3000 Leute auf Kiezparade Friedrichshain

Das war wieder mal nötig. 3000 Menschen positionierten sich am 23. September 2006 in Friedrichshain gegen Rechts, gegen Nazis, ihren gesellschaftlichen Nährboden und gegen dessen Dethematisierung in der Öffentlichkeit. Aufgerufen und vorbereitet von vielen seltsamen Gruppen, Projekten, Künsterlerinnen, Freaks, SpitzenkandidatInnen und Politprofis zog die Parade aka Demo mit neun Wägen fünf Stunden durchFriedrichshain, um dann noch zwei Stunden am Boxhagener Platz Krach aka Musik zu machen. Nötig geworden war das Bündnis, nicht nur weil es sonst langweilig wird, wenn alle immer in ihrer Suppe schwimmen, sondern weil es sich allein miserabel tanzen läßt. Für manche wurde der Anspruch auf Vielfältigkeit etwas überstrapaziert. Ein Rat: Gewöhnt euch dran nicht die einzigen zu sein, die politische Inhalte thematisieren können und dabei Spaß haben. Berichte, Redebeiträge, Flyer, Aufruf und Hintergründe

Berichte zur Kiezparade

Indymedia: Berlin-Friedrichshain: Kiezparade
Indymedia: Kneipe in Berlin-Friedrichshain verschönert
Bilder bei ADF
Bilder bei Flickr
Video bei Youtube

Presse
22.09.2006: Neues Deutschland

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Aufruf

23. September 2006: Kiezparade Friedrichshain
Vielfalt statt Einfalt – Den rechten Konsens aufkündigen!

15 Uhr Frankfurter Tor

Friedrichshain ist Nr. 1 bei rechter Gewalt! Wieso gerade Friedrichshain, und warum merken das nur wenige?
Die letzten Jahre sind gekennzeichnet von urbaner Umstrukturierung der Stadtmitte. Das geht gerade in Friedrichshain zu Lasten linker Projekte und alternativer Lebensweisen, die vorher das Straßenbild geprägt haben. Wo keine vielfältigen Subkulturen mehr sind, macht sich der gesellschaftliche Mainstream breit. Und dieser beruht auf penetrantem Konsens und faulen Kompromissen statt auf Vielfalt.
Nicht falsch verstehen: Wir sind auch harmoniebedürftig, aber konstruktiver Streit macht das Leben erst lebenswert, weil sich nur so was verändert. Die Konfliktscheu der meisten Leute aus allen Schichten ist so allgegenwärtig geworden, dass es eigentlich nicht lohnt von Zusammenleben zu sprechen, sondern eher von einem Aneinander-Vorbeileben.
Vielfältigkeit ist die Garantie für Innovation und Weiterentwicklung. Eine normierte Kultur, immer gleiche Denkstile und standardisierte Lebensweisen sind zwanghafte Versuche, Abweichungen zu kanalisieren und einfältige Gemeinsamkeit herzustellen. Der ernstgemeinte Anspruch auf Vielfältigkeit muss Unterschiedlichkeit und Unbehagen deshalb aushalten, solange dadurch nicht andere Menschen massiv an ihrem Leben gehindert werden.
Der viel beschworene Pluralismus führt gemeinhin eher zu einer Normalität des Desinteresses statt zu mehr Akzeptanz und Lust am Anderssein. Konflikte werden vermieden statt ausgetragen – das macht das Leben für viele einfacher und für manche viel schwerer. Eine gebückte, auf Kompromiss ausgerichtete Haltung wird als lebenswert angepriesen, und sich zu positionieren gilt als kitschig und unsozial gegenüber der Gemeinschaft.
Doch die allgemeine Konfliktarmut dient denen, die keine Widerrede haben wollen. In das einmütige Tolerieren von Missständen wird schnell ein fiktiver Konsens hineininterpretiert. Dann heißt es, dass es keine nennenswerte Widerrede gegen z.B. das Großprojekt Media-Spree, die Räumung von linken Hausprojekten, die „Revitalisierung“ ganzer Stadtteile (sprich Verdrängung armer Menschen an den Stadtrand) und die tägliche Abschiebung von Flüchtlingen gibt und daher der Großteil der Bevölkerung wohl dahinterstehen müsse. Die logische Konsequenz aus Missmut muss also eher eine Begeisterung zum Austragen von Konflikten sein und nicht die ständige Selbstvergewisserung, dass es sich ohnehin nicht lohnt.
Das Bedürfnis, Streitereien aus dem Weg zu gehen, führt gerade in Bezug zu rechten Übergriffen, wie sie in letzter Zeit in Friedrichshain wiederholt stattfanden, ebenfalls zu einer Konsensvermutung, die dem realen Meinungsbild hoffentlich nicht entspricht.
Oder womit ist sonst zu erklären, dass die meisten NachbarInnen bei extrem rechten Übergriffen und Pöbeleien auf der Straße oder in der Kneipe lieber betreten das Thema wechseln statt einzuschreiten. Es sind nicht allein die rechten PraktikerInnen, die in Friedrichshain dafür sorgen, dass sich Menschen nicht-deutscher Herkunft und eine alternative linke Szene nicht wohlfühlen. Es ist das Klima des Tolerierens von rechten Meinungen, was Rassismus und autoritäre Machtansprüche akzeptabel erscheinen läßt. Es ist das Tolerieren, was den rechten SprücheklopferInnen und GewalttäterInnen vermittelt, sie würden den Großteil der Bevölkerung hinter sich haben. Es ist genau dieser fiktive rechte Konsens, den es aufzulösen gilt.
Klar, die seismographische Bedeutung so einer Kiezparade ist gering. Entscheidend ist die alltägliche Praxis, die den Nährboden für rechte Einstellung umgraben kann. Wenn wir zusammen, selbstorganisiert und basisdemokratisch in unserem Kiez leben und handeln, steigt nicht nur unsere Lebensqualität. Es ist auch der unüberhörbare Hinweis, dass es für alle möglich ist, das Zusammenleben in Friedrichshain mitzugestalten, Angstzonen zu beseitigen und rechtes Denken und Handeln in Schranken zu weisen.
Das einzige Mittel gegen rechts ist und war eben schon immer kontinuierliche explizit nicht-rechte, antiautoritäre Projekte, Vereine, Hausgemeinschaften zu erhalten und zu fördern und zu schaffen. Eine gemeinsame Demonstration aller daran interessierter Menschen ist mal wieder nötig!

Rechte Kneipen räumen- statt linke Häuser!
Freiheit statt Normierung - Kein Kiez für Nazis!

Komm zur Kiezparade, Bring Dich ein - Sei dabei, Seid vielfältig - Seid kreativ

Join the Kiezparade

Under the titles "No Kiez for Nazis" and "Monotony Stinks – Variety Not Uniformity" the citizens' group against the extreme right is calling on everyone from street musicians and rock bands to kindergarten groups and jugglers to display courage and to take part in Friedrichshain’s Kiez Parade against the extreme right on 23 September 2006 – and to get involved. Speeches will be made and around seven trucks will accompany the demonstration, also providing musical accompaniment.
In Friedrichshain the rate of extreme right-wing violent attacks has been on the increase for several years. In 2005 Friedrichshain was even declared Berlin's number one kiez for Nazis and violent criminals from the extreme right. This led to the creation of the initiative against the extreme right, a group that has taken on the goal of re-establishing a peaceful and tolerant community in Friedrichshain.
The initiative was created by a broad alliance consisting of a range of organisations, associations, parties, the AntiFa and many individual citizens. On 23 September the demonstration will begin at 3 p.m. at Frankfurter Tor and finish at Boxhagener Platz in the evening with a street party that will include the creative participation of neighbouring cafes, shops and bars. Anyone can get involved – with colourful posters or by playing guitars or even dancing – to stand up for a self-determined, diverse and multicultural Friedrichshain.

Initiative gegen Rechts Friedrichshain + friedrichshain.blogger.de + Antifa Friedrichshain + Elektroschelle + Bachstelzen + Fuckparade + KP-Berlin + No Historical Backspin + Klangsucht + Keep it Rollin + Prograffiti + Humans R Demons + Budzillus

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Pressemitteilung
„Kein Kiez für Nazis“ – Aufruf zur Demonstration gegen Rechts am 23. September

Unter den Titeln „Kein Kiez für Nazis“ und „Monotonie stinkt -Vielfalt statt Einfalt“ ruft die Bürgerinitiative gegen Rechts vom Straßenmusiker bis zur Rockband, von der Kitagruppe bis zum Jongleur alle dazu auf, Courage zu zeigen und sich bei der Kiezpararde durch Friedrichshain gegen rechtsextremes Gedankengut am 23. September 2006 zu beteiligen und sich aktiv dort einzubringen. Neben Redebeiträgen werden ca. sieben Wagen die Demonstration auch musikalisch begleiten.
In Friedrichshain steigt die Anzahl rechter Gewaltübergriffe seit Jahren an. Im Jahr 2005 wurde Friedrichshain sogar Berlinweit zum Kiez Nummer eins für Nazis und rechte Gewalttäter. Die Initiative gegen Rechts wurde auch aus diesem Grund gegründet und hat es sich zur Aufgabe gemacht, in Friedrichshain wieder ein tolerantes und friedliches Miteinander zu etablieren.
Die Initiative wurde von einem breiten Bündnis aus verschiedenen Organisationen, Verbänden, Parteien, der AntiFa und vieler einzelner BürgerInnen ins Leben gerufen. Am 23. September wird die Demonstration um 15 Uhr am Frankfurter Tor beginnen und abends am Boxhagener Platz mit einem Straßenfest abschließen, bei dem sich auch anliegende Cafes, Geschäfte und Bars kreativ mit einbringen sollen. JedeR kann sich dort einbringen – sei es mit einem bunten Plakat, einer Gitarre oder einem Tanz – und so für ein selbstbestimmtes, vielfältiges und multikulturelles Friedrichshain einstehen!

