen, "bei denen man mehrfach hinter sich guckt".
Sein "Erlebnisort", die Warschauer Brücke, sei auch in
der Nähe gewesen. Im Wahlkampf 2002 wurde Ströbele dort von
einem vorbestraften Neonazi niedergeschlagen. Er rannte dem Schläger,
wütend "Feige, feige!" rufend, hinterher, erzählt
Ströbele. Auch das war in Friedrichshain, im früheren Ostberlin,
wo gerade die meisten Hauptstädter damit beschäftigt zu sein
scheinen, in Cafés Latte macchiato zu trinken.
Friedrichshain, das ist, vor allem in seinen südlichen Straßenzügen
nahe der Spree, ein Stück cooles Berlin mit Straßencafés,
Clubs, originellen Läden und bunt gekleideten Menschen. Es ist ein
Ausgehbezirk mit der auch außerhalb Berlins bekannten Amüsiermeile
Simon-Dach-Straße und vielen Tanzläden wie dem K17 oder dem
Cassiopeia oder den etwas weiter entfernten Clubs wie der Bar 25 oder
dem Berghain, die selbst international einen Namen haben.
Viele Studenten leben hier, massenhaft Linke in ehemals besetzten Häusern
in der Rigaer Straße sowie alternativ angehauchtes Bürgertum
aus dem Westen. Es ist ein Viertel, das langsam gentrifiziert wird, wie
die Soziologen sagen. Mieten und Preise ziehen an, das alteingesessene
Kleinbürgertum zieht weg, wohlhabendere, gut ausgebildete Neubürger
kommen nach.
It`s Ströbeles own country - aber auch der Bezirk, in dem es rechte
Gewalttaten in den letzten Jahren besonders häufig gab. Ein neue
Eskalationsstufe war erreicht, als am vergangenen Wochenende der linke
Student Jonas K. von rechten Schlägern zunächst äußerst
brutal zusammen geschlagen wurde, bevor versucht wurde, den Bewusstlosen
mit einem Nackentritt zu töten. Daraufhin flogen auf einem unangemeldeten
Protestzug in der Nacht zu Mittwoch viele Steine auf die Disco Jeton,
die als Rechtentreff verschrien ist. Und für den heutigen Samstag
ist wieder eine Kundgebung gegen rechte Gewalt geplant. Die Anspannung
im Viertel ist groß.
Ströbeles junge Mitarbeiterin Katrin Schmidberger erzählt in
seinem Wahlkreisbüro, dass die Nazis im Viertel "auf dem Vormarsch"
seien. Sie träten "viel selbstbewusster, provokativer"
auf. Bei den Rechten, vielleicht auch durch die Gentrifizierung vertrieben,
"kommt vieles aus Frust und Perspektivlosigkeit", meint Ströbele.
Gegen rechte Tendenzen müsse man, wie am Samstag geplant, "besonders
sichtbar auf der Straße sein" - und natürlich alle Schläger
zur Rechenschaft ziehen.
Aber warum zieht das eher linke und alternative Friedrichshain so viele
Rechte an? Warum ist die Quote rechter Überfälle hier so überproportional
hoch? Warum gibt es so viele Auseinandersetzungen zwischen Rechten und
Linken?
Ulli Jentsch sitzt in einer Fabriketage im friedlichen Kreuzberg und kann
dafür nur Erklärungsansätze liefern. Der Mitarbeiter des
angesehenen "antifaschistischem pressearchivs und bildungszentrums
apabiz" neigt nicht zur Panikmache.
Das Besondere an der rechten Gewalt in Friedrichshain sei ihr Auftreten
im öffentlichen Raum nahe U- oder S-Bahn-Stationen. Cliquen junger
Männer aus der rechten Szene, oft aus Brandenburg, würden dort,
nachdem sie "in Berlin eine Sause gemacht haben", auf ein linkes
Milieu treffen - an Orten, "wo sie sich immer auch wieder treffen
müssen", weil sich ihre Wege überschnitten, etwa an Verkehrsknotenpunkten.
So war es auch beim Beinahemord am Wochenende, als sich Gruppen von Rechten
und Linken am S- und U-Bahn-Knotenpunkt Frankfurter Allee in die Arme
liefen. Hinzu kämen in Friedrichshain gezielte Angriffe organisierte
Rechter auf linke Kneipen, Clubs oder Hausprojekte, so Jentsch. Sabine
Seyb vom Opferberatungsverein ReachOut berichtet: Etwa seit Anfang 2007
führen organisierte rechte Schläger gezielt nach Friedrichshain,
um in alternativen Kneipen oder Hausprojekten zu randalieren.
Im April dieses Jahres veröffentlichten Neonazis im Internet eine
Liste "linker Läden" in Berlin, namentlich in der "Hochburg"
Friedrichshain-Kreuzberg. Als die Polizei mit den Gefährdeten Kontakt
aufnehmen wollte, um sie zu warnen, lehnte alle linken Projekte Gespräche
ab. Das Misstrauen war wohl zu groß. "Das ist etwas in die
Hose gegangen", sagt Jentsch lachend.
Tino K. von der Antifa Friedrichshain, die sich auch in der lokalen Initiative
gegen rechts engagiert, sagt: "Alle Welt kommt am Wochenende in den
Kiez und will Party machen." Da könnten schon Welten aufeinanderprallen.
Bei den rechten Überfällen habe die Brutalität stark zugenommen.
"Fast alle Angriffe wurden mit Waffen ausgeführt", sagt
Tino K. Vor drei Monaten eröffnete auch ein Thor-Steinar-Laden im
Viertel. Das Modelabel ist bei Neonazis beliebt. "Eigentlich hat
der Laden in Friedrichshain keine Kunden. Die Eröffnung ist eine
Kampfansage", meint Tino K.
In der Clubszene wird die Entwicklung aufmerksam verfolgt. Stephanie Neumann
von der Diskothek K17 betont: In ihrem Club verkehren Punks, Gruftis und
Metaller - sie sind zum Glück noch kein Opfer eines Naziangriffs
geworden. Gleichwohl beobachtet sie ein "höheres Gewaltpotenzial
bei den Prollos". Eine Mitarbeiterin der Bar 25 räumt ein: Der
östliche Teil des Bezirks, wo auch der Angriff auf Jonas K. geschah,
sei schon etwas "bierstammtischmäßig".
Von dort ist es auch nicht weit nach Lichtenberg. Der Nachbarbezirk, allen
voran der sogenannte Weitling-Kiez, ist eine Hochburg der rechten Szene.
Die Wege für die Neonazis in den Friedrichshainer Ausgehbezirk sind
kurz. In der U-Bahn-Station Samariterstraße wurde im November 1992
der linke Hausbesetzer Silvio Meier durch Rechte erstochen - eine Gedenktafel
und jährliche Gedenkdemonstrationen erinnern an ihn. Der damalige
Mord gleicht dem Mordversuch am Wochenende in mancher Hinsicht.
Die 20-jährige Mirela hat die Schlägerei nach eigenen Angaben
gesehen. Sie arbeitet in einem Backshop direkt am Übergang zwischen
der S- und U-Bahn-Station Frankfurter Allee. Ausgangspunkt der Prügelei
sei gewesen, dass der Kampfhund eines Rechten einen Linken angestupst
habe. Der habe dagegen protestiert, der Rechte solle seinen Hund wegschaffen.
So habe sich die Sache aufgeschaukelt, bis ein Rechter eine Bierflasche
zerschlagen habe, um damit in das Gesicht eines jungen Linken zu schlagen.
"Sein Gesicht war voller Blut, sogar am Hals", sagt Mirela,
"es war wie in einem Horrorfilm."
Auch die Freunde des Opfers Jonas K. aus Mecklenburg-Vorpommern verstanden
die Welt nicht mehr, als sie von dem Angriff in Friedrichshain hörten.
Micha und Mandy sind nach Berlin gezogen. Sie kennen den S-Bahnhof Frankfurter
Allee, Mandy hat selbst dort oft rechte Pöbeleien und Übergriffe
beobachtet. "Aber nie in diesem Ausmaß. Der Angriff war an
Brutalität eine krasse Stufe höher" sagt sie. "Erschreckend"
ist für Jonas' Freund Ronny, "dass das scheinbar Alltag ist.
Selbst durch die Mahnwache am Montag sind Nazis gelaufen - unglaublich."
Der Geschäftsführer der Diskothek Jeton, der anonym bleiben
will, steht auf der Straße vor seinem Laden und begutachtet die
Schäden durch die Steinewürfe. Nein, betont er, das sei keine
Nazi-Disco. "Wir arbeiten schon länger daran, dieses schlechte
Image loszuwerden." Entgegen den gut belegten Ermittlungen der Polizei
und entgegen eindeutigen Fotos, die inzwischen im Internet aufgetaucht
sind, behauptet er: Die Schläger "waren keine Gäste von
uns".
Schließlich hätten sie "zu 80 Prozent Stammpublikum":
"Das sind alles normale Bürger." Auch Schwarze und "Ausländer"
würden reingelassen. Am Abend des Überfalls habe es eine "Schaumparty"
gegeben, die Täter wären viel zu nass gewesen, um noch lange
in der Stadt zu bleiben.
Die stellvertretende Bezirksbürgermeisterin Sigrid Klebba (SPD) kann
nicht erklären, warum es gerade in ihrem Bezirk so viele rechte Übergriffe
gibt: "Die Suche nach Antworten ist im Bezirk noch nicht abgeschlossen."
Es gebe da nur Mutmaßungen - auch ob der Streit zwischen Linken
und Rechten nicht manchmal "provozierend gesucht wird". Das
Ganze passiere eben vor allem im öffentlichen Raum eines "Innenstadtbereichs".
Und, das will Klebba dann doch klarstellen: Die Rechten seien keine Friedrichshainer
Bürger.
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Presse
17.07.2009 BZ
Friedrichshain - Kiez der Angst
Die Anwohner rüsten sich für den Rechts-Links-Straßenkrieg
in Friedrichshain.
Das Glas der zehn Meter langen Schaufensterfront
ist zersprungen. Gelöchert von sieben Pflastersteinen. Shopleiterin
Helen (27) steht vor ihrem Laden „Berlinomat“, schüttelt
den Kopf. „Die Gewalt eskaliert, und ich bin mittendrin, fühle
mich so machtlos“, sagt sie.
Helen ist eines der Opfer des Straßenkriegs zwischen Links- und
Rechtsextremisten im Nordkiez von Friedrichshain. Linke und Rechte wohnen
hier Tür an Tür: Linke Hausprojekte in der Rigaer Straße
liegen nur wenige Hundert Meter von rechten Treffpunkten nördlich
und südlich des S-Bahnhofs Frankfurter Allee entfernt. Immer öfter
flammt der Hass auf.
Mittwochnacht überfielen Autonome die Diskothek Jeton an der Frankfurter
Allee, lieferten sich 90 Minuten lang eine Schlacht mit 200 Polizisten.
Schon am Wochenende gab es eine Schlägerei zwischen der linken Szene
und Neonazis, bei der der linke Student Jonas K. (22) von vier Rechtsextremen
fast totgetreten wurde.
Und der Kampf geht weiter: 500 Linke ziehen ams Samstag vom Bersarinplatz
durch Friedrichshain, demonstrieren gegen rechtsextreme Gewalt. Hundertschaften
der Polizei sind im Einsatz.
Helen will sich darauf nicht verlassen. Sie hat eigene Sicherheitsmänner
angeheuert. So wie sie fühlen sich viele Anwohner in ihrem Kiez nicht
mehr sicher, rüsten auf.
„Jedes Wochenende habe ich eine Schlägerei vorm Laden, werde
beschimpft“, sagt Kamil (42), Chef vom Enser Grill an der Frankfurter
Allee. Sein Kollege berichtet: „Ich habe jetzt immer ein Notfallhandy
und ein Pfefferspray in der Tasche.“
30 Übergriffe von Neonazis zählte die Opferberatungsstelle Reach
Out 2008 im Kiez. Immer wieder kommt es auch zu Angriffen auf Neonazis
oder jene, die dafür gehalten werden.
Polizeisprecher Thomas Neuendorf (52): „Die Szene in Friedrichshain
ist emotionalisiert. Wir stellen unsere Kräfte entsprechend auf.“
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Presse
16.07.2009 Berliner Zeitung
„Linke und Rechte rufen unterschwellig
zur Gewalt auf“
Ehrhart Körting (SPD), Berlins Innensenator, beobachtet mit Sorge
die Gewalttätigkeiten zwischen Links- und Rechtsextremen. Das Gespräch
führten Andreas Kopietz und Thomas Rogalla
Herr Senator, was ist
in Friedrichshain los? Die Auseinandersetzungen zwischen Linken und Rechten
scheinen eine neue Qualität zu bekommen. Darauf deutet unter anderem
der Vorfall vor dem Jeton hin.
Solche Auseinandersetzungen sind nicht neu. Wir beobachten allerdings
schon längere Zeit mit Sorge, dass es zum einen Gewalttaten von Rechtsextremen
gegen Linke gibt, zum anderen aber auch Überfälle von Linken
auf vermeintlich Rechte, etwa auf Bahnhöfen.
Gleichen sich die beiden
Lager in Sachen Gewalt an?
Es gibt eine Mentalität bei den Rechten und leider auch bei einem
Teil der linksautonomen Szene, dass man sich gegenüber dem vermeintlich
anderen mit Gewalt „zur Wehr setzen“ kann. Bisher ist es uns
glücklicherweise meist gelungen, die Täter zu kriegen und vor
Gericht zu stellen, und zwar unabhängig von ihrer Gesinnung. Das
Ganze wird dadurch erschwert, dass sowohl Rechte als auch Linke unterschwellig
zur Gewalt aufrufen, indem etwa Bilder von Gegnern ins Internet gestellt
werden. Damit werden diese Leute zur Aggression freigegeben. Solche Praktiken
sind kriminell.
Der S-Bahnhof Frankfurter
Allee scheint ein Begegnungspunkt für Linke und Rechte zu sein. Von
der Polizei sieht man dort wenig bis nichts.
Soweit es um vorhersehbare Situationen geht, ist die Polizei hervorragend
aufgestellt und vernetzt. Wenn etwa Rechte von einer Demonstration in
Mecklenburg-Vorpommern kommen, werden sie von der Bundespolizei begleitet
und am Ostbahnhof der Berliner Polizei übergeben. Wir achten sehr
darauf, dass Rechte und Linke fein säuberlich getrennt sind –
auch wenn uns dann der Vorwurf gemacht wird, dass wir linke Gegendemonstranten
von den Rechten weghalten. Tun wir das aber nicht, dann knallt es häufig.
Denn bei den Linken sind nicht nur Bürger, die „Gesicht zeigen“,
sondern oft auch Autonome vom Schwarzen Block, die sich vermummen und
Krawall machen wollen. Die Auseinandersetzungen zwischen Links- und Rechtsextremen
scheinen sich zuzuspitzen. Wir werden beobachten, ob sich ein neuer Trend
abzeichnet. Das kann ich nach zwei Fällen aber noch nicht beurteilen.
Wie sind die rechten
Gruppierungen organisiert?
Innerhalb der rechten Szene ist die Bindungskraft bestimmter Organisationen
wie der NPD verschwunden. Die Konsequenz ist, dass sich die Rechten nicht
mehr so sehr an organisierten Aktionen beteiligen, sondern eher an unorganisierten.
Wenn sich ein Rechtsextremist bei einer großen NPD-Demonstration
nur noch langweilt, dann ist die Gefahr groß, dass er seinen Tatendrang
in schrecklicher Art und Weise anders austobt.
Die NPD – ein Ordnungsfaktor?
Nein. Ich begrüße den Niedergang der NPD außerordentlich.
Aber er macht die Lage für uns nicht leichter.
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Presse
16.07.2009 Berliner Zeitung
Tür an Tür im Kiez
Warum in Friedrichshain immer wieder Autonome und Neonazis aneinander
geraten
Berlin - Friedrichshain wird zum Schauplatz
von Schlägereien zwischen Links- und Rechtsextremisten. In der Nacht
zu gestern rächten sich Linksautonome für einen vermeintlichen
Neonazi-Angriff am Sonntag am S-Bahnhof Frankfurter Allee, bei dem ein
22-Jähriger schwer verletzt worden war. Mit Steinen demolierten 200
Vermummte die Fassade der Diskothek Jeton an der Frankfurter Allee. Zu
deren Besuchern zählen nach Darstellung der Antifa auch Neonazis.
Laut Antifa sollen darunter auch die Schläger vom Sonntag gewesen
sein.
Auch wenn die Polizei dies nicht bestätigen kann und die Antifa-Aktivisten
es auch nur von anonymen Zeugen haben – für ein Feindbild und
eine weitere Eskalation reicht es allemal. Und so wurden bei dem Angriff
in der Nacht zum Mittwoch auch Polizisten mit Steinen beworfen. Zu Bruch
gingen unter anderem zwei große Schaufenster des Ringcenters. Auch
drei Autos Unbeteiligter wurden komplett entglast. Die Angreifer hatten
es leicht. Das Jeton war geschlossen und kein Nazi da. Nach Angaben eines
Polizeisprechers war die Polizei mit drei Hundertschaften zur Stelle.
Aber nur ein Täter konnte gefasst werden.
Seit Jahren ist Friedrichshain Schwerpunkt von Rechts-Links-Auseinandersetzungen.
Verlässliche Zahlen über Attacken gibt es nicht. Die Opferberatungsstelle
Reach Out zählte dort im vergangenen Jahr 30 Übergriffe von
Neonazis. Immer wieder kommt es aber auch zu Angriffen auf Neonazis oder
jene, die dafür gehalten werden. In Friedrichshain wohnen Linksautonome
und Neonazis gewissermaßen Tür an Tür. Es gibt Hausprojekte,
etwa in der Rigaer oder der Liebigstraße, deren Bewohnerschaft immer
wieder gern für militante Aktionen „gegen Nazis und Kapitalisten“
zu haben ist. Andererseits wohnen in den Kiezen nördlich und südlich
der Frankfurter Allee auch Rechtsextreme. Der am Bahnhof Lichtenberg gelegene
Weitlingkiez, der als Schwerpunkt der rechten Szene gilt, ist nur wenige
Kilometer weg. Verschärft hat sich die Lage, seit die Rechten tun,
was sich die Linken vorbehalten hatten: Seit Monaten gibt es auf einer
Internetseite Listen mit Adressen und Fotos von „linken Läden“.
Über 60 Berliner Objekte sind aufgezählt. 2008 griffen Nazis
Mitglieder eines Hausprojektes der Scharnweberstraße mit Pfefferspray
an.
Immer wieder passiert es, dass sich beide Seiten nicht aus dem Weg gehen,
wenn es eng wird: etwa an den S-Bahnhöfen Frankfurter Allee und dem
Ostkreuz, wo man in die U-Bahn oder in andere S-Bahn-Linien umsteigt.
Dort komme es fast täglich zu Pöbeleien, berichten Beamte der
Bundespolizei. So schlugen im Januar drei Neonazis am Ostkreuz einen Punk,
der ihnen zufällig über den Weg lief, krankenhausreif.
Die Polizei wird der Lage nur schwer Herr. Auch wenn sie auf den Angriff
auf das Jeton schnell reagieren konnte – überrascht wurde sie
trotzdem. Laut Einsatzprotokoll hatten sich die Angreifer schon seit 22.15
Uhr im Bereich Frankfurter Allee/Rigaer Straße versammelt –
von der Polizei eine Stunde lang unbehelligt.
Auch bei den Ermittlungen nach der Schlägerei vom Sonntag erlitt
der Staatsschutz eine Schlappe. Ein 26-jähriger Festgenommener aus
der linken Szene wurde inzwischen von einer Richterin wieder freigelassen.
Den Fahndern war Beweis genug, dass der Linke einschlägig vorbestraft
war. Zudem war er nur aufgrund der Aussage eines Neonazis festgenommen
worden, der sich nicht einmal sicher war, ob er auf einem ihm vorgelegten
Foto den Richtigen erkannt hatte.
Ronny Berkahn, Inhaber des Jeton, würde auch gern Fotos sehen, und
zwar von den vier Festgenommenen, die Sonntag vor der Tat bei ihm gewesen
sein sollen. Dann könnte er sagen, ob sie da waren. Aber die Polizei
habe es ihm verwehrt, sagt er. „Wenn die da gewesen wären,
müssten sie nass gewesen sein. An dem Abend war Schaumparty, da waren
alle nass.“ Im Übrigen distanziere er sich von rechtem Gedankengut.
„Ich lasse jeden rein, ob links, ob rechts, ob schwarz oder weiß.“
Seine Beteuerungen werden Berkahn, der schon anonyme Morddrohungen bekam,
wenig nutzen. Am Sonnabend wollen linke Gruppen „gegen rechte Gewalt“
am Jeton vorbeidemonstrieren. (mit ls.)
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Presse
16.07.2009 Märkische Allgemeine Zeitung
Streit droht zu eskalieren
BERLIN - Die Auseinandersetzungen zwischen
der linken Szene und Neonazis in Berlin drohen zu eskalieren. Nach einer
Schlägerei und einem brutalen rechtsextremen Angriff am Wochenende
griffen linksradikale Randalierer in der Nacht zum Mittwoch die Diskothek
„Jeton“ in Berlin-Friedrichshain an. Unter den Gästen
sollen viele Neonazis und Mitglieder der rechtsextremen Szene sein. Laut
Polizei warfen die Randalierer Steine auf die Disko, Scheiben gingen zu
Bruch.
Etwa 200 Polizisten jagten die Gruppe und stoppten den Aufzug. Die Randalierer
zerstreuten sich. Ein Beamter wurde von einem Stein sowie von Scherben
getroffen und leicht verletzt. Ein Polizeiauto wurde demoliert. Die Polizei
ermittelt wegen schweren Landfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung
und Sachbeschädigung.
Linke Gruppen wollen an diesem Samstag in Friedrichshain gegen den „rechten
Terror“ demonstrieren. Das Bündnis antifaschistischer Gruppen
rechnet laut Polizei mit 500 Demonstranten.
In der Nacht zum Sonntag hatte eine Gruppe junger Männer aus der
linken Szene vier Neonazis angepöbelt und angegriffen. Einer der
Neonazis wurde dabei auf den Kopf geschlagen und erlitt eine Platzwunde.
