17. Juni 2012: 400 gegen 40
Proteste gegen Nazikundgebungen in Friedrichshain erfolgreich


Bilder: Alle Nazis auf einen Blick, PM Cheung, Rassloff, Demotix, Peter Hoff, Boeseraltermann, Zellmann1 2, Kohlhuber

Der Strausberger Platz in Friedrichshain war diesen Sonntag Aufmarschort von "Pro Deutschland" und der NPD, die beide an den 17. Juni 1953 erinnern wollten. Das regionale Bündnis "Initiative gegen Rechts Friedrichshain" und die VVN-BdA hatten zu Gegenprotesten mobilisiert. An den Protesten beteiligten sich AntifaschistInnen und Teile der Bezirkspolitik. Ein kurzer Rückblick.
Die rechtspopulistische Partei "Pro Deutschland" hatte 200 Personen angemeldet und demonstrierte mit 20 TeilnehmerInnen ab 10.30 Uhr. Auf den Gegenkundgebungen der Ini und der VVN waren zu dem Zeitpunkt nicht mehr als 200 Personen, die aber um so lauter waren und viele bunte Schilder dabei hatten. Kurz vor zwölf waren die "Pro"-Redner durch und packten schnellstmöglich zusammen (blauer Ford B-MW 5257, weißer Anhänger B-TM 563). Diese Kleinstkundgebung von "Pro" reiht sich ein in die lange Liste der Misserfolge der Partei in Berlin. Vorsorglich haben sie für nächstes Jahr am gleichen Ort eine bundesweite Kundgebung angekündigt.
Etwas spannender war die NPD-Kundgebung, die für 12 Uhr mit 50 Teilnehmenden angemeldet war. Einzelne NPDler tauchten schon kurz nach 11 Uhr am Strausberger Platz auf. Am U-Bhf. Lichtenberg hatten sich ebenfalls schon gegen 11 Uhr rund 20 NPD-Anhänger eingefunden, die von der Polizei noch in Lichtenberg vorkontrolliert wurden. Die Gruppe wartete auf Sebastian Schmidtke, der sich in der Brückenstraße in Schöneweide ebenfalls mit 20 Kameraden sammelte. Aus Schöneweide nahmen sie die TRAM 17 bis zum U-Bhf. Tierpark. Erst kurz vor zwölf vereinigten sie sich mit der Gruppe in Lichtneberg und fuhren mit der U5 unter Polizeibegleitung zum Strausberger Platz, wo sie der U-Bahnhof mit dem Graffiti "Antifa Area - Fuck Nazis" begrüßte. Schmidtke und Mike Turau fuhren mit dem Lauti (blauer VW T4, B-AA1977) parallel zu den öffentlichen Verkehrsmitteln und waren so auch ständig unter Polizeischutz. 12:15 Uhr startete die NPD-Kundgebung mit insgesamt 37 Teilnehmern (inkl. vier Redner). Transparente gegen den Euro und gegen Kommunismus sowie Fahnen (Deutschland bzw. Brandenburg-Fahnen) wurden gezeigt. Anwesend waren neben den üblichen Neonazis vom "Nationalen Widerstand" auch Parteiprominenz Udo Voigt und Uwe Meenen, sowie Mitglieder des verbotenen Frontbann24. Ein Highlight der Reden war sicherlich Uwe Meenen, der den "Volksaufstand von 1953" mit den rassistischen Pogromen in Rostock-Lichtenhagen und Mölln als "Volksaufstände von 1992" gleichsetzte. Gegen 13 Uhr unterbrach die NPD die Kundgebung, weil die Gegenkundgebung (mittlerweile mehr als 400 Personen) zu laut war. 13:20 Uhr wurde die Kundgebung komplett beendet und es ging den gleichen Weg mit der U5 zurück nach Lichtenberg und Schöneweide.
Die Polizei hat insgesamt vier Personen wegen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz (Vermummung) kurzfristig festgesetzt. Davon zwei Neonazis. Ansonsten ist die Polizei wie üblich mit eifriger Kooperation mit den Nazis aufgefallen. Die Sammelpunkte, Anfahrt und Abfahrt waren schon Tage vorher mit der NPD abgesprochen und weiträumig beschützt. Ein Großaufgebot ermöglichte die Nazi-Kundgebungen mit sog. "Hamburger Gittern", Hundestaffeln und Präsenz in den angrenzenden Straßenzügen. Um die Lautstärke der Gegenkundgebung zu minimieren wurden sogar Wannen dazwischen gestellt. Die VVN-Kundgebung, die örtlich v.a. gegen Pro-Deutschland wichtig war, sollte gar nicht erst stattfinden, wenn es nach der Polizeiführung gegangen wäre. Die Gegenkundgebungen sollten zu einer vereint werden um sie besser kontrollieren zu können. Nur das ließen viele nicht mit sich machen. Der Anti-Antifa-Fotograf Christian Bentz konnte lange unbehelligt die GegendemonstrantInnen abfotografieren, während normale Pressevertreter nichtmal den U-Bahnhof betreten durften. Die Situation für die Pressevertreter besserte sich erst als auch der RBB um 12 Uhr auftauchte.