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Redebeiträge entlang der Route

Auftaktkundgebung am Frankfurter Tor
Hallo und Willkommen zur Demonstration „Kein Kiez für Nazis. Vielfalt statt Einfalt“

Ihr wisst warum ihr heute hier seid. Es geht um rechte Gewalt auf Friedrichshains Straßen. Es geht um eine schweigende Mehrheit, die den Mund nicht aufkriegt, wenn Nazis zuschlagen, Leute mit Steinen und Flaschen bewerfen oder ihre menschenfeindlichen Parolen durch die Straßen brüllen.
Die Betroffenen solcher Angriffe sind vielfältig: MigrantInnen, Punks, Antifas, Homosexuelle, Leute mit Schlaghosen, bunten Klamotten und längeren Haaren.
Sich in Friedrichshain Gewalterfahrungen von Nazis und rechten Hooligans abzuholen ist einfach. Wer ins Beuteschema passt und sich am Wochenende an den Verkehrsknotenpunkten Frankfurter Tor, Frankfurter Allee, Ostkreuz und Warschauerstraße rumtreibt, kann sich sicher sein, zumindest angepöbelt zu werden.
Die Sprüche sind immer die gleichen: „Du gehörst nicht hierher. Was machst du auf germanischem Boden. Hier ist Deutschland“ / „Schneid dir die Haare ab“ / „Geh arbeiten“ / „Hau ab“. Wer daraus jetzt die Motive für ihr Handeln ableitet wird feststellen, dass es den rechten Schlägern und Sprücheklopfern, um die Reinheit Friedrichshains, um die geliebte Nation, um Ordnung und Sauberkeit geht. Zur Durchsetzung dieser einfältigen Allmachtsphantasien sind alle Mittel recht.
Nicht nur offensichtliche Neonazis und prügelerprobte Hooligans haben das Bedürfnis nach Begradigung von Kultur und die irrationale Angst vor allem was ihnen fremd erscheint. Viele der rechtsextremen Meinungen, hören wir auch von anderen Seiten: in den Medien, in den Behörden und eben auch in Friedrichshains Kneipen, WG-Küchen und Einkaufsläden.
Wir wollen uns mit dieser Demonstration positionieren. Gegen Nazis und ihre Gewalt, aber vorrangig gegen die Werte, die sie durchsetzen und die ihnen aus der bürgerlichen Mitte diktiert werden. Ich weiß nicht wie es euch geht, aber ich steh auf Vielfältigkeit. Ich steh drauf permanent daran erinnert zu werden, dass es neben mir und meiner Art zu leben unendlich viele andere Formen gibt sich selbst zu entfalten. Ich steh auf Häuser, die statt leer zu stehen, besetzt und genutzt werden. Ich steh auf Straßenmusikanten und Leute, die ihre ganze Zeit statt in Arbeit, lieber in nicht-kommerzielle Projekte investieren. Ich steh auf Veränderungen, auch wenn ich öfters darüber stolpere. Ich steh auf Kritik und Streit, auch wenn’s anstrengend ist. Ich steh auf Friedrichshain, weil ich glaube, dass vielfältiges Leben hier möglich ist.
Zeigen wir der schweigenden Mehrheit in Friedrichshain, dass es möglich ist Position zu beziehen. Nicht nur heute auf dieser Demo, sondern jeden Tag, beim Einkaufen, beim skaten am Frankfurter Tor, beim U-Bahnfahren, beim Abhängen auf dem Boxi und bei allem was ihr sonst so macht.

Kein Kiez für Nazis. Vielfalt statt Einfalt.

Eine kurze Geschichte der Initiative Gegen Rechts Friedrichshain

Im Januar 2006 haben wir uns als Nachbarschaftsinitiative das erste Mal getroffen. Eingeladen wurde per Flyer und Mail. Gekommen sind lauter Initiativen, Vereine, Parteien, Leute aus dem Bezirksamt, Antifas und AnwohnerInnen. Wir wollten gemeinsam, trotz der gegensätzlichen Positionen, die wir in vielen anderen Bereichen haben, die rechten Übergriffe verhindern.
Irgendwann ist uns aufgefallen, dass es nicht allein die Nazis sind, die dafür sorgen, dass rassistische Angriffe stattfinden. Es ist eine Normalität des Desinteresses, ein Klima des Tolerierens von rechten Meinungen, was in Friedrichshain alltäglich ist und was angegangen werden muss. Also haben wir Informationsflyer produziert, die nicht gegen die Nazis gerichtet waren, sondern eher die Friedrichshainer Bevölkerung dazu befähigen sollten selbst gegen Rechts aktiv zu werden. Es ging vor allem darum, Nazis und ihre Ideologie im Alltag erkennen und einordnen zu können und den Leuten Optionen, aktiv zu werden, an die Hand zu geben. Wir als kleiner Haufen können, auch zusammen mit den wenigen noch verbliebenen linken Projekten, die Nazis nicht zurückdrängen und die Angriffe verhindern. Dass es die Polizei auch nicht schafft, hat sie mehrfach in den letzten Monaten bewiesen. Hier ist also das Wohnumfeld gefragt, dass sich kontinuierlich gegen rechts positionieren und dementsprechend einschreiten muss.
Doch das ist nur die eine Seite unseres Ansatzes, schließlich werden weiterhin Leute von Nazis durch Friedrichshains Straßen gejagt und angepöbelt. Was ist mit den Betroffenen? Die wollten wir mit den Problemen nicht alleine lassen und haben zusammen mit der Opferberatungsstelle Reachout eine wöchentliche Beratung für Betroffene rechter Gewalt in Friedrichshain eingerichtet. Darüber erfuhren wir mehr über die Wirkung von alltäglichem Rassismus und dass die Gewalt der Nazis nur die Spitze des Eisbergs sind.
Aufgrund der vielen Diskussionen, die wir auf unseren etlichen Treffen geführt haben, war es möglich auch gemeinsam aktiv zu werden. Wir gingen auf die verschiedenen Straßenfeste in Friedrichshain und machten Informationsstände, schrieben Briefe an Hausverwaltungen von rechten Kneipen, führten Projekttage in Schulen durch und betrieben regen Austausch mit anderen Bezirken. Genug des Eigenlobs.
Entscheidend ist an dieser kurzen Geschichte, dass Vernetzung und Organisierung nötig sind, um was auf die Beine zu stellen. Diskussionen mit Leuten die unterschiedliche Ansichten und verschiedene Politikformen haben sind nötig, um neues zu erfahren und sich weiterzuentwickeln. Eine Demo ist beispielsweise nicht jedermanns Sache, genauso wenig wie Briefe an Hausverwaltungen das Herz von autonomen Antifaschisten höher schlagen lassen. Wichtig ist nur, dass alle nach ihren Fähigkeiten gegen Rechts agieren. Dazu braucht es nicht viel Struktur, aber zumindest Vernetzung.

Was könnt ihr gegen rechte Angriffe in Friedrichshain tun?
Die Beantwortung dieser Frage hängt von euch ab.
Wenn ihr Zeuge von rechten Übergriffen werdet, dann könnt ihr eingreifen. Ihr könnt andere darauf aufmerksam machen, den Angreifern klarmachen, dass ihr euch für das Geschehen interessiert. Ihr könnt alle Leute aus den Häusern klingeln oder auch die Polizei rufen. Ihr könnt euch danach, um das Opfer kümmern und ihm Solidarität vermitteln. Ihr könnt auch die Täter verfolgen und dingfest machen. Ihr entscheidet was ihr machen könnt.

Was könnt ihr gegen das rechte Klima auf Friedrichshains Straßen tun?
Alternativen bieten.
Die Nazis wollen die Hegemonie auf der Straße, eine Dominanz nach dem Motto „Wer lauter schreit darf entscheiden“. Wenn da niemand lauter schreit, denken sie, dass sie allein sind und machen können was sie wollen. Alles was sich als Nicht-Rechts in der Öffentlichkeit bemerkbar macht, ist eine sichtbare Alternative, kratzt an den Hegemoniebestrebungen der Nazis und nimmt ihnen ihre Rückzugsräume. Ob nun linke Aufkleber an jeder Laterne, Plakate und Transparente in den Fenstern und an den Häusern – die Möglichkeiten etwas mehr linke Dominanz zu erzeugen sind vielfältig und einfach. Wollt ihr euch mehr Mühe machen, dann organisiert selbst was, ihr habt genügend Ideen. Nicht jede Woche kann eine Demo durch Friedrichshain stattfinden, deshalb ist Kontinuität gefragt.
Linke Hausprojekte wie die Rigaer94 sind solche kontinuierlichen Orte, die unübersehbar nicht-rechts sind. Sie sind natürlich noch mehr als das. Sie sind Orte des Zusammenlebens und gemeinsamen Handelns. Keine Angst, ihr sollt jetzt nicht alle riesige Wohngemeinschaften gründen und die Wände zu euren Nachbarn einreißen. Hausprojekte sind nur Beispiele dafür, wie es funktionieren kann nicht allein dem rechten Alltag gegenüberzustehen.

Eine Demo ist ein kleiner Schritt, euer Alltag ist entscheidend für Vielfältigkeit in Friedrichshain!

Kurze Chronik von rechten Angriffen in Friedrichshain

16.09.2006: Am Vormittag greifen einige rechte BFC Hooligans am Frankfurter Tor Punks an.
05.09.2006: Am frühen Morgen wird an einer Tram Haltestelle Landsberger Allee ein Schwarzer von einem 19 und einem 21 Jährigen rassistisch beleidigt. Ein Passant stellt die beiden zur Rede und wird daraufhin mit einem Messer bedroht.
02.09.2006: Drei Männer, die vorher in der Sportsbar Eldenaerstr. 13 waren, bedrohen eine Frau (Zitat: „Zecken haben hier nichts verloren!“) und bewerfen sie mit Glasflaschen.
18.08.2006: In den frühen Morgenstunden gröhlt ein kleine Gruppe Personen rassistische und NS-verherrlichende Parolen und zeigt den Hitlergruß an der Tram Haltestelle U-Bhf. Warschauerstr. Mehrere Personen sprechen sie unabhängig darauf an und werden z.T. geschlagen.
14.07.2006: Ein Jugendlicher wird von zwei Neonazis in der Revaler Str. mit einem Schlagstock angegriffen.
23.06.2006: Zwei Schwule werden im Volkspark Friedrichshain von sieben Männern angegriffen und verletzt.
14.06.2006: Vor der Kietzkneipe 3 (Voigtstr.) sammeln sich etwa 20 rechte Fußballfans, singen Sprechchöre und schwenken Reichskriegsflaggen.
Vor der Sportsbar in der Eldenaer Str. sammeln sich wieder 50 Hooligans, entzünden Feuerwerk, pöbeln PassantInnen an und treten einen Mann nicht-deutscher Herkunft.
10.06.2006: Ein Mann wird von vier Hooligans an der Revaler Str. verprügelt.
25.05.2006: „Vatertag“ auch in Friedrichshain. In der Friedensstr. greifen etwa 15 rechte Jugendliche PassantInnen an. Am Ostkreuz kommt es gegen 22 Uhr zu einem Übergriff einer 12 köpfigen Gruppe Neonazis auf einen Jugendlichen. Er wird mit einer Kette im Gesicht verletzt. Drei der AngreiferInnen werden von der Polizei festgenommen. Darunter auch Stefanie Piehl eine NPD Funktionärin.
21.05.2006: Am frühen Morgen werden drei alternative Jugendliche von zwei Neonazis im Bahnhof Frankfurter Allee mit Schlagstöcken angegriffen und verletzt.
19.05.2006: In der Nacht zu Samstag wird eine Gruppe alternativer Jugendlicher im Volkspark Friedrichshain an den Volleyballfeldern unvermittelt von etwa 20 Neonazis mit Schlagstöcken und Flaschen zusammengeschlagen.
06.05.2006: Am Wühlischplatz bedrohen zwei Neonazis mehrere Jugendliche mit Schlagwerkzeugen. Eine halbe Stunde später wird von den gleichen beiden einem Mann mit einem Hammer am Wismarplatz das Schienenbein gebrochen.
05.05.2006: Etwa 50 Neonazis und Hooligans greifen alternative Jugendliche am Kletterfelsen im Volkspark Friedrichshain mit Flaschen und Steinen an. Es gibt erhebliche Verletzungen auf beiden Seiten.
29.04.2006: Eine junge Frau wird am Abend von drei Neonazis Frankfurter Allee/ Proskauerstr. angepöbelt und bedroht.
25.04.2006: Ein Schwuler wird auf dem Boxi von 10-15 Neonazis erst beschimpft und dann ins Gesicht geschlagen. Etwa 100 PassantInnen sahen sich nicht genötigt einzugreifen. Danach setzten sich die Nazis wieder in die Sonne auf dem Boxi.
22.04.2006: In der Nacht zu Sonntag wird eine Schwarze am S-Bhf. Frankfurter Allee von sechs Neonazis ohne Vorwarnung festgehalten, zusammengeschlagen und beraubt. Sie erlitt erhebliche Verletzungen und musste ins Krankenhaus. Obwohl der Übergriff vor einem Spätkauf passierte, schritt die Bedienung nicht ein. Stattdessen riefen Anwohner die Polizei wegen Ruhestörung, weil die Schwarze am Boden liegend so laut schrie.
19.04.2006: Ein Schwarzer wird von zwei Neonazis auf dem U-Bhf. Warschauerstr. erst beleidigt und dann mit einer Flasche auf den Kopf geschlagen. Sie bedrohen ihn mit einem Messer.
31.03.2006: Landsberger Allee Ecke Petersburgerstr. greift eine Gruppe von acht Neonazis mit Ketten und Flaschen zwei MigrantInnen an und verletzt beide.

Diese Auswahl stellt nur einen kleinen Teil von dem dar, was wirklich in Friedrichshain alles passiert. Wir sind darauf angewiesen Informationen von euch zu bekommen, um solche Vorfälle zu sammeln und dagegen vorgehen zu können. Falls ihr selber von Angriffen betroffen seid oder von Übergriffen gehört habt, dann meldet euch bitte bei uns unter : www.initiative-gegen-rechts.de

Rassismus aus der Mitte der Gesellschaft

Oftmals wird das Problem des Rechtsradikalismus verkürzt dargestellt. Für viele Politiker sind nur diejenigen rechtsextrem, die ihre verbrecherische Meinung mit Gewalt auf die Straße tragen. Denn die schaden ja dem Ansehen Deutschlands in der Welt.
Abgesehen davon, dass hier idiotisch-patriotisch gegen rechts argumentiert wird, sollten wir uns mal näher anschauen, wie die dreckige rechte Suppe gekocht wird.
Diese Suppe hat verschiedene Zutaten. Die Straßennazis und Skinheadschläger sind nur die herzhaft-gewalttätige Wurstbeilage dieser wenig schmackhaften Brühe.

Was sind also die anderen Zutaten? Wie wird gekocht? Und vor allem: wer kocht mit?
Die Grundzutat ist eine Mischung, die von emotionalem Patriotismus bis hin zum knallharten Nationalismus reicht. Diese Mischung stellt die eigene Nation höher als andere.
Hinzu kommen Vorurteile gegenüber anders aussehenden, anders lebenden und von woanders herkommende Menschen. In Deutschland hat etwa die Hälfte der Bevölkerung eine latent fremdenfeindliche Meinung.
Diese Vorurteile schlummern oft, werden nicht unbedingt öffentlich geäußert. Vielleicht mal besoffen am Stammtisch und auf der heimischen Couch vor der Glotze. Und dennoch steckt in ihnen ein Mobilisierungspotential, das von Parteien – nicht nur von ganz rechts, sondern auch der CDU - gerne genutzt wird. Dann werden Unterschriften gegen die doppelte Staatsbürgerschaft gesammelt und im Wahlkampf heißt es plötzlich „Kinder statt Inder“. Die CDU würde natürlich vehement abstreiten, dass sie irgendetwas mit Fremdenfeindlichkeit zu tun hat. Denn fremdenfeindlich sind ja bekanntlich nur die bösen Gewalttäter.
Zurück zum Bild der Suppe: Die Zutat ist also da – und eine Partei wie die CDU schmeißt sie in den Kochtopf. Das Schlimme an der Sache ist: sie macht mit solchen Aktionen rassistische Meinungen hoffähig. Reisst sie aus der moralisch geächteten rechten Ecke und nimmt ihnen so das gesellschaftliche Tabu.
Für alle Parteien, die sich demokratisch nennen, muss klar sein: Wer so etwas macht, wird zu einem Teil der braunen Suppe.
Es muss klar sein, dass es keine Zusammenarbeit mit Rechten und Rassisten geben darf. Wer mit den Moscheegegnern in Pankow-Heinersdorf mitmarschiert, marschiert zusammen mit NPD und Republikanern. Wer Interviews in rechten Zeitungen gibt, macht diese gesellschaftlich relevanter. Wer so etwas macht, steht mit den Nazis zusammen in der Suppenküche.
Gerade wurde gewählt. Und die Nazis der NPD haben es hier in Berlin in Bezirksparlamente geschafft und in Meck-Pomm in den Landtag. Jetzt wird wieder viel von Protestwählern geredet, anstatt anzuerkennen, dass die rechte Ideologie einen festen Platz in den Köpfen vieler Menschen hat – und dass verdammt noch mal - mehr dagegen getan werden muss!
Stattdessen plant die große Koalition Gelder von Projekten gegen Rechtsextremismus streichen. Und erfahrene Projekte auslaufen lassen. Wer so handelt, hat nichts von den langwierigen Prozessen der Zivilgesellschaft verstanden. Im Gegenteil, er schaltet die Kochplatte, auf der diese stinkende Suppe gekocht wird, noch eine Stufe nach oben.
Das Problem, wegen dem wir heute auf der Straße sind, ist also vielfältig.
Es sind nicht nur die rechten Schläger - es sind auch die ganz normalen Bürger, die mit ihrem klassischen Spruch „Ich hab nix gegen Ausländer, aber...“ einfach zu wenig Widerspruch ernten.
Es geht um Parteien, die Angst vor Migranten oder Muslimen schüren. Es geht um neuen Patriotismus der schnell zu Nationalismus werden kann. Es geht auch um Rassismus in Institutionen. Darum, dass Migranten von der Polizei diskriminierend behandelt werden. Es geht darum, dass Einwanderer nur auf Grund der Tatsache, dass sie hier sind, bis zu 18 Monate in Abschiebeknäste gesperrt werden können.
Und wir protestieren auch dagegen, dass die Polizei mit roher Gewalt Antifaschisten von der Straße prügelt, wenn diese gegen Nazis demonstrieren. Es ist beschämend, dass junge Leute von der Polizei auf die Fresse kriegen anstatt in ihrem demokratischen Wirken unterstützt zu werden.
Man könnte diese Liste sehr lange weiterführen: Es geht letztlich darum, dass Rassismus und Rechtsradikalismus von vielen in diesem Land nicht bekämpft, sondern toleriert oder gar gefördert werden. Aus welchen Gründen auch immer. Das zeigt: Rechtsextremismus und Rassismus sind kein Randphänomen – sondern kommen aus der Mitte der Gesellschaft. In Ost und West.
Lasst uns also in die braune Suppe spucken. Die Kochplatten abdrehen. Oder die Suppe gleich ganz auskippen. Es gibt viele Mittel und Wege den Nazis und ihren Suppenköchen zu begegnen: macht, was ihr für richtig haltet. Und habt am Besten noch Spaß dabei.

Kein Kiez für Nazis. Überall. Für bessere, bunte, wohlschmeckende Suppen!
Und jetzt: viel Spaß auf der Demo.

Frankfurter Tor – Übergriffe und Biermeile
Die Kiezparade startet am Frankfurter Tor nicht nur weil wir hier irgendwie die Mitte Friedrichshains verorten, sondern auch weil hier eine Menge passiert. Aufgrund der Umsteigemöglichkeit von Tram zur U-Bahn kommt es zu massig Durchlauf von lauter verschiedenen Leuten. Dabei kommt es oft zu Angriffen gegen die Punks, die hier Scheiben putzen und Leute, die hier Skaten. Erst letztes Wochenende haben rechte BFC Dynamo Fans hier zugeschlagen.
Einmal im Jahr findet hier die Biermeile, die längste Theke der Welt, bis zum Strausberger Platz statt. Da wird nicht nur gesoffen, sondern auch rassistisch rumgepöbelt. Wer mal Alltagsrassismus und Deutschtümelei erleben will, kann ja im nächsten Jahr probieren mit einer Roten Fahne über der Schulter dort gesund wieder rauszukommen.

Bersarinplatz - Übergriff 2005 und Polizeifehlverhalten
Am 12. Juni 2005 griffen am Bersarinplatz vier Neonazis aus ihrem Auto heraus einen Schwarzen mit Pfefferspray an. Da sofort Passanten zur Hilfe eilten, riefen die Neonazis die Polizei und behaupteten angegriffen worden zu sein. Daraufhin wurde der Schwarze wegen Nötigung in Gewahrsam genommen. Die Angreifer sind der Kameradschaft Tor zuzuordnen. Das Beispiel zeigt nicht nur den aktiven Rassismus der Neonazis sondern vielmehr das Fehlverhalten der Polizei gegenüber den Betroffenen rassistischer Gewalt.

Rigaerstraße
(Nicht nur) Berlin 2006: der Alltag der Menschen ist zunehmend bestimmt von Angst, Druck und Sorgen. Arbeitsplätze und soziale Leistungen werden abgebaut, Lebenshaltungskosten steigen, während Einkommen sinken und unsicherer werden. Arbeitslosen- oder SozialhilfeempfängerInnen werden als „Schmarotzer“ abgewertet, Mietpreise steigen obwohl tausende Häuser leerstehen und vor sich hin rotten. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Kurz gesagt: die Lage wird immer unerträglicher, vor allem für alle, die keinen Bock auf Konkurrenzkampf und Verwertungslogik haben.
Raum für selbstbestimmte Entfaltung, unkommerzielles solidarisches Miteinander, alternative Lebensformen und die Freiheit von staatlicher Kontrolle, Konsumzwang und Diskriminierung wird knapper. Projekte, die seit Jahrzehnten bestanden und einen solchen Raum dargestellt haben, werden gekauft, geräumt, schicksaniert und vergessen! Wem so nicht beizukommen ist, der_dem wird mit schikanösen Auflagen das Dasein zur Hölle gemacht.
Das Lieblingskind der aktuellen Politik heißt Stadtumstrukturierung. Stadtumstrukturierung meint Kapitalismus in Reinkultur: aus Geld noch mehr Geld machen. Für die Stadt heißt das vor allem: Investitionen müssen sich lohnen! Dabei geht es natürlich nicht darum, ob die Investitionen für möglichst viele nütze sind, sondern wieviel es einbringt! Erstaunliche Geldbeträge werden ständig in schickere Straßen, Konsumpaläste und -viertel gesteckt.
An sozialen und kulturellen Einrichtungen wird gespart. Spiel- und Lebensräume für sozial schwächere und verwertungsunwillige Menschen verschwinden. Wohnraum, Geschäfte, Spiel und Spaß werden teuer- wer nicht zahlen kann, muß gehen. Gerade desahlb und gerade jetzt ist es also einfach nötig, zusammenzuarbeiten und klar zu machen, daß es ne ganze Menge Menschen gibt, die sich diesem Druck nicht beugen, die weiterhin laut und bunt sind!!
Aus diesem Grund hat die INITIATIVE OFFENES KULTURZENTRUM Berlin Friedrichshain vor 2 Monaten erneut die KiTa am Bersarinplatz besetzt.-Eins von genau den Gebäuden, die nach dem Willen der Stadt an private Investoren verkauft werden und so zur Aufwertung des Nordkiezes beitragen sollen. Wir protestieren dagegen und fordern die sofortige Herausgabe aller leerstehenden Häuser zur unkommerziellen Nutzung an die Bevölkerung!!
Tja, die KiTa wurde noch am gleichen Abend geräumt- aber unser Protest bleibt!!! Laßt euch den Ausverkauf eurer Stadt nicht länger gefallen!
Es geht um UNSER Leben! -um das Recht auf Selbstbestimmung und Entfaltungsmöglichkeiten für alle!!!
Laßt euch nicht vertreiben und laßt nicht zu, daß andere vertrieben werden! Vernetzt euch! Bildet Banden! Spuckt den verdammten Stadtplanern, Investoren und Yuppies in die Suppe!
Selbstorganisation ist, was ihr draus macht!
Deswegen werde ich NICHT zu einer Straftat aufrufen und euch sagen:Besetzt Häuser, Straßen und Plätze! Genau das sollen alle nämlich für sich selbst bestimmen!!
Macht kaputt, was euch kaputt macht! Seid widerständig und kreativ!
Und vor allem: seid solidarisch miteinander, damit es auch in 20 Jahren noch
selbstverwaltete Projekte gibt!
Heute der Kiez- und morgen die ganze Welt...
Move your ass!

Rigaerstr./ Liebigstr. – Unkommerzielle Projekte
An dieser Ecke finden sich massig alternative Projekte, die seit Anfang der 90er Jahre das Bild hier prägen. Zunächst mal wäre da das X-Beliebig, ein nicht-kommerzieller Veranstaltungsraum, der allen offen steht, die sich dem kapitalistischen Normalzustand entziehen wollen. Dazugehörig das Haus Liebigstr. 34. Eines der wenigen Häuser, in denen ausschließlich Frauen zusammen wohnen.
Daneben ist der Infoladen, der sinnigerweise auch „Daneben“ heißt und jeden Nachmittag geöffnet hat. Hier findet sich alles was das links-alternative Herz an Lesestoff begehrt. In unregelmäßigen Abständen finden hier auch Veranstaltungen zu aktuellen politischen Themen und vor allem antifaschistischen Mobilisierungen statt.
Die Liebigstr. 34 braucht grad viel Geld, weil das Haus verkauft werden soll. Weil die Projekte erhalten bleiben sollen, wollen die Bewohnerrinnen selbst die Bruchbude kaufen.
Ein paar Schritte weiter die Rigaerstr. entlang findet sich das sehr bekannte Hausprojekt Rigaer94. Leider immer nur in aller Munde, weil es ständig Räumungsbedroht ist. Nicht gleich falsch verstehen: die Leute zahlen ihre Miete, doch das ist dem Hauseigentümer zu wenig. Er will sanieren und die Leute rausschmeißen. Ganz fies wie wir finden!

Eldenaerstr. Ecke Proskauerstr. – Hoolkneipe E13
An der Hausecke da vorn: Eldenaerstr. Ecke Dolzigerstr. Ist seit der WM eine neue Kneipe, die ausschließlich bei Fußballspielen geöffnet hat. Das Publikum ist exklusiv aus dem Hooliganmilieu und die Partys privat. Dreimal wurden hier seit Juni nun schon Menschen Opfer von rechter Gewalt, die vom Publikum der Kneipe ausging. Das finden wir scheiße und deshalb gehen wir hier vorbei. Wir möchten dem Besitzer der Kneipe mitteilen, dass wir ganz genau beobachten was hier passiert.

Voigtstr. - „Kietzkneipe 3“
Die Kietzkneipen nerven uns nun schon seit zwei Jahren. Die dritte, hier in der Voigtstr. hat Ende 2005 eröffnet und der Wirt trägt vorzugsweise ein T-Shirt mit der Aufschrift „Ficken für den nationalen Widerstand“. Seit der Eröffnung wurde die Keipe schon öfters angegriffen, es gab Ansagen und Gespräch. Dennoch bleibt die rechte Klientel. Während der Fußballweltmeisterschaft trafen sich hier regelmäßig rechte Fussballfans, grölten rum und schwenkten die Reichskriegsflagge.

Prograffiti zum Feindbild Sprüher

Wenn es dunkel ist ziehen sie los. Besteigen in halsbrecherischen Aktionen die Dächer der Städte oder klettern hinab in die U-Bahn-Katakomben der Metropolen. Keine graue Mauer, kein Zug, kein Bahnhof der noch sicher ist vor nächtlichen Farbanschlägen der kreativen Art. Graffiti ist eine Massenbewegung geworden. Zehntausende von Aktivisten lassen jede Nacht das Strafgesetzbuch hinter sich und bomben guerillamässig die freien Flächen der Republik. Die Resultate dürfen wir dann morgens auf dem Weg zu Schule, Job oder Arbeitsagentur bewundern. Doch natürlich sind nicht alle begeistert von der alltäglichen künstlerischen Umgestaltung des öffentlichen Raums. Doch dazu später. Erstmal muss gefragt werden was Graffitis eigentlich sind und welche Funktion sie erfüllen, oder anders gefragt:

Warum ist Berlin so derbe zugebombt?
Graffiti sind Zeichen, Worte und Symbole, die plakativ an Wänden zu finden sind: geschrieben, gemalt, geklebt, gesprüht oder eingeritzt. Dazu gehören Höhlenmalereien, Politparolen, tags , Styles, Klosprüche und Kinderbotschaften.
Graffiti sind äußerst vielfältig in ihren Erscheinungsformen und brechen z.T. mit gesellschaftlichen Konventionen, reflektieren und reproduzieren diese aber auch, sind also zunächst Kommunikationsmittel im öffentlichen Raum. Die Beweggründe sind individuell verschieden: Es geht darum aufzufallen, Zeichen zu setzen, zu kommunizieren, zu provozieren, den öffentlichen Raum zu erobern und Spaß zu haben. Graffiti ist also auch eine Art jugendlicher Identitätsausdruck, eine Art zu rebellieren, bei der es darum geht legal oder nicht aktiv zu sein und gesehen zu werden. Graffiti gilt als zentrales Ausdrucksmittel eines jugendlichen urbanen Lebensgefühls, dass die Städte bunter und lebendiger macht, behaupten wir mal frech. Es zeigt das Berlin trotz Mitte-Schickeria und übertrieben hoher Polizeidichte eine pulsierende und lebende Metropole ist.

Für einen nicht unbedeutenden Teil der Gesellschaft jedoch, wie z.B. den Kreis um den Nofitti-Vorsitzenden und ehemaligen CDU-Abgeordneten Karl Henning a ka IM BODO, ist Graffiti ein Verbrechen, das seit Juni letzten Jahres als Sachbeschädigung verfolgt wird. Diese Gesetzesverschärfung ist das Ergebnis einer medialen und politischen Hetzjagd gegen GraffitiaktivistInnen, vor allem rund um den 1. internationalen Anti-Graffiti-Kongress der im April 2005 im Berliner roten Rathaus stattfand, mit dem Ziel, diese zu kriminalisieren und als Vandalen abzustempeln. Mit unterschiedlicher Funktion. Gebäudereinigern und Dosenfabrikanten dient es zur
Sicherung der Umsätze, Politikern als willkommener Sündenbock für Kriminalität und Verslummung . Mit Law & Order-Parolen wird das bürgerliche Sauberkeits- und Sicherheitsbedürfnis auf den Plan gerufen und mit dem gewalttätigen Graffiti-Vandalen ein weiteres Feindbild geschaffen, mit dem neben anderen Störfaktoren wie Punks, Obdachlosen, BettlerInnen, Behinderten, MigrantInnen und
einer unkommerziellen Clubkultur endlich auch Graffiti aus dem Stadtbild verschwinden soll. Dies erfolgt über zunehmende Überwachung und Repression: Der öffentliche Raum wird verstärkt privatisiert und sicherheitsüberwacht. Es geht um die totale Verwertung, alles was nicht der Profit-Logik folgt soll aus den Inner-City verschwinden. Jugendeinrichtungen werden geschlossen, aber Millionen für Kameras, Securitys, Anti-Graffiti-SoKo4s und völlig durchgeknallte Hubschraubereinsätze ausgegeben. Für Sauberkeit, Ordnung und innere Sicherheit werden jeden Tag Menschen kriminalisiert, mit hohen Geldstrafen belegt oder im Knast weggesperrt.

Aber haben Politik und Geselleschaft nicht andere Probleme?
Könnte man glatt meinen. Das grade in Zeiten verschärften Sozialabbaus, Verarmung und steigenden Rechtsextremismus der Staat auf keine Blödere Idee kommt als „Graffitischmierer“ zu einem gesellschaftlichen Problem Hochzustilisieren scheint erst mal schräg, ist aber bei genauerer Betrachtung vor allem Logisch. Es geht wie meisten in der Politik darum von den eigenen Unfähigkeit und drängenden gesellschaftlichen Problemen abzulenken und „Sündenböcke“ zu suchen. Anfang der 90er mussten „drogendealende Ausländer“ her um das Recht auf Asyl abzuschaffen, bei der WM mussten herbeihalluzinierte Hooligans herhalten um die Grundrechte massiv einzuschränken. Und so weiter. Wen ihr uns fragt hat Politik noch nie was anderes gemacht. Und wer im Jahr 2006 echt noch meint von freilaufenden Idiotenclubs wie der Linkspartei oder den Kriegsgeilen Grünen könnte irgendeine Positive Veränderung kommen, dem ist die Hirnpaste dicke am auslaufen. Aber ehrlich.

Aber zurück zum Thema.
Die verarmte RentnerIn soll glauben das die Mieten wegen den Schmierereien ständig teurer werden, der Hartz-IV-Alki das die Fahrpreise der BVG durch die immensen Reinigungskosten steigen. Bloss niemand soll auf den Gedanken kommen die Herrschende Politik für die miese Situation verantwortlich zu machen. Neben der in der Politik schon immer , und nicht erst seit 1933, beliebten „Teile und Herrsche“ Strategie die zum Ziel hat Bevölkerungsgruppen gegeneinander Aufzuhetzen hat die verschärfte Repression noch einen weiteren Hintergrund. Die Herrschenden glauben an ihre Scheisse von wegen Demokratie und Marktwirtschaft einfach selber nicht mehr. Wurde in den 80er und 90er Jahren Graffiti noch streckenweise geduldet und teilweise als pädagogisches Konzept aufgewertet, gabs zusammen mit Hartz IV einen kompletten Richtungswechsel in der Jugendpolitik. Wurde früher wenigsten noch erzählt das es dem Staat nicht ausschließlich darum geht den Jugendlichen mit verboten und Bullen gehörig auf die Nerven zu gehen sondern auch darum, sie zu „integrieren“ und ihnen einen Platz in der Gesellschaft zu geben ist diese Illusion heutzutage komplett geplatzt. Wir Jugendliche und die Politiker wissen beide sehr Gut das in ihrer Gesellschaft keinen Platz mehr für uns ist. Wir sind im Spätkapitalismus überflüssig geworden, werden nie einen Ausbildungsplatz bekommen und jeder gibt einen Scheiss auf uns. Es geht nicht mehr darum uns eine – wenn auch spießige und langweilige Zukunft von wegen Schule, Job, Familie, Reihenhaus – zu bieten, so was ist nicht mehr drin, sondern nur noch darum uns so unter Kontrolle zu halten das wir in unsere Ghettos nicht ausrasten. Die Politik hat eine Genaue Vorstellung was mit uns passieren soll: während sie und ihre Gören hippe Partys am Hackenschen Markt, hier in der Simon Dach Strasse oder auf der Kastienallee feiern wo der Cocktail 15 Euro kostet, sollen wir in den Ghettos von Neukölln, Weissensee und dem Märkischen Viertel in Armut vor uns hinvegetieren und keine Ansprüche an unser Leben oder den Staat stellen. Die Repression gegen Graffiti ist nur ein Teil dieser all umfassenden Verarmungsstrategie die mit den Worten „Scheiss auf uns!“ richtig umschrieben ist. Aber damit der Rest der gesellschaft auch brav mitmacht, muss erst mal kräftig dämonisiert werden.

Um es auf den Punkt zu bringen:
Die Kampagnen gegen Graffiti, die Diskussionen um die Rütli-Schule und Jugendkriminalität sind in unseren Augen die Begleiterscheinung einer von Medien und Politik forcierten gesellschaftlichen Mobilmachung gegen Jugendliche, vor allem gegen Jugendliche mit migrantischen Hintergrund, die seit Jahren anhält. Fast kein Tag vergeht ohne das Bild oder B.Z. mit irgendwelchen Horrostory`s über amoklaufende Jugendliche auftrumpfen, jede Schlägerei wird aufgeblasen, bei jeden Einzelfall
eine ganze Generation in Verdacht genommen. Obwohl die Kriminalitätsrate seit Jahren sinkt geben sich Medien und Politik viel Mühe, eine Bild zu zeichnen wonach die Jugend in der Grosstadt ,zumindest diejenigen nicht-deutscher Herkunft, aus messerstechenden Irren besteht, während rechtsextremistische Gewalt verharmlost wird. Jugendlichen Graffiti-Aktivisten werden in den Zeitungen als „gut organisierte Kriminelle Gruppen“ beschrieben und entsprechend mit BGS-Hubschraubern gejagt. Rap-Musiker werden von Politikern für gesellschaftliche Misstände und den Zustand der Jugend verantwortlich gemacht, statt umgekehrt. In sogenannten „Problembezirken“ wie Neukölln, Wedding und Kreuzberg werden migrantische Jugendliche von der Polizei terrorisiert und unter Generalverdacht gestellt „Drogendealer“ oder zumindest irgendwie „kriminell“ zu sein. Die sozialen Ursachen die zu Kriminalität und Gewalt führen, nämlich Armut und Perspektivlosigkeit werden dabei größtenteils ausgeblendet. Bei dem Medienrummel um die Neuköllner Rütli-Schule zum Beispiel wurde nicht das Versagen der Pädagogen und des deutschen Schulsystems, das migrantische Jugendliche systematisch diskriminiert, thematisiert sondern fast durch die Bank Weg die aufmüpfigen Schüler und deren ausländische Herkunft für die Probleme verantwortlich gemacht. Das Bild des „ausländischen gewalttätigen Jugendlichen“ das die Medien jeden Tag aufs neuen den Menschen in die Köpfe hämmern geht nicht nur an der Realtiät vorbei, es schürt auch Rassismus, Intoleranz und Angst.

Gegen diese gesellschaftliche Mobilmachung von Law & Order-Fetischisten, deutschen Sauberkeitsfanatikern und Rassisten sagen wir ganz klar, Fickt euch mal derbe in Knie Leute.

Berlin Bleibt Bunt und Dreckig!

Frankfurter Allee Ecke Voigtstr. - Silvio Meier
Rechts sehen wir den U-Bhf. Samariterstr., der eine traurige Geschichte hat. 1992 wurde dort der Antifaschist Silvio Meier von Nazis bei einer Auseinandersetzung wegen einem Aufnäher abgestochen. Sein Freund überlebte den Angriff schwerverletzt. Die Täter bekamen Bewährungsstrafen. Seit 1993 findet jedes Jahr die Silvio-Meier-Demo Ende November statt, die den aktuellen Kampf gegen Nazis und gegen rechte Ideologie thematisiert. Im U-Bhf. befindet sich seit letztem Jahr eine neue Gedenktafel, die an Silvio Meier erinnert. Die alte wurde gestohlen. Anfang diesen Jahres kam es am U-Bhf. Samariterstr. Gehäuft zu rechten Übergriffen gegen linke Jugendliche.

S-Bhf. Frankfurter Allee - Großraumdisko Jeton
Anfang des Jahres kam es hier öfters zu rechten Übergriffen. Bei einem ganz krassen Vorfall wurde eine Frau auf die U-Bahngleise gestoßen und verhindert, dass sie wieder hoch klettern konnte. Die Täter kamen aus der Großraumdisko Jeton und fahren nur nach Friedrichshain um hier feiern zu gehen. Tatsächlich konnte zu der Zeit jeden Freitag Abend im Jeton das Who-is-Who der Berliner Kameradschaftsszene bewundert werden. Das Jeton ist auch sonst nicht gerade für ein friedliches Publikum bekannt. Schon mehrfach waren hier Razzien gegen das Hooligan- Türsteher und Rockermilieu. Wir wollen nicht zu sehr in diese Szenen einsteigen, dennoch kann festgehalten werden, dass sich im Jeton gewaltförmige Subkulturen treffen, die ideologisch nach rechts offen sind, sich dort austauschen und zusammen feiern.

Zwischenkundgebung am Ringcenter
Staatliche Maßnahmen gegen Rechts

Liebe Freundinnen und Freunde gegen rechts und für ein freies, friedliches und fröhliches Friedrichshain,

schön, dass ihr alle da seid, es ist wirklich toll, dass so vielen Menschen sich heute hier versammelt haben, um gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit Farbe zu bekennen!
Wir sind hier und demonstrieren gegen rechts – viele von euch werden das schon öfter gemacht haben dieses Jahr..- .und einige hier engagieren sich sogar täglich gegen rechte Propaganda und Gewalt. Vielen Dank an euch!
Jetzt ist aber auch mal die Politik gefordert. Die Politik, also der Bund und das Land Berlin, ist verpflichtet uns inhaltlich und finanziell zu unterstützen. Die Politik muss uns, die Zivilgesellschaft, im Kampf gegen Rechtsextremismus, stärken!
Statt nur Sonntagsreden zu halten und reine Symbolpolitik zu betreiben, müssen langfristige Strategien und Maßnahmen entwickelt werden. Denn die Politik ist selten vor Ort, wir, die wir tagtäglich auf der Straße sind, müssen deshalb gestärkt werden, statt oft von der Polizei darin behindert oder dadurch diskriminiert zu werden. Denn der Staat selbst stellt eine demokratische Instanz dar und muss Möglichkeiten zur Partizipation für uns Bürgerinnen und Bürger schaffen!
Mit diesem Ziel wurden 2001 die Bundesprogramme gegen Rechtsextremismus ins Leben gerufen. Sie fördern Initiativen vor Ort und helfen so bei der Bildung regionaler Netzwerke gegen Rechts. Die wertvollen Projekte (wie die Mobile Beratung gegen Rechtsextrmismus hier in Berlin) beraten Kommunen, helfen Opfern rechter Gewalt und Nazi-Aussteigern, klären an Schulen auf, bieten kulturelle Alternativen.
Diese zivilgesellschaftlichen Aktivitäten bilden eine Grundsäule unseres demokratischen Gemeinwesens und wir sollten diesen Leuten verdammt dankbar sein für ihre Arbeit. Denn sie sind es, die sich tagtäglich mit Rechten Kräften auseinander setzen und so langfristig etwas gegen rechts ausrichten können!
Die rechtsextremen Wahlerfolge sind leider keine Überraschung, wenn wir auf den deutlichen Anstieg der rechtsextremen Gewalt und Straftaten blicken. Der Verfassungsschutzbericht verzeichnete 2005 bei rechtsextrem motivierten Gewalttaten einen Anstieg von 23,5 Prozent. In den neuen Bundesländern wurden im ersten Halbjahr 2006 laut Opferberatungsstellen bereits 708 Menschen Opfer rechtsextremer Gewalt. Das sind vier betroffene Menschen pro Tag, die Hilfe aufsuchen. Daneben ist von einer erheblichen Dunkelziffer weiterer Opfer auszugehen. Statt Lippenbekenntnissen und reiner Symbolpolitik müssen die politischen Instanzen das Problem endlich ernst nehmen und sich dauerhaft damit auseinandersetzen!
Rechtsextremistische Aktivitäten und Wahlerfolge dürfen nicht länger als unerklärliches oder kurzfristig auftauchendes Phänomen gesehen werden! Der Zulauf zur rechtsextremen Szene findet nicht nur in Wahlkampfzeiten statt. Rechtsextremismus ist eine dauerhafte Erscheinung in der Bundesrepublik. Deshalb muss die Symbolpolitik aufhören, wie reine Verbote oder Repressionen, wir brauchen langfristige Maßnahmen, die das Problem an der Wurzel packen!!!
Zunächst muss sich die Politik mit der nationalsozialistischen Propaganda und pseudosozialen Darstellung als Hartz4-Gegner und Globalisierungskritiker inhaltlich auseinandersetzen!!! Und einige Politiker (wie besonders von der CDU/CSU) müssen aufhören selbst rassistische Vorurteile zu schüren und mit der Hetze gegen MigrantInnen aufhören!!!
Die Bundesregierung will nun die Strukturprogramme wie CIVITAS und ENTIMON gegen Rechtsextremismus nach einer Gnadenfrist bis Mitte 2007 auslaufen lassen. Das ist unverantwortlich und hilft den Rechten sogar noch ! Die Maßnahmen werden zum Sündenbock gemacht. Und die VerliererInen dieser Entscheidung sind zwangsläufig wir, die Zivilgesellschaft. Dagegen müssen wir lautstark protestieren!
Außerdem sollen künftig Fördermittel für die Arbeit gegen Rechtsextremismus nur noch über Kommunen beantragt werden können. Da wo in Kommunen selbst der Bürgermeister NPD wählt, wäre das fatal (Nazis selbst beantragen doch keine Fördergelder gegen sich selbst)... Außerdem würden damit freie Träger ihre Unabhängigkeit verlieren, die es ihnen bisher ermöglicht hat auch entgegen den Einschätzungen lokaler Politik und Polizei konsequent die Perspektive von Betroffenen einzunehmen und damit zu stärken.
Freie Träger sind dann vom Wohlwollen der örtlichen Verwaltung abhängig. In vielen Kommunen fehlt das Problembewusstsein für rechtsextreme Tendenzen vor Ort.
Viele Kommunen sehen die Initiativen gegen Rechtsextremismus als Nestbeschmutzer an, die tourismusschädigend wirken und Investoren verschrecken. Das Problem sind aber nicht die zivilgesellschaftlichen Initiativen, sondern braune Kameradschaften und das schweigende Einverständnis der Bevölkerung!
Deshalb fordern wir die Erhaltung der laufenden Programme und eine bessere finanzielle Ausstattung für diese! Nur so können wir langfristig etwas gegen rechts bewirken!
Durch die Einmärsche der NPD in die Landtage von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern und der DVU in Brandenburg hat das rechtsextreme Lager gezeigt, was geschieht, wenn nicht auf allen demokratischen Ebenen an einem Strang gezogen wird. Die Neonazis arbeiten zusammen und formieren sich bundesweit. Ihr nächstes Ziel: Thüringen. Dort wird 2009 der Landtag gewählt, und mit ihrer Infrastruktur in Dresden und in Schwerin wird die NPD nun bestehende Kameradschafts- und Parteistrukturen stärken und neue aufbauen. In wie viele Parlamente lässt die Politik die Rechten noch einziehen, bis sie endlich aufwachen und handeln!!!
Sowohl auf politischer, als auch zivilgesellschaftlicher Ebene muss der Grundsatz gelten: keine Zusammenarbeit mit oder Unterstützung von gewaltbereiten, menschenverachtenden Gruppierungen wie den rechten Kameradschaften und Parteien! Dagegen müssen alle demokratischen Kräfte in Deutschland konsequent und entschieden vorgehen, innerhalb und außerhalb der Parlamente. Besonders die Auseinandersetzung mit Neonazis in den Parlamenten und Räten muss deutlich machen, dass NPD, DVU und REPs keine Konzepte haben, die den Menschen helfen. Ganz im Gegenteil: Besonders auf kommunaler Ebene zeigen sich rechtsextreme Mandatsträger als jene, die passiv bleiben und die freiheitliche Demokratie radikal ablehnen. Sie wollen die Kommunalpolitik in den Dienst der "Systemüberwindung" stellen. Der Populismus einer so genannten "Politik für den kleinen Mann" darf nicht dazu führen, dass sich Wählergemeinschaften und Parteien für Anträge der NPD gewinnen lassen. Die demokratischen Parteien müssen sich fragen, weshalb sich so viele Menschen von einer substanzlosen Fundamentalkritik an System und Kapitalismus ohne konkrete Lösungsvorschläge dennoch ansprechen lassen. Ganz offensichtlich werden die Konzepte etablierter Parteien allzu oft weder für glaubwürdig noch für zukunftsfähig gehalten. Eine Schwächung der NPD wird daher nur funktionieren, wenn die Menschen gleichzeitig Angebote erhalten, die ihnen Hoffnung und Perspektive geben.
Das konsequente Handeln des Rechtsstaates darf allerdings nicht diejenigen treffen, die den Rechtsstaat mit zivilgesellschaftlichen Mitteln verteidigen. Die strafrechtliche Verfolgung bei der Verwendung antifaschistischer Symbole (etwa durchgestrichene Hakenkreuze), wie z.B. in Baden-Württemberg und Niedersachsen, trägt zur Demoralisierung engagierter BürgerInnen bei und verkennt das eigentliche Problem: das Erstarken des Rechtsextremismus und den Mangel an couragierten und offensiven Gegenaktionen.
Die Politik muss Verantwortung zeigen und an den laufenden und durchaus wirksamen Maßnahmen festhalten!!! Liebe PolitikerInnen, unterstützt uns bitte, denn wir sind die Guten!

Liebe Polizistinnen und Polizisten am Rand,

das folgende geht auch an euch. Obwohl ihr euch vermutlich oft nicht dafür interessiert, wo ihr eingesetzt seid und warum, wollen wir euch doch etwas für den Alltag mitgeben.
Wir wissen, euer Arbeitsalltag ist hart. Permanent dieser moralische Druck, die einzigen zu sein, welche gesetzte Ordnung gegenüber einer unkontrollierbaren Gesellschaft durchsetzen müssen. Permanent dieser Spagat, eine gewaltfreie und ordentliche Gesellschaft mit repressiver Gewalt erzeugen zu müssen. Ständig das Gefühl zu haben was falsch zu machen, wenn ihr mit unverhältnismäßiger Härte gegen Demonstranten vorgeht. Im Unrecht zu sein, wenn ihr Leute auf der Straße verdachtstunabhängig kontrolliert und wenn ihr etwas schwungvoller mit eurem Waffenarsenal hantiert, weil euch einer blöd kommt.
Das ist wirklich hart und wir haben Mitleid mit euch. Denn ihr steht unter Dauerbeschuss. Aus allen Ecken der Gesellschaft werdet ihr angegriffen – selbst die Gerichte erklären oftmals eure Handlungen nachträglich für illegitim und überzogen. Doch versteht das bitte nicht falsch liebe Polizistinnen und Polizisten.
Wer sich mit dem Gewaltmonopol bewaffnet und sich als williger Vollstrecker gegen die Gesellschaft verselbstständigt, muss von der Gesellschaft in die Schranken gewiesen werden. Wäre die Gesellschaft euch gegenüber nicht so rigide, könnten wir heute nicht demonstrieren. Vergesst bitte nicht: Ihr seid nicht die moralische Instanz der Gesellschaft, die alles überwachen, kontrollieren und sanktionieren muss. Das macht die Gesellschaft schon alleine. Wir wissen schon ganz gut, für was es sich lohnt auf die Straße zu gehen und welche Gesetze für uns nicht bindend sind.
Wenn Neonazis aufmarschieren, dann lohnt es sich Position dagegen zu beziehen, um klarzumachen, dass rechte Meinungen, dass Rassismus und Antisemitismus inakzeptabel sind und von dieser Gesellschaft nicht hingenommen werden. Mit dem geschichtlichen Wissen über den Nationalsozialismus und dem Anspruch so was in Zukunft zu verhindern, ist es nötig als Opposition gegen die organisierte Rechte massenhaft öffentlich wahrnehmbar zu sein. Ob dabei gegen die Straßenverkehrsordnung oder andere seltsame Normen verstoßen wird, ist dabei völlig egal.
Was nicht egal ist, ist eure Funktion beim aktiven Schutz von Neonazi-Aufmärschen. Ihr setzt damit keine demokratischen Werte im Sinne des Grundgesetzes durch, wenn ihr Gegendemonstranten von der Straße prügelt und eure neue Ausrüstung an uns testet. Vergesst bitte nicht worum es geht. Wenn die Gesetze derzeit Neonazi-Aufmärsche nicht verhindern können und wollen, dann muss die gesellschaftliche Praxis, der kontinuierliche Protest dagegen eine entsprechende Gesetzesänderungen nötig machen. Also, lasst uns mal machen – wir alle gewinnen dabei, wenn ihr antifaschistischen Protest zulasst.
Was denkt ihr denn, liebe Polizei? Meint ihr, irgendwem macht es Spaß, sich mit euch zu messen und immer mit Blessuren nach Hause zu kommen, wenn Nazis mal wieder aufmarschiert sind? Meint ihr, es liegt an uns, dass die Gegendemonstrationen immer kleiner werden und niemand mehr Lust hat hinter riesigen Absperrgittern zu stehen? Es liegt an euch, dass es keinen zivilgesellschaftlichen Protest gegen Nazis gibt. Es liegt an euch, eurer Gewalttätigkeit und euren rigiden Auflagen, die schon den Gedanken an eine antifaschistische Praxis verunmöglichen.
Tatsächlich sind euch durch den Gesetzgeber Mittel an die Hand gegeben worden, die euch nahezu allmächtig machen. Ihr könnt prinzipiell selbst entscheiden was ihr für notwendig haltet und was in der jeweiligen Situation angemessen ist. Ihr führt nicht blind Befehle aus, sondern gestaltet eure polizeilichen Maßnahmen nach bestem Wissen und Gewissen. Ihr entscheidet wie schnell ihr rennt, wie hart ihr zuschlagt, wie intensiv ihr ermittelt. Ihr entscheidet ob die freundliche Ansprache, der Faustschlag, das Reizgas, der Elektroschocker oder der Schlagstock das geeignete Mittel ist. Ihr habt die Verantwortung für eurer Handeln und diese Verantwortung könnt ihr nicht von euch weisen.

Wir sehen uns bei der nächsten Demo!

Gürtelstr. - Ehemaliges Zwangsarbeiterlager
"Wir haben ja von nichts gewusst..." - ein viel verwendeter Satz, wenn es um die Auseinandersetzung mit den Geschehnissen des Nationalsozialismus geht. Dass es aber nicht möglich war von Deportation, Zwangsarbeit, Ausbeutung und dem Terror von Wehrmacht und der SS zwischen 1933 und 1945 nichts mitzubekommen, belegen deutlich die Zahlen der 1200 Zwangsarbeiterlager, die sich allein in Berlin befanden. Sie prägten den handwerklichen und industriellen Alltag und waren im gesellschaftlichen Leben unübersehbar.
Im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg gab es nachweislich 800 Orte, an denen Zwangsarbeit geleistet wurde bzw. an denen ZwangsarbeiterInnen untergebracht waren. Im Friedrichshain waren es mindestens 76 Arbeitsstätten und 98 Lager oder Unterkünfte.
An der Gürtelstr. Ecke Weserstr. befand sich während des Nationalsozialismus die Fabrik der Knorr-Bremse-AG. Die Firma stellte Rüstungsgüter her und bekam daher Zwangsarbeiter zugewiesen. Eine Ukrainerin, die 1942 aus ihrem Heimatort verschleppt wurde, erinnert sich: „Die Behandlung durch die Wachmänner und Meister war grob und grausam. (...) Die Kleidung, die wir bekamen, entsprach weder der Jahreszeit noch dem Wetter. Wir waren oft krank, aber wir mussten arbeiten.“ Die Unterkunft der russischen Zwangsarbeiter lag im Keller unter dem Hof des Verwaltungsgebäudes. Als 1944 dort eine Bombe detonierte, gab es keinen Arzt für die verletzten. Während die deutschen Arbeiter in den Luftschutzkeller konnten, mussten die Zwangsarbeiter oben bleiben und wurden stark verletzt.

Weserstr. - „Kietzkneipe 1“
Und wieder eine Kietzkneipe. Das ist die Nummer Eins. Nicht nur weil sie als erste von den insgesamt dreien in Friedrichshain eröffnete, sondern weil sie die Liste der rechten Übergriffe, die von ihr ausgehen anführt. Mitte 2004 kündigte der Wirt Jeremy Manz großkotzig „einen Krieg gegen alle Zecken“ an. Viermal griff das rechte Publikum der Kneipe draußen Linke an. In letzter Zeit ist es in dieser Kneipe ruhig geworden.

Wismarplatz – KSF Story
Am Wismarplatz trafen sich Anfang 2005 oft einige Jugendliche und äußerten sich gegenüber Passanten rassistisch und nationalistisch. Irgendwie hatten alle das Gefühl, dass denen nur langweilig war und sie deshalb irgendwann anfingen NPD Aufkleber zu kleben und Nazi-Parolen an die Wände im Südkiez zu schreiben. Als sie dann auch zu Naziaufmärschen im ganzen Bundesgebiet fuhren, gaben sie sich auch den Namen Kameradschaft Friedrichshain und suchten Kontakt zu anderen Kameradschaften in Treptow und Lichtenberg. Die Gruppe hatte in der Emanuel-Lasker-Oberschule an der Modersohnbrücke ihren Rekrutierungsort. Auch von dieser Gruppe hören wir in letzter Zeit nicht mehr allzu viel.

Endplatz am Boxhagenerplatz
Vorstellung der Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt

Seit 2003 arbeitet „KOP-der Rechtshilfefond“ für Opfer rassistischer Polizeigewalt.

Was machen wir?
Neben der Beratungstätigkeit durch die Gründerprojekte Antidiskriminierungsbüro, ReachOut und EA werden Möglichkeiten der rechtlichen Beratung organisiert und psychologische Betreuung angeboten. Alle uns bekannten Fälle werden dokumentiert. Auf Soliveranstaltungen sammeln wir Geld ganz konkret für den Zweck, den Opfern wenn nötig einen Rechtsweg gegen die gewalttätige Behandlung durch die Polizei zu finanzieren.

Was ist die Realität unserer Arbeit?
Ein Mann geht durch den Görlitzer Park. Er will sich sonnen. Wie viele andere auch. Es ist ja schönes Wetter. Plötzlich kommen Polizeibeamte und verlangen seine Ausweispapiere. Er fragt nach. Routinekontrolle ist die Antwort. Er ist der Einzige dunkler Hautfarbe weit und breit. Er versteht das nicht und zeigt das auch. Die Reaktion: Er wird zu Boden geworfen, in Handschellen gelegt und wie ein Krimineller auf eine Wache gebracht. Unterwegs wird er beschimpft und geschlagen. Den Prozess gegen die Beamten verliert er.
Ein anderer Mann ist am Bahnhof Zoo. Er will umsteigen. In der großen Halle kommen Polizisten auf ihn zu und verlangen seinen Pass. Auch er fragt nach. Auch bei ihm handelt es sich um eine Routinekontrolle. Auch er ist der Einzige weit und breit mit dunkler Hautfarbe. Auch er wird in Handschellen gelegt. Auch er verliert im Prozess gegen die Beamten.
Ein Mann repariert in Charlottenburg auf dem Rücksitz seines Autos einen Gurt. Der Schlüssel steckt im Zünder. Plötzlich nähert sich ein Polizeifahrzeug. Die Beamten verlangen seine Papiere. Sie denken er will das Auto klauen. Er ist schwarz. Den Witz, wie man denn ein Auto vom Rücksitz aus mit steckendem Schlüssel klauen solle, verstehen sie nicht. Sie verstehen Gewalt. Sie zerren den Mann aus dem Auto und sperren ihn im Polizeiwagen ein. Sie schalten das Licht aus. Sie verprügeln den Mann bis er bewusstlos ist. Sie fanden ihn nicht lustig! Auch er verliert den Prozess gegen die Beamten.

Was hat das zu bedeuten?
Es ist offensichtlich, dass die Opfer rassistischer Polizeigewalt wegen einigender Merkmale wie „Sprache“ und „Hautfarbe“ für die Polizei tatverdächtig werden. Keine oder nur geringe Anlässe führen zu überzogenen Maßnahmen. Die Betroffenen werden zu Unrecht beschuldigt, misshandelt, inhaftiert und gedemütig. Die „anlass- und verdachtsunabhängigen Kontrollen“ an durch die Polizei definierten „gefährlichen Orten“ stellen dabei einen auffallend häufigen Ausgangspunkt rassistischer Polizeigewalt dar. Im Rahmen dieser Kontrollen werden ohne Angabe von Gründen Gruppen kontrolliert, denen spezielle Arten von Kriminalität anhand bestimmter Merkmale zugeordnet werden.
Man braucht nicht darüber streiten, dass die Verdachtsmuster rassistisch sind und bei den Betroffenen zu Nachfragen führen. Die Nachfragen werden von den Polizeibeamten häufig mit unverhältnismäßigen Maßnahmen beantwortet, da rassistische Kontrollen und deren Anweisungen verteidigt werden müssen.
Nach Situationen wie diesen haben wir folgendes Anzeigeverhalten. Die Polizeibeamten stellen. präventiv Anzeige gegen die Betroffenen, um eigene Gewaltanwendungen zu legitimieren. Kommt es zu Ermittlungen gegen die Opfer wird relativ schnell ein Verfahren eingeleitet, an dessen Ende eine Verurteilung steht. Manchmal kommt es gegen Zahlung einer Geldauflage zur Einstellung. In den seltenen Fällen in denen sich die Opfer für einen Rechtsweg entschließen, haben wir es dahingegen mit langen Ermittlungszeiten zu tun, an dessen Ende eine Einstellung oder im Prozessfall der Freispruch der Beamten steht. Es ist klar, dass diese Ermittlungspraxis einen Beitrag zur Straflosigkeit der Beamten leistet und sie zu einer unverhältnismäßigen Gewaltanwendung ermutigt.

Was fordern wir?
Wir fordern die Abschaffung aller bürgerrechts- und rechtsstaatsfreien Räume. Das Instrument der verdachts- und anlassunabhängigen Kontrollen muss aus der Hand der Polizei genommen werden.

Wir fordern rückhaltlose Aufklärung rassistischer Polizeiübergriffe und Transparenz der Ermittlungen. Die Polizei muss als das betrachtet werden, was sie ist: eine Organisation, deren Mitglieder staatlicherseits ermächtigt sind, Waffen zu tragen und diese auch einzusetzen. Das erfordert eine gezielte Kontrolle!

Was können wir tun?
Alle die Lust haben, bei der Kampagne mitzumachen, um Soligelder einzutreiben oder Spenden wollen oder Informationen brauchen, können auf unsere Internetseite www.kop-berlin.de schauen. Durch gemeinsame Arbeit wollen und werden wir zusammen mit den Betroffenen eine starke Lobby schaffen, um politische Rechte einzufordern unddurchzusetzen.