Später am frühen Sonntagmorgen überfielen die vier Neonazis,
die aus Brandenburg stammen, einen der „Linken“ und schlugen
ihn brutal zusammen. Als der 22-jährige Student bewusstlos war, legte
ihn einer der Neonazis mit dem Gesicht auf den Bürgersteig und trat
ihm auf den Hinterkopf. Mit Hirnblutungen, einem Jochbeinbruch und schweren
Prellungen kam der schwer Verletzte am frühen Sonntagmorgen in ein
Krankenhaus. Inzwischen ist er außer Lebensgefahr. Die Brutalität
der Tat erinnert an eine sogenannte Bordstein-Kickszene aus dem Film „History
X“ und an den Mord an dem 16-jährigen Marinus in Potzlow (Uckermark)
im Jahr 2002.
Die vier rechtsextremen Schläger wurden nach der Tat festgenommen
und sitzen in U-Haft. Auch gegen den 22-jährigen verletzten Studenten
und ein weiteres Mitglied der linken Gruppe wird wegen Beteiligung an
der Schlägerei ermittelt.
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Presse
16.07.2009 Süddeutsche Zeitung
Extremisten prügeln sich
Berlin - Die Auseinandersetzungen in Berlin
zwischen der linken Szene und Neonazis drohen zu eskalieren. Nach einer
Schlägerei und einem brutalen rechtsextremen Angriff am Wochenende
griffen linksradikale Randalierer in der Nacht zum Mittwoch eine Diskothek
im Stadtteil Friedrichshain an. Unter den Gästen sollen viele Neonazis
und Mitglieder der rechtsextremen Szene sein. Die Randalierer warfen Steine
auf die Diskothek, Scheiben gingen zu Bruch, teilte die Polizei am Mittwoch
mit. 200 Polizisten verfolgten die Angreifer und konnten sie vertreiben.
Die Polizei ermittelt wegen schweren Landfriedensbruchs, gefährlicher
Körperverletzung und Sachbeschädigung.
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Presse
16.07.2009 Morgenpost
Steinwürfe und Randale in Friedrichshain
Auf den Gewaltexzess von rechtsextremen
Schlägern folgte die Gegengewalt. Etwa 70 Vermummte deckten in der
Nacht zu gestern in Friedrichshain die Diskothek "Jeton" mit
einem Steinhagel ein. Mehr als eine halbe Stunde verging, bis die Polizei
in ausreichender Stärke von 200 Mann an der Frankfurter Allee Präsenz
zeigte, behaupten Augenzeugen.
Bis dahin hätten 250 Personen der linksgerichteten Szene Steine auf
Polizeiwagen, Beamte und Schaufenster geworfen. Randalierer errichteten
Barrikaden, bevor sie der Polizei fast ausnahmslos entkamen. Furcht vor
weiteren Eskalationen macht sich breit. Für Sonnabend riefen Antifa-Gruppen
zu einer "Demo gegen Neonazis" auf, planen eine Kundgebung am
Bersarinplatz. Die Polizei erwartet 500 Teilnehmer, will Ausschreitungen
verhindern.
Schlägereien zwischen Anhängern der links- und rechtsextremen
Szene an der Frankfurter Allee waren der Auslöser für die neu
entfachten Auseinandersetzungen. Wie berichtet, war ein Student am Sonntag
lebensgefährlich verletzt auf eine Intensivstation gebracht worden.
Inzwischen ist der 22-Jährige wieder bei Bewusstsein. Vernehmungsfähig
war Jonas K. gestern allerdings noch nicht.
Feier rechtsextremer Schläger
Die Wut des schwarzen Blocks entlud sich in der Nacht zu gestern gegen
23.15 Uhr in blindwütigem Vandalismus. Sechs doppelt verglaste Scheiben
der Außentreppe, die Leuchtreklame und drei Pkw, die zufällig
vor der am Dienstag geschlossenen Disko standen, wurden im Steinhagel
getroffen. Jene Diskothek, in der die vier rechtsextremen Schläger
nach Erkenntnissen der Polizei gefeiert hatten, bevor sie Jonas K. misshandelten.
Jeton-Inhaber Ronny Berkahn bestreitet das: "Hier ist auch kein Tummelplatz
für Rechtsextreme. Bei mir gehen Araber, Vietnamesen und Dunkelhäutige
ein und aus", sagte Berkahn gestern. Fakt ist, dass das Quartett
aus Brandenburg seit Montagabend wegen versuchten Totschlags und gefährlicher
Körperverletzung in Untersuchungshaft sitzt.
Der Staatsschutz ermittelt wegen der Randale vor dem "Jeton",
der als Racheakt gewertet wird. Der Angriff auf die Diskothek erfolgte
laut Augenzeugen blitzschnell. "Da kamen 60 oder 70 junge Leute vom
S-Bahnhof angerannt, direkt auf mein Geschäft zu. Alle hatten Steine
in den Händen, waren mit Schals und Kapuzen vermummt, trugen schwarze
Kleidung", sagte Imbissbetreiber Mohammad A. gestern. Ein Anführer
habe noch gerufen, "Keine Steine auf den Imbiss".
Minuten später waren die Randalierer verschwunden, ein Teil der Gruppe
kehrte zum S-Bahnhof zurück, andere bewegten sich in Richtung Warschauer
Brücke.
Es dauerte wieder nur einige Minuten, bis die Randalierer an den Tatort
zurückkehrten. Als ein Streifenwagen durch die Pettenkoferstraße
fuhr, bewarfen die Linken auch diesen. Sämtliche Scheiben auf der
Fahrerseite gingen zu Bruch. Ein Polizist wurde im Wagen von einem Wurfgeschoss
und Splittern am Kopf verletzt.
Nach Morgenpost-Informationen vergingen fast 35 Minuten nach den ersten
Steinwürfen, bis alle drei alarmierten Einsatzhundertschaften zur
Stelle waren. Diese standen dann allein in der Rigaer Straße etwa
250 Randalierern und deren Sympathisanten gegenüber. Auf der Fahrbahn
türmten sich Hindernisse wie zerschlagenes Baumaterial und eine umgestürzte
Bau-Toilette. Die Polizei sperrte die Frankfurter Allee ab und bezog in
der Pettenkofer- und an der Rigaer Straße Stellung. "Ein Teil
der Kräfte, die mit Steinen beworfen wurden, war bereits ab 23.10
Uhr vor Ort. Innerhalb kurzer Zeit waren es 200 Beamte", sagte Polizeisprecher
Frank Millert. Gewerkschafter übten dennoch Kritik. "Hätten
sich die Linken in der Nacht ein zweites Angriffsziel gesucht, wäre
die Polizei aufgrund der Personalnot nicht mehr handlungsfähig gewesen",
so Michael Reinke, Vize-Landesvorsitzender der Polizeigewerkschaft GdP.
Zudem sei nur ein einziger Steinewerfer gefasst worden.
Die Randalierer flohen vor der Polizei in kleinen Gruppen in umliegende
Seitenstraßen, schleuderten weiter Steine auf Fenster. Am Ring-Center
gingen Schaufenster zu Bruch. Auch das Modelabel Berlinomat war betroffen.
"Bei uns sind sechs Scheiben zerbrochen, ich kann mir das nicht erklären",
so Geschäftsführerin Helen Kühn.
Eine neuartige Problematik sieht die Senatsinnenverwaltung nicht. "Es
wäre zu früh, aus den unbestritten gravierenden Vorfällen
eine Tendenz abzuleiten", sagte Isabelle Kalbitzer, Sprecherin des
Innensenators Ehrhart Körting (SPD). Dass von Streitigkeiten zwischen
Anhängern rechts- und linksextremer Personen ein Gefährdungspotenzial
ausgehe, sei nicht neu. Darauf habe auch der Berliner Verfassungsschutz
in der Vergangenheit bereits mehrfach hingewiesen.
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Presse
16.07.2009 Neues Deutschland
Jeton unter Beschuss
Nach rechtem Übergriff: Linke attackieren Diskothek
In der Nacht zum Dienstag hagelte es in
Friedrichshain Steine. Rund 200 überwiegend schwarz gekleidete Personen
griffen gegen 23.15 Uhr die Diskothek »Jeton« in der Frankfurter
Allee an. Die Verglasung, die Leuchtreklame, die Außentreppe und
drei davor geparkte PKW wurden dabei beschädigt, teilte die Polizei
mit. Ein vorbeifahrendes Streife und die kurze Zeit später anrückende
Bereitschaftspolizei seien ebenfalls beworfen worden, wobei ein Beamter
leicht verletzt wurde. Als sich drei Hundertschaften um den Ort des Geschehens
zusammenzogen, flüchteten die Angreifer in Seitenstraßen. Ermittelt
werde nun wegen schweren Landfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung
und Sachbeschädigung. Festnahmen habe es nicht gegeben.
Handelt es sich bei der Tat um einen Racheakt der Linken? Stefan Kuhlmann
von der Registerstelle Friedrichshain, die rechte Übergriffe dokumentiert,
geht von einem Zusammenhang zwischen der Attacke auf das »Jeton«
und dem brutalen Übergriff auf einen 22-jährigen Neuköllner
in der Nacht zum Sonntag am S-Bahnhof Frankfurter Allee aus. Vier rechte
Schläger hatten den Studenten Jonas K. brutal zusammengeschlagen
und ihn mit einem Tritt auf den Kopf lebensgefährlich verletzt. Die
vier mutmaßlichen Täter wurden noch am Tatort festgenommen
und sitzen nun in Untersuchungshaft. Der Vorwurf: Versuchter Totschlag.
Augenzeugen zufolge sollen sie vor ihrer Tat in der gegenüberliegenden
Diskothek »Jeton« gefeiert haben, berichtet Kuhlman.
Schon in der Vergangenheit war das »Jeton« Ausgangspunkt für
neonazistische Angriffe. »Hier verkehrt eine Melange aus Hooligans,
normalem Partypublikum und Rechtsextremisten«, erklärt Sabine
Kritter von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR).
Es könnte so eine Stimmung entstehen, in der gerade nachts MigrantInnen
und alternative Jugendliche die Umgebung der Diskothek meiden.
Inzwischen steht der Verletzte Jonas K., der nicht mehr in Lebensgefahr
schwebt, selbst im Visier der Ermittlungen. Er soll an einem Angriff auf
die vier Neonazis aus einer Gruppe von zehn jungen linken Männern
heraus beteiligt gewesen sein – bevor sie ihn zusammenschlugen.
Auch gegen einen anderen Mann wird deswegen ermittelt. Die Polizei nahm
ihn am Montag vorläufig fest. Dienstagabend war er wieder auf freiem
Fuß.
Die Ermittlungen dürften nicht zu einer Verharmlosung von Nazi-Gewalt
führen, fordert die Abgeordnete Evrim Baba von der Partei Die LINKE.
»Ob Jonas K. nun zu einer Gruppe linker Jugendlicher gehörte,
die nicht hinnehmen wollte, dass Personen mit Naziklamotten durch Friedrichshain
ziehen, ist zweitrangig. Fakt ist, dass es einen Mordversuch gegeben hat.«
Baba fordert Bezirk und Senat auf, den Betreibern des »Jeton«
eine klare Positionierung abzuverlangen.
Als Reaktion auf den Übergriff ruft ein breites antifaschistisches
Bündnis für Samstag, den 18. Juli, um 18 Uhr am Bersarinplatz
zu einer Demonstration »gegen rechten Terror« in Friedrichshain
auf.
Krude Debatte
Martin Kröger kritisiert die Medien zum Mordversuch
Die Ereignisse in Friedrichshain überschlagen
sich – und im Eifer der Auseinandersetzung scheinen insbesondere
manche Kommentatoren in den hiesigen Zeitungen den Durchblick einzubüßen.
Denn in einer Art und Weise, dass es einen graust, wird gegenwärtig
fleißig aus einem 22-jährigen Opfer von brutaler Nazi-Gewalt,
der am vergangenen Wochenende einen Tötungsversuch nur knapp überlebte,
ein Täter konstruiert.
In altbekannter Extremismus-Manier wird dabei alles glatt gebügelt:
Als wenn es keinen Unterschied macht, ob auf der einen Seite eine Gruppe
junger Linker rechtsextreme Klamotten kritisiert, so wie es auch in dieser
Stadt Politiker immer wieder als Zivilcourage einfordern, oder auf der
anderen Seite Rechtsextreme einen Kopf auf einen Bordstein legen, um das
Opfer mit einem finalen Kick umzubringen – genau wie in einschlägigen
Filmen.
Dass nun gegen die neonazistischen Täter lediglich wegen versuchten
Totschlags ermittelt wird, ist absolut unverständlich. Wer einen
Bordsteinkick ausführt, begeht wissentlich einen Mordversuch, nichts
anderes. Aus dieser Sicht ist es noch weniger nachzuvollziehen, dass in
den Medien vor allem über die Wut junger Linker geschrieben wird,
statt mit ihnen gemeinsam darüber nachzudenken, wie man endlich die
grassierende Neonazigewalt in Friedrichshain eindämmt, die seit Jahren
in der Stadt die Übergriffsranglisten anführt.
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Presse
16.07.2009 Junge Welt
Dubioser Zeuge
Nach brutalem Neonaziüberfall in Berlin: Ausschreitungen vor bei
Rechten beliebter Diskothek. Staatsanwaltschaft ermittelt auch gegen Linke
Nach einem brutalen Überfall von Neonazis
auf einen Passanten in Berlin ist es in der Nacht zum Mittwoch zu schweren
Ausschreitungen vor einer bei Rechten beliebten Discothek gekommen. Nach
Polizeiangaben hatten etwa 200 überwiegend schwarz gekleidete Personen
die Diskothek Jeton in der Frankfurter Allee im Stadtteil Friedrichshain
mit Steinen beworfen. Dabei sollen Scheiben und Leuchtreklame sowie drei
davor geparkte Autos beschädigt worden sein. Das Lokal war zu diesem
Zeitpunkt geschlossen. Ein vorbeifahrender Einsatzwagen wurde ebenfalls
von Steinen getroffen, ein Beamter leicht verletzt. Die Polizei war mit
drei Hundertschaften vor Ort, um die Lage unter Kontrolle zu bringen.
Am vergangenen Sonntag morgen hatten vier Neonazis in der Nähe der
Diskothek den 22jährigen Jonas K. zusammengschlagen. Die Männer
aus Königs Wusterhausen, Storkow und Mittenwalde hatten ihr Opfer
so lange traktiert, bis es das Bewußtsein verlor. Jonas K. erlitt
einen Jochbeinbruch, schwere Prellungen und Hirnblutungen. Die Schläger
konnten noch am Tatort festgenommen werden.
Doch inzwischen ermittelt die Polizei auch gegen den Geschädigten.
Ihm wird versuchte Körperverletzung vorgeworfen. Die Strafverfolger
rechnen K. zu einer Gruppe Linker, die kurz vor der Attacke Streit mit
den Neonazis gehabt haben soll. In diesem Zusammenhang war am Montag ein
Antifaschist vorläufig festgenommen worden. Der 26jährige sei
als »linker Gewalttäter« bekannt, heißt es in eine
Pressemitteilung der Polizei. Während der Auseinandersetzung habe
er einen der Neonazis angegriffen. Die Polizei stützt sich dabei
auf die Aussagen von einem der Neonazis. Der hatte behauptet, der Beschuldigte
habe ihn mehrmals ins Gesicht getreten. Doch nach Informationen von junge
Welt ist diese Darstellung wenig glaubwürdig. Schon bei einer Gegenüberstellung
blieb der Neonazi ziemlich unkonkret. »Ich bin mir nicht sicher,
aber Nummer fünf könnte es gewesen sein«, soll der Neonazi
laut Polizeiprotokoll gesagt haben.Zudem paßt der geschilderte Angriff
nicht zu den ärztlich attestierten Verletzungen. Lediglich eine Platzwunde
hatte der Mediziner diagnostiziert. Die Angaben eines weiteren Zeugen
wurden ignoriert. Dieser hatte die Situation detailliert geschildert und
den Antifaschisten entlastet. Die Beamten selbst hatten ihn als glaubwürdig
eingestuft. Diese Aussagen seien »folgerichtig und in sich logisch«,
heißt es im Polizeibericht. Dem folgte auch die Richterin und wies
am Dienstag abend den Antrag der Staatsanwaltschaft auf einen Haftbefehl
zurück.
Als »skandalös« bezeichnete Rechtsanwalt Sven Lindemann,
der Verteidiger des Beschuldigten, die Festnahme: »Hier soll ein
brutaler Angriff von Neonazis als eine ›Auseinandersetzung zwischen
rechten und linken Jugendlichen‹ verharmlost werden«, sagte
Lindemann am Mittwoch zu junge Welt. Kritik übt auch die Antifaschistische
Linke Berlin (ALB) am Vorgehen der Polizei. Es sei nicht hinzunehmen,
»daß couragiertes Eingreifen gegen Neonazis mit Festnahme
und Repression geahndet wird«, so ALB-Sprecher Alexander Heyden.
Für Samstag hat ein antifaschistisches Bündnis zu einer Demonstration
gegen rechte Gewalt aufgerufen. Beginn ist 18 Uhr am Bersarinplatz.
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Presse
16.07.2009 Tagesspiegel
Linke Randalierer greifen Disko in Friedrichshain
an
Nach dem brutalen Angriff von vier Neonazis auf einen 22-Jährigen
haben Linksautonome eine Racheaktion gestartet: Etwa 200 Personen bewarfen
die Diskothek "Jeton" und einen Streifenwagen in der Nacht mit
Steinen. Der Besitzer der Disko erhielt "Hass-Mails".
Der Rechts-Links-Konflikt eskaliert weiter:
Nach dem brutalen Angriff von vier Neonazis auf einen 22-Jährigen
haben Linksautonome in der Nacht zu Mittwoch offenbar Rache genommen.
Etwa 200 Personen bewarfen die Diskothek „Jeton" in Friedrichshain
mit Steinen. Das Jeton gilt als Treffpunkt von Hooligans und Rechtsextremisten.
Die vier Rechten, die am Sonntag in Friedrichshain den Neuköllner
Jonas K. zusammenschlugen, sollen zuvor in der Diskothek in der Frankfurter
Allee gewesen sein. Die Brutalität der Tat vom Sonntag habe „offenkundig
die gewaltbereite linksextreme Szene weiter emotionalisiert und mobilisiert“,
sagte Polizeipräsident Dieter Glietsch am Mittwoch dem Tagesspiegel.
Außerdem ist laut Glietsch schon im ersten Halbjahr die Zahl der
Gewaltdelikte von Linksextremisten gegen Rechtsextremisten gegenüber
dem gleichen Zeitraum des Vorjahres deutlich gestiegen: Von acht auf 21.
Die Angriffe von Rechten auf Linke seien hingegen von neun auf vier zurückgegangen,
sagte der Polizeipräsident.
Der Angriff auf das Jeton geschah gegen 23.15 Uhr. Dabei wurden die Verglasung,
die Leuchtreklame, eine Außentreppe und drei geparkte Autos beschädigt.
Die Diskothek war geschlossen. Die Täter warfen auch Steine auf einen
Funkstreifenwagen. Ein Polizist erlitt leichte Verletzungen. Auch Beamte
einer Einsatzhundertschaft wurden mit Steinen beworfen. Ebenso gingen
Scheiben des „Ringcenters“ zu Bruch. Dann flüchteten
die Täter.
Der Besitzer des Jeton, Ronny Berkahn, sagte dem Tagesspiegel: „Die
Täter haben vor meinem Laden Zettel von der Antifa hinterlegt. Darauf
steht ganz deutlich, dass es sich um eine Racheaktion für den Angriff
am Wochenende handelt.“ Außerdem habe er „Hass-E-Mails“
erhalten, in denen Unbekannte drohten, seinen „Laden abzufackeln“,
sagte Berkahn. Er distanzierte sich von den Auseinandersetzungen. „Diese
ganze Gewalt ist von beiden Seiten Schwachsinn“, sagte er. Berkahn
betonte, bei ihm seien „auch Ausländer und Dunkelhäutige
zu Gast“. Und er bezweifelt, dass die vier Neonazis in seinem Laden
gefeiert haben. „Zu dem Zeitpunkt, als die Tat passierte, war meine
Disko schon zwei Stunden zu. Außerdem hatten wir an jenem Abend
eine Schaumparty: Die Männer hätten doch nass gewesen sein müssen“,
glaubt Berkahn.
Ein Zusammenhang zwischen dem Angriff auf Jonas K. und der Randale am
Jeton sei „nicht abwegig, aber bisher nicht zu belegen“, hieß
es bei der Polizei. Wie berichtet, hatten die vier Rechten am Sonntagmorgen
auf einem Weg zwischen U- und S-Bahnhof Frankfurter Allee K. bewusstlos
geschlagen. Dann legten sie seinen Kopf auf den Weg. Der Haupttäter
trat auf den Kopf des Opfers.
Zuvor waren die vier Rechten mit einer Gruppe Linker aneinandergeraten.
Dabei erlitt einer der Rechten eine Platzwunde am Kopf. Wie sich später
bei den Ermittlungen herausstellte, gehörte vermutlich auch Jonas
K. zur Gruppe der Linken. Er kam mit Hirnblutungen in eine Klinik.
Unterdessen kritisierte der Anwalt eines mutmaßlich beteiligten
und am Montag festgenommenen Linken die Strafverfolger. Sein Mandant sei
wegen der vagen Aussage eines der Neonazis der Haftrichterin vorgeführt
worden, sagte Sven Lindemann. Die Richterin sah keinen dringenden Tatverdacht
und wies den Antrag auf Haftbefehl zurück. Bei dem Rechten, der den
Linken belastet hatte, handelt es sich nach Informationen des Tagesspiegels
um Michael L. Er sei bereits 2005 bei einer Feier zu Hitlers Geburtstag
aufgefallen, hieß es in Sicherheitskreisen.
Zuletzt geriet das Jeton im August 2005 durch eine große Razzia
in die Schlagzeilen. Spezialeinsatzkommandos (SEK) stürmten die Diskothek,
weil dort angeblich Hooligans vor einem Spiel des 1. FC Union gegen BFC
Dynamo Krawalle verabredeten. Am Sonnabend will ein linkes Bündnis
in Friedrichshain demonstrieren. Das Motto lautet „Gegen rechte
Gewalt. Für ein weltoffenes Friedrichshain“. Treffpunkt ist
um 18 Uhr am Bersarinplatz. Die Demonstranten wollen zum S-Bahnhof Frankfurter
Allee marschieren – der Weg führt auch vorbei am „Jeton“.
Kommentarleiste
Kreisklassenklopperniveau
Frank Jansen über rechte und linke Gewalt in Berlin
Linke greifen Rechte an, Rechte schlagen
einen Linken fast tot, Linke randalieren vor einer Diskothek, in der die
Rechten gezecht hatten - was sich derzeit in Berlin-Friedrichshain abspielt,
klingt nach großem Aufruhr. Es ist auch nicht auszuschließen,
dass weiter Gewalttat auf Gewalttat folgt, dass sich Rechtsextremisten
und Antifa in Racheaktionen verkeilen und den Eindruck erwecken, sie wollten
den Untergang der Weimarer Republik reproduzieren. Jedenfalls ist es beiden
Spektren gelungen, reichlich Aufmerksamkeit zu erregen. Bei der für
Sonnabend angekündigten Linken-Demo werden vermutlich mehr Medienmenschen
auftauchen, als sonst bei einem Antifa-Event zu erwarten wären. Doch
die großen Schlagzeilen produzieren auch eine gefährliche Halluzination.
Der Links-rechts-rechts-links-Konflikt erscheint zunehmend wie eine Auseinandersetzung
politischer Schwergewichte. Das hätten die Teilnehmer auch gerne.
Viele Rechtsextremisten sehen sich als wiedergeborene SA, bei der Antifa
schwingt die als legitimierend empfundene Erinnerung an den kommunistischen
Rotfrontkämpferbund, an die Kämpfer der internationalen Brigaden
und der anarchistischen Milizen im spanischen Bürgerkrieg mit. Doch
die Realität heute sieht anders aus, trotz aller Gewalt.
Die rechten Schläger und die linken Kontrahenten sind subkulturelle
Phänomene und keineswegs Massenorganisationen. SA und Rotfront bleiben
Relikte der Vergangenheit, glücklicherweise. Die Demokratie der Bundesrepublik
hat ein so großes Eigengewicht, dass Neonazis und Antifa über
ein Randgruppendasein in absehbarer Zeit nicht hinauskommen.
Die Konflikte zwischen Linksradikalen und Rechtsextremisten bewegen die
Mehrheit der Bevölkerung weniger als ein Länderspiel zwischen
Deutschland und Liechtenstein. Darüber könnten die Linken, deren
intellektuelles Potenzial das der Nazi-Schläger überragt, ein
wenig mehr nachdenken. Es gibt kein Naturgesetz, wonach der Antifaschismus
sich dem Kreisklassenklopperniveau der rechten Szene anzupassen hat.
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Presse
16.07.2009 TAZ
Angriff auf Berliner "Nazi-Disco"
Linke Demonstranten greifen in Berlin eine Disko mit Steinen an. Dort
sollen Rechte gefeiert haben, die am Sonntag eine 22-Jährigen schwer
verletzt haben. Der Disko-Betreiber weist das zurück.
Nach einer brutalen Auseinandersetzung zwischen
der linken Szene und Rechtsextremen am Wochenende eskaliert der Konflikt
in Berlin. Am späten Dienstagabend wurde im Stadtteil Friedrichshain
die Diskothek Jeton von rund 200 Personen angegriffen. Dabei wurden durch
Steinwürfe mehrere Fenster zerstört. Das Jeton gilt in der linken
Szene als Treffpunkt junger Rechter.
In unmittelbarer Nähe der Diskothek war es am frühen Sonntagmorgen
zu einem brutalem Streit zwischen mehreren Linken und vier Rechten gekommen
(taz berichtete). Dabei hatte zunächst einer der Rechtsextremen eine
Platzwunde am Kopf erlitten. Ein 22-jähriger Linker, der bereits
bewusstlos am Boden gelegen haben soll, wurde dann von einem Neonazi auf
eine Bordsteinkante geschleift. Durch Tritte auf den Hinterkopf erlitt
er Hirnblutungen, Prellungen und einen Jochbeinbruch. Er lag am Mittwoch
noch auf der Intensivstation eines Krankenhauses. Die vier Neonazis und
einer der Linken wurden festgenommen.
Die Stimmung in der linken Szene sei aufgewühlt und geschockt, heißt
es aus Antifa-Kreisen. Die Attacke gegen die Diskothek wird offen als
Revanche bezeichnet. Im Jeton würden immer wieder junge Rechtsextreme
feiern, sagen Teilnehmer der Spontandemonstration. Auch die vier rechten
Schläger vom Sonntagmorgen hätten zuvor das Jeton besucht. Der
Betreiber der Disco streitet das ab. Sein Laden sei offen für alle,
selbst "Türken und Fidschis feiern hier", sagte Geschäftsführer
Ronny Berkahn der taz. Mittlerweile habe ihm die Polizei mitgeteilt, dass
die vier rechten Schläger nicht Gäste seiner Diskothek waren.
Die Polizei hat sich noch nicht dazu geäußert.
Von der nur wenige Minuten dauernden Demonstration am Dienstagabend war
die Polizei offenbar überrascht worden. Als mehrere Hundertschaften
eintrafen, waren die meisten linken Demonstranten bereits in die Seitenstraße
entschwunden. Ob es überhaupt Festnahmen gab, war gestern Nachmittag
unklar.
Bereits am Montag war es zu ähnlichen Protesten in Rostock gekommen.
Bei einem Protestzug von rund 80 Angehörige der linken Szene waren
Mülltonnen angezündet worden, ein Polizeifahrzeug wurde beschädigt.
Der in Berlin schwerverletzte 22-Jährige soll aus Mecklenburg-Vorpommern
stammen.
Für Samstag mobilisieren linke Gruppen zu einer Demonstration gegen
die brutale Attacke auf den 22-Jährigen. Sie soll auch am Jeton vorbeiziehen.
Die Polizei hat noch nicht entschieden, ob sie die geplante Demoroute
genehmigen wird.
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Presse
16.07.2009 TAZ
"Es war wie im Horrorfilm"
Am fast tödlichen Übergriff auf einen Linken waren viel mehr
Rechte beteiligt als bisher bekannt, sagt eine Zeugin der taz. Freunde
des Opfers sind schockiert.
"Es war wie in einem Horrorfilm",
erzählt die junge Verkäuferin über die brutale Auseinandersetzung
zwischen Neonazis und jungen Linken am Sonntagmorgen. Bereits seit 5 Uhr
morgens habe sie in einem Shop an der Passage zwischen U- und S-Bahn-Eingang
Frankfurter Allee gearbeitet. Kurz vor sechs sei es vor dem Laden zum
Streit zwischen zwei Gruppen mit je rund zehn Leuten gekommen. Auslöser
sei der Pitbull eines Rechten gewesen, der einen der Linken angestupst
habe. Als jener gerufen habe: "Nimm deinen rechten Köter weg!",
sei es zu der Schlägereien in kleinen Gruppen gekommen, so die Frau
zur taz.
Schließlich habe einer der Neonazis eine Bierflasche zerbrochen
und damit einem der Linken ins Gesicht geschlagen. "Sein ganzes Gesicht
war voller Blut, er wurde von drei Leuten geprügelt", erzählt
die junge Frau, die nach eigenen Angaben die Polizei alarmiert hat. Diese
sei innerhalb von zwei Minuten eingetroffen. Ob es sich bei dem vor ihrem
Laden Verprügelten um Jonas K. handelte, der später auf einer
Bordsteinkante liegend durch einen Tritt beinahe getötet wurde, kann
die Verkäuferin allerdings nicht sagen. Ihre Aussage steht im Widerspruch
zu bisherigen Darstellungen. Danach geht die Polizei nur von vier Neonazis
aus, die in den Kampf verwickelt gewesen sein sollen.
Jochen Z. ist von dem Angriff auf Jonas K. auch vier Tage nach dem Vorfall
noch sichtlich mitgenommen. "In der Situation dachte, ich der Typ
wäre tot", sagte der Zeuge des Vorfalls der taz. Sein Blick
ist starr, er wirkt benommen. Dass er aufgewühlt ist, lassen nur
seine Tränen wissen. Z. habe zwar einige gewalttätige Vorfälle
erlebt, aber so was kenne er nur aus Filmen. "Es übertrifft
all meine Vorstellungen - da wurde echt auf ein Menschenleben geschissen",
erzählt er. Erst als Passanten den Mund von Jonas K. öffneten
und ein flaches Röcheln zu hören war, wusste Jochen, dass das
Opfer noch lebt.
Wie er mit dem Geschehenen umgehen soll, weiß er eigentlich nicht.
Er redet viel mit seinen Freunden und will sich am Samstag auch an der
Demo beteiligen. Doch die Bilder wollen nicht aus seinem Kopf. Vor allem
"diese Starre der Hilflosigkeit möchte ich weghaben und handeln
können".
Auch viele Freunde und Bekannte von Jonas K. finden keine Ruhe. Am Dienstag
wurde er kurzzeitig auf die Intensivstation verlegt. Bleibende Schäden
sind bisher ausgeschlossen, vernehmungsfähig ist der Neuköllner
aber nicht. "Die Folgen der Attacke sind heftig", sagt Michael
F. Auch Mandy R. ist noch schockiert, sie malt sich oft die Szene in ihrem
Kopf aus: "Das geht mir dann durch Mark und Bein. Jede Bewegung und
jedes Stöhnen von Jonas lässt mich jetzt aber wissen, er ist
noch da."
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Presse
15.07.2009 Junge Welt
»Er liegt auf der Intensivstation«
Brutaler Neonaziübergriff in Berlin-Friedrichshain. Demonstration
gegen rechts am Sonnabend. Ein Gespräch mit Clemens Hetzel
Clemens Hetzel ist Sprecher
der Antifaschistischen Linken Berlin
Am Sonntag kam es in Berlin-Friedrichshain zu einem brutalen Angriff von
Neonazis. Was genau ist passiert?
Morgens gegen halb sechs griffen Neonazis zwischen S- und U-Bahnhof Frankfurter
Allee erst Linke und unmittelbar danach eine Gruppe von Passanten an,
die glücklicherweise fliehen konnte. Als dann ein weiterer Unbeteiligter
ihren Weg kreuzte, schlugen sie solange auf ihn ein, bis er das Bewußtsein
verlor. Einer der Nazis zog ihn dann auf den Gehweg, legte sein Gesicht
auf die Bordsteinkante und trat mit aller Kraft zu.
Das Opfer liegt jetzt mit schweren Verletzungen – unter anderem
Hirnblutungen – im Krankenhaus auf der Intensivstation. Selbst die
Berliner Polizei, die bei rechten Übergriffen nicht gerade für
ihre Sensibilität bekannt ist, sagt, es sei ein Wunder, daß
das Opfer überlebt habe. Die vier Nazis wurden noch am Tatort festgenommen
und sitzen in Untersuchungshaft.
In welchem Kontext sehen
Sie den Angriff?
Der Angriff macht uns in erster Linie wütend und zeigt uns, wie notwendig
eine antifaschistische Abwehr gerade an Brennpunkten wie dem S- und U-Bahnhof
Frankfurter Allee ist. Wir erinnern uns an den versuchten Mord im März
vergangenen Jahres, als eine Rassistin dort einen Schwarzen vor die U-Bahn
schubste. Auch Gäste der Großraumdisko »Jeton«
greifen hier seit Jahren Alternative, Migranten sowie Schwule und Lesben
an. Die Übergriffe geschehen meist spontan und mit sehr großer
Brutalität. Auch durch den im Februar eröffneten Thor-Steinar-Laden
in der Petersburger Straße flanieren immer häufiger Neonazis
durch den Kiez.
Berlins Innensenator
Ehrhart Körting (SPD) verurteilte die Tat. Er sagte, sie zeige, wohin
es führen könne, wenn Gewalt zur politischen Auseinandersetzung
gebraucht wird ...
Körting versucht mit seiner Aussage, die Übergriffe von Neonazis
zu relativieren und mit antifaschistischem Engagement gleichzusetzen.
Er suggeriert und konstruiert damit aber auch eine friedliche gesellschaftliche
Mitte. Die es so einfach nicht gibt. Fakt ist: Hätten die Linken,
die von den Neonazis zuerst angegriffen worden sind, selbige handlungsunfähig
gemacht, wäre es nie zu diesem folgenschweren Übergriff gekommen.
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Presse
15.07.2009 Tagesspiegel
Neonazi-Attacke: Opfer war vermutlich kein
Unbeteiligter
Zwei Tage nach dem Gewaltexzess in Friedrichshain gibt es neue Erkenntnisse
zum Tatablauf. Das Opfer gehörte offenbar zur Gruppe junger Linker,
die mit den Rechtsextremen in Streit geriet. Politiker fordern, die Tat
als Mordversuch zu werten.
Die Tat war grässlich, doch ihr Ablauf
stellt sich inzwischen etwas anders dar als zunächst bekannt. Der
von Rechtsextremisten in der Nacht zu Sonntag lebensgefährlich verletzte
Student Jonas K. war nach Tagesspiegel-Informationen offenbar kein unbeteiligter
Passant. Jonas K. habe zu der Gruppe junger Linker gehört, die mit
den Rechtsextremisten am S-Bahnhof Frankfurter Allee in Streit gerieten,
hieß es am Dienstag in Sicherheitskreisen. Bei der Schlägerei
hatte ein Rechtsextremist eine Platzwunde am Kopf erlitten. Gegen K. wird
nun, wie auch im Fall der anderen Linken, wegen des Verdachts auf gefährliche
Körperverletzung ermittelt. Einen weiteren Linken, der auch der Gruppe
zugerechnet wird, nahm die Polizei am Montag fest. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft
lautet auch hier gefährliche Körperverletzung. Nach Auskunft
der Polizei kam der Mann jedoch am Dienstagabend wieder frei.
Die ersten Erkenntnisse der Polizei zur Tat hatten zunächst ein teilweise
anderes Bild des Tatgeschehens ergeben. Die Ermittler waren am Sonntag
davon ausgegangen, dass die Linken nach der Auseinandersetzung mit den
Rechtsextremisten verschwunden waren und kurz darauf Jonas K. zufällig
vorbeikam. Unstrittig bleibt bislang jedoch, dass die Rechtsextremisten
den Studenten schwer misshandelten. Einer der Täter legte den offenbar
schon völlig wehrlosen Jonas K. mit dem Gesicht nach unten auf den
Gehweg und trat ihm auf den Kopf.
Die Brutalität erinnert an eine Szene aus dem Spielfilm „American
History X“, in dem ein Nazi-Skinhead einem Schwarzen einen tödlichen
„Bordsteinkick“ versetzt. Animiert durch den Film hatte im
Juli 2002 ein Rechtsextremist im brandenburgischen Potzlow einen Schüler
mit einem Sprung auf den Kopf ermordet.
Was sich in Friedrichshain abgespielt hat, ist allerdings noch nicht vollkommen
geklärt. Bislang gilt folgende Version als wahrscheinlich: Die vier
Rechtsextremisten kommen gegen 5 Uhr 40 aus der Diskothek Jeton an der
Frankfurter Allee. Im Jeton verkehren häufig Hooligans und Neonazis.
Eine Gruppe von etwa zehn Linken sieht, dass einer der Rechten eine Jacke
der in der braunen Szene beliebten Marke Thor Steinar trägt. Die
Linken gehen aggressiv auf die Rechten zu, es kommt zur Schlägerei.
Einer der Rechten bekommt eine Platzwunde ab, die Linken hören auf
und entfernen sich. Warum Jonas K. zurückbleibt, ist unklar. Die
Rechtsextremisten lassen jedenfalls ihre Wut an dem Studenten aus. Einer
der Rechten tritt Jonas K. auf den Kopf. Der Student überlebt nur
knapp. Es geht ihm weiterhin sehr schlecht.
Die vier Rechtsextremisten aus Berlin und Brandenburg sitzen in Untersuchungshaft.
Die Staatsanwaltschaft hält ihnen versuchten Totschlag und gefährliche
Körperverletzung vor. Dass die Behörde die Tat nicht als versuchten
Mord wertet, stößt in Teilen der Politik auf Verwunderung.
Bei einem Bordsteinkick sei es doch eindeutig, dass der Täter das
Opfer ermorden will, sagte Udo Wolf, stellvertretender Vorsitzender der
Linksfraktion im Abgeordnetenhaus. Aus seiner Sicht sei das Verbrechen
in Friedrichshain mit dem Fall Potzlow vergleichbar. Dort wurde der Haupttäter
wegen Mordes verurteilt. Für den Vizechef der SPD- Fraktion, Fritz
Felgentreu, ist es logisch, dass die Staatsanwaltschaft vor Erhebung der
Anklage im Fall Friedrichshain prüfen muss, ob versuchter Mord vorliegt.
Erst recht, wenn das Opfer wegen seiner politischen Einstellung malträtiert
worden sei.
Kommentar
Die Grenzen gesellschaftlicher Sicherheit
In Berlin Friedrichshain verletzten Rechtsextreme
einen jungen Mann lebensgefährlich mit einem Tritt auf den Kopf.
Solche Fälle zwingen uns zur Beschäftigung mit dem Ungeheuerlichen
Das Stück Der Kick ist nur schwer zu ertragen. Der Dokumentarfilmer
Andres Veiel verarbeitet darin den Foltermord von Potzlow aus Gesprächen
mit Beteiligten und Betroffenen zu einem beklemmenden Psychogramm. Drei
junge Männer hatten 2002 in dem uckermärkischen Dorf einen Jugendlichen
entsetzlich gequält; schließlich zwangen sie ihr Opfer, das
für sie „linksorientiert“ war, in die Kante eines steinernen
Futtertrogs zu beißen. Marcel S. sprang dem Jungen mit seinen schweren
Stiefeln in den Nacken. Nur noch Matsch sei der Kopf seines Opfers am
Ende gewesen, sagte Marcel S. vor Gericht. Im vergangenen Sommer wurde
er vorzeitig aus der Haft entlassen. Die Wirklichkeit ist manchmal schier
unerträglich.
Die Täter von Potzlow kannten den Tritt auf den Hinterkopf aus dem
Film „American History X“, in dem ein Neonazi auf ähnliche
Weise einen Schwarzen an einer Bordsteinkante tötet. Auch die Täter
von Friedrichshain, polizeibekannte Rechtsextremisten, die am vergangenen
Sonntagmorgen einen jungen Mann lebensbedrohlich verletzten, legten ihr
Opfer vor dem finalen Tritt mit dem Gesicht auf den Gehweg.
Eine abscheuliche Tat, aber auch eine abscheuliche Tatbeschreibung. Es
sind die bekannt gewordenen Details dieses Verbrechens, das es heraushebt
aus der Masse der Gewaltkriminalität, die zumeist als Randnotiz hingenommen
wird – und es ist der Hinrichtungscharakter, der zusätzlich
schockierend wirkt. Statistik ist abstrakt: tausende Taten, mal ein paar
mehr, mal weniger; so entsteht keine Empathie für die Opfer. Doch
das hier, konkret, löst eine Kettenreaktion der Gefühle aus:
Entsetzen, Mitleid, Wut. Man will es so genau gar nicht wissen, und schaut
doch hin. Es ist einer dieser Fälle, die zur Beschäftigung mit
dem Ungeheuerlichen zwingen: mit grenzenloser Gewaltbereitschaft jenseits
der eigenen Vorstellungskraft – und mit den Grenzen gesellschaftlicher
Sicherheit und Vergeltung.
Dazu gehört auch die Prüfung eigener Wahrnehmung und Relativierung,
dazu gehört auch das Erschrecken über die Macht des Zufalls.
Der islamophobe Mord an einer kopftuchtragenden Ägypterin in einem
Dresdner Gerichtssaal hat die deutsche Öffentlichkeit weniger aufgewühlt
als der Familienmord an einer kopftuchverweigernden Deutschen kurdischer
Herkunft an einer Berliner Bushaltestelle.
Die Gewaltorgie Schweizer Schüler in München, die auch einen
Behinderten brutal gegen den Kopf traten, wird eher wie ein Kuriosum verbreitet;
als ebenfalls in München zwei junge Migranten in der U-Bahn einen
Rentner an den Rand des Todes traten, wurde dies zum Politikum. Das allein
mit Kulturrassismus erklären zu wollen, wäre indes ein Kurzschluss;
Informationen und Gefühle folgen nicht immer nur Vorurteilen. Auch
hier spielt der Zufall seine Rolle, wie bei jeder Messerstecherei. Zwischen
Fleischwunde und Exitus, zwischen Körperverletzung und Totschlag
liegt hier oft nur ein Zentimeter. Ein Bier mehr im Club hätte Täter
und Opfer in Friedrichshain zeitlich aneinander vorbeigeführt. Unheimlich
auch das.
Die Staatsanwaltschaft wirft den Tätern von Friedrichshain einstweilen
versuchten Totschlag vor, nicht, wie in den Fällen aus München,
versuchten Mord. Das mag taktische Gründe haben. Ermittelt wird jedenfalls
auch gegen das Opfer. Der Mann soll zu einer Gruppe junger Linker gehören,
die zuvor die späteren Täter verletzten. – Die Wirklichkeit
ist manchmal nicht nur schwer zu ertragen; manchmal ist sie auch schwer
zu ergründen.
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Presse
15.07.2009 Morgenpost
Staatsschutz ermittelt gegen 22-Jährigen
Nach dem Überfall von vier Neonazis
auf einen 22-Jährigen in Friedrichshain führten die Ermittlungen
des Polizeilichen Staatsschutzes zu neuen Erkenntnissen. Die Beamten ermitteln
nun auch gegen zwei Männer aus dem linken Spektrum wegen gefährlicher
Körperverletzung.
"Wir ermitteln gegen einen 26-Jährigen, der einschlägig
vorbestraft ist, und gegen einen 22-Jährigen aus Neukölln",
sagt ein Polizeisprecher. Bei dem 22-Jährigen handelt es sich um
den Mann, der nach der Schlägerei am Sonntagmorgen in der Nähe
des S-Bahnhofes Frankfurter Alle in Friedrichshain lebensgefährlich
verletzt wurde.
Beide Männer sollen zu einer Gruppe von Linken gehören, die
sich am vergangenen Sonntag über die Kleidung der vier Neonazis (20,
22, 24 und 26) lustig machten und einen der aus Brandenburg stammenden
Männer angriffen. Dann kam es zu einer Schlägerei, wobei der
26-jährige Neonazi eine Platzwunde am Kopf erlitt. "Offensichtlich
hat sich der 22-Jährige an der Schlägerei aktiv beteiligt",
sagt ein Polizeisprecher.
Dann soll nach Polizeiangaben die Gruppe von Linken verschwunden sein,
wobei der 22-Jährige etwas zurückblieb. Dann kam es wie berichtet
zu der Schlägerei, bei der die vier Neonazis den 22-jährigen
Neuköllner bewusstlos prügelten und lebensgefährlich verletzten.
Mit schweren Prellungen, Hirnblutungen und einem Jochbeinbruch kam er
in ein Krankenhaus. Die vier Brandenburger wurden festgenommen. Gestern
erließ ein Ermittlungsrichter gegen die vier Männer Haftbefehl
wegen versuchten Totschlags.
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Presse
15.07.2009 BZ
Steinwürfe, Angriffe auf Polizisten,
zersplitterte Scheiben, demolierte Autos.
200 vermummte linke Chaoten haben Dienstagabend
in der Frankfurter Allee in Friedrichshain ein Chaos angerichtet. Die
Polizei musste mit 200 Beamten anrücken, ein Polizist wurde am Kopf
verletzt. Erst nach über einer Stunde hatte sich die Lage beruhigt.
Der Staatsschutz ermittelt, es geht um besonders schweren Landfriedensbruch,
Sachbeschädigung und Diebstahl.
B.Z. konfrontierte den Regierenden Bürgermeister
Klaus Wowereit (SPD) am Mittwoch mit den Fotos der nächtlichen Verwüstung.
Er verurteilte die Ausbrüche und mahnte: „Gewalt, egal von
wem sie ausgeht, darf in unserer Stadt keinen Platz haben!“ Wowereit
weiter: „Die Polizei bemüht sich intensiv um Aufklärung.
Täter, die mit vermeintlich politischen Zielen zu verdecken versuchen,
dass es ihnen eigentlich nur um Gewalt und Regelverstöße geht,
dürfen auf keine Akzeptanz stoßen. Denn wer Gewalt ausübt
oder andere Gesetze verletzt, überschreitet eine Grenze, die wir
gemeinsam verteidigen müssen.“
Chef der Polizeigewerkschaft
über Straßenterror schockiert
Angriffsziel der Autonomen war die Diskothek „Jeton“. Zu ihren
Gästen sollen viele Neonazis und Skinheads zählen. Um 22.15
Uhr versammelten sich die Linken vor der Disco. Um 23.17 Uhr eskalierte
die Situation, Steine flogen, Fenster gingen zu Bruch – Großeinsatz
für die Polizei mit drei Hundertschaften. Die Täter flüchteten
in kleinen Gruppen in die Nebenstraßen. In der Rigaer Straße
errichteten sie eine Straßenblockade und warfen zudem noch Scheiben
des Ringcenters ein. Erst um 23.30 Uhr hatte sich die Lage wieder beruhigt.
Ein Steinewerfer wurde festgenommen.
Bodo Pfalzgraf, Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft war schockiert.
Er sprach davon, dass ein ganzer Kiez von einem Straßenmob terrorisiert
werde – und die Politik tatenlos zuschaue.
War der Angriff ein Racheakt der linken Szene? Laut Polizei sei es möglich,
dass die Steinwürfe auf die Diskothek im Zusammenhang mit dem lebensgefährlichen
Angriff von rechtsextremen Schlägern auf den Studenten Jonas K. stehen.
Der 22-Jährige soll der linken Szene angehören. Er wurde Sonntagmorgen
nahe der Disco von vier Neonazis zusammengeschlagen. Das Opfer kam mit
Hirnblutungen, einem Jochbeinbruch und schweren Prellungen ins Krankenhaus.
Er ist inzwischen außer Lebensgefahr.
Gegen die rechten Schläger wurden Haftbefehle wegen versuchten Totschlags
erlassen.
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Presse
15.07.2009 TAZ
Neonazis wollten Studenten töten
In Berlin-Friedrichshain, einem Bezirk mit starkem alternativen Milieu,
treten Neonazis einen 22-Jährigen fast tot. Antifa-Gruppen mobilisieren
für Samstag zu einer Gegen-Demonstration.
Sonntagmorgen 5.45 Uhr, Berlin Friedrichshain:
Der 22-jährige Jonas K. wird am Bahnhof Frankfurter Allee von vier
jungen Rechtsextremen angepöbelt, geschlagen und getreten. Irgendwann
bleibt Jonas K. bewusstlos liegen. Dann schleift ihn der 26-jährige
Neonazi Oliver K. auf den Fahrradweg, legt ihn mit dem Gesicht nach unten
und tritt ihm gegen den Hinterkopf. Jonas K. wird später lebensgefährlich
verletzt auf die Intensivstation eingeliefert: Hirnblutungen, Jochbeinbruch,
Prellungen.
Es ist eine Tat, die viele Berliner erschüttert hat. Zumal sie in
einem bisher als alternativ geltenden Kiez stattgefunden hat: Friedrichshain.
Grünen-Hochburg, Wohn- und Ausgehgebiet vieler Alternativer und Linken.
Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) spricht von einer "schrecklichen
Tat". Sein Parteikollege Andreas Geisel fordert "ernste Konsequenzen"
für die Täter. Die Grünen appellieren für mehr Zivilcourage
gegen rechts. Am Montag versammelten sich rund 150 Personen zu einer Mahnwache
am Tatort. Antifa-Gruppen mobilisieren für Sonnabend zu einer Demonstration
in Friedrichshain.
Wie genau es zu der Tat kam, ist noch immer nicht geklärt. Sicher
ist, dass die vier 20- bis 26-Jährigen den Abend im "Jeton",
einer auch bei Rechten und Hooligans beliebten Diskothek, verbracht hatten.
Auf dem Heimweg gerieten sie am Bahnhof Frankfurter Allee in einen Streit
mit einer Gruppe von zehn Linken. Laut Ermittlungen könnte auch Jonas
K. zu dieser Gruppe gehört haben. Warum der 22-Jährige zurückgeblieben
sein soll, als sich die Gruppen trennten, ist noch unbekannt. Die vier
Neonazis hätten das Opfer dann weiter attackiert.
Seit Montagabend sitzen die noch am Tatort festgenommenen Rechtsextremen
in Untersuchungshaft. Zeugen hatten die Polizei alarmiert, waren aber
nicht eingeschritten. Es bestehe ein dringender Tatverdacht des versuchten
Totschlags und der gefährlichen Köperverletzung, sagt Martin
Steltner, Sprecher der Staatsanwaltschaft. Zwei der Angeklagten bestritten
eine Tatbeteiligung, die anderen beiden würden schweigen. Die Polizei
berichtet von einschlägigen rechten Propaganda- und Gewaltdelikten
der Verdächtigen.
Am Dienstag nahm die Polizei auch einen 26-Jährigen fest, der zu
der Gruppe der Linken gehört und einem der Neonazis eine Platzwunde
zugefügt haben soll. Laut Polizeiangaben ist Jonas K. noch nicht
vernehmungsfähig, schwebt aber nicht mehr in Lebensgefahr. Er habe
die Intensivstation inzwischen verlassen.
Die Tat im alternativen Friedrichshain habe viele aufgewühlt, berichtet
Sabine Kitter von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus. "Der
22-Jährige wurde Opfer, weil er als Linker eingeschätzt wurde.
Es hätte auch viele andere hier treffen können." Kitter
spricht von einer "extrem brutalen Tat, die es in dieser Stadt selten
gab". Das Areal um den Bahnhof Frankfurter Allee und das "Jeton"
ziehe aber bereits seit Längerem auch Rechte an. Erst im vergangenen
März gab es einen fremdenfeindlichen Vorfall an fast gleicher Stelle:
Eine Frau hatten einen Afrikaner auf dem Bahnsteig rassistisch beschimpft
und ins Gleisbett gestoßen. Passanten zogen den Mann zurück
auf den Bahnsteig. Die Frau wurde zu 3,5 Jahren Haft verurteilt. Laut
Kitter gab es in Friedrichshain in diesem Jahr bereits sechs rechtsextreme
Übergriffe. Berlinweit zählte der Verfassungsschutz 2008 1.377
rechtsextreme Straftaten, darunter 91 Gewaltdelikte. Im Vorjahr waren
es 74 Gewalttaten.
Die vier Täter selbst sind hingegen keine Berliner. Sie kommen vom
Berliner Stadtrand, aus Dörfern rund um das brandenburgische Königs
Wusterhausen. "Das verwundert mich nicht", sagt Andrea Nienhuisen
vom Mobilen Beratungsteam Brandenburg. "Die rechte Szene hat in der
Gegend eine lange Tradition und ist sehr aktiv." Die Tat in Friedrichshain
weckt Erinnerungen an einen Fall im brandenburgischen Potzlow: Dort wurde
2002 der 16-Jährige Marinus Schöberl von Neonazis mit einem
Nackentritt getötet.
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Presse
14.07.2009 Taggesspiegel
Mord ist das Wort
Peter von Becker über die Neonazi-Attacke in Berlin-Friedrichshain
Berlin - Gewalt in der Großstadt
oder Aggressionen auf dem Land, sie treffen Obdachlose, Ausländer,
Mitschüler, S- Bahnfahrer, Busreisende oder eben ganz einfach, ganz
zufällig nur: Mitmenschen. Ob rechte Brutalität oder alkoholisierte
Rohheit, man hat sich an die laufenden Meldungen schon fast gewöhnt.
Bis es wieder passiert, und ein Fall plötzlich heraussticht aus dem
alltäglichen Horror, gleich hier. Fast vor der eigenen Haustür.
Zu Recht regt man sich in Berlin nun auf über die barbarische, nur
durch Zufall nicht tödliche Misshandlung eines 22-jährigen Studenten
durch vier junge Brandenburger nachts beim S-Bahnhof Frankfurter Allee
in Friedrichshain.
Am Montagabend erging gegen die Festgenommenen Haftbefehl. Aber die Haftgründe
lauten: "versuchter Totschlag" und "schwere Körperverletzung".
Das macht einen stutzig. Denn es wäre erstaunlich und gar empörend,
wenn die Berliner Staatsanwaltschaft nicht sehr schnell und ausdrücklich
wegen versuchten Mordes ermitteln würde.
Die Schläger haben nach Zeugenaussagen und den blutigen Indizien
ihr bereits bewusstloses Opfer über den Gehweg bis zum Rinnstein
geschleift, ihn mit dem Gesicht nach unten auf die Bordsteinkante gelegt
und auf seinen Hinterkopf getreten. Dieser Akt, der auf Schädel-
und Genickbruch zielt, ist aus Filmen und Gewaltpornos bekannt. So wurde
vor einigen Jahren ein Sechzehnjähriger im brandenburgischen Potzlow
von Neonazis getötet.
Vom gemeinen Totschlag unterscheidet sich das Mord-Delikt des § 211
Strafgesetzbuch unter anderem durch "Mordlust" oder sonstige
"niedrige Beweggründe" sowie objektive Umstände wie
beispielsweise Grausamkeit und Heimtücke. In Fall von Friedrichshain
geht es um versuchten Mord. Mord ist das Wort, das auch der dumpfbackigste
Hilfsschüler, die hinterletzte Glatze versteht. Es hat Jahre und
Jahrzehnte gedauert, bis die Justiz in einigen ostdeutschen Bundesländern
begriffen hatte, dass es mehr ist als "gefährliche Körperverletzung",
wenn einem Menschen mit etwas dunklerer Hautfarbe der Kopf mit Baseballschlägern
traktiert wurde und das Opfer nicht starb, sondern als lebenslänglich
Schwerbehinderter überlebte.
Deshalb ist es keine bloß prozedurale oder prozesstaktische Frage,
ob extreme, mordlustigste Gewalt von der Justiz auch sofort beim Namen
genannt wird. Auch gegen den Messerstecher von Dresden wird jetzt nicht
mehr wegen Totschlags ermittelt. Und die bayerische Justiz plädiert
spätestens seit der video-bekannten S-Bahnattacke von München
in solchen Fällen auf Mord oder Mordversuch. Das sollten auch Berlins
Justiz und ihre Senatorin Gisela von der Aue begreifen.
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Presse
14.07.2009 Firmenpresse
Die Betreiberfirma von „Thor Steinar“
distanziert sich von Gewalttat
Die Firma Mediatex GmbH distanziert sich entschieden von allen Gewalt-
und Straftaten.
Insbesondere von der Gewalttat in Berlin-Friedrichshain,
bei der Sonntag früh ein 22-Jähriger von vier jungen Männern
aus Brandenburg zuerst bewußtlos geschlagen und danach fast totgetreten
worden war.
Im Zusammenhang mit dieser Tat wurde in verschiedenen Medien immer wieder
unsere Marke „Thor Steinar“ in Verbindung mit den mutmaßlichen
Tätern gebracht.
Besonders der ständig, in negativer Weise, nutzbringend angewandte
Rückschluß, das Tragen unserer Kleidung sein ein Beleg für
die rechtsextremistische Gesinnung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen,
entbehrt jeder Grundlage und diffamiert unsere Kundschaft.
Gerade in diesem Fall ist diese Taktik besonders perfide, da die abscheuerregende
Brutalität der Tat mit unserer Marke und unserer Kundschaft in Verbindung
gebracht wird.
Hiermit distanzieren wir uns erneut von politischem Extremismus jeglicher
Couleur sowie von Gewalt- und Straftaten. Rainer Schmidt für die
Mediatex GmbH
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Presse
14.07.2009 Endstation Rechts
Haftbefehle nach Überfall in Friedrichshain
Haupttäter ärgert sich, dass es nicht richtig geknackt hat
Bei den brutalen Schlägern von Berlin-Friedrichshain
soll es sich nach Informationen der „Bild“ um vier Brandenburger
handeln, die wegen „rechtsradikaler Straftaten polizeibekannt“
sind. Gegen alle vier ist Haftbefehl wegen versuchten Totschlags erlassen
worden. In Rostock gab es eine Demonstration.
Bundespolizisten seinen zufällig Zeugen des brutalen Fußtritts
geworden sein, konnten dem Opfer aber nicht mehr helfen. Derweil soll
sich der Haupttäter ärgern, dass er nicht brutal genug zugetreten
habe. So schreibt die „Bild“: „Angeblich sagte er, wenn
er den Kopf des Opfers auf die Bordsteinkante gelegt hätte, dann
hätte es wenigstens richtig geknackt."
Die Schläger sind gestern dem Haftrichter vorgeführt worden.
Zwei von ihnen hätten die Vorwürfe bestritten, die anderen beiden
verweigerten die Aussage. Gegen alle vier ist Haftbefehl wegen versuchten
Totschlags erlassen worden.
In Rostock kam es gestern Abend zu einer Spontandemonstration, die über
den Vorfall aufklären und Sympathie mit dem Opfer bekunden sollte.
Hier soll es aber auch zu Zwischenfällen gekommen sein, wie die „Ostseezeitung“
berichtet. So sollen mehrere Mülltonnen in Brand gesteckt und Polizisten
mit Steinen beworfen worden sein.
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Presse
14.07.2009 NPD-Blog
Neonazi-Überfall in Berlin: Haupttäter
kommt offenbar aus Brandenburg
Nach Informationen von NPD-BLOG.INFO handelt es sich bei dem Haupttäter
des Überfalls auf einen 22-Jährigen in Berlin um einen Neonazi
aus Brandenburg. Es soll sich dabei um den 26-Jährigen Oliver K.
handeln, der aus einem Dorf südöstlich von Berlin kommt. K.
soll zudem bereits polizeilich bekannt sein.
Auf den Kopf eingetreten
In Friedrichshain-Kreuzberg ist am 12. Juli 2009 ein 22-Jähriger
schwer verletzt worden, als er von vier Männern im Alter von 20,
22, 24 und 26 Jahren brutal zusammengeschlagen wurde. Er erlitt mehrere
Brüche und Gehirnblutungen. Nach Polizeiangaben sind die mutmaßlichen
Täter “offensichtlich der rechten Szene zuzuordnen”.
Diese waren demnach gegen 5:45 Uhr auf einem Verbindungsweg zwischen dem
U-Bahnhof und dem S-Bahnhof Frankfurter Allee zunächst mit etwa 10
jungen Männern aus dem linken Spektrum in Streit geraten, es gab
eine Schlägerei. Dabei erlitt ein 26-Jähriger aus der vierköpfigen
Gruppe eine Platzwunde. Ursprung des Streites war nach ersten Ermittlungen
die einschlägige Kleidung von einem der vier Männer.
Nachdem die etwa zehn Linken verschwunden waren, suchten ersten Polizeierkenntnissen
zufolge die vier Schläger grundlosen Streit mit Passanten. Vier Unbekannte
junge Männer wurden von ihnen mit Schlägen und Tritten angegriffen.
Sie flüchteten vor den aggressiven Angreifern, die in dem 22-Jährigen
ein weiteres Opfer fanden. Auf ihn traten und schlugen die Männer
so lange ein, bis er das Bewusstsein verlor. Der 26-Jährige Täter
zog den wehrlosen Neuköllner auf den Gehweg, legte ihn mit dem Gesicht
nach unten ab und trat mit dem rechten Bein auf dessen Hinterkopf. Von
unbeteiligten Passanten alarmierte Polizisten nahmen die vier Schläger
noch am Tatort fest. Der 22-jährige Mann kam mit einem Jochbeinbruch,
schweren Prellungen und Hirnblutungen in ein Krankenhaus.
Haftbefehle sollten erlassen
werden
Da von einer politischen Tatmotivation auszugehen sei, habe der Polizeiliche
Staatsschutz beim Landeskriminalamt die Ermittlungen zu dem versuchten
Totschlag übernommen. Wichtige Zeugenaussagen erhoffen sich die Ermittler
insbesondere von den vier Unbekannten, die von den Schlägern angegriffen
wurden und dann flüchten konnten. Die vier mutmaßlichen Täter
sollten am Montag einem Ermittlungsrichter zum Erlass eines Haftbefehls
vorgeführt werden.
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Presse
14.07.2009 Märkische Allgemeine
Brutale rechtsextreme Tat in Berlin
KÖNIGS WUSTERHAUSEN - Die vier jungen
Männer, die Sonntag früh in Berlin-Friedrichshain einen ihnen
unbekannten 22-jährigen Passanten wahllos überfallen und fast
zu Tode getreten haben, stammen aus Brandenburg und sind Angehörige
der rechtsextremen Szene. Der 26-jährige Hauptverdächtige Oliver
K. wohnt nach MAZ-Information bei Königs Wusterhausen (Dahme-Spreewald).
Die 20 bis 26 Jahre alten Tatverdächtigen seien „in Brandenburg
einschlägig bekannt“, und zwar nicht nur wegen rechtsextremer
Delikte, teilte Miriam Tauchmann von der Berliner Polizei mit. Einer Organisation
gehören die vier jedoch offenbar nicht an. Drei Tatverdächtige
kommen aus dem Raum Königs Wusterhausen, einer stammt aus Storkow
(Oder-Spree).
Über die von der Staatsanwaltschaft Berlin beantragten Haftbefehle
wegen versuchten Totschlags wollte das Bereitschaftsgericht Tempelhofer
Damm noch am Abend entscheiden, so der Sprecher der Anklagebehörde,
Martin Steltner.
Der Gesundheitszustand des schwer verletzten 22-jährigen Opfers gilt
als kritisch.
Der junge Mann aus Neukölln war zufällig in die Fänge der
aggressiven Brandenburger geraten. Zunächst waren sie gegen 5 Uhr
mit etwa zehn jungen Männern aus dem linken Spektrum in einen Streit
geraten, der in einer Schlägerei endete, wie die Berliner Polizei
bekanntgab. Oliver K. erlitt dabei eine Platzwunde.
Nach dieser Niederlage suchten die vier Märker grundlos Streit mit
etlichen Passanten. Vier Personen wurden mit Fausthieben und Tritten attackiert,
konnten jedoch rechtzeitig fliehen.
Dem 22-Jährigen Neuköllner glückte die Flucht nicht. Die
Bande prügelte und trat ihn, bis er bewusstlos wurde. Dann soll Oliver
K. das Opfer auf den Gehweg geschleift, dessen Gesicht nach unten gelegt
und mit dem rechten Fuß auf den Hinterkopf getreten haben. Das Opfer
kam mit Jochbeinbruch, schweren Prellungen und Hirnblutungen ins Krankenhaus.
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Presse
13.07.2009 Morgenpost
Neonazis prügeln Passanten fast zu
Tode
Vier mutmaßliche Neonazis haben in
Friedrichshain einen jungen Mann überfallen und lebensgefährlich
verletzt. Als das Opfer bereits bewusstlos am Boden lag, trat einer der
Täter auf dessen Kopf herum. Der Polizeiliche Staatsschutz ermittelt
nun wegen versuchten Totschlags und sucht Zeugen.
Ein 22-jähriger Mann ist am Sonntagmorgen von vier mutmaßlichen
Rechtsextremen in Friedrichshain zusammengeschlagen und schwer verletzt
worden. Wie die Polizei mitteilte, schlugen die Männer im Alter von
20 bis 26 Jahren so lange auf den Mann ein, bis er das Bewusstsein verlor.
Daraufhin habe der 26-jährige Täter den wehrlosen Berliner auf
den Gehweg gezogen, ihn mit dem Gesicht zum Boden abgelegt und sei dann
mit dem rechten Bein auf dessen Hinterkopf getreten. Der 22-Jährige
wurde den Angaben zufolge mit einem Jochbeinbruch, schweren Prellungen
und Hirnblutungen ins Krankenhaus gebracht.
Innensenator Ehrhart Körting (SPD) sprach von einem schrecklichen
Vorgang, der zu verurteilen sei. Das Geschehen zeige, wohin es führen
könne, wenn Gewalt zur politischen Auseinandersetzung gebraucht wird,
erklärte der Senator.
Der Gewalttat ging nach Polizeiangaben ein Streit mit etwa zehn jungen
Männern aus dem linken Spektrum voran. Es sei zu einer Schlägerei
gekommen, bei denen der 26-Jährige aus der vierköpfigen Gruppe
eine Platzwunde erlitten habe. Als die Männer aus der linken Szene
verschwunden waren, hätten die vier Schläger im Alter von 20,
22, 24 und 26 Jahren grundlos Passanten angegriffen.
Zunächst seien vier unbekannte junge Männer von ihnen mit Schlägen
und Tritten attackiert worden, erklärte die Polizei. Als die vier
vor den aggressiven Angreifern flohen, hätten sie den 22-Jährigen
als weiteres Opfer gefunden. Nach der Gewalttat seien die vier Männer
noch am Tatort festgenommen worden. Der Polizeiliche Staatsschutz hat
die Ermittlungen zu dem versuchten Totschlag übernommen.
Der genaue Tathergang ist bislang aber noch unklar. Daher bittet der Polizeiliche
Staatsschutz Augenzeugen des Vorfalls, sich unter der Telefonnummer (030)
4664-909 040 oder bei jeder anderen Polizeidienststelle zu melden. Wichtige
Zeugenaussagen erhoffen sich die Ermittler insbesondere von den vier Unbekannten,
die von den Schlägern angegriffen wurden und dann flüchten konnten.
Die vier mutmaßlichen Täter werden morgen einem Ermittlungsrichter
zum Erlass eines Haftbefehls vorgeführt.
<<<
Presse
12.07.2009 RBB
Rechte schlagen 22-Jährigen bewusstlos
In Berlin-Friedrichshain ist am Sonntagmorgen
ein 22-jähriger Mann von vier mutmaßlichen Rechtsextremen zusammengeschlagen
und schwer verletzt worden.
Wie die Polizei mitteilte, schlugen die Männer im Alter von 20 bis
26 Jahren so lange auf den Mann ein, bis er das Bewusstsein verlor. Das
Opfer musste mit Hinrblutungen ins Krankenhaus gebracht werden.
Die Polizei nahm die vier Gewalttäter noch am Tatort fest. Inzwischen
hat der Staatsschutz die Ermittlungen aufgenommen.
Erst am Samstagabend war es in Berlin-Hellersdorf zu einem fremdenfeindlichen
Zwischenfall gekommen. Ein unbekannter Täter beleidigte einen 46
Jahre alten Mann und schlug ihm eine Bierflasche gegen den Kopf, wie die
Polizei am Sonntag mitteilte. Der Staatsschutz ermittelt.
Der Mann war mit seinem Fahrrad in der Hellersdorfer Straße unterwegs,
als ihn der Unbekannte angriff und wegen seiner Hautfarbe beschimpfte.
Der Täter flüchtete. Das Opfer wurde nach eigenen Angaben nicht
verletzt.
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Presse
12.07.2009 BZ
Neonazis prügeln Passanten fast tot
Unfassbare Brutalität: Vier Neonazis prügelten einen Mann erst
bewußtlos, traten ihn dann fast tot.
Ein 22-jähriger Mann ist am Sonntagmorgen
gegen 5.45 Uhr von vier mutmaßlichen Rechtsextremen in Friedrichshain
zusammengeschlagen und schwer verletzt worden. Laut Polizei schlugen die
Männer im Alter von 20 bis 26 Jahren so lange auf den Mann ein, bis
er das Bewusstsein verlor. Doch damit hatten die brutalen Angreifer noch
nicht genug. Als das Opfer bewusstlos dalag, zog der 26-jährige Haupttäter
den wehrlosen Berliner auf den Gehweg, legte ihn mit dem Gesicht zum Boden
ab und trat dann mit dem rechten Bein auf dessen Hinterkopf. Unfassbar,
anscheinend nahmen die Täter den Tod des Opfers einfach in Kauf.
Im Anti-Neonazi-Film "American History X" wird in einer ähnlichen
Szene ein Mann getötet, als ihm ein Neonazi auf den Kopf tritt, als
das Opfer wehrlos auf dem Bürgersteig liegt.
Der 22-Jährige aus Neukölln wurde den Angaben zufolge mit einem
Jochbeinbruch, schweren Prellungen und Hirnblutungen ins Krankenhaus gebracht.
Der Gewalttat ging nach Polizeiangaben ein Streit mit etwa zehn jungen
Männern aus dem linken Spektrum voran. Es sei zu einer Schlägerei
gekommen, bei denen der 26-Jährige aus der vierköpfigen Gruppe
eine Platzwunde erlitten habe. Als die Männer aus der linken Szene
verschwunden waren, hätten die vier Schläger grundlos Passanten
angegriffen.
Zunächst seien vier unbekannte junge Männer von ihnen mit Schlägen
und Tritten attackiert worden, erklärte die Polizei. Als die vier
vor den aggressiven Angreifern flohen, hätten sie den 22-Jährigen
als weiteres Opfer gefunden. Nach der Gewalttat seien die vier Männer
noch am Tatort festgenommen worden. Der Polizeiliche Staatsschutz hat
die Ermittlungen zu dem versuchten Totschlag übernommen. Die mutmaßlichen
Täter sollten noch am Montag einem Haftrichter vorgeführt werden.
Innensenator Ehrhart Körting (SPD) sprach von
einem schrecklichen Vorgang, der zu verurteilen sei. Das Geschehen zeige,
wohin es führen könne, wenn Gewalt zur politischen Auseinandersetzung
gebraucht wird, erklärte der Senator.
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Presse
28.03.2009 Morgenpost
20 Personen attackieren Thor-Steinar-Geschäft
Die Serie von Anschlägen auf Geschäfte
der bei Rechtsextremen beliebten Marke Thor Steinar reißt nicht
ab. Rund 20 Personen versuchten Samstagabend in das Geschäft in Friedrichshain
zu gelangen. Als sie daran gehindert wurden, warfen sie mit Flaschen.
Unbekannte haben gestern Abend zwei Bierflaschen gegen das Thor-Steinar-Geschäft
in der Petersburger Straße in Friedrichshain geworfen. Nach ersten
Erkenntnissen der Polizei wollten gegen 19 Uhr etwa 20 Personen das Geschäft
betreten, was ihnen aber nicht gestattet wurde. Danach warfen sie die
Flaschen gegen die Eingangstür, wodurch die Scheibe beschädigt
wurde. Die Täter flüchteten in unbekannte Richtung. Da eine
politische Tatmotivation nicht auszuschließen ist, hat der Polizeiliche
Staatsschutz des Landeskriminalamtes die Ermittlungen übernommen.
Zuletzt waren am Donnerstag zwei Thor-Steinar-Läden in Berlin angegriffen
worden. Maskierte hatten Schaufensterscheiben und Kleidungsstücke
der bei Rechtsextremen beliebten Marke beschädigt. Die Polizei geht
von politisch motivierten Anschlägen vermutlich aus der linksextremen
oder autonomen Szene aus. Die Maskierten hatten das Geschäft in der
Petersburger Straße unter anderem mit Steinern beworfen, das andere
mit Farbe bespritzt.
Die Marke „Thor Steinar“ gilt als Kennzeichen von Neonazis
und Rechtsextremisten. Seit der Eröffnung der Geschäfte gab
es immer wieder Proteste, Demonstranten zogen vor den Laden in Friedrichshain,
Steine und Farbbeutel wurden gegen die Fassade geworfen. Inzwischen wurde
dem Geschäft von der Hausverwaltung gekündigt.
<<<
Presse
27.03.2009 Morgenpost
Berliner Thor-Steinar-Läden zeitgleich attackiert
Maskierte haben die beiden umstrittenen Thor-Steinar-Läden
in Berlin angegriffen: den in Friedrichshain mit Pflastersteinen, den
in Mitte mit Farbe - und das zur gleichen Zeit. Verletzt wurde bei den
Anschlägen gegen die bei Rechtsextremen beliebten Geschäfte
niemand ernsthaft.
Zwei Thor-Steinar-Läden in Berlin sind von maskierten Männern
angegriffen worden. Dabei wurden Schaufensterscheiben und Kleidungsstücke
der bei Rechtsextremen beliebten Marke beschädigt, aber kein Mensch
verletzt. Die Polizei geht von einem politisch motivierten Anschlag vermutlich
aus der linksextremen oder autonomen Szene aus.
Laut Polizei hielten gegen 11 Uhr vier maskierte Radfahrer vor dem Geschäft
in der Petersburger Straße in Friedrichshain und warfen Pflastersteine
in die Schaufenster. Danach flogen „stark qualmende Gegenstände“
durch die Tür bis in den hinteren Bereich des Ladens. Die Täter
flüchteten.
Fast zur gleichen Zeit betraten vier Maskierte das andere Thor- Steinar-Geschäft
in der Rosa-Luxemburg-Straße in Mitte und verspritzten Farbe im
Verkaufsraum. Anschließend flüchteten sie. Eine 23-jährige
Verkäuferin wurde ambulant behandelt, weil sie über Atemnot
klagte.
Die Marke „Thor Steinar“ gilt als Kennzeichen von Neonazis
und Rechtsextremisten. Seit der Eröffnung der Geschäfte gab
es immer wieder Proteste, Demonstrationen zogen vor den Laden in Friedrichshain,
Steine und Farbbeutel wurden gegen die Fassade geworfen. Inzwischen wurde
dem Geschäft von der Hausverwaltung gekündigt. Auch gegen den
ersten Laden liefen Kündigungsklagen.
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Presse
23.03.2009 Neues Deutschland
Kein Bock auf den rechten Mob
In Friedrichshain demonstrierten erneut 1500 Menschen gegen den »Thor-Steinar«-Outlet
Von Martin Kröger
»Der Mann sieht aber lustig aus.«
Die fünfjährige Smilla Hartmann muss lachen, als ein Jugendlicher
im Elchkostüm mit Hörnern auf dem Kopf vorbeigetanzt kommt.
Rund um das kleine Mädchen, die mit ihrer Mutter zur Parade »Kein
Kiez für Nazis!« in Friedrichshain gekommen ist, tanzen und
laufen am Sonnabend rund 1500 Demonstranten. Im Vergleich zu den anderen
Aufzügen, die sich an den vergangenen Wochenenden gegen den Laden,
der die bei Neonazis beliebten Klamottenmarke »Thor Steinar«
verkauft, richteten, ist das Bild der Kiezparade deutlich bunter: Luftballons
und Seifenblasen kreisen über den Protestierenden, von denen viele
wie der Elch-Jungendliche kostümiert sind oder sich angemalt haben.
Aus den Boxen von fünf verzierten Lkw wummert basslastige elektronische
Musik.
Der Protest ist immer am stärksten, wenn sich alle zusammentun: Skater,
Verwaltungsbeamte, Politiker, Künstler, Nachtschwärmer, Linke,
Anwohner und alternative Jugendliche«, meint Erik Pikur von der
Hedonistischen Internationale. Die Gruppe, bei der auch viele Clubbetreiber
aus dem Nachtleben mitmachen, hatte bereits 2006 erfolgreich zwei solcher
Kiezparaden organisiert. Der Grund war damals wie heute derselbe: Auch
nach den jüngsten Zahlen der Opferberatungsstelle Reach Out liegt
Friedrichshain weiter mit Abstand an der Spitze der rechtsextremen Übergriffe
in Berlin. »Organisierte Neonazis und ihr rechter Hooligananhang
haben sich den eher alternativen Bezirk am Wochenende für ihre Überfälle
auserkoren«, sagt Erik Pikur. Mit der Eröffnung des Thor-Steinar-Outlets
am Frankfurter Tor würde sich diese gefährliche Tendenz noch
verschärfen, befürchten wie er viele, die auf die Parade gekommen
sind.
Dass der Vermieter dem »Tromsø« in der vergangenen
Woche gekündigt hat, wird auf der Kiezparade indes ausführlich
gefeiert. Nur gibt sich niemand der Illusion hin, dass der Laden damit
wirklich in kurzer Zeit verschwinden wird. Wie in Mitte, wo ein ähnliches
Geschäft in der Rosa-Luxemburg-Straße existiert, wird es zu
einem langen Rechtsstreit kommen, vermuten dagegen viele. Dennoch: »Es
ist ein Erfolg, dass jetzt auch juristisch gegen den Laden vorgegangen
wird«, sagt der Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele (Grüne).
Ein Fortschritt, der seiner Meinung nach ohne den permanenten Druck auf
der Straße undenkbar gewesen wäre. Inzwischen wird gegen den
Ladenbetreiber auch wegen der »Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener«
ermittelt. Ein SPD-Lokalpolitiker hatte die Anzeige gestellt, da sich
das Geschäft in unmittelbarer Nähe zum SA-Sturmlokal »Keglerheim«
befindet, in dem 1933 Hunderte Antifaschisten von den Nazis gefoltert
und drangsaliert wurden.
Wie auch immer die juristischen Prozesse ausgehen mögen, für
die Friedrichshainer Initiative gegen Rechts etwa, die sich seit drei
Jahren ebenfalls maßgeblich gegen die Neonazis vor Ort stemmt, steht
fest, dass der Widerstand weitergehen muss. »Die Kündigung
ist kein Grund, mit dem Protest aufzuhören«, sagt die SPD-Abgeordnete
Canan Bayram, die die Parade angemeldet hat. Der größte Erfolg
der vergangenen Wochen dürfte jedoch sein, dass inzwischen Zehntausende
in der Stadt wissen, was sich hinter der Modemarke »Thor Steinar«
eigentlich verbirgt.
Die Bekleidungsmarke »Thor Steinar«
»Thor Steinar« gilt als ein Erkennungszeichen
rechtsextremer Kreise. Nach Einschätzung des Verfassungsschutzes
steht die Marke der Neonazi-Szene nahe. »Thor Steinar« gehört
zur Firma Mediatex, die im brandenburgischen Zeesen nahe Berlin sitzt
und die Marke 2002 registrieren ließ. Thor ist der germanische Donnergott,
der Name Steinar spielt nach einigen Deutungen auf einen General der Waffen-SS,
Felix Steiner, an.
Das Symbol von »Thor Steinar« ist eine germanische Rune, die
aussieht wie ein Andreaskreuz. Ein älteres Symbol der Firma, das
aus zwei Runen bestand, wurde in einigen Bundesländern verboten,
da es Nazi-Symbolen ähnelte. Untersagt wurde Mediatex auch, die norwegische
Flagge auf ihren Textilien abzubilden, weil sie als staatliches Hoheitszeichen
geschützt ist.
Die Firma Mediatex und ihre bisherigen Besitzer distanzieren sich nicht
von der rechtsextremen Szene, die ihre Kleidung trägt. Das unterscheidet
sie von anderen Herstellern wie »Lonsdale« oder »Fred
Perry«, die mit Neonazis nichts zu tun haben wollen. Offenbar gibt
es seit neuestem eine Beteiligung eines Investors aus Dubai an »Thor
Steinar«, was Rechtsextreme kritisieren. dpa/ND
<<<
Presse
23.03.2009 Die ZEIT
Berlin: 700 Menschen protestieren gegen
"Thor Steinar"-Laden
Kiezparade gegen Nazis: Im Berliner Bezirk
Friedrichshain haben mehrere hundert Menschen gegen ein Bekleidungsgeschäft
der umstrittenen Modemarke "Thor Steinar" protestiert.
Nach Angaben einer Sprecherin verlief die Protest-Veranstaltung ohne Zwischenfälle.
Die Organisatoren hatten ursprünglich mit lediglich 200 Teilnehmern
gerechnet. Die überwiegend linksgerichteten Demonstranten hatten
sich am Mittag am Boxhagener Platz versammelt und zogen dann zu dem Geschäft
in der Petersburger Straße, wo die Veranstaltung gegen 16 Uhr 30
endete. Sie hielten Schilder hoch mit Aufschriften wie "Kein Bock
auf Nazis" und "Lieber nackt als Thor Steinar".
Seit der Eröffnung des Ladens am 28. Februar hat es nahezu jedes
Wochenende Proteste gegeben. Am 7. März demonstrierten rund 2000
Teilnehmer gegen das Geschäft, das ausschließlich "Thor
Steinar"-Kleidung vertreibt. Die Marke ist wegen ihrer völkischen
Symbolik vor allem in der rechten Szene beliebt. (mpr/ddp)
<<<
Presse
23.03.2009 Junge Welt
Nackt gegen Nazis
In Berlin protestierten über 1000 Menschen gegen eine bei Rechten
beliebte Bekleidungsmarke. Gleichzeitig kündigte die Firma an, ins
Ausland expandieren zu wollen
Der Protest gegen den Thor-Steinar-Laden
im Berliner Stadtteil Friedrichhain hält an. Rund 1500 Menschen –
nach Polizeiangaben sollen es 600 gewesen sein – protestierten am
Samstag mit einer »Kiezparade« gegen ein Bekleidungsgeschäft
der bei Neonazis beliebten Modemarke. »Unser Ziel ist es zu zeigen,
daß wir rechte Strukturen in unserem Viertel nicht dulden«,
sagte Erich Pikur vom linken Netzwerk »Hedonistische Internationale«.
Die Demonstranten hatten sich am Boxhagener Platz versammelt und zogen
dann zu dem Geschäft in der Petersburger Straße, wo die Abschlußkundgebung
stattfand. Auf Schildern stand unter anderem »Kein Bock auf Nazis«
und »Lieber nackt als Thor Steinar«. Einige Demoteilnehmer
zeigten, was sie von »Thor Steinar« halten und zeigten ihre
entblößten Hintern. Seit der Eröffnung des Ladens am 28.
Februar hat es nahezu jedes Wochenende Proteste gegeben. So demonstrierten
am 7. März ebenfalls rund 1500 Menschen gegen das Geschäft.
Unterdessen erklärte der Immobilieneigentümer, daß
er »alle rechtlichen Maßnahmen ausschöpfen« will,
um den Vertrieb von »Thor Steinar« in dem Objekt zu unterbinden.
Mittlerweile soll der Mietvertrag wegen »arglistiger Täuschung«
fristlos gekündigt worden sein. Der Hausverwaltung sei nicht bekannt
gewesen, daß Bekleidung dieser Marke verkauft werden sollte, hieß
es.
Gleichzeitig stellte Lorenz Postler von der SPD-Fraktion der Bezirksverordnetenversammlung
Friedrichshain-Kreuzberg Strafanzeige gegen den Ladenbetreiber wegen »Verunglimpfung
des Andenkens Verstorbener«. In dem Haus, in dem sich das Geschäft
befindet, wurden 1933 Hunderte Antifaschisten von den Nazis grausam mißhandelt
und ermordet. Noch heute erinnert eine Gedenktafel an diese Ereignisse.
»Wir begrüßen die Kündigung, doch rechtliche Schritte
allein können uns nicht viel weiterhelfen«, sagte ein Redner
während der »Kiezparade«. Andere Fälle hätten
gezeigt, daß einer Kündigung oft monatelange juristische Auseinandersetzungen
folgen. Man werde daher weiter gegen das Geschäft mobilisieren.
Nach Angaben der Berliner Morgenpost wurde die Bekleidungsmarke, die von
der »Media Tex GmbH« vertrieben wird, bereits Ende vergangenen
Jahres von einem arabischen Investor übernommen. Wie der bisherige
Geschäftsführer Uwe Meusel dem Blatt sagte, will das Unternehmen
aus Königs Wusterhausen nun weltweit expandieren. Geplant seien in
Deutschland 20 zusätzliche Geschäfte sowie Neueröffnungen
in Nordamerika, Rußland, Asien und dem Baltikum.
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Presse
22.03.2009 TAZ
Thor von Arabien
700 Linke protestieren gegen einn Laden
in Berlin-Friedrichshain, der "Thor Steinar"-Klamotten verkauft.
Doch das Label soll einem Araber gehören - und nun sind auch die
Rechten sauer. VON KRISTINA PEZZEI
Die Proteste nehmen kein Ende - sondern zu: Bei
einer "Kiezparade" in Friedrichshain haben am Samstag laut
Polizei etwa 700 Menschen gegen den Bekleidungsladen "Tromsø"
demonstriert, in dem Klamotten der bei Rechten beliebten Marke "Thor
Steinar" verkauft werden. Die Organisatoren hatten mit lediglich
200 Teilnehmern gerechnet. Es war bereits die dritte Kundgebung gegen
das umstrittene Geschäft seit der Eröffnung vor drei Wochen.
Die Demonstranten trafen sich am Mittag am Boxhagener Platz und zogen
zu dem Geschäft in der Petersburger Straße, wo die Veranstaltung
gegen 16.30 Uhr endete. Auf Schildern waren Aufschriften wie "Kein
Bock auf Nazis" und "Lieber nackt als Thor Steinar" zu
lesen. Zu dem erneuten Protest hatte die "Initiative gegen Rechts
Friedrichshain" aufgerufen; daneben beteiligten sich Gruppen wie
die Hedonistische Internationale (HI) und die Antifa Friedrichshain
sowie Vertreter der Linken und der Grünen.
Der Polizei zufolge blieb die Veranstaltung friedlich - anders als noch
vor einer Woche. Damals stürzten Protestierer bei den sogenannten
Freiraum-Aktionstagen am Frankfurter Tor einen Polizeiwagen um; außerdem
wurden die Scheiben eines Fastfood-Restaurants zerstört. Am Wochenende
zuvor hatten laut damaligem Veranstalter 2.000 Menschen gegen das Ende
Februar eröffnete Geschäft demonstriert.
Dem Laden droht indes ohnehin das Aus. Der Vermieter hat den Vertrag
mit der Skytec Outlets GmbH fristlos gekündigt, da er sich arglistig
getäuscht sah, wie Jan Bamberger von der Hausverwaltung sagte.
Der Marke "Thor Steinar", die wegen ihrer früheren Symbolik
vor allem in der rechten Szene beliebt ist, drohen darüber hinaus
empfindliche Umsatzeinbußen: Nach Medienberichten und Blogs ist
bei dem Label Ende vergangenen Jahres ein arabischer Investor eingestiegen,
die Rechten fühlten sich nun getäuscht.
Hinter "Thor Steinar" steckt die Firma Mediatex aus Königs
Wusterhausen. Laut dem Handelsregister des Amtsgerichtes Potsdam ist
als Geschäftsführer nicht mehr nur Uwe Meusel, sondern auch
der in Dubai geborene Mohammed M. Aweidah aufgeführt. Ein Gerichtssprecher
bestätigte der Süddeutschen Zeitung, dass entsprechende Dokumentkopien
im Internet echt seien. Weitere Änderungen im Handelsregister seien
beantragt. Uwe Meusel habe inzwischen die Geschäftsführertätigkeit
niedergelegt, sagte der Sprecher weiter. Als Gesellschafter fungiere
inzwischen die International Brands General Trading mit Sitz in Dubai,
Geschäftsleiter sei Faisal al Zarooni. Der Berliner Morgenpost
sagte Meusel, das Unternehmen wolle nun weltweit expandieren und in
Deutschland 20 weitere Geschäfte eröffnen.
"Bei den Neonazis könnte es bald zu Kleider- statt Bücherverbrennungen
kommen", feixte prompt ein Schreiber im "NPD-Blog.Info".
In rechtsextremen Foren werde bereits zum Boykott der Marke aufgerufen.
Geschäftsführer Meusel habe seine Klientel - die rechten Käufergruppen
- verraten.
<<< Presse
19.03.2009 Morgenpost
Thor Steinar: Anzeige gegen Ladeninhaber
Lorenz Postler, SPD-Bezirksverordneter und ehemaliger Stadtrat in Friedrichshain-Kreuzberg,
hat bei der Polizei Strafanzeige gegen den seit Wochen heftig umstrittenen
Thor-Steinar-Laden in Friedrichshain gestellt.
Der Vorwurf lautet auf "Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener".
Hintergrund der Anzeige laut Postler: Das Geschäft, das Kleidung
der in der rechtsradikalen Szene beliebten Marke Thor Steinar vertreibt,
befindet sich in einem Gebäude, in dem 1933 mehr als 100 Antifaschisten
von Nazis gefoltert und einige ermordet wurden. Wenige Schritte neben
dem Ladeneingang erinnert eine Gedenktafel an den sogenannten "Mörderkeller".
Die Marke Thor Steinar ist wegen der Verwendung bestimmter Symbole bei
Neonazis beliebt. Das Tragen der Kleidung ist in vielen öffentlichen
Gebäuden verboten. Seit Eröffnung des Ladens in Friedrichshain
Anfang März ist es - wie berichtet - wiederholt zu Protesten linker
Gruppen gekommen.
<<<
Presse
16.03.2009 Tagesspiegel
Thor-Steinar-Laden gekündigt
Zeichen gegen Rechts:Dem Friedrichshainer Thor-Steinar-Laden "Tromsø"
wurde die Kündigung geschickt. Derweil arbeiten Juristen an Vorlagen
für Gewerbemietverträge, mit denen sich Hauseigentümer
rechtslastige Ladenmieter vom Hals halten könnten.
Berlin - Erst sind die Schaufensterscheiben zerschlagen worden, dann protestierte
die linke Szene gegen das Geschäft, nun soll der Laden „Tromsö“
in der Petersburger Straße 94 schließen. Zwei Wochen nach
Eröffnung wurde den Betreibern des Friedrichshainer Kleidungsgeschäfts
gekündigt. Der Vermieter, die SF-Immobilienfonds-Gruppe, fühle
sich getäuscht, weil in dem Laden vor allem Kleidung der bei Neonazis
beliebten Marke „Thor Steinar“ verkauft wird, sagte ein Mitarbeiter
der zuständigen Hausverwaltung dem Tagesspiegel.
Die Brandenburger Firma Mediatex, der Hersteller der Marke, könnte
bald grundsätzliche Schwierigkeiten haben, Mietverträge zu unterschreiben.
Derzeit werden von Juristen der „Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus“
(MBR) spezielle Klauseln für Gewerbemietverträge ausgearbeitet:
Diese sollen Nutzer von Ladenflächen dazu verpflichten, kein Verkaufssortiment
zu führen, das rechtsextreme, rassistische oder antisemitische Inhalte
fördert.
Wie wirksam solche Verträge sein können, musste am vergangenen
Wochenende die rechtsextreme NPD erfahren: In einem Nutzungsvertrag für
Bezirksräume in Lankwitz stand die Klausel, der Mieter sei nicht
berechtigt, die Räume „zur Durchführung von Veranstaltungen
zu nutzen, auf denen rechtsextremes, rassistisches, antisemitisches oder
antidemokratisches Gedankengut dargestellt und/oder verbreitet wird“.
Das betrifft nicht nur die mietende Partei, sondern auch deren Besucher.
Die NPD wollte diesen Vertrag „nur unter Vorbehalt“ unterschreiben
– und bekam die Räume vergangenes Wochenende deshalb nicht.
Das Verwaltungsgericht hatte einen Eilantrag der Partei gegen den Mietvertrag
abgelehnt. Die NPD äußerte den Verdacht, der Mietvertrag des
Bezirksamts sei mithilfe der staatlich geförderten MBR entstanden.
Die Experten hatten vor wenigen Monaten ein Heft veröffentlicht,
um rechtsextreme „Anmietungsversuche“ unter anderem mit Mustermietverträgen
zu verhindern. „Eine Hilfe für Ladenvermieter wird es voraussichtlich
schon diesen Sommer geben“, sagte Bianca Klose von der MBR. Mediatex
wollte sich dazu am Montag auf Nachfrage nicht äußern.
Da sich Pullover, Jacken und T-Shirts von „Thor Steinar“ gut
verkaufen, ist davon auszugehen, dass demnächst ein ähnlicher
Laden eröffnen wird – so wie in der Vergangenheit derartige
Geschäfte geschlossen und später woanders aufgemacht worden
sind.
„Thor Steinar“ hat seit Jahren Probleme mit der Justiz: 2004
hatten Staatsanwälte Kleidungsstücke der Marke beschlagnahmen
lassen – wegen Verdachts der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger
Organisationen. Die Runen ähnelten Nazisymbolen, hieß es. Erst
im Herbst 2008 wurden die Inhaber des Ladens „Tönsberg“
in Mitte dazu verurteilt, das Geschäft zu räumen. Sie legten
Widerspruch ein. Die Vermieter der Ladenfläche in der Petersburger
Straße stellen sich deshalb auf einen langen Rechtsstreit ein.
<<<
Presse
15.03.2009 TAZ
"Tromsø" soll dichtmachen
Dem Friedrichshainer "Thor Steinar"-Laden
wird fristlos gekündigt. Der Eigentümer sieht sich vom Mieter
"arglistig getäuscht" und will ihn schnell loswerden. Anwohner
wollen weiter protestieren. VON KONRAD LITSCHKO
Nur zwei Wochen nach seiner Eröffnung
hat der Friedrichshainer Thor-Steinar-Laden "Tromsø"
in der Petersburger Straße die Kündigung auf dem Tisch. "Der
Vermieter hat den Mietvertrag mit der Skytec Outlets GmbH aufgrund arglistiger
Täuschung angefochten und eine fristlose Kündigung ausgesprochen",
teilte Jan Bamberger von der Hausverwaltung der taz mit. Die SF-Immobilienfonds-Gruppe,
der das Gebäude gehört, sei von Skytec nicht über den geplanten
Verkauf der bei Rechtsextremen beliebten Modemarke Thor Steinar informiert
worden. "Der Eigentümer wird alle rechtlichen Maßnahmen
ausschöpfen, um den Vertrieb von Thor Steinar in dem Objekt zu unterbinden",
so Bamberger.
Seit der Eröffnung des "Tromsø" Ende Februar gibt
es Proteste gegen das Geschäft. Zwei Demonstrationen zogen vor den
Laden, Steine und Farbbeutel flogen an die Fassaden. Auch der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg
lehnt das Geschäft ab. "Wir begrüßen daher das schnelle
Vorgehen des Vermieters", freute sich am Sonntag Marianne Burkert-Eulitz
(Grüne), Vorsteherin der Bezirksverordnetenversammlung. Ausdrücklich
habe der Bezirk die Initiativen gegen das Geschäft unterstützt.
Auch hatte Bezirksbürgermeister Franz Schulz das Gespräch mit
dem Eigentümer gesucht.
"Da der Mieter weiß, wie auf seine Thor-Steinar-Läden
reagiert wird, muss er vor der Vertragsentscheidung auf das Sortiment
und die mögliche Gefährdung des Gebäudes durch Gegenprotest
hinweisen", erklärte Canan Bayram. Die SPD-Abgeordnete und Sprecherin
der Initiative gegen Rechts Friedrichshain begrüßte die Kündigung.
Auch Holger Förster, Geschäftsführer des Verbands für
interkulturelle Arbeit, zeigte sich erleichtert. Sein Verein kümmert
sich um Sozialbetreuung für Migranten und ist direkter Nachbar des
"Tromsø". "Das Geschäft und seine rechtsextremen
Kunden stellen eine Provokation dar, gerade für unsere afrikanische
Klientel", so Förster. Er berichtet von Drohungen von Objektschützern
des Thor-Steinar-Ladens gegen seine Mitarbeiter. Die Kündigung sei
daher eine "absolut gute Nachricht".
Richtiger Jubel erklang dennoch nicht. Förster verweist auf die beiden
anderen Thor-Steinar-Läden in Berlin: Erst im November letzten Jahres
gab es eine Räumungsklage gegen das Sportgeschäft Doorbreaker
im Friedrichshainer Ringcenter. Der Inhaber des Ladens in der Rosa-Luxemburg-Straße
wurde schon im Oktober vom Berliner Landgericht zur Räumung des Geschäfts
verurteilt. Beide Läden sind immer noch geöffnet.
"Unser Protest wird daher weitergehen", kündigte Canan
Bayram an. Am Samstag wird es eine große Kiezdemo gegen "Tromsø"
geben. Gegenwehr droht dem Laden auch von anderer Seite: Laut Medienberichten
habe die gleichnamige norwegische Stadt das Modelabel aufgefordert, den
Namen Tromsø niederzulegen.
<<<
Presse
09.03.2009 MUT
Berlin: 40 Prozent mehr rassistische Gewalt
In Berlin ist 2008 die Zahl rassistisch
motivierter Angriffe massiv um insgesamt 40 Prozent gestiegen. Insgesamt
registrierte die Berliner Opferberatungsstelle 'ReachOut ' 148 rechte,
rassistisch, antisemitisch und homophob motivierte Übergriffe - im
Jahr 2007 waren dies 'nur' 112.
Nicht alle diese Fälle wurden öffentlich bekannt. Einige der
Opfer lehnen aus Angst vor weiteren Gewalttaten jede Form der Veröffentlichung
des Angriffs ab, teilte 'Reach Out' auf einer Pressekonferenz mit. In
65 (2007:39) Fällen wurden Menschen aus rassistischen Motiven angegriffen.
Diese stellten mit Abstand die größte Opfer-Gruppe dar. 26
Gewalttaten trafen Linke (2007: 30), vor allem AntifaschistInnen, gegen
nicht-rechte, alternative Jugendliche und Erwachsene richteten sich 30
(2007: 28) Angriffe, 4 Angriffe waren antisemitisch motiviert. Erfahrungsgemäß handelt es sich
bei diesen Fällen nicht um klar eingrenzbare Tätergruppen. Angreifer,
die der rechtsextremen Szene oder deren Umfeld zu zurechnen sind, greifen
in erster Linie Linke oder alternative Jugendliche an. 86 (2007: 70) Angriffe
fanden im öffentlichen Raum statt. Insgesamt 39 (2007: 25) Gewalttaten
wurden in öffentlichen Verkehrsmitteln und Bahnhöfen verübt.
Die meisten Angriffe geschahen an Wochenenden. Im Stadtbezirk Friedrichshain wurde mit
30 (2007: 24) Gewalttaten die höchste Angriffszahl registriert. 15
(2007: 14) Attacken wurden für Lichtenberg) dokumentiert. Es folgen
Pankow mit 14 (2007: 11), Marzahn mit 12 (2007. 7), Treptow (4) und Neukölln
(2007: 5) mit je 9 Angriffen. Während in Friedrichhain die Angriffe
gegen nicht rechte, alternative Jugendliche überwiegen, sind in Lichtenberg
die meisten Angriffe rassistisch motiviert gegen vermeintliche 'Ausländer'
(7) oder richten sich gegen Linke bzw. gegen AntifaschistInnen (5). Auch
in Marzahn und Neukölln ist der größte Teil der Angriffe
rassistisch motiviert.
Ein Ost-West-Problem?
„Rassistisch motivierte Übergriffe
haben mit 65 Fällen eine besorgniserregende Größe erreicht“,
betonte die Sprecherin von ReachOut Sabine Seyb. Nach Erfahrungen der
Initiative gehen im Laufe eines Jahres immer noch zahlreiche Nachmeldungen
für das Vorjahr ein. Seyb glaube aber nicht, dass es entsprechend
solcher Taten Unterschiede zwischen Ost und West gebe. Gerade aus Neukölln
oder Spandau seien rassistisch, antisemitisch und homophob motivierte
Taten bekannt. Sie sprach sich für eine Ausweitung der Erhebung auf
ganz Berlin aus und sicherte interessierten Bürgerforen Unterstützung
zu.
Seyb kritisierte in diesem Zusammenhang Innensenator Ehrhart Körting
(SPD). Von ihm liege noch keine offizielle Kriminalitätsstatistik
für 2008 vor, alle Anfragen von ReachOut habe Körting „scheitern
lassen“. Zudem wäre es in Ländern wie Brandenburg oder
Sachsen-Anhalt möglich, einen monatlichen Abgleich mit dieser Statistik
vorzunehmen. Eine Sprecherin Körtings zeigte sich über die Vorwürfe
„erstaunt“. Für Berlin sei eine Vorlage der polizeilichen
Kriminalstatistik im März üblich.
In Pankow ein Drittel mehr Vorkommnisse
Zusätzlich zu den Erhebungen von ReachOut stellten am Montag verschiedene
Anti-Gewalt-Initiativen von ihnen selbst erstellte Register für die
Bezirke vor. Sie erfassen - basierend auf eigenen Recherchen und Bürgerhinweisen
- auch Vorfälle wie extremistische Veranstaltungen, Aufkleber oder
Plakate mit extremistischen Inhalten, Pöbeleien sowie Graffiti-Schmierereien.
Einbezogen sind auch die gewalttätigen Übergriffe.
In Treptow-Köpenick wurden 2008 allein 149 überwiegend sogenannte
Propagandadelikte registriert. „Schwerpunkte sind die Stadtteile
Schöneweide, Altglienicke und das Gebiet um den S-Bahnhof-Köpenick“,
sagte Kati Becker vom Register des Bezirks. Lichtenberg registrierte einen
leichten Rückgang auf 106 Fälle, wovon 35 Fälle Angriffe
auf Personen waren.
Im Bezirk Pankow wurde mit 133 Vorfällen ein Drittel mehr Vorkommnisse
als im Jahr 2007 erfasst. Hier haben sich Pankow-Zentrum, Prenzlauer Berg
und Weißensee als Gewalt-Hochburgen herauskristallisiert. Für
Marzahn-Hellersdorf wurden seit Start des Registers im Jahr 2008 95 vorwiegend
rechtsextreme Aktivitäten vermerkt. Es gab allein zehn Konzerte von
extrem Rechten.
<<<
Presse
09.03.2009 Morgenpost
Gewalttätiger Demonstrant wurde festgenommen
Bei der Samstag-Demonstration gegen die
geplante Eröffnung einer "Thor Steinar"-Boutique an der
Petersburger Straße ist es zu Ausschreitungen gekommen. Ein Demonstrant
warf eine Flasche in Richtung Polizei. Er wurde festgenommen. Verletzt
wurde niemand.
Rund 750 Demonstranten haben am Samstag weitgehend friedlich gegen das
neue „Thor Steinar“-Geschäft in Berlin-Friedrichshain
protestiert. Wie die Polizei am Sonntag mitteilte, wurden sechs Teilnehmer
unter anderem wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und Körperverletzung
festgenommen. Gegen einen 26-jährigen Pankower wurde Haftbefehl erlassen,
nachdem er eine Flasche in Richtung der Beamten geworfen hatte. Verletzt
wurde niemand. Insgesamt wurden zwölf Strafermittlungsverfahren unter
anderem wegen des Verstoßes des Versammlungsgesetzes, Widerstands
gegen Vollstreckungsbeamte, schweren Landfriedensbruchs und Beleidigung
eingeleitet.
Die Demonstranten waren am Nachmittag von der Warschauer Brücke bis
vor den Laden in die Petersburger Straße gezogen. Die Kundgebung
war von der Berliner SPD-Politikerin Canan Bayram organisiert worden.
Erst am vergangenen Samstag hatten etwa 170 Teilnehmer gegen die Eröffnung
des Geschäfts in Friedrichshain demonstriert. Die Modemarke „Thor
Steinar“ gilt als Kennzeichen von Rechtsextremisten. Im Oktober
vergangenen Jahres musste ein Laden in Berlin-Mitte nach einer Räumungsklage
geschlossen werden.
<<<
Presse
09.03.2009 Berliner Zeitung
"Thor Steinar als Putzlappen"
Trotz Kälte und Nieselregen protestierten rund 1000 Berliner gegen
rechte Mode.
Berliner wehren sich gegen ein neues Bekleidungsgeschäft für
rechte Jugendmode. Oslo geht gegen Namensmissbrauch vor
Als der Protestmarsch das Ziel erreicht,
drängeln sich rund 1000 Demonstranten um das Bekleidungsgeschäft
"Tromsö". Musik der Toten Hosen dröhnt über die
Petersburger Straße. Ein schwarzer Block stimmt Sprechchöre
an, junge Familien reihen sich mit ihren Kindern hinten ein. Eine Frau
stemmt ein Plakat hoch in die Luft. Darauf steht: "Thor Steinar als
Putzlappen." Die Wut richtet sich gegen das Bekleidungsgeschäft
"Tromsö". Seit anderthalb Wochen werden dort Artikel der
Marke Thor Steinar verkauft. Die Pullover mit den aufgestickten Runen
und gotischen Lettern kaufen Neonazis und auch immer mehr Jugendliche,
die die Marke schick und provokativ finden. Ausgerechnet in Friedrichshain,
im linksalternativsten aller Bezirke, will die rechte Szene einen neuen
Vertriebszweig etablieren. Pünktlich zum Protest ließen die
kahlgeschorenen Betreiber die Rollläden runter.
Bereits in den letzten Tagen wurde der Verkauf gestört: Es gab Farbbeutel-Anschläge,
unter anderem ein "Kakao-Attentat", Steinwürfe zertrümmerten
die Schaufensterscheibe, inzwischen fährt die Polizei in der Petersburger
Straße mehrmals täglich Streife. Am Samstagnachmittag wehrt
sich ein Bündnis aus Vereinen, Politikern und Initiativen gegen Rechts.
Aus den anliegenden Hochhäusern hängen Banner, auf denen man
den neuen Mietern den Wegzug aus der Gegend nahe legt. Direkt neben dem
"Tromsö" empfängt ein Verein für interkulturelle
Arbeit (VIA) Migranten zur Sozialberatung.
An diesem Nachmittag prallen Demonstranten nur auf Polizeibeamte, die
das Bekleidungsgeschäft mit Gittern absperren. Sie tragen Helme,
Schlagstöcke und einen Mundschutz. Insgesamt sind 150 Polizisten
im Einsatz. Bis auf kleinere Vorkommnisse, etwa der Verstoß gegen
das Vermummungsverbot oder ein paar Flaschenwürfe, bleibt die Kundgebung
friedlich.
Schon seit einigen Jahren weisen Rechtsextremismusexperten darauf hin,
dass sich Rechte in Deutschland nicht mehr im gewohnt martialischen Skinheadlook
kleiden, sondern die diskreteren und modischeren Kleidungsstile der Marke
Thor Steinar bevorzugen. 2008 bekräftigte der Verfassungsschutz erneut,
dass die Modemarke ein identitätsstiftendes Erkennungszeichen der
rechten Szene sei. Und dass über die Mode auch bewusst Anknüpfungsmöglichkeiten
zu Jugendszenen geschaffen werde. Dabei ist die völkische Symbolik
der Markenlogos so codiert, dass nur Anhänger und Sympathisanten
ihre Bedeutung entschlüsseln können.
Das "Tromsö" ist nicht der einzige Laden in Berlin, der
die umstrittene Marke verkauft. Erst im November 2008 gab es eine Räumungsklage
gegen das Bekleidungsgeschäft Doorbreaker im Ringcenter an der Frankfurter
Allee, was den Betreiber nicht davon abhält die Marke noch immer
anzubieten.
Der erste Thor-Steinar-Laden wurde 2005 unter dem Namen "Tönsberg"
im Berlin-Carré eröffnet. Vermieter verlängerten den
Vertrag nicht, so zog der Laden Anfang 2008 pikanterweise in die Rosa-Luxemburg-Straße
18. Die Zahl 18 ist in rechten Kreise ein bekannter Code für "Adolf
Hitler". Trotz massiver Proteste von Anwohnern und Gewerbetreibenden
wird dort ebenfalls noch immer Thor-Steinar-Kleidung verkauft.
"Dass sie sich jetzt auch noch in Friedrichshain ausbreiten, ist
blanke Provokation", sagt die Grünen-Abgeordnete Clara Herrmann.
Sie verteilt Broschüren, die darauf hinweisen, dass sich in dem Haus
des neuen Geschäfts während des Nationalsozialismus ein Folterkeller
der SA befand. Noch heute hängt neben dem Eingang eine Gedenktafel.
Diese erinnert an die Opfer, die in dem berüchtigten "Keglerheim"
gefoltert und ermordet wurden.
Franz Schulz, Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg,
hält einen offenen Brief der Hausverwaltung in der Hand. Offenbar
haben die Vermieter jetzt erst herausbekommen, wer sich dort eingemietet
hat. Derzeit gebe es Gespräche, wie in diesem "Problemfall"
vorgegangen werden soll. "Wir appellieren an die Vermieter, den Ladenbesitzern
schnellstmöglich zu kündigen", sagt er.
Unterstützung im Kampf gegen Thor Steinar kommt nun auch aus Norwegen:
Das Osloer Außenministerium will gegen Missbrauch des Namens der
Hafenstadt Tromsö vorgehen und hat das Modelabel deshalb aufgefordert,
den Namen sofort niederzulegen.
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Rechte Mode
Die Marke: Thor
Steinar gibt es seit 2002, Vertreiber ist die Protex Gmb, die in Königs
Wusterhausen sitzt. Neben den Filialen in Mitte und Friedrichshain wird
die Marke auch in Sportgeschäften vertrieben. Inzwischen gibt es
Damen-, Herren- und Kinderkollektionen, Accessoires und Internet-Verkauf.
Verbot: Bei den
ersten Logos von Thor Steinar sahen Staatsanwälte den Verstoß
gegen den Paragraf 86a als gegeben an. Dieser verbietet das Verwenden
von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.
Völkischer Bezug:
Experten erkennen in den neuen Aufdrucken noch immer einen völkischen
Bezug. Runen und gotische Letter bringen sie mit dem NS-Regime in Verbindung,
Inhaltlich beziehen sich einige Schriftzüge auf einen Germanen-Kult
und glorifizieren die Taten der Wehrmacht.
<<<
Presse
07.03.2009 Morgenpost
750 Berliner demonstrieren gegen "Thor
Steinar"
750 Demonstranten wehren sich weiter gegen
einen Laden in ihrer Nachbarschaft, der Mode der Marke „Thor Steinar"
verkauft. Die Kleidung ist bei Neonazis besonders beliebt. Am Sonnabend
demonstrierten erneut Anwohner gegen das Geschäft.
Demonstranten haben in Friedrichshain am Sonnabend erneut gegen den neuen
„Thor Steinar“-Laden im Stadtteil protestiert. Das Geschäft
für die bei Neonazis beliebte Kleidermarke „Thor Steinar“
ist seit seiner Eröffnung am vergangenen Sonnabend in der Kritik
eines Bündnisses aus Antifa-Gruppen, Gewerbetreibenden und Anwohnern.
Zu dem von diesem Bündnis initiierten Protestzug kamen nach Polizeiangaben
etwa 750 Demonstranten. Zwischenfälle gab es nach Angaben einer Polizeisprecherin
nicht, alles sei „ruhig und friedlich“ verlaufen.
Die Marke „Thor Steinar“ ist wegen des Verwendens umstrittener
Symbole vor allem bei Neonazis beliebt. Auch gilt sie in der Szene als
identitätsstiftendes Erkennungszeichen. Die Veranstalter bewerteten
es am Samstag als Erfolg, dass das Geschäft früher als geplant
schließen musste. „Bedauerlich“ sei es gewesen, dass
die Demonstranten nicht nah genug an den Laden herangekommen seien, da
es von der Polizei geschützt wurde, sagte ein Sprecher. Die Gegner
des Ladens fordern nach seinen Worten vom Vermieter, dass er den Betreibern
den Mietvertrag kündigt.
In Berlin hat es bereits mehrfach Proteste gegen Läden gegeben, die
die Marke „Thor Steinar“ führen. Der Inhaber eines Kleidungsgeschäfts
in Mitte wurde im Oktober 2008 dazu verurteilt, das Geschäft in der
Rosa-Luxemburg-Straße zu räumen. Der Laden wurde mehrfach Ziel
von Farbanschlägen.
Das Land Norwegen hatte die "Thor-Steinar"-Produzenten bereits
2008 wegen widerrechtlicher Verwendung staatlicher Hoheitszeichen angezeigt.
Doch auch über das neue Geschäft namens "Tromsö"
ist das Land nicht erfreut: Tromsö ist eine Hafenstadt im Norden
Norwegens. Ob man strafrechtlich gegen die Verwendung des Städtenamens
vorgehen werde, will die Botschaft mit dem Außenministerium beraten.
<<<
Presse
07.03.2009 WELT
Erneut Protest in Friedrichshain gegen Thor-Steinar-Laden
Ein Bündnis aus verschiedenen Antifa-Gruppen,
Gewerbetreibenden und Anwohnern will heute (14 Uhr) in Friedrichshain
erneut gegen die Eröffnung eines neuen Ladens für die bei Neonazis
beliebte Kleidermarke "Thor Steinar" demonstrieren. Der Protestzug
soll vom S-Bahnhof Warschauer Straße zu dem Geschäft an der
Petersburger Straße führen. Bereits bei der Eröffnung
des Ladens am vergangenen Samstag hatten bei einer Kundgebung rund 200
Menschen weitgehend friedlich dagegen protestiert. Die Marke "Thor
Steinar" ist wegen des Verwendens umstrittener Symbole vor allem
bei Neonazis beliebt. Auch gilt sie in der Szene als identitätsstiftendes
Erkennungszeichen.
In Berlin hat es bereits mehrfach Proteste gegen Läden gegeben, die
die Marke "Thor Steinar" führen. Der Inhaber eines Kleidungsgeschäfts
in Mitte wurde im Oktober vergangenen Jahres dazu verurteilt, das Geschäft
in der Rosa-Luxemburg-Straße zu räumen. Der Laden wurde mehrfach
Ziel von Farbanschlägen. Derzeit ist er jedoch noch geöffnet.
Räumungsklagen gab es auch in Leipzig, Magdeburg und Hamburg.
Gegen den neu eröffnete Thor-Steinar-Laden haben Hausnachbarn gestern
an der Fassade des benachbarten Hauses mehrere Protestplakate angebracht.
Mit der Aktion unter dem Motto "Gesicht zeigen" forderten die
im Nachbarhaus ansässigen interkulturellen Vereine die Schließung
des Ladens. Die beiden Plakate tragen die Slogans "Augen auf beim
Kleiderkauf - Neue Nazis tarnen sich!" sowie "Friedrichshain
für Vielfalt, Demokratie und Respekt". Die Aktion sei nicht
befristet, sagte die Geschäftsführerin der Paul-Singer-Gesellschaft,
Susanne Kitschun. ddp/epd
<<<
Presse
06.03.2009 Neues Deutschland
Tromsø wehrt sich gegen Tromsø
Norwegische Stadt verbittet sich Namensmissbrauch durch
»Thor Steinar«
Von Martin Kröger
Gegen den neuen »Thor Steinar«-Outlet
»Tromsø« in Friedrichshain regt sich auf immer mehr
Ebenen Widerstand. Zu Wochenbeginn gab es auch die ersten Anschläge
auf das umstrittene Geschäft, das die bei Neonazis beliebte Klamottenmarke
verkauft.
Neben einem Steinwurf, bei dem die Scheibe des Geschäfts zu Bruch
ging, kam es zudem zu einem Kakao-Attentat: Ein junger Schüler wollte
offenbar mit der Farbe Braun suggerieren, was die Geschäftsbetreiber
seiner Meinung nach für eine Gesinnung hegen. Nebenan, im Haus Nummer
92, ist man im besonderen Maße besorgt über die neuen Nachbarn.
»Unsere Ratsuchenden, unter anderem afrikanische Migranten, die
zur Sozialberatung kommen, haben Angst, dass mit diesem Laden Rechtsextreme
angezogen werden«, berichtet Holger Förster, Geschäftsführer
des Verbandes für interkulturelle Arbeit (VIA).
Der Verband sowie weitere Migrantenorganisationen, die ebenfalls in dem
Haus residieren, wollen jetzt »Gesicht zeigen«. Um potenziell
ahnungslose Käufer, aber auch Anwohner zu sensibilisieren, will man
ab heute ein riesiges Transparent an der Fassade installieren. Überdies
versuchen die verschiedenen Vereine, den Vermieter des »Tromsø«
herauszubekommen, damit er das Mieterverhältnis auflöst, sagt
Förster.
In Friedrichshain beschäftigten sich jedoch nicht nur die direkten
Nachbarn mit dem problematischen Geschäft. Am Sonnabend rufen erneut
die Initiative gegen Rechts sowie mehrere Antifa-Gruppen dazu auf, gegen
den Laden auf die Straße zu gehen. Unter dem Motto »Kein Kiez
für Nazis! Weg mit dem Thor Steinar-Laden aus Friedrichshain!«
beginnt der Aufzug um 14 Uhr am S-Bahnhof Warschauer Straße. Die
Demo soll danach zum Geschäft in der Nähe des Frankfurter Tores
gehen.
Die Initiative gegen Rechts plant zudem am kommenden Mittwoch ab 20 Uhr
eine Diskussionsveranstaltung in der Galiläa-Kirche. »Mit dem
Podium wollen wir die Nachbarschaft über das Modelabel aufklären«,
sagt Markus Roth von der Initiative. Diese hat überdies auch einen
offenen Brief an den Vermieter des »Tromsø« geschickt.
Auch das Bezirksamt versucht derzeit, Kontakt zum Vermieter aufzunehmen.
Gute Nachrichten gibt es unterdessen aus Norwegen: Die Stadt Tromsø
wehrt sich gegen den Missbrauch ihres Namens durch »Thor Steinar«
– und hat das Modelabel deshalb aufgefordert, den Namen sofort niederzulegen.
<<<
Presse
05.03.2009 TAZ
Kiez bekämpft rechtes Einkaufsparadies
Friedrichshainer machen gegen Laden "Tromsø" mobil
Bürger und Politiker wollen ein neues
Geschäft, das die bei Nazis beliebte Modemarke "Thor Steinar"
verkauft, nicht im Bezirk dulden. Polizei schützt den Laden vor Steinwürfen
und Farbbeuteln.
Farbbeutel und Steine von den Autonomen,
friedlicher Protest von Anwohnern und Politikern. Wenige Tage nach der
Eröffnung des Ladens "Tromsø" in der Petersburger
Straße in Friedrichshain herrscht rund um das Frankfurter Tor Ausnahmezustand.
Tag und Nacht sichern Polizisten in Uniform und zivil das umstrittene
Geschäft, das Kleidung der bei Neonazis beliebten Marke "Thor
Steinar" anbietet. Im Halbstundentakt fahren Streifenwagen vorbei.
"Nazi-Scum fuck off" ist an die Hauswand gesprüht, das
große Schaufenster durch Steinwürfe gesplittert. Für Samstag
ruft ein breites Bündnis von Antifa, SPD, Grüne, Linke und Anwohnern
zur Demo gegen den Laden auf.
Warum ausgerechnet im Szenebezirk Friedrichshain ein solches Geschäft
eröffnet, versteht niemand. "Vielleicht geht es einfach darum,
den Mythos vom links-alternativen Friedrichshain zu brechen", sagt
Maik Baumgärtner von der Initiative gegen rechts. Die Bürgerinitiative
koordiniert die Proteste - unterstützt vom Bezirksbürgermeister
Franz Schulz (Grüne). "Wir werden alles in unseren Kräften
Stehende tun, damit dieser Laden schließt", so Schulz zur taz.
Ob dem Vermieter bekannt ist, was für eine Firma er sich ins Haus
geholt hat, konnte der Bezirk noch nicht herausfinden. In den nächsten
Tagen soll es ein Gespräch mit der Hausverwaltung geben.
Matthias Müller von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus
kann die Sorgen der Anwohner verstehen. "Das Geschäft zieht
eine entsprechende Klientel an, wodurch natürlich die Gefahr für
potenzielle Opfergruppen rechtsextremer Gewalt erhöht wird."
Besonders wütend sind die Anwohner, weil "Thor Steinar"
sich ausgerechnet ein Haus ausgesucht hat, in dem sich während der
Zeit des Nationalsozialismus ein Folterkeller der SA befand. Im berüchtigten
"Keglerheim" wurden hunderte Gegner der Nationalsozialisten
gefoltert und ermordet.
2008 bekräftigte der brandenburgische Verfassungsschutz, Rechtextremisten
sehen in der Marke "Thor Steinar" ein "identitätsstiftendes
Erkennungszeichen". Im Gegensatz zu Marken wie "Lonsdale"
oder "Fred Perry", die es ursprünglich nur in normalen
Sportgeschäften gab und langsam von der Nazi-Szene vereinnahmt wurden,
verhält es sich bei "Thor Steinar" andersherum. Die Marke
hat es allmählich geschafft, nicht mehr nur in einschlägigen
Nazi-Läden verkauft zu werden, sondern auch in nichtrechten Geschäften.
Die Bewohner der norwegischen Stadt Tromsø sind entsetzt über
die Vereinnahmung ihres Ortsnamens. Einer Lokalzeitung sagte Bürgermeister
Aril Hausberg: "Es ist fürchterlich, dass Tromsø mit
Neonazis und Rechtsextremismus auf so eine Art und Weise in Verbindung
gebracht wird." Er sorge sich um den Ruf der Stadt im Ausland. "Die
Frage der Nutzung der norwegischen Flagge und Städtenamen durch ,Thor
Steinar' betrachten wir als ernst", sagte der Gesandte der norwegischen
Botschaft in Berlin, Dag Stangnes, der taz. Man prüfe in Absprache
mit dem Außenministerium in Oslo rechtliche Möglichkeiten,
dagegen vorzugehen.
Tromsø ist nicht der erste Laden in Friedrichshain, der die umstrittene
Marke verkauft. Erst im November letzten Jahres gab es eine Räumungsklage
gegen das Sportgeschäft Doorbreaker im Friedrichshainer Ringcenter,
das ebenfalls "Thor Steinar"-Klamotten im Angebot hat. Umso
größer ist jetzt die Wut über Tromsø. Lars Laumeyer,
Sprecher der Antifaschistischen Linken Berlin, lässt keinen Zweifel
daran, welche Protestformen er für sinnvoll hält. "Gegen
dieses Geschäft ist uns jedes Mittel recht. Wer meint, einen ,Thor
Steinar'-Laden in Friedrichshain eröffnen zu können, muss sich
über kaputte Scheiben nicht wundern."
Inzwischen gibt es kaum eine Straße in Friedrichshain, in der nicht
Plakate gegen den Laden geklebt sind. "Unser Kiez bleibt Nazi-frei!
Weg mit der Nazi-Marke Thor Steinar" ist darauf zu lesen. Darunter
eine Faust, die das Markenlogo zerschlägt. Für den heutigen
Freitagvormittag haben Bewohner des Nachbarhauses von Tromsø eine
Plakatieraktion angekündigt. Sie wollen zeigen, dass sie sich von
der "Thor Steinar"-Kundschaft nicht einschüchtern lassen
werden.
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Presse
05.03.2009 Berliner Zeitung
Tarnanzüge für Neonazis
Ein neuer Laden verkauft Kleidung, die bei Rechten
beliebt ist. Die Anwohner wehren sich dagegen
FRIEDRICHSHAIN. Der Laden ist neu. Erst
am Wochenende wurde er in der Petersburger Straße eröffnet.
Tromsø steht in großen dunklen Buchstaben an der Fassade.
Das Schaufenster darunter ist bereits zersplittert. Aus Protest gegen
das Geschäft, das Kleidung der bei Neonazis beliebten Marke Thor
Steinar verkauft, hat jemand einen Stein gegen die Scheibe geworfen, ein
anderer spuckte Kakao an das Glas. Holger Förster hält nicht
viel von solchen Methoden. Er will friedlich gegen den Laden vorgehen.
Er hat Anwohner zusammengeholt und ein Transparent malen lassen.
Förster ist Geschäftsführer
des Verbandes für interkulturelle Arbeit und hat sein Büro im
Nachbargebäude. Auch das afrikanische Samariterwerk, eine afrikanisch-ökumenische
Kirche und ein chilenischer Kulturverein sitzen in dem Haus. "Die
Kundschaft dieses Ladens ist ein Sicherheitsrisiko für unsere Klientel,
es gab ja bereits Übergriffe von Rechten am Frankfurter Tor",
sagt Förster. Er empfindet es als gezielte Provokation, dass sich
die Thor-Steinar-Verkäufer im Friedrichshainer Kiez und obendrein
in diesem Haus niedergelassen haben. Denn an dieser Stelle befand sich
einst das berüchtigte Faschistenlokal Keglerheim. 1933 wurden dort
Friedrichshainer Antifaschisten misshandelt und gefoltert. Eine Gedenktafel
erinnert heute daran.
"Augen auf beim Kleiderkauf. Neue Nazis tarnen sich", haben
die Anwohner auf ihr riesiges Transparent geschrieben. Sie verhandeln
jetzt mit ihrem Vermieter, dass sie es an ihr Haus hängen dürfen.
Doch dabei soll es nicht bleiben. "Wir wollen einen offenen Brief
an den Hauseigentümer schreiben und ihn auffordern, dem Laden zu
kündigen", sagt Förster. Die Immobilie, in der sich zahlreiche
Büros und einige Wohnungen befinden, gehört der SF-Immobilienfonds-Gruppe,
die auch den Mietvertrag unterzeichnete. Ihr Rechtsanwalt teilte mit,
dass dem Eigentümer bis zur Öffnung des Geschäfts nicht
bekannt war, dass dort Kleidung von Thor Steinar verkauft werden soll.
Man sei bestürzt und werde alle rechtlichen Maßnahmen ausschöpfen,
um den Verkauf von Thor-Steinar-Kleidung in dem Objekt zu unterbinden.
Cenan Bayram, Sprecherin der Initiative gegen Rechts (IGR) Friedrichshain
hat für den kommenden Sonnabend erneut eine Demonstration angemeldet.
Sie wird wie schon am vergangenen Wochenende vor dem Laden stattfinden.
Der Protestzug startet um 14 Uhr an der Warschauer/Ecke Revaler Straße.
Am nächsten Mittwoch ab 20 Uhr will die Initiative eine Podiumsdiskussion
in der Galiläa-Kirche in der Rigaer Straße veranstalten, um
die Anwohner über Thor Steinar zu informieren. Zudem sollen am Frankfurter
Tor Flyer verteilt werden.
Man habe Kontakt zur Initiative "Mitte gegen Rechts" aufgenommen,
sagt Bayram. Diese hatte unter anderem mit Containern gegen den Thor-Steinar-Laden
in der Rosa-Luxemburg-Straße protestiert, der im Februar vergangenen
Jahres aufmachte. Das Landgericht gab der Räumungsklage des Vermieters
statt, die Ladenbetreiber haben Berufung eingelegt. Auch das Centermanagement
des Ring-Centers versucht, einen Thor-Steinar-Laden loszuwerden. Über
die Räumungsklage wird am 12. März verhandelt.
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Presse
02.03.2009 Junge Welt
Berlin: 250 Menschen auf Protestkundgebung gegen
»Thor Steinar«
Berlin. Etwa 250 Menschen haben am Samstag
morgen gegen ein neues »Thor-Steinar«-Geschäft in Berlin-Friedrichshain
demonstriert. Dessen Eröffnung in der Petersburger Straße war
erst am Freitag bekanntgeworden. Entsprechend wenig Zeit blieb den Organisatoren
des Protests. Dennoch sprach sich die Provokation nicht nur unter Antifagruppen
herum; auch Vertreter der Grünen, der Linkspartei und einer lokalen
Anwohnerinitiative protestierten.
Ursprünglich war die Kundgebung unter dem Motto »Keine Naziinfrastruktur«
von der Versammlungsbehörde auf die Straßenseite gegenüber
dem Geschäft verbannt worden. Allerdings besetzten die Nazigegner
in einer spontanen Aktion den Mittelstreifen der Petersburger. Die Polizei
postierte ihre Einsatzfahrzeuge daraufhin direkt vor dem Laden. Eine Eskalation
wurde durch die Antifaschisten sowie durch die diesmal eher defensiv agierende
Polizei verhindert.
Zum Firmenkonzept der in der Neonaziszene äußerst beliebten
Bekleidungsmarke gehört unter anderem die Verbreitung nordisch verklärter
Mythen und Symbole. Die Eröffnung immer neuer Geschäfte sehen
Antifaschisten als Versuch, rechtsextreme Ideologien zu verbreiten, und
als Teil einer »Normalisierungsstrategie«. Darüber hinaus
suche sich »Thor Steinar« gezielt Orte für neue Geschäfte
aus, die schon durch ihre Lage eine Provokation für die Bewohner
der Gegend darstellen. Direkt neben dem am Samstag eröffneten Shop
ist eine Gedenktafel mit der Aufschrift »Zu Ehren der Opfer des
Mörderkellers Keglerheim« angebracht, die an einen früheren
SA-Folterkeller erinnert, der sich während der Nazizeit in dem Haus
befand.
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Presse
02.03.2009 Neues Deutschland
Kleiderkammer im SA-Sturmlokal
Gegen den »Thor-Steinar«-Laden in Friedrichshain
regt sich heftiger Widerstand der Anwohner
Zu Beginn gab es einen Test, wer schneller
ist. Kurz nach Kundgebungsbeginn gegen den neuen »Thor Steinar«-Laden
»Tromsø« in Friedrichshain rannten Antifas über
die Petersburger Straße. Die Polizei, die mit 140 Beamten im Einsatz
war, konnte die Menge jedoch vor der Stürmung des umstrittenen Geschäfts
an den Straßenbahnschienen stoppen. Rund 250 Menschen hatten sich
am Samstagmorgen versammelt, um gegen die Eröffnung des Klamottengeschäfts
der bei Neonazis beliebten Marke »Thor Steinar« zu protestieren.
Sie trafen sich um 9.30 Uhr auf der gegenüberliegenden Straßenseite
des Hauses Petersburger Straße 94. Dort, wo sich Neonazis jetzt
mit Klamotten eindecken, befand sich in den 1930er Jahren das »Keglerheim«,
ein Sturmlokal der faschistischen SA, in der nach der Machtergreifung
1933 hunderte Antifaschisten misshandelt oder ermordet wurden. Nur wenige
Meter neben der Gedenkplakette zur lokalen Naziterror-Zentrale befindet
sich der Eingang zum Bekleidungsgeschäft. Das war am Samstag zwar
geöffnet, bloß fanden sich keine Käufer.
Denn die Polizei hatte das Geschäft mit zwei Mannschaftswagen, die
vor den Schaufenstern Stoßstange an Stoßstange parkten, blockiert.
Das »Tromsø« ist neben der Filiale in der Rosa-Luxemburg-Straße
18 und dem »Doorbreaker« im RingCenter an der Frankfurter
Allee der dritte derartige Laden in Berlin. Die Grünen-Abgeordnete
Clara Herrmann hatte Donnerstag kurzfristig zur Kundgebung aufgerufen,
nachdem sich die Gerüchte über die Eröffnung bewahrheitet
hatten.
Auch die Friedrichshainer Initiative gegen Rechts mobilisierte zur Kundgebung.
»Für die Rechten ist das hier eine schlechte Nachbarschaft«,
sagte die Initiativen-Sprecherin, die SPD-Abgeordnete Canan Bayram gegenüber
ND. Die Nazis sähen die Eröffnung eines Ladens, »der hier
nur Miese machen wird«, als politische Aktion, ergänzte Markus
Roth von der Initiative. Friedrichshain sei bereits jetzt stadtweit Nummer
Eins bei rechten Übergriffen. Die Situation könnte sich noch
verschlimmern, wenn braune Kameraden zum Einkaufen herkämen und im
linksalternativen Kiez Ärger suchten.
Auch Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) nahm an der Kundgebung
teil. Gleich am Wochenanfang werde er das Gespräch mit dem Hauseigentümer
suchen, kündigte er an. »Nach den Protesten in Mitte, hätte
der Vermieter wissen können, auf was er sich hier einlässt.«
Für Schulz ist die Ladeneröffnung der Versuch der rechten Szene,
»ein Stück Infrastruktur« im linken Kiez einzurichten.
»Die Normalisierungsstrategie, die ›Thor Steinar‹ fährt,
darf man nicht tolerieren und muss sie mit langem Atem begleiten«,
betonte Sabine Kritter von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus
(MBR).
Grünen-Urgestein Hans-Christian Ströbele forderte die Anwohner
zum Handeln auf. Nur gemeinsam gelänge es, den Laden wieder zu schließen.
Als die Polizei die Protestierenden von den Straßenbahnschienen
verweisen wollte, spitzte sich die Situation kurz zu. Die Aufregung währte
jedoch nicht lange: Ein BVG-Angestellter erklärte, die M 10 sei umgeleitet,
die Kundgebung könne bleiben, wo sie ist. Nach zwei Stunden war die
Veranstaltung beendet. Es gab mindestens eine Festnahme, vermutlich wegen
Beamtenbeleidigung. Am morgigen Dienstag lädt die Initiative gegen
Rechts um 19 Uhr in den Mieterladen, Kreutziger Straße 23, zum offenen
Treffen, um das weitere Vorgehen zu planen. Eine Demonstration und Flugblätter
für die Anwohner soll es geben, so Canan Bayram. Darin jedoch, dass
es nicht bei Mahnwachen bleiben kann, war man sich am Samstag unter allen
Protestierenden ebenfalls einig.
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Presse
28.02.2009 RBB-Abendschau
Demo gegen "Thor Steinar"-Laden
Rund 150 Demonstranten haben am Samstagvormittag
gegen die Eröffnung eines "Thor Steinar"-Ladens in Berlin-Friedrichshain
protestiert. Der Protest verlief nach Polizeiangaben ohne Zwischenfälle.
"Thor Steinar" gilt als eine bei Neonazis beliebte Kleidermarke.
Bündnis 90/Die Grünen hatte zu der Protestaktion aufgerufen.
Die Politische Jugendsprecherin der Partei, Clara Herrmann, ist zu Gast
im Studio.
In Berlin hatte es bereits mehrfach Proteste gegen die Eröffnung
von Läden gegeben, die die Marke "Thor Steinar" führen.
Erst im Oktober vergangenen Jahres war eine Räumungsklage gegen ein
"Thor-Steinar"-Geschäft in Mitte ergangen. RBB-BLOG
mit 22 Kommentaren
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Presse
28.02.2009 Morgenpost
Hunderte demonstrieren gegen Thor-Steinar-Laden
Aus Mitte wurde Thor Steinar schon verjagt.
Nun wollte das bei Rechtsextremen beliebte Modelabel ein neues Geschäft
in Friedrichshain-Kreuzberg eröffnen. Und wieder gibt es Proteste.
Befürchtete Krawalle blieben aus. Die Demonstration verlief ohne
Zwischenfälle.
Am Vormittag haben rund 200 Demonstranten gegen die Eröffnung eines
Ladens der bei Rechtsextremen beliebten Modemarke Thor Steinar protestiert.
Zu der Demonstration vor dem „Thor-Steinar-Outlet“ in der
Petersburger Straße 94 im Stadtteil Friedrichshain hatten die Berliner
Grünen aufgerufen. Unter den Demonstranten waren auch der Bezirksbürgermeister
von Friedrichshain-Kreuzberg, Franz Schulz (Grüne), sowie der Grünen-Bundestagsabgeordnete
Hans-Christian Ströbele. Polizei hatte die Fensterscheiben des Ladens
vorsorglich gesichert. Der Protest verlief nach Polizeiangaben ohne Zwischenfälle.
Thor Steinar ist ein bei Rechtsradikalen beliebtes Modelabel und dient
nach Erkenntnis der Sicherheitsbehörden in der rechten Szene als
Erkennungszeichen. In Berlin hat es bereits mehrfach Proteste gegen die
Eröffnung von Geschäften gegeben, die die Marke “Thor
Steinar„ führen. Der Inhaber eines Kleidungsgeschäfts
in Mitte wurde im Oktober 2008 dazu verurteilt, das Geschäft in der
Rosa-Luxemburg-Straße zu räumen. Ähnlich entschieden auch
Richter über Läden in Leipzig, Magdeburg und Hamburg.
Auch verschiedene Institutionen verweigern inzwischen Besuchern mit Thor-Steinar-Kleidung
den Zugang zu ihren Einrichtungen: so etwa die Fußballvereine Hertha
BSC, Werder Bremen und der FC St. Pauli sowie der Deutsche Bundestag und
der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern. Die Berliner Polizei leitete mehrfach
Disziplinarverfahren gegen Polizisten ein, die im Dienst Thor-Steinar-Kleidung
trugen.
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Presse
28.02.2009 Tagesspiegel
Demonstration vor neuem "Thor Steinar"-Geschäft
Rund 250 Menschen haben am Samstagvormittag in Friedrichshain gegen die
Eröffnung eines neuen Ladens für die bei Neonazis beliebte Kleidermarke
"Thor Steinar" protestiert. Die Grünen hatten zur Demo
aufgerufen.
Berlin - Der Protest verlief nach Polizeiangaben ohne Zwischenfälle.
Die Partei Bündnis 90/Die Grünen hatte zu der Demonstration
aufgerufen.
Die Grünen-Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus,
Clara Herrmann, sagte, für das Geschäft sei in Friedrichshain
kein Platz und es müsse "so schnell wie möglich verschwinden".
In dem Laden in der Petersburger Straße unweit des Frankfurter Tors
wird laut Herrmann nur die Marke "Thor Steinar" vertrieben.
Diese Kleidung sei in rechten Kreisen sehr beliebt und mit völkischer
Symbolik beladen. Weiter führte sie an, dass die rechte Szene in
Friedrichshain "immer weiter vordringt". Dies zeige auch ein
Blick in die Statistiken rechter Übergriffe der Opferberatung "Reachout".
Laut Polizei verlief die Kundgebung weitgehend friedlich.
In Berlin hat es bereits mehrfach Proteste gegen die Eröffnung von
Geschäften gegeben, die die Marke "Thor Steinar" führen.
Der Inhaber eines Kleidungsgeschäfts in Mitte wurde im Oktober 2008
dazu verurteilt, das Geschäft in der Rosa-Luxemburg-Straße
zu räumen. Ähnlich entschieden auch Richter über Läden
in Leipzig, Magdeburg und Hamburg. (nal/ddp) 30
Kommentare
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Presse
28.02.2009 DDP
Demonstration gegen «Thor Steinar»-Laden
in Friedrichshain
Insgesamt war die Polizei mit 170 Mann im Einsatz
Berlin (ddp-bln). Zahlreiche Menschen haben
am Samstagvormittag in Berlin-Friedrichshain gegen die Eröffnung
eines neuen Ladens für die bei Neonazis beliebte Kleidermarke «Thor
Steinar» protestiert. Die Veranstalter sprachen von 250 Teilnehmern,
die Polizei von 170. Nach Angaben eines Polizeisprechers verlief die Kundgebung
weitgehend friedlich. Einzelne Demonstranten versuchten, in das Geschäft
in der Petersburger Straße einzudringen, was Beamte aber verhinderten.
Insgesamt war die Polizei mit 170 Mann im Einsatz.
Die Grünen-Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus,
Clara Herrmann, sagte, für das Geschäft sei in Friedrichshain
kein Platz und es müsse «so schnell wie möglich verschwinden».
In dem Laden in der Petersburger Straße unweit des Frankfurter Tors
wird nach Angaben der Grünen-Politikerin nur die Marke «Thor
Steinar» vertrieben. Diese Kleidung sei in rechten Kreisen sehr
beliebt und mit völkischer Symbolik beladen.
In Berlin hat es bereits mehrfach Proteste gegen Geschäfte gegeben,
die die Marke »Thor Steinar« führen. Der Inhaber eines
Kleidungsgeschäfts in Mitte wurde im Oktober 2008 dazu verurteilt,
das Geschäft in der Rosa-Luxemburg-Straße zu räumen. Der
Laden wurde mehrfach Ziel von Farbanschlägen.
Laut Polizei wurde auch bei dem neuen Geschäft in Friedrichshain
versucht, ein Farbei gegen die Schaufensterscheibe des Geschäftes
zu werfen. Der Mann verfehlte jedoch das Ziel. Beamte nahmen den 27-Jährigen
vorläufig fest.
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Presse
28.02.2009 Neues Deutschland
»Thor Steinar« in Friedrichshain
(ND-Kröger). Die Grünen rufen
am heutigen Sonnabend zum Protest gegen die Eröffnung eines Ladens
in Friedrichshain auf, der in seinem Sortiment die bei Rechtsextremen
beliebte Kleidungsmarke »Thor Steinar« führt. Die Kundgebung
wurde gestern kurzfristig von der Grünen-Abgeordneten Clara Hermann
für heute um 9.30 Uhr vor dem Laden in der Petersburger Straße
94 angemeldet. »Wir sind erst davon ausgegangen, es handelt sich
um ein Gerücht«, sagte Clara Hermann gegenüber ND. Doch
dann habe sich bestätigt, dass das umstrittene Modelabel aus Königs
Wusterhausen auch in Friedrichshain ein Geschäft eröffnen wolle.
Vor Ort war am Freitag eine frisch renovierte Ladenfront und ein noch
mit Pappe abgedecktes Schild zu erkennen. Mitglieder der Antifa wollen
jedoch einschlägige Personen beim Ausladen der Ware beobachtet haben.
Die Friedrichshainer Initiative gegen Rechtsextremismus ruft derweil ebenfalls
zu der Kundgebung auf. »Unsere größte Sorge ist, dass
es für alle potenziellen Opfer von Neonazis noch gefährlicher
wird, sich im Kiez zu bewegen«, meint Markus Roth von der Initiative.
»Dadurch, dass in Friedrichshain ein Outlet-Store geplant ist«,
weiß Bianca Klose von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus,
»steht zu befürchten, dass wieder ältere Kollektionen
des Modelabels mit dem alten Logo verkauft werden.« Das war in Brandenburg
schon mal verboten. In Mitte läuft unterdessen ein Verfahren gegen
einen ähnlichen Laden. Eine endgültige Gerichtsentscheidung
steht jedoch aus, weil die Ladenmieter offenbar gewillt sind, durch alle
Instanzen zu gehen.
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Presse
27.02.2009 DDP
Demonstration gegen Eröffnung von «Thor
Steinar»-Laden
Berlin (ddp-bln). Die Grüne-Fraktion
im Abgeordnetenhaus hat für Samstag (28. Februar) in Berlin-Friedrichshain
zu einer Kundgebung gegen die Eröffnung eines neuen Ladens für
die bei Neonazis beliebte Kleidermarke «Thor Steinar» aufgerufen.
«Wir fordern alle demokratischen Kräfte auf, durch ihre Teilnahme
ein Zeichen gegen Intoleranz und Hass zu setzen«, sagte die Sprecherin
für Strategien gegen Rechtsextremismus der Grünen-Fraktion,
Clara Herrmann, am Freitag. Die Kundgebung beginnt um 9.30 Uhr vor dem
Geschäft in der Petersburger Straße zwischen Bersarinplatz
und Frankfurter Tor.
Die Marke »Thor Steinar« ist wegen des Verwendens umstrittener
Symbole vor allem bei Neonazis beliebt. Auch gilt sie in der Szene als
Erkennungszeichen. Herrmann betonte, wer die Hintergründe von »Thor
Steinar« nicht kenne, könne den Laden für ein norwegisches
Outdoor-Geschäft halten. Genau das sei aber Teil der Normalisierungsstrategie
der Betreiber.
In Berlin hat es bereits mehrfach Proteste gegen die Eröffnung von
Läden gegeben, die die Marke »Thor Steinar« führen.
Der Inhaber des »Tonsberg»-Ladens in Mitte wurde im Oktober
2008 dazu verurteilt, das Geschäft in der Rosa-Luxemburg-Straße
zu räumen. Ähnlich entschieden auch die Richter in Leipzig,
Magdeburg und in Hamburg.
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Presse
09.01.2009 Neues Deutschland
Der Bahnhof als Tatort
Nach Übergriff auf Punk am Ostkreuz: Initiative gegen Rechts kündigt
Aktion an
Leute eilen hin und her – Menschen,
die in verschieden aussehender Kleidung stecken. Einige tragen das Logo
der »Antifaschistischen Aktion« an der Jacke oder andere linke
Insignien, aber auch die bei Neonazis beliebte Marke »Thor Steinar«
fällt ins Auge. Doch die meisten Menschen die mittags auf der Bahnhofsbaustelle
Ostkreuz ihrer Wege eilen, sehen »normal« aus. Ein Ort, wie
es in dieser Stadt hunderte gibt – ein Übergriff, wie er an
solchen Orten über die Jahre immer wieder passiert.
Am Ausgang Markgrafendamm wurde am Dienstagmorgen gegen 4.45 Uhr ein 38-jähriger
Punk mutmaßlich von Rechten zusammengeschlagen. Der alkoholisierte
Mann sei nach eigenen Angaben mit »Scheiß-Punker« angesprochen
und von drei unbekannten Tätern, die er als der »rechten Szene
zugehörig« erkannte, geschlagen und getreten worden. Das teilte
die Polizei auf Anfrage mit. Der Punk habe bei dem Angriff Kratzer, Prellungen
und Hämatome erlitten und sei inzwischen aus dem Krankenhaus wieder
entlassen worden. Im linken Nachrichtenportal »indymedia«
haben vermutlich Freunde des Betroffenen ihre Version der Geschichte veröffentlicht.
Die Täter hätten ihm, nachdem sie ihn bepöbelt haben, seine
Flasche auf dem Kopf zertrümmert, ihn mit Wodka übergossen und
ihm die Scherben in Gesicht gestochen. Der Betroffene und andere Punks
seien schon öfter von Rechten am Ostkreuz angepöbelt worden,
liest man dort.
Nach Angaben von Opferberatungsstellen gab es 2008 einen gewalttätigen
Übergriff, nach Polizeiangaben keinen. Pöbeleien und auch Übergriffe
sind nicht alltäglich am Ostkreuz, aber es gibt sie. »Man sieht
immer wieder auch bekannte Rechtsextreme am Ostkreuz herumstehen, die
dort ein-, aus- oder umsteigen«, erzählt Sabine Kritter von
der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR), die seit Jahren Projekte
– privat oder öffentlich – berät, die sich gegen
Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus engagieren. »Am
Ostkreuz werden auch Migranten oder Linke bepöbelt und bedroht«,
weiß Kritter. Es sei eben so, dass sich rechtsextreme Vorfälle
an Verkehrsknotenpunkten, an denen viele Menschen unterwegs sind, »verdichten«.
Schon 2005, als Friedrichshain die traurige Hitparade der gewalttätigen
rechten Übergriffe anführte, geschahen die meisten Taten im
öffentlichen Raum an Bahnhöfen. Die angesichts dessen 2006 gegründete
Initiative gegen Rechts spricht davon, dass Angsträume entstehen,
in denen sich Menschen, die nicht der »Normalität« entsprächen,
bedroht fühlten. Bei der Polizei heißt es auf diese Frage:
»Die Polizei kennt keine Angsträume«.
Markus Roth von der Initiative sagt, es sei schwer, gegen derartige Gewalt
vorzugehen, weil sie aus einem unorganisierten rechten Spektrum stamme.
Man müsse das Klima im Kiez verändern, findet Roth und kündigt
an, dass die Initiative nun verstärkt Präsenz am Ostkreuz zeigen
wolle.
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Presse
07.01.2009 Tagesspiegel
Ins Krankenhaus geprügelt
Drei Unbekannte haben gestern in Friedrichshain
einen Punker schwer verletzt. Der betrunkene 38-Jährige war gegen
4.45 Uhr am Eingang zum S-Bahnhof Ostkreuz von ihnen zunächst angepöbelt
und dann geschlagen und getreten worden. Anschließend flüchtete
das Trio, das nach Angaben des Opfers der rechten Szene angehören
soll. Ein Lkw-Fahrer, der in der Nähe gerade sein Fahrzeug belud,
alarmierte Polizei und Feuerwehr. Der Verletzte kam zur stationären
Behandlung in ein Krankenhaus. Der Staatsschutz übernahm die Ermittlungen.
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Presse
4.12.2008 Jungle World
Kein Bier für Nazis!
Ein Kiez und seine Gewerbetreibenden dürfen Opfer
rechter Gewalt nicht alleine lassen. Disko von Clara Herrmann
Der Stadtteil Friedrichshain ist über
Berliner Grenzen hinaus bei Einheimischen und Touristinnen und Touristen
für seine eher alternative Ausgeh-Szene bekannt. Umso überraschender
ist es, dass ausgerechnet Friedrichshain seit Jahren die traurige Liste
rechtsextremer und rassistischer Übergriffe der Opferberatungsstelle
»Reachout« in Berlin anführt. Kneipen und Imbisse
stellen häufig die Ausgangspunkte rechtsextremer Taten dar. Die Initiative
gegen Rechts hat mit ihrer Mappe »Servicewüste für Nazis«
eine Handreichung für Gewerbetreibende im Kiez konzipiert. Warum
eigentlich und was soll das überhaupt bewirken?
Die Antwort ist simpel: Mit der Aktion sollen Gewerbetreibende über
die Situation und die Zusammenhänge in Hinblick auf Rechtsextremismus
aufgeklärt und es sollen ihnen Handlungsmöglichkeiten geboten
werden, wie man seine Kneipe, sein Restaurant oder seinen Laden und dessen
Besucherinnen und Besucher vor Nazis schützt und die braune Brut
vom eigenen Gewerbe fernhält – gerade weil man Nazis im Jahr
2008 gar nicht mehr auf den ersten Blick erkennen kann. Sie tragen Che-Guevara-Shirts,
Palitücher oder »Thor-Steinar«-Pullover und sind durchaus
auch gepierced. Keineswegs der alte Einheitslook mit Glatze und Bomberjacke.
Auch über solche neuen (Mode-)Entwicklungen und Erkennungszeichen
in der rechtsextremen Szene klärt die Mappe auf. Im 21.?Jahrhundert
muss man mehrmals hinsehen, und unter Umständen kann man Rechtsextreme
nur an versteckten Symbolen oder Zeichen erkennen. Aber auch genau darauf
zu achten, welchen Inhalt die Veranstaltung hat, für die man seine
Räumlichkeiten vermietet, ist ratsam. Handelt es sich wirklich um
eine harmlose Geburtstagsfeier, oder trifft sich gerade eine Kameradschaft?
Zudem wissen viele Inhaberinnen und Inhaber von Gastronomiebetrieben nicht,
dass sie sich per Hausordnung und beim Abschluss von Verträgen gegen
Rechtsextreme schützen können. Niemand muss dulden, dass seine
Kneipe oder sein Laden zum Treffpunkt für Rechte wird, die dort nicht
erwünscht sind, andere Kundschaft vertreiben und dem Betrieb neben
einem schlechten Image auch einen wirtschaftlichen Schaden zufügen.
Selbiges gilt auch für Täuschungen bei der Anmietung von Gewerberäumen
– wie zum Beispiel geschehen bei den »Thor-Steinar«-Läden
in Magdeburg und Berlin. Auch zu diesen Fragen gibt die Handreichung der
Initiative gegen Rechts wertvolle Tipps.
Durch einen Aufkleber mit der Aufschrift »Für Nazis keine Happy
Hour« kann jeder Gewerbetreibende deutlich im Schaufenster Stellung
beziehen und zeigen, dass Nazis hier keinen Platz finden. Wer geht schon
gerne in eine Location, in der man offensichtlich nicht willkommen ist
– bei Betreibenden und bei den anderen Gästen? Das ist ein
wichtiges Zeichen für Menschen, die wegen ihrer Hautfarbe oder ihrer
offensichtlichen Zugehörigkeit zu einer Minderheit ganz besonders
durch Rechtsextremismus bedroht sind. Hier gilt es, den Betroffenen Räume
zu schaffen, in denen sie sich frei und ohne Angst aufhalten können.
Ein Kiez und seine Gewerbetreibenden dürfen Opfer rechter Gewalt
nicht alleine lassen. Dazu gehört auch: Sich einzumischen statt wegzuschauen,
und weitere Informationen und Beratungshilfen aufzuzeigen.
Wenn Gastronomen und Händlerinnen und Händler in einem Kiez
sich zusammenschließen und viele Gewerbetreibende einen Aufkleber
im Fenster oder an der Tür haben, der zeigt, dass die Räumlichkeiten
nazifrei sind, wird schnell ein Zeichen der Solidarität und der gemeinsamen
Ablehnung von Menschenfeindlichkeit und Intoleranz gesetzt. So kann sich
ein Stadtviertel oder gar ein ganzer Ort erfolgreich gegen die schleichende
braune Invasion wehren und rückt zudem enger zusammen. Läden,
Kneipen und Imbissbuden tragen entscheidend zum gesellschaftlichen
Klima eines Viertels bei. Weltoffenheit und die Weigerung, mit Intoleranz
Geschäfte zu machen, werten jeden Betrieb und jedes Viertel auf.
»Keinen Fußbreit den Faschisten« – für ein
offenes und freundliches Zusammenleben im Kiez, dazu können
alle beitragen, auch Gewerbetreibende. Die Aktion »Servicewüste
für Nazis« schließt damit eine wichtige Lücke, denn
auch Gastronomie und Gewerbe gehören zu einer aktiven, demokratischen
Zivilgesellschaft und profitieren von einer nazifreien Umgebung, wirtschaftlich
und inhaltlich.
Die Autorin ist aktiv in der Initiative
gegen Rechts in Friedrichshain, Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin
und Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen.
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