Abschließend lässt sich sagen, dass sich die NPD in Berlin wieder verstärkt mit Kleinstkundgebungen die Zeit zu vertreibt. Erst am Samstag hatten neun Neonazis am Bahnhof Schöneweide gegen den Euro demonstriert. Auch wenn die Teilnehmerzahlen immer weniger werden, darf nicht in Vergessenheit geraten wer da eigentlich ständig mit platten Forderungen und stupidem Rassismus aufmarschiert. Es ist der harte Kern der sog. "Autonomen Nationalisten", die gerade im Wochenrythmus links-alternative Einrichtungen des Nachts angreifen (zuletzt am 4. Juni), bei Wohnungen von vermeintlichen AntifaschistInnen die Scheiben einwerfen, Morddrohungen an Häuserwänden hinterlassen und sich am Tage nahezu ungestört in ihren etablierten Läden in Schöneweide und Lichtenberg aufhalten. Mit provokativen Auftritten, wie den heute in Friedrichshain oder letzte Woche am Brandenburger Tor, verschaffen sie sich die dringend nötige öffentliche Bestätigung. Während die Berliner Polizei die nächtlichen Angriffe herunterspielt oder verschweigt, bleibt den Betroffenen der Nazigewalt nur der geordnete Protest zwischen Polizeigittern. Die antifaschistischen Proteste in Friedrichshain waren erfolgreich, können aber nicht das einzige Mittel sein, um die Neonazis zurückzudrängen.

Andere Berichte: Geigerzähler. Welche Naczis waren da? Bericht auf Antifa-Berlin.Info

17. Juni: Keine Nazi-Kundgebungen in Friedrichshain!
10 Uhr, Strausberger Platz

Am 17. Juni wollen Pro Deutschland (ab 10 Uhr) und die NPD (ab 12 Uhr) am Strausberger Platz in Friedrichshain Kundgebungen abhalten. Die NPD-Kundgebung stehtunter dem Motto „Damals wie heute – Freiheit muss erkämpft werden“. Angeknüpft werden soll an den 17. Juni 1953 als Arbeiter_innen in der DDR, ausgehend von der Großbaustelle Stalinallee (die heutige Karl-Marx-Allee) gegen zu hohe Normen streikten.
Immer wieder versuchen die Berliner Neonazis historische Daten für sich zu besetzen und nationalistisch umzudeuten. Die tatsächlichen Geschehnisse spielen dabei keine Rolle. Es geht der NPD nur darum ihre nationalistische Hetze auf die Straße zu tragen und über historische Ereignisse Sympathisant_innen zu gewinnen.
Schon im letzten Jahr wurden ähnliche Kundgebungen der NPD am Rosa-Luxemburg-Platz und von „Pro Deutschland“ am Frankfurter Tor durch entschlossenen Protest zum Desaster. Daran wollen wir nun anknüpfen und rufen zu kreativen und ungeordneten Gegenprotesten auf.

Aktuell: Auch die rechtspopulistische Partei "Pro Deutschland" hat am Strausberger Platz für den 17. Juni eine Kundgebung angemeldet. Diese aber schon schon um 10 Uhr, 2 Stunden vor der NPD. Laut eigenen Angaben werden dort sprechen Mario Malonn (KV Spandau und im Bundesvorstand), Hans-Georg Lerche (KV Marzahn), Reinhard Haese (ehm. Republikaner, KV Spandau), Lars Seidensticker, Manfred Rouhs. Die in Berlin unerfolgreich gebliebenen Rechtspopulisten sind zuletzt durch das öffentliche Zeigen von Mohammed-Karrikaturen in NRW aufgefallen. Sie wollen am 17. Juni "für die innere und äußere Einheit unseres Landes" eintreten und knüpfen ebenfalls an den 17. Juni 1953 an. Für sie war es kein Streik, sondern ein "mitteldeutscher Volksaufstands". Getreu der revisionistischen Rhetorik der Nachkriegszeit bliebt für Pro das Gebiet Ostdeutschlands sog. "mitteldeutsch", da die ehemaligen deutschen Gebiete in Tschechien und Polen nach Meinung von Pro noch nicht "verloren" sind. Auch Pro wird den 17. Juni zum Anlass nehmen das ganze rechtspopulistische Programm vom Stapel zu lassen.

Da rechte Aufmärsche in Berlin in letzter Zeit durch Bockaden immer wieder verhindert wurden, versuchen sie jetzt durch stationäre Kundgebungen Blockaden der Route zuvor zukommen und bleiben gleich an einem Ort stehen. Lasst uns ihnen auch dies Konzept vermiesen! Kein Platz für Nazis! Den Rechtspopulisten und NPD-Nazis entschlossen entgegentreten!

Kommt alle zum Protest gegen Pro-Deutschland und NPD am Strausberger Platz. 17. Juni ab 10 Uhr.

Info-Twitter für den Tag: twitter.com/17juni_nazis + Infotelefon: 0176/25870330

Hintergründe: Indybeitrag, NPD/NW in Berlin , Pro Deutschland , 17. Juni 1953

>>> Kopiervorlage Flyer als PDF + Initiative-gegen-rechts.de

 